Beiträge von Lucius Duccius Ferox

    Hadamar stutzte und öffnete schon den Mund, um etwas zu sagen, aber der Centurio redete gleich weiter, und ihm blieb gar nichts anderes übrig, als erst mal nur zuzuhören – und ihm hinterher zu laufen, als er hinaus ging. „Eh, ähm“, machte er, als er endlich zu Wort kam. „Wie... geht denn ein richtiger... militärischer... zackiger... Gruß?“ Natürlich hatte er zumindest die Bewegung schon mal gesehen, aber das war nun nichts gewesen, was er bisher für nötig gehalten hätte sich zu merken. Und er hoffte, allzu schwer würde der Gruß schon nicht sein – das andere war ja schon mal herrlich einfach. Erstarren. Kein Wort. Keine Regung. Zu merken war das leicht, durchhalten war dann noch mal eine andere Sache, und erkennen, wer da nun genau vor ihm stand, noch mal was ganz anderes, aber Hadamar war zuversichtlich, dass er das irgendwie auf die Reihe kriegen würde. Noch. Die Zuversicht verringerte sich ein wenig, als immer mehr Neues auf ihn einprasselte. Neue Familie, klein, groß, die nächste Unterweisung wartete... Hadamar hätte beinahe geächzt, als er hörte, dass er jetzt gleich schon irgendwie eingespannt werden würde. Als ihm einfiel, dass seine Familie immer noch keine Ahnung hatte wo er war, ächzte er tatsächlich. Aber da war der Centurio schon wieder verschwunden.

    Als letztes folgte der Eid im Fahnenheiligtum. Hadamar hatte vorher die Worte gesagt bekommen, und er hatte sie sich vorgesagt, und wieder vorgesagt, und wieder vorgesagt... und noch mal und noch mal und noch mal, damit er sie nur ja nicht vergaß. Er hatte den ganzen Aufnahmeprozess gemacht - es gab kein Zurück mehr. Da wäre es nur peinlich, wenn er ausgerechnet den Eid verbockte, nur weil er sich ein paar Worte nicht hatte merken können. „IURANT AUTEM MILITES OMNIA SE STRENUE FACTUROS QUAE PRAECEPERIT IMPERATOR CAESAR AUGUSTUS, NUMQUAM DESERTUROS MILITIAM NEC MORTEM RECUSATUROS PRO ROMANA REPUBLICA.“ Na also. Ging doch.

    Nach der Ausrüstung kam der Centurio, den er besuchen sollte. Den zu finden war nicht ganz so einfach, aber immerhin hatte Hadamar sich den Namen gemerkt, wenn schon nicht die Centurie, also konnte mit Hilfe von ein paar Fragen auch den auftreiben. „Salve“, sagte er, als er nach dem Klopfen eintreten konnte. Irgendwie hatte er das heute öfter gesagt als sonst in einem Monat, jedenfalls kam es ihm so vor. „Ich, ähm... bin Lucius Duccius Ferox. Ich soll mich hier melden. Zum Dienst und so.“

    Horr... Horr.. Horror? Hadamar unterdrückte ein Grinsen. Horrea also. Danach Centurio. Centurio Massa von der Cohors x Centuria y, irgendwie schaffte er es, die Zahlen sofort wieder zu vergessen, weil das einfach etwas viel Information auf einmal war. Und dann noch zum Fahnenheiligtum, Eid ablegen.. Tiro werden. Und irgendwo dazwischen hatte er hoffentlich noch einmal ein bisschen Zeit, seiner Familie Bescheid zu geben. Ob er da irgendwann noch mal verschwinden konnte...? Oder danach? Oder wenigstens einen Brief schreiben? Hadamar überlegte kurz, ob er hier danach fragen sollte, beschloss aber erst mal damit zu warten. „Horrea. Centurio Massa. Fahnenheiligtum“, wiederholte er knapp und nickte. „Danke!“ warf er noch hin, bevor er sich umdrehte – und erneut durch die Gegend lief, auf der Suche nach Horror und Abenteuer... nein. Horrea hieß das Ding. Hadamar grinste, als er los lief.


    Sim-Off:

    Okay :)

    Auf dem Weg zurück zu dem Rekrutierungsbüro – nach dem Hadamar erst mal wieder ein wenig suchen musste –, grübelte er darüber nach, was der Medicus gesagt hatte. Keine Probleme aus medizinischer Sicht. Wunderbar. … Wunderbar? Irgendwie… ging das alles ein wenig schneller, als er gedacht hätte. Vorhin noch war er auf dem Marktplatz gewesen und hatte nicht wirklich einen Gedanken daran verschwendet, dass er womöglich vielleicht sich zur Legio melden können wollen würde… Und jetzt war er nicht einfach nur da – er war mitten drin. Er meldete sich zum Dienst. Einfach so. Seine Familie wusste noch nicht mal, wo er gerade war oder was er im Begriff war zu tun – seine Familie wusste noch nicht mal, dass er überhaupt mit dem Gedanken gespielt hatte. Aber… naja, er war ein Mann. Er musste niemanden fragen. Er wollte auch gar niemanden fragen, er konnte selbst über sein Leben entscheiden! Zwar ging das alles gerade etwas schnell… etwas schneller als er gedacht hätte… aber jetzt einen Rückzieher zu machen kam überhaupt nicht in Frage. Thore und die anderen würden sich das Maul verreißen über sie, wenn Sönke und er jetzt unverrichteter Dinge zurückkommen und nur berichten würden, dass sie sich erkundigt hatten, aber mit der Meldung zum Dienst noch warten wollten. Und das wegen so etwas Lächerlichem, weil seine Familie nicht Bescheid wusste. Hadamar suchte in seiner Tasche nach dem Preis, den er sich heute geholt hatte, das Amulett, das Thore gewettet hatte, das er als Glücksbringer an sich genommen hatte… Nein. Er konnte da nicht zurück, das ging nicht, er würde komplett sein Gesicht verlieren und völlig zum Gespött werden, und das vermutlich so sehr, dass es für den ganzen Winter reichen würde – selbst wenn er sich später dann noch zum Dienst melden würde, würde das immer überschattet bleiben von der Feigheit beim ersten Versuch. Seine Hand schloss sich fest um das Amulett. Er konnte nicht zurück. Das stand fest. Aber es war besser, ganz sicher so viel besser, als sich eine Arbeit in der Stadtverwaltung zu suchen… was er auf kurz oder lang würde tun müssen, denn sogar er wusste, dass er nicht mehr länger so herumgammeln konnte wie bisher. Seine Familie würde ihm irgendwann das Fell über die Ohren ziehen und ihn zwingen, seine Zeit endlich mit etwas Sinnvollem zu verbringen. Und sein Vater war auch hier gewesen. Und: das Ganze war doch im Grunde ein großes Abenteuer.


    Von dieser – zu einem guten Teil selbst eingeredeten – Entschlossenheit beflügelt, kam Hadamar beim Rekrutierungsbüro an, klopfte und trat schließlich ein, als die Aufforderung kam. Er grinste den Soldaten flüchtig an. „Da bin ich wieder. Hier ist die Tafel…“

    Neugierig sah Hadamar dabei zu, wie der Medicus etwas auf die Tafel kritzelte, die er ihm gebracht hatte, während er nach seinen Sachen griff und sich wieder anzog. „Kein Thema“, antwortete er, als er die Tafel wieder entgegen nahm. Schreiberling, von wegen… er ging doch nicht zur Legion – und floh damit vor dem drohenden Verwaltungsdienst – nur um dann hier in der Verwaltung arbeiten zu müssen. Das wäre ja vom Regen in die Traufe kommen, das… da würden sich die Götter einen sehr üblen Scherz mit ihm erlauben, wenn es dazu käme. Ganz abgesehen davon, dass sich seine Freunde vermutlich totlachen würden, wenn sie das hörten. Von daher war er sogar froh darum, dass es da eine offizielle Notiz gab, die seine Tätigkeit in der Verwaltung quasi von vornherein ausschloss. „Oh, hab ich nicht vor“, grinste er dann zurück, bevor er sich auf den Weg machte. „Und vielen Dank!“


    Sim-Off:

    Freut mich :D Mir hat’s auch Spaß gemacht

    Auf die Symbole hatte er gar nicht geachtet, so konzentriert war Hadamar auf die Buchstaben gewesen – aber jetzt, wo der Medicus darauf hinwies, war er doch ziemlich erleichtert. Solange nicht das Lesen an sich gefordert war, sondern nur ob er gut sehen konnte... Er verzog kurz die Lippen zu einem Lächeln und beschrieb, was er sah: „Zuerst kommt ein Baum. Laub, nicht Nadel. Sieht so aus wie im Sommer, also mit vielen Blättern, und die sind groß.“ Nicht so klein wie im Frühjahr, nicht schon die Hälfte abgefallen wie im Herbst – oder gar komplett ohne Laub wie im Winter. „Daneben ist ein umgekehrtes Pferd. Steht einfach da, aufm Kopf halt, ist nicht in Bewegung, Beine gerade, Kopfhaltung normal, gut gefüttert, sieht gesund aus... nur die Proportionen sind nicht ganz richtig, die Kruppe ist zu lang. Danach kommt ein Haus, auf der Seite, das Dach zeigt nach da“, Hadamar deutete mit der Hand nach links, „Eine Tür, drei Fensteröffnungen, eine neben der Tür... also eigentlich drüber, aber wenn das Haus richtig rum stehen würde, wär's daneben. Die beiden anderen sind links, oder halt drüber – wenn's richtig stehen würde.“ Was es nicht tat. Hadamar zuckte erneut die Achseln und kam zum letzten Bild: „Ein Raubvogel, im Sturzflug, Krallen nach unten ausgestreckt, als ob er gleich Beute schlägt... Adler, würd ich sagen, nen Falke sieht anders aus.“*



    Sim-Off:

    *Ich hab mir mal die Freiheit genommen, die Bilder etwas ausführlicher zu beschreiben. Ich hoff das ist okay :)

    Und wieder so ein Moment, in dem Hadamar für einen Moment ein klitzekleines bisschen zweifelnd dreinsah. Natürlich wusste er, dass Soldaten starben. Alle Menschen starben, egal ob sie Soldaten waren oder nicht, und ein harter Winter, nun ja, da standen die Überlebenschancen für manche auch nicht sonderlich prickelnd. Aber er, er war jung, gesund, kräftig, und seiner Familie ging es gut, gut genug, um auch harte Winter mittlerweile ohne allzu große Verluste zu überstehen, anders als seine Großeltern beispielsweise, die noch jenseits des Rhenus gelebt hatten. Oder Elfledas Verwandte. Oder... zig andere. Er dachte nicht so wirklich an seine eigene Sterblichkeit – klar war das immer möglich, aber so wirklich in Betracht zog er das trotzdem nicht.
    Und genau das machte er jetzt auch nicht. Er deutete ein Achselzucken an. „Na ja, ich hab nicht vor so früh wie mein Vater zu sterben“, antwortete er.


    Und schon kam das nächste Oh. Ein großes Oh. Ein riesengroßes Oh, oh, oh. Lesen? Er musste da tatsächlich was lesen?!? Klar hatte Sönke den Anwerbe-Soldat danach gefragt, und der hatte dann auch ihn gefragt, und er hatte geantwortet er könnte das, aber... na ja... Hadamar stellte sich an die Wand, hielt sich mit einer Hand das rechte Auge zu und musterte zweifelnd die Tafel mit dem linken. „D... der...“, begann er, zögerlich. Besah sich das nächste Wort – ohne das Auge zusammen zu kneifen oder sonst wie Anzeichen zu geben, dass er es nicht sehen könnte, dafür aber mit allen Anzeichen des Menschen, der einfach nicht sonderlich gut lesen konnte. Hadamar spürte, wie er rot anlief, weil ihm das nun schlicht peinlich war. „... Le... Legatus. Legionis... rrr... reitet gern.“ Er wechselte die Hand, deckte das andere Auge zu. Selbes Spiel. Keine Anzeichen einer Sehschwäche, nur... Schwierigkeiten hatte er dennoch. „Der“, Buchstabenkombinationen, die er gerade eben schon mal gelesen hatten, fielen ihm immer leichter – genauso wie kurze Wörter –, „Cen... turio... brüllt laut... ü... über den... Campus.“ Mit beiden Augen. Die Worte wurden für ihn dadurch nicht wirklich leichter zu lesen, zumal sie jetzt deutlich kleiner waren, und Hadamar presste kurz die Lippen aufeinander, bevor er – in ziemlich demselben Tempo wie vorher, bei den größer geschriebenen Worten – fortfuhr: „Aaals... Als Tiro... ver... verdiene ich ver... verdammt... wenig... Geld.“ Schweigen. Hadamar wagte es für Augenblicke nicht, den Medicus anzusehen, tat es nach einigen Momenten des Zögerns dann aber doch. „Also, ich kann schon lesen, aber... also...“ Das war ja sooo peinlich. Er hatte gehofft, um dieses Eingeständnis herumzukommen. „Ich lern das erst seit... naja, nem Jahr ungefähr. Ich kann das noch nicht so gut.“

    Hadamar öffnete den Mund – und klappte ihn wieder zu, als er hörte, was er machen sollte. Und vor allem in welcher Anzahl. 20? 30? Für einen winzigen Moment blickte er den Medicus zweifelnd an, aber dann ließ er sich gehorsam nieder und begann mit den Liegestützen. Eins, zwei. „Er hieß Volusus Duccius Briganticus.“ So langsam bekam er Übung darin, die römischen Namen zu nennen und nicht in alter Gewohnheit die germanischen. Derweil gingen die Liegestützen weiter. Sechs, sieben, acht. So langsam merkte er das in den Armen, vor allem weil er sich bemühte, die Übung korrekt auszuführen – blieb ihm ja nichts anderes übrig mit dem Mann, der ihm da zusah. Hadamar hoffte inständig, dass das in der Legio dann anders werden würde, aber bereits schwante ihm, dass diese Hoffnung wohl vergebens war. „Er... er war auch...“ Fünfzehn, sechzehn. „... in der Legio II.“ Neunzehn, zwanzig. Hadamar rappelte sich auf, und er fühlte sich noch einigermaßen gut. Immerhin, das ständige Ställeausmisten auf der Hros, das Mistgabelschwingen mit hochgetürmtem dreckigem Stroh, das Wegschaffen von dem ganzen Mist auf Handkarren... wenn man irgendetwas dabei entwickelte, dann waren es Armmuskeln. „Er ist bei Borbetomagus gefallen“, fügte er an und atmete einmal tief durch, bevor er sich an die Kniebeugen machte. Und mit denen bekam er Schwierigkeiten. Die ersten zehn waren völlig okay. Die nächsten zehn... gingen auch noch, auch wenn sein Atem begann schwerer zu werden. Die letzten zehn allerdings gingen ihm gewaltig auf die Oberschenkel, und obwohl er sich bemühte, schaffte er es da nicht mehr, so tief in die Knie zu gehen wie noch davor – und auch sonst war ihm anzumerken, dass Kniebeugen nun nicht unbedingt das war, was er täglich machte.

    „Lucius Duccius Ferox“, antwortete selbiger gehorsam und reichte die Tafel weiter. „In Ordnung...“ Mit ein paar Handgriffen zog Hadamar sich seine Klamotten aus*. Schämen brauchte er sich für seinen Körper nicht – gut, trainierter konnte der sicherlich sein, aber komplett verweichlicht war er auch nicht. Und seit sich die Duccier hier in Mogontiacum etwas aufgebaut hatten, waren auch die Zeiten vorbei, in denen seine Familie hatte Hunger leiden müssen. Was so ungefähr sein gesamtes Leben schon einnahm. „Also. Vor ein paar Wintern hab ich mir mal das Bein verknackst. Ziemlich übel, war aber nicht gebrochen, und ist gut verheilt – also ich hab da keine Probleme mehr mit“, antwortete er und unterschlug, wie er das angestellt hatte. War vielleicht nicht so schlau zu erzählen, dass er mit ein paar Freunden ein Wettrennen über einen zugefrorenen See gemacht hatte, und dass der Sturz nicht nur einen verknacksten Fuß, sondern auch jede Menge Prellungen und blaue Flecken für ihn nach sich gezogen hatte – zusammen mit jeder Menge Hohn und Spott. „Und dann... mei, als Kind hatte ich ab und zu ne Grippe. Nichts besonderes, was Kinder halt so haben, grad im Winter. In den letzten Jahren dann eigentlich nichts mehr.“ Er überlegte, während der Medicus seine Wirbelsäule untersuchte, die keine Krümmungen abgesehen von der normalen aufwies. „Uhm. Mein Vater ist im Dienst der Legio gestorben, im Kampf. Ein paar von meinen anderen Verwandten sind auch im Kampf gestorben.“ Er zuckte die Achseln. „Und sonst... Altersschwäche. Manchmal einer nach einer Krankheit, wenn die schwer verlaufen ist...“ Das übliche halt. Woran man eben so sterben konnte. Er kratzte sich am Kopf. „Von Erbkrankheiten weiß ich nix.“



    Sim-Off:

    *Da trägt er noch germanische Sachen, keine Tunika :)

    Nicht ganz sicher, ob er wirklich das richtige Gebäude erwischt hatte, betrat Hadamar zögernd den Raum und sah sich um, um dann auf einen weiteren Kerl zuzugehen. „He... Salve... Bin ich hier richtig? Ich soll mich untersuchen lassen“, fragte er und wedelte mit der Tafel herum, die der Optio ihm mitgegeben hatte.



    nomen: Lucius Duccius Ferox



    aetas: 16



    habitus:


    morbi cogniti:


    Gesamturteil:




    Hadamar war, gelinde gesagt, ein wenig verblüfft. So schnell ging das hier also? Keine Fragen mehr, kein... er wusste gar nicht so genau was er noch an Fragen erwartet hätte, oder was der Mann noch hätte fragen sollen, aber... er hätte nur einfach mehr Fragen erwartet. Aber gut, umso besser. Hatte ja seinen Grund, dass er um keinen Preis in die Verwaltung gewollt hatte, wie es seiner Mutter am liebsten gewesen wäre. Schön, wenn das hier in der Legio mit so wenig Formalitäten klappte. „In Ordnung. Ähm, Optio. Tabe...lari...“ Er hoffte dass das letzte richtig war, nickte dem Mann noch mal zu und ging dann nach draußen, wo er Sönke kurz zugrinste und weiter ging, um sich untersuchen zu lassen.

    Im ersten Moment stand er noch draußen – im nächsten war er schon drin. Und sah sich einem älteren Kerl gegenüber, der nicht lange fackelte... und auch nichts großartig erzählte. Wie war das noch mit: sie konnten ja erst mal fragen...? Aber Hadamar zögerte nur einen Augenblick lang. Er war jetzt nicht hierher mitgekommen, nur um im letzten Augenblick zu kneifen. Oder so auszusehen, als würde er kneifen. Also tat er so, als ob es das Normalste der Welt wäre, und nickte dem Mann zu. „Salve. Äh. Mein Name ist Lucius Duccius Ferox.“ Diesmal sogar ohne Versprecher... „16, Mogontiacum... und keinen“, zählte er auf. „Ich hatte bei meiner Familie Unterricht. Lesen, schreiben und so. Und ich hab da halt mitgearbeitet, auf dem Hof vor Mogontiacum. Und dem Gestüt. Mit Pferden kenn ich mich aus.“

    Erstaunlich problemlos kamen sie in die Castra hinein... wobei, in Schlepptau eines Soldaten wohl dann doch nicht so erstaunlich. Drinnen angekommen sah Hadamar sich um, bemüht sich nicht allzu sehr anmerken zu lassen, wie... nun ja... neu das alles war. Und aufregend. Das Kribbeln in der Magengegend nahm wieder zu, aber wie hatte er selbst so schön gesagt? Sie waren Männer. Da sollte das doch kein Problem sein, sich zur Legio zu melden. Und trotzdem schloss sich seine Hand fester um das Amulett, das er Thore auf dem Marktplatz weggeschnappt hatte.


    Weiter ging es, dem Soldaten hinterher, bis sie schließlich zu einem Gebäude kamen und es betraten, wo es nun erst mal warten hieß. Neugierig sah Hadamar sich um, während der Optio einen Raum in einem Raum verschwand.

    Gemeinsam mit Sönke folgte Hadamar dem Soldaten, bis sie schließlich bei der Castra ankamen. Ein wenig mulmig wurde ihm jetzt schon zumute... Aber er verkniff sich jede Regung dahingehend, sondern konzentrierte sich lieber auf den Part, der wohlige Aufregung war. „Eh. Also, ich hab keine Ausbildung... eigentlich. Ich hab nur ein bisschen Unterricht bekommen. Also lesen und schreiben, ja...“ Hadamar verschwieg, dass es damit noch nicht ganz so gut funktionierte, aber immerhin, es funktionierte. Irgendwie. „Ich bin Ha... um. Lucius Duccius Ferox“, verbesserte er sich. „Ich bin 16... Beförderung? Herzlichen Glückwunsch“, grinste er dann.

    Hiltawin
    [Blockierte Grafik: http://www.kulueke.net/pics/ir/nscdb/b-germanen-maenner-alt/34.jpg]


    Es war Ehrensache, dass Hiltawin heute gekommen war. Sigmar mochte mittlerweile schon lange tot sein, aber Freundschaft, die sie verbunden hatte, war stark gewesen, stark genug, dass er auch heute noch in Freundschaft mit dessen Familie verbunden war. Er ließ sich ganz sicher nicht entgehen, wie Sigmars Ältester zum Mann wurde, auch wenn er heute einer derjenigen war, die am weitesten hergekommen waren.
    Das Fest begann, Hiltawin hatte hier und da Bekannte gegrüßt, Freundschaften aufgefrischt, und schließlich ergriff der Gode das Wort – und danach Hadamar. Hiltawin hatte halb und halb damit gerechnet, dass der Junge möglicherweise ihn nennen würde, dennoch freute es ihn mehr als dass er es selbstverständlich fand, als er ihn tatsächlich nach vorne rief. Gute Freunde mochten sein Vater und er gewesen sein, und mit den Kindern war Hiltawin immer glänzend klar gekommen – aber er machte sich nichts vor, sie sahen sich selten, da hätte es gut sein können, dass Hadamar einen anderen Mann wählte.


    Hiltawins Name aber war es, der fiel, und gemeinsam mit den beiden anderen trat er nach vorne. Er wartete einen Moment... noch einen... und warf Witjon einen kurzen Blick zu. Er hätte gedacht, sogar erwartet, als Sippenführer der Wolfrikskinder würde dieser womöglich als erster sprechen wollen. Aber nun, wenn Witjon das nicht wollte, hatte Hiltawin keine Scheu, selbst als erster zu sprechen, mit einer tiefen Stimme, die durchdringend genug war, dass jeder sie würde verstehen können. „Ich, Hiltawin, Sohn des Rodnand, lege Zeugnis ab für Hadamar, Sohn des Sigmar. Ich zeuge davon, dass er im Kampf bestehen kann, dass er sich gegen Feinde zur Wehr setzen und sich, seine Familie und seine Freunde verteidigen kann.“ Kampf, das war genau das Richtige, wofür er zeugen konnte. Davon hatte er sein Lebtag lang genug mitgemacht.

    Hadamar wusste nicht so Recht, was er davon halten sollte, dass die anderen sich so über Sönke lustig machten. Froh sein, vermutlich, weil sie ihn damit noch weiter in Richtung der Soldaten trieben – und froh, weil sie sich gerade nicht über ihn lustig machten. „Männer“, wiederholte er, wie zur Bestätigung. Sönke schien das zu brauchen, und er... naja, ihm konnte das auch nicht schaden. Jetzt, wo Sönke den ersten Schritt machte, kribbelte es in seiner Magengegend doch irgendwie... seltsam. Seine Mutter würde ihn einen Kopf kürzer machen. Andererseits... das Ganze war irgendwie aufregend. Ein Abenteuer. Wenn er die Geschichten hörte von früher, von der anderen Seite des Rhenus... Sicher, da war immer die Rede davon wie hart das Leben gewesen war, und entbehrungsreich, und wie froh sie sein konnten, jetzt hier zu leben, aber... trotzdem... irgendwie klang es auch nach Abenteuer. Genauso wie das Leben in der Legion nach Abenteuer klang, so wie Sönke immer davon schwärmte jedenfalls. Hadamar hatte das zwar nie so wirklich geglaubt, aber wer wusste schon, ob da nicht doch was dran war? Wenn man so weit war erst mal, jedenfalls. Und die Schlacht, in der sein Vater gestorben war, das musste dann doch was Großes gewesen sein. Und Sönke, Sönke ging Schritt für Schritt auf den Werber zu. Auf Hadamars Gesicht breitete sich ein Grinsen auf, als die positive Aufregung plötzlich überhand nahm.


    Mit einer schnellen Bewegungen schnappte er sich das Amulett, das von Thores Hand baumelte. „Danke, das nehm ich. So als Glücksbringer für die Legio. Verloren habt ihr ja eh“, warf er mit einem noch breiteren Grinsen in die Runde und trabte Sönke hinterher. Mit einem „Salve“, stellte er sich neben Sönke. „Ich will auch zur Legion.“

    Sönke gab sich zunächst begriffsstutzig, aber bevor Hadamar etwas erklärend anfügen konnte, übernahm Nandrad das. „Mh... ich weiß nicht. Ich halt dagegen“, kam es von Reik, während Hadamar sich mit einem Achselzucken abwandte und sie ihrem Gebrabbel überließ. „Klar, warum nicht?“ meinte er betont locker. Er wusste immer noch nicht, was er eigentlich wollte. Oder was er tun sollte. Nur dass er nicht in die Verwaltung wollte, nicht hinein in dieses Zahlen- und Worte-Gedrehe, dass es da gab, nicht hinein in diese massiven Bauten, die einen zu verschlucken schienen. Aber er war ein Mann, jetzt. Er konnte nicht ewig so weiter machen, wie seine Mutter ihm ständig vorhielt. Und obwohl er nach wie vor nicht wirklich wusste, was er wollte, erschien ihm die Legion ebenso nach wie vor als... nun ja, als denkbare Alternative. Schon allein, weil alle so dagegen gewettert hatten, bei denen er das bisher zur Sprache gebracht hatte. Weil es ihm niemand zuzutrauen schien. Weil sein Vater ja auch schon da gewesen war. Und weil es ihn wegbrachte von der Familie, weg davon, ein Sohn Wolfriks zu sein, von dem etwas erwartet wurde. Warum also nicht zur Legion? Da konnte er beweisen, dass er für sich selbst entscheiden konnte, dass er seinen eigenen Weg gehen konnte... wobei es ihm hauptsächlich darum ging, überhaupt etwas zu beweisen. Den anderen, und sich selbst.


    Hadamar zuckte die Achseln. Er sah nicht wirklich einen Sinn darin, mit seiner Familie zu reden. Wie seine Mutter reagieren würde, wusste er, und der Rest... Er war jetzt ein Mann. Was musste er da mit seiner Familie reden? Er konnte eigene Entscheidungen treffen, so sah es aus! „Das ist doch die Chance. Bis wir daheim sind und wieder hier, ist das Angebot vielleicht futsch... Bescheid sagen können wir auch hinterher. Und überhaupt, deine Leute wissen doch Bescheid. Die versuchen nur wieder dich abzuhalten, aber dafür“, er nickte zu dem Soldaten, „hast du doch das Bürgerrecht gewollt. ... Und wir sind keine Kinder mehr“, fügte er noch im Nachgang an. Er wollte da hin. Er wollte endlich irgendetwas tun, um es allen zu zeigen. Um die Konsequenzen – zwanzig Jahre Legionärsdienst und was das überhaupt bedeutete – machte er sich überhaupt keine Gedanken, das verdrängte er gekonnt. Er wollte einfach nur... etwas beweisen. Aber er brauchte Sönke dafür, realisierte er in diesem Moment. Wenn Sönke jetzt nein sagte... Hadamar war sich nicht sicher, ob er da allein hingehen würde. „Wir können ja auch erst mal einfach nur fragen...“ Etwas unverbindlicheres war vielleicht das Richtige, um Sönke dazu zu kriegen, mitzugehen.

    „Och, joah, schon einiges“, machte Hadamar, sich den Anschein gebend als ob er das ganz genau wüsste – obwohl er sich auch nicht wirklich etwas darunter vorstellen konnte. Sicherlich mehr als Sönke, aber da er selbst in diesen Höhen auch nie etwas kaufte, sondern das höchstens theoretisch in dem vermaledeiten Unterricht durchkauen musste, fehlte ihm da irgendwie der praktische Bezug dazu. „Wer hat Land bekommen? Hä? Um was geht’s überhaupt?“ fragte er dann nach, weil er gar nicht so wirklich mitbekommen hatte, um was es ging. Einer der anderen Burschen klärte ihn auf, wofür es nicht sonderlich lange brauchte... und Hadamar sah Sönke an. Dann den Soldaten. Und dann wieder Sönke. Mit einigen wenigen Bewegungen drängte er sich durch zwei Jungs hindurch, die ihn von seinem Freund trennten, und stellte sich neben ihn. „Keine Ahnung wer das ist... Wijton könnt's dir wahrscheinlich sagen.“
    „Und Land hat er gekriegt, weil er zwanzig Jahre gedient hat“, warf einer der Umstehenden ein, die nicht zu ihrer Gruppe gehörten. Hadamar warf auch dem einen kurzen Blick zu, bevor er wieder zu dem Soldaten und dann wieder zu Sönke sah. „Sollen wir hin?“ fragte er dann in beiläufigem Tonfall, bevor er auch einen Schluck von dem Bier trank.