Beiträge von Iunia Diademata

    Ungläubig schaute Diademata zu Helvetius Commodus der sich ihrer Unterhaltung (wenn man das schon so nennen konnte) anschloss.
    Soll das ein Scherz sein? überlegte sie. Oder nimmt der mich auf den Arm?
    Beides fand sie sehr unangemessen im Anbetracht der Lage (Volksbewaffnung! In Rom! Bürgerkrieg! Römer gegen Römer!)


    "Er ist der Kaiser!" war deswegen alles was sie aus voller Überzeugung antwortete (mit einem schnippischen Tonfall als würde sie mit einem Begriffsstutzigen reden, bei dem sie es Leid war immer wieder alles zu wiederholen). Denn was verstand sie schon von dem komplizierten Geflecht der Politik und Intrigen, in dem Rom gefangen war? Der Kaiser war der Kaiser war der Kaiser war der Kaiser. Das war doch alles was zählte (erst recht nachdem ihre Verwandten alle auf der Seite des Kaisers kämpften). Wenn eine einfache römische Frau nicht mehr auf den Kaiser und ihre Familie vertrauen konnte, worauf dann?


    Der Helvetier war aber anscheinend nicht der einzige, der sich über sie lustig machte. Zumindest ließ das Minenspiel, der Tonfall und auch die Wortwahl ihres ursprünglichen Gesprächspartners darauf schließen.
    "Du siehst auch nicht aus als würde dir ein Gladius aus der Hand fallen." sagte sie zu Tiberius Lepidus. "Aber ich verstehe schon, zur Verteidigung Roms gehört mehr als ein paar Muskeln. Und genügend Ehre und Mut kann eben nicht jeder aufbringen."


    So wie es Seneca und Avianus getan hatten. Schon wenn sie nur an die beiden dachte wollte sie in Tränen ausbrechen. Aber nein, Diademata würde nicht in aller Öffentlichkeit anfangen zu weinen. Als der Tiberier dann seine Leute um sich sammelte blickte sie vorsichtshalber über die Schulter und vergewisserte sich, dass Tarik noch bei ihr war. Sie sollte sich besser zurück halten mit ihren Worten. Schließlich standen sie hier alle auf der gleichen Seite. Auf der des Kaisers (glaubte Diademata zumindest).

    Zitat

    Original von Lucius Tiberius Lepidus
    "Der Dicke kommt gleich", ...
    ...
    In normaler Stimme, fast verborgen unter dem ganzen Jubel, sprach er vor sich hin: "Ganz recht, nur Tage und Wochen... und dein Ende naht."


    Ein bisschen empört war Diademata schon als der Mann neben ihr den Kaiser so einfach als den "Dicken" bezeichnete aber gerade als sie den Mund öffnete um irgendetwas zu sagen (auch wenn sie noch keinen Plan hatte, was), da kam er dann tatsächlich. Und irgendwie stimmte es ja auch. Erst beim Anblick Salinators fiel der Iunia wieder ein, dass sie ihn ja doch schonmal von ähnlich weit weg gesehen hatte, damals beim Aufmarsch der Prätorianer. Obwohl ihr da auch aufgefallen war, dass er wirklich ziemlich füllig ist hatten die Soldaten in ihren schmucken Uniformen damals einfach mehr Eindruck bei ihr hinterlassen.


    Heute aber war der Kaiser auch wieder ziemlich pompös. Also nicht nur massig pompös, sondern auch prächtig. Nur seine Worte und die Aussichten die er Rom präsentierte, die waren so gar nicht prächtig. Nicht mal mehr mittelprächtig.
    "Oh!" entfuhr es Diademata und sie hob die Hand vor den Mund.
    "Oh weh!" ein paar Sätze später.
    "Ach du Schreck!" bald danach.
    "Wir werden alle sterben!" war nur noch ein Flüstern.


    Als die Geschichte mit Hannibal kam war Diademata schon ganz blass geworden.
    Seneca! Avianus! Was ist mit meinen Cousins passiert? Was ist aus all den Prätorianern geworden, die in die Schlacht gezogen sind?


    Natürlich kannte sie die alte Kamelle mit dem aufmüpfigen Karthager. Seit Generationen diente Hannibal dazu kleine Kinder ins Bett, kleine Jungs wahlweise zum Kampftraining oder Griechischunterricht und kleine Mädchen an den Webstuhl zu bringen. Und natürlich kannte Diademata auch nur die Version der Geschichte, bei der das gewaltige Heer (in der Erzählung schon so groß, dass es realistisch ganz Italia und Gallia bedeckt hätte) von einer Hand voll tapferer, römischer Bürger zurückgeschlagen worden war. Aber sie war ja nicht blöd. Natürlich wusste sie, dass es so nicht wirklich gewesen war. Nur von der Realität, von taktischen Überlegungen oder kämpferischen Strategieen hatte sie keinen blassen Schimmer. Sie musste also darauf vertrauen, dass das was der Kaiser sagte, der Wahrheit entprach. Und warum sollte er auch lügen? Er war der Kaiser.


    Trotzdem war ihr nicht nach Jubeln zumute. Denn Seneca und Avianus waren vielleicht tot. Ehrenvoll im Kampf um Rom gestorben. Aber trotzdem tot.


    Als der ihr fremde Tiberius neben ihr dann vom nahenden Ende sprach blickte sie ihn entsetzt an. Denn irgendwie ergab sein Satz nur dann Sinn wenn sie ihn auf sich selbst bezog. Ihr Ende nahte? Wut stieg in ihr auf. Nein, sie würde nicht so einfach klein bei geben! Sie war schließlich eine Iunia! Und auch wenn der Kaiser seinen Aufruf zum Kampf wohl kaum an die Frauen gerichtet hatte, so würde Diademata ihr Zuhause bis zum letzten Blut verteidigen! (Zumindest würde sie sich das mal so vornehmen. Realistisch betrachtet würde sie wohl dem erstbesten Soldaten zum Opfer fallen. Mit ein bisschen Glück würde sie ihm mit ihrer Sticknadel noch einen Kratzer verpassen können, aber das war's dann wohl).


    "So schnell sicher nicht!" entgegnete sie also Tiberius Lepidus entschlossen. "Hier stehen immerhin noch genug tapfere Männer, die Rom beschützen werden! Das wäre doch gelacht, wenn dieser abscheuliche Kaisermörder auch nur einen Fuß in die Stadt setzen würde!"

    "Herrjemine, hier ist ja kaum ein Durchkommen!" Sorgenvoll schaute Diademata über ihre Schulter. "Tarik, du musst nach vorne, Platz schaffen, ich komme da nicht durch." Grummelnd blickte die Iunia auf ein paar breite Schultern vor ihr. Doch Tarik, ihr treuer Sklave, zwängte sich nach vorne und schob mühelos Oberkörper auseinander. Die bösen Blicke, die ihn darauf trafen, milderten sich bei seinem Anblick und wandten sich schnell wieder ab. Zufrieden folgte Diademata bis sie weit genug vorne war um etwas zu sehen.


    Als letzte Hüterin des Hauses der Iunia und kaisertreue Römerin (immerhin kämpften ihre Cousins bei den Prätorianern) gehörte diese Versammlung natürlich zu Diadematas Bürgerpflicht. Tatsächlich war es für eine junge Frau ihrer Herkunft vermutlich keine gute Idee, aber es war nunmal niemand mehr da um sie davon abzuhalten. Schließlich war sie eine Iunia und schon ihre Vorfahren hatten für Rom gekämpft (dass es dabei nicht um einen Kaiser gegangen war und manchmal sogar gegen einen war aus ihrer Sicht nicht so wichtig)! Also würde auch sie alles tun was notwendig sein würde.


    "Ist der Kaiser schon da?" fragte sie vor sich hin ohne jemanden zu adressieren. Neugierig stellte sie sich auf die Zehenspitzen um besser sehen zu können. Sie hatte den Kaiser noch nie gesehen aber angeblich legte er großen Wert darauf, dass man ihn schon von weitem erkannte.

    "Blöder Krieg!" Lustlos ließ Diademata ihr Stickzeug neben sich auf die Kline fallen. "Sticken, Weben, Sticken, Weben, Sticken, Weben! Gibt es denn nichts mehr in dieser Stadt das man noch tun kann? Warum ist das ganze Leben hier überhaupt eingeschlafen? Der Krieg ist doch weit weg! Mantua! Wisst ihr wie lange man von Rom nach Mantua unterwegs ist!" Natürlich erwartete Diademata keine Antwort von den Sklaven, die nutzlos dekorativ im Atrium herum standen.
    Diademata erhob sich energisch. "Tage! Im Winter bestimmt Wochen! Und trotzdem sitzen alle in dieser Stadt herum wie trübe Tassen und warten darauf, dass ihnen die Decke auf den Kopf fällt! Dafür bin ich doch nicht nach Rom gekommen! Da hätte ich auch in Baiae bleiben können!"


    Sie griff nach einem Becher mit warmem Gewürzwein und schmetterte ihn an die nächste Säule. Krachend und polternd fiel das Gefäß zu Boden. Das tat gut. "Das ist so unfair! Warum greift der Kaiser nicht endlich hart durch? Warum fegt er diese Idioten von Rebellen nicht endlich von der Landkarte! Und warum hat er Seneca und Avianus einfach fort geschickt?"
    Die Wut in Diademata wandelte sich schnell und eine Träne stahl sich in ihren Augenwinkel.
    "Das ist so unfair." Niedergeschlagen hockte sie sich wieder auf die Kline. Eigentlich war sie nicht wütend. Eigentlich war sie nicht gelangweilt. Eigentlich hatte sie nur Angst. Rom war befestigt worden und Seneca und Avianus waren an der Front. An der Front, von der kaum Nachrichten nach Rom gelangten. Dass es nicht ständig über Siege zu berichten gab konnte eigentlich nur bedeuten, dass es keine Siege zu melden gab.


    "Habt ihr die Vorratskammern aufgefüllt und die Holzbalken bereitgestellt?" fragte Diademata den Sklaven, der den Wein vom Boden wischte. Er nickte stumm.
    "Gut." Sie hatte wenig Ahnung was im Fall eines feindlichen Einfalls in die Stadt zu tun war. Vielleicht hätte sie doch rechtzeitig abreisen sollen. Aber dafür war es zu spät. Nirgends um Rom war es noch sicher. Schon gar nicht für eine Frau. Außerdem hatte ihr Seneca doch sozusagen die Casa anvertraut. Die Casa ihrer Familie. Nein, sie konnte nicht einach hier weg. Sie würde sich hier verbarrikadieren und auf ihre Cousins warten.


    Diademata nahm ihr Stickzeug wieder auf. Zumindest ein Gutes hatte dieser Krieg. An schönen Stoffen würde es ihr bei ihrer Hochzeit nicht mangeln.

    Ein lautes Heulen drang aus Diadematas Zimmer. Doch außer den Sklaven war niemand im Haus, der es hätte hören können. Es war zwar sowieso selten jemand da, aber es hätten zufälligerweise Seneca oder Avianus gerade zu Besuch kommen können. Wenn es möglich gewesen wäre. War es aber nicht.


    "Buhuhu!" Diademata schluchzte und schniefte laut an der Schulter ihrer Sklavin Berenice.
    Diese strich beruhigend mit der Hand über das Haar der Iunia. "Nun beruhige dich doch, und erzähle mir erst einmal was überhaupt los ist."
    "Buhuhu ... Aulus ... schluchz ... und Aulus ... schnief ... im Krieg! Buhuhuhu!"


    Es dauerte noch eine Weile bis sich die junge Frau endlich halbwegs beruhigt hatte.
    "Die Prätorianer sind in den Krieg gezogen," schniefte sie verheult. "Seneca ist natürlich dabei. Und jetzt auch noch Avianus! Was, wenn sie nicht mehr zurückkommen? Sie sind doch meine Cousins und ich habe sie doch so lieb gewonnen! Was soll ich denn dann machen hier ganz allein in Rom? Wer soll dann aufpassen, dass mein Ehemann sich vernünftig verhält?"
    "Aber Dia, es wird ihnen schon nichts geschehen. Sie sind doch fähige Soldaten, die gelernt haben zu kämpfen. Und es ist doch eine große Ehre, dass sie ihren Beitrag für Rom leisten."
    "Ja, schon. Aber trotzdem!" Sie schniefte wieder.


    Dann fasste sie einen Entschluss.
    "Ich werde auch meinen Beitrag für Rom leisten!"
    Berenice schaute ein bisschen entsetzt auf. "Du?"
    "Ja, natürlich, ich! Ich bin immerhin eine Iunia, es liegt mir im Blut meinen Beitrag für Rom zu leisten! Seneca und Avianus sind für den Kaiser in den Krieg gezogen. Bestimmt gibt es auch für mich eine Möglichkeit, den Kaiser zu unterstützen!"


    Sie schaute nachdenklich durch die schon fast getrockneten Tränen.
    "Was könnte ich wohl tun?"
    Berenice zuckte mit den Schultern. Die Sklavin war sich nicht sicher, ob das eine gute Idee war.
    "Schade, für große Spiele zu Ehren des Imperators und unserer tapferen Soldaten fehlt mir das Geld. Außerdem ist es dafür vielleicht noch etwas zu früh. Aber ein Opfer, das wäre doch etwas, oder? Ja, das klingt gut, ein Opfer zu Ehren des Imperators und seiner Soldaten! Du musst dich im Haus umhören, wo es die besten Opfergaben in Rom gibt. Ich will keine minderwertigen Gaben!"

    "Wundervoll!" bestaunte Diademata den Armreif den sie zwar schon vorher gemustert hatte, in all der Aufregung aber noch nicht so detailliert. Sie schob ihn über ihre Hand und präsentierte sich ihrem Cousin.
    "Ich glaube sowieso, dass er mir besser steht als dir!" grinste sie fröhlich.


    "Und für den Sklaven findest du bestimmt einen Platz."
    Diademata wusste nicht genau, ob die Prätorianer sich in der Castra eigene Sklaven halten durften, aber notfalls konnte ihn Seneca schließlich auch in der Casa Iunia abstellen.


    Dann aber schaute sie ihren Cousin mit großen Augen an.
    "Wie, noch nichts von einer Ehefrau gehört? Der Praefectus Praetorio wird doch wohl verheiratet sein!?"
    Alles andere war für die Iunia undenkbar.
    Ach je, bestimmt so ein kleines unscheinbares Mäuschen, das sich den ganzen Tag hinter ihrem Webstuhl verkriecht. Was für eine Verschwendung!


    "Nein, nein," winkte sie dann ab. "Noch mehr Essen und dein neuer Sklave muss mich nach Hause tragen. Und nächste Woche steht dann in der Acta, dass die Iunier sich keine Sänfte leisten können. Da lass uns lieber direkt nach Hause gehen."
    Natürlich scherzte Diademata nur. Denn eigentlich machte sie sich mehr Gedanken um ihre Figur als um Gerüchte in der Acta.


    Sim-Off:

    Danke, aber für einen Armreif lohnt sich das nicht. ;)

    Fabulös! So hatte sie noch nie jemand genannt und es gefiel der Iunia.


    Als der Präfekt sich verabschiedet hatte, strahlte Diademata übers ganze Gesicht.
    "Was für ein aufregender Tag! Und, was hast du gewonnen und was habe ich gewonnen?" fragte sie ihren Cousin.


    Dann fiel ihr noch etwas ein.
    "Sag mal, Aulus, mit wem ist der Praefectus Praetorio eigentlich verheiratet?"
    Dass sie ihm bei der Verlosung assistiert hatte würde Diademata sicher auch bei seiner Frau einen guten Anknüpfungspunkt bieten. Und mit der Frau des Praefectus Praetorio befreundet zu sein das konnte in Rom nur von Vorteil sein!

    Zitat

    Original von Faustus Decimus Serapio


    Nach einem Küsschen des Praefectus Praetorio (Wansinn!) war die Verlosung endgültig beendet und Diademata ergriff die Hand des Decimus, um von der Bühne zu steigen.
    "Nichts zu Danken, Praefectus, es war mir wirklich eine große Freude."
    Und nicht nur das. Die Ereignisse an diesem Tag würden Diademata wundervoll dabei helfen Kontakte zu knüpfen: "Ja, ich bin die, die dem Praefectus Praetorio beim Fest der Fortuna die Lose gezogen hat. Ja, er hat mich geküsst. Oh ja, es war der reine W a h n s i n n!"


    "Es ist auch wirklich ein großartiges Fest! Die Gunst der Fortuna wird dir dafür sicherlich eine lange Zeit zukommen. Ebenso wie die Gunst der römischen Bürger."
    Das galt für Diademata im doppelten Sinn, denn immerhin war der Praefectus irgendwie auch dafür verantwortlich, dass Seneca heute seinen freien Tag hatte. Im Gegensatz zu Serapio hatte Diademata ihren Cousin schnell entdeckt und winkte ihm zu.


    Dann lächelte sie nochmal kokett zu Serpaio.
    "Kennst du eigentlich meinen Cousin Iunius Seneca?"
    Der Präfekt konnte wohl kaum alle Männer kennen, die unter ihm dienten. Und falls er mit Seneca nicht viel anfangen konnte, dann musste dies unbedingt in positiver Weise geändert werden.
    "Er dient unter dir als Optio und hat heute seinen freien Tag geopfert, um mich auf dieses wundervolle Fest zu begleiten."
    Ein Hinweis auf familiäres Verantwortungsgefühl konnte nie verkehrt sein.

    Es war der pure Wahnsinn. Ja, das war es. Diademata zog Lose, verkündete die Nummern und sah wie sich die Gewinner freuten.


    Wenn ich verheiratet bin muss mein Mann auf jeden Fall auch so ein Fest mit einer Verlosung sponsern und ich bin wieder die Glücksfee! nahm sie sich vor.
    Nur die schäbigen Gestalten würde sie von ihrem Fest fernhalten wollen. Vielleicht sollte das ganze einfach in ihrem prachtvollen neuen Heim stattfinden und sie würde nur ausgewählte Gäste laden. Ja, so etwa in der Art.


    Beim Fortuna-Armreif kam Seneca auf die Bühne und Diademata freute sich um so mehr. Ob das wohl sein Los oder ihres war? Sie unterdrückte den Drang ihm freudig zu zuwinken. Nicht dass noch jemand auf die Idee kam, sie hätte das Los aus dem Füllhorn ausgesucht. Dabei hatte sie sich doch noch nicht einmal die Nummern ihrer Lose gemerkt.


    Als Seneca dann auch noch den Sklaven in Empfang nahm wurde Diadematas Strahlen immer heller denn ein Gewinn war ihr also in jedem Fall sicher. Ein Armreif oder ein Sklave, was hätte sie wohl lieber gewonnen? Für Seneca wäre wohl der Sklave besser, denn mit einem Armreif würde er vielleicht nicht so viel anfangen können.
    Außer ihn seiner großen Liebe schenken, dachte sie mit einem innerlichen Grinsen. Ob Seneca wohl so eine Liebe hatte oder auch nur eine Gelegenheitsfrau? Immerhin hatten viele Soldaten Frauen, mit denen sie nicht verheiratet waren, die aber trotzdem so etwas wie eine Ehefrau waren. Aber nein, eigentlich wollte sie nicht, dass ihr Cousin so eine Frau hatte. Nicht dass sie es ihm nicht gönnen würde, aber ihr würde sie es nicht gönnen. Seneca war viel zu gut für irgendeine Gewohnheits-Ehefrau.


    Das nächste Los kam an die Reihe und Diadematas Gedanken wurden wieder auf die Preise und ihre glücklichen Gewinner gelenkt.


    Dann war auch schon das letzte Los dran. Eine junge Frau hatte das Hauptlos und damit die wunderschöne Statue der Fortuna gewonnen. Sie sah aus als stammte sie aus gutem Haus und Diademata meinte, dass sie sie auch schon irgendwo auf dem Fest gesehen hatte (oder sogar kennengelernt?). Da würde die schöne Fortuna zumindest in einem schönen Hortus landen und nicht bei einem Metallgießer, um das Metall aus ihr auszulösen.

    "Ich bin Iunia Diademata," beantwortete sie die Frage des Präfekten. Auf ihrem Gensnamen lag dabei eine gewisse Betonung die sie sich in Baiae angewöhnt hatte. Immerhin hatte sie sich dort von ihren Verwandten aus der Gens Racilia abheben müssen und außerdem hatte Diademata schon früh begriffen, dass der Name Iunia ein gewisses Potential besaß.


    Und dann ging es auch schon los, es waren ja nicht gerade wenige Lose.


    Der Gewinn wurde präsentiert, dann zog Diademata ein Plättchen aus dem Füllhorn und las die Nummer darauf vor.
    "C X I I I - Einhundertunddreizehn."
    Irgendwo in der Menge begann dann ein kleiner Aufruhr. Jemand jubelte laut. Jemand schrie entzückt auf. Oder gleich eine ganze Gruppe johlte. Dann drängte sich eine Person (manchmal auch mehrere) durch die Masse nach vorne, meist schon fröhlich mit ihrem Los winkend.


    Es machte Diademata mit jedem Los mehr Freude die Glücksfee zu spielen, denn je mehr Zahlen sie nannte, desto mehr Personen verließen die Bühne glücklich mit ihrem Gewinn. Und je weiter die Verlosung voranschritt, desto spektakulärer wurden die Preise. Und um so glücklicher wurden die Gewinner.


    Als nächstes gab es einen Beutel mit einhundert Denaren. Für einen einfachen Mann ein richtiges Vermögen. Aber auch für jeden Anderen sicher nicht zu verachten.


    Diademata zog eine Nummer und las: "Gewonnen hat die Nummer dreiundzwanzig - X X I I I."
    Erwartungsvoll blickte sie über die versammelten Menschen, wen es wohl diesmal getroffen hatte.


    Dabei wusste sie natürlich nicht, dass diese Zahl auf dem Los stand, das Appius Decimus Massa beim Speerwurf gewonnen hatte.


    Sim-Off:

    Die Gewinner wurden unter Zuhilfenahme des Würfelsimulators der TU Clausthal mit mehrfach gesicherter Zufälligkeit unter dem wachsamen Auge Fortunas ausgelost. :]

    Wahnsinn!
    Diademata verschwendete keinen einzigen Gedanken daran ob Decimus Serapio tatsächlich gerade sie aufgefordert hatte auf die Bühne zu kommen oder vielleicht doch jemanden hinter ihr. Natürlich war sie gemeint! Da bedurfte es auch der aufmunternden Worte seitens Senecas und Dives nicht.


    Die Iunia strahlte über das ganze Gesicht. Da dachte sie, dass der Tag kaum noch besser (noch Fortuna-mäßiger) werden konnte, wurde sie schon wieder eines besseren belehrt.
    Aber besser kann es jetzt wirklich nicht mehr werden, es sei denn der Kaiser kommt vorbei und will mich zur Augusta machen!
    Bescheidenheit mochte ja eine Zier sein aber voran kam man eben nur mit offensiven Ambitionen.


    Doch fürs erste waren die Ehepläne erst einmal vergessen. Nun galt es Fortunas Händchen zu sein!


    "Hier," reichte sie Seneca ihr gerade aus der Blüte gepacktes Los. "Du musst es bitte einlösen falls es gewinnt."


    Lächelnd schwebte Diademata auf die Bühne hinauf als hätte sie jahrelang für diesen Auftritt geprobt. Einmal der Mittelpunkt in Rom sein, was für ein Traum!
    "Es ist mir eine große Freude dir behilflich zu sein, Praefectus!"

    Mit einem ehrlich erfreuten Lächeln nahm Diademata die Blüte von Dives entgegen. Charmant konnte er also auch sein. Auch wenn es darauf in einer Ehe natürlich nicht ankam war es trotzdem ein Pluspunkt. Hoffentlich würde er diese Eigenschaft nicht schon in seiner ersten Ehe einbüßen.
    "Vielen Dank!" Die Iunia roch ebenfalls gespielt genießerisch an der Blume und wollte sie sich in ihr Haar stecken als ihr das verpackte Los auffiel.
    "Oh, schaut nur, da ist noch etwas drin." Sie zog das Los heraus und strahlte. "Das ist ja süßer als der süßeste Nektar!" kicherte sie. "Wenn das kein Zeichen der Fortuna ist!"


    Und dann kam der Praefectus Praetorio und auch die Iunia hatte nur noch Augen für ihn.
    Wahnsinn! Was für ein Mann! schoss es Diademata beim Anblick des Prätorianers in seiner schmucken Rüstung durch den Kopf. Auch ohne sein strahlend weißes Pferd (mit dem hatte sie ihn zum ersten Mal bei der großen Prätorianerparade gesehen) war er ein ziemlich beeindruckender Ritter. Der mächtigste Mann in Rom nach dem Kaiser.
    Ach, ich hasse sie einfach, diese blöde Kuh! musste sie sich über die Ehefrau dieses Mannes eingestehen ohne dass sie sie überhaupt kannte. Aber der Neid war einfach zu groß.


    Und wie großzügig er seine Präsente unter das Volk verteilen wollte! Dieser Decimus musste wirklich ein großes Vermögen besitzen und Diadematas Neid auf seine Ehefrau wuchs weiter.
    Die Lose, Dia, konzentriere dich auf die Lose. Dieser Gewinn ist leider schon vergeben.
    Trotzdem schaffte sie es nicht ganz ihren Blick von dem strahlenden Ritter abzulenken (von Nahem war natürlich auch nicht alles ganz so perfekt wie sie es sich aus der Ferne zurecht geträumt hatte, aber darüber konnte sie bei einem Prätorianerpräfekten großzügig hinweg sehen).
    Hoffentlich ärgert sich die blöde Kuh wenigstens mächtig darüber, dass er seine Geschenke lieber dem Volk schenkt als ihr!

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives


    Das Duumvirat riss die Iunia nicht gerade aus den Sandalen. Duumvir einer Großstadt zu sein war natürlich ein guter Grundstock für eine weitere Karriere in Rom. Aber es war eben nur ein Grundstock.
    Der Wunsch Senator zu werden erregte dagegen Diadematas Aufmerksamkeit um so mehr. Allerdings träumten natürlich viele Männer davon Senator zu werden und ebenso viele blieben irgendwo auf der Strecke (dass dann doch welche Senator wurden musste rein rechnerisch etwas damit zu tun, dass es auch Männer gab, die nicht davon träumten Senator zu werden und es trotzdem wurden).


    Aber, wie bereits festgestellt, Diademata plante ja nicht nur ihre direkte Zukunft. Eine Frau musste immer ihr gesamtes Leben im Blick behalten, wenn sie etwas werden wollte. Also packte sie den imaginären Honigtopf aus.
    "Duumvir und dann Senator! Das klingt ja äußerst viel versprechend. Ich bin sicher, mit solchen Ambitionen und dazu noch so edlen Vorfahren wirst du dein Ziel bestimmt erreichen."
    Natürlich hatte Diademata noch nie von diesem Großvater-Senator gehört. Aber darauf kam es ja nicht an.


    Dann aber kam direkt die Retourkutsche und für einen Augenblick gefror das Lächeln der Iunia ihrem Gesicht bevor sie sich wieder gefangen hatte.
    "Ich bin noch nicht verheiratet." Ein gespielt leidender Blick traf Dives. "Die Auswahl ist einfach zu groß und so eine Verbindung will schließlich wohl bedacht werden. Aber ja, der, den es am Ende trifft, ist bereits Senator oder wird es in Kürze sein."
    Das klang zumindest so als hätte sie schon eine solide Auswahl an Angeboten und müsste sich tatsächlich nur noch entscheiden.


    Das Geklimper vor ihnen (das der Musik und das der Tänzerin) verstummte und Applaus brandete auf. Diademata beteiligte sich mäßig und schaute den Blüten hinterher die Scintilla in die Menge warf.
    Du meine Güte, ist das nicht der Decimus, der da so rüpelhaft nach der Blume grapscht? Ein Glück haben wir uns vorhin wieder von der Gruppe getrennt!

    Diademata nickte verständig. Bald würde sie auch die abendliche Cena vorbereiten und Gäste empfangen. Bald, wenn sie erst verheiratet war und jeden Abend die Gäste ihres Mannes empfing!


    Sie erhob sich lächelnd. "Ich wünsche dir noch einen angenehmen Tag. Vale!"


    Suchend blickte sich die Iunia kurz um. "Vale, Titus!" winkte sie dann dem kleinen Verwandten zu, der wieder fröhlich auf der Wiese spielte und seine Aufmerksamkeit lieber auf die Erforschung der Welt um ihn herum lenkte als auf ihr Verschwinden.


    Trotz der Tatsache dass der Besuch noch keine konkreten Ergebnisse (den einen perfekten Ehemann) gebracht hatte verließ Diademata beschwingt das Haus der Pompeier. Denn das Gespräch mit Axilla hatte ihr so einige neue Ideen in den Kopf gesetzt und zumindest wusste sie schon einmal die wichtigsten römischen Familien einzuordnen (was ihr in den nächsten Tagen noch sehr hilfreich sein würde).

    'Die einzigartige Scintilla' war ein ziemlicher Reinfall. Natürlich war es beeindruckend wie weit sie ihren Körper verbiegen und wie schnell sie dem Rhythmus der Musik folgen konnte. Aber das war es auch schon wenn man kein Mann war und auf weibliche Reize und nackte Haut ansprang. Sie hoffte nur die Tänzerin würde sich jetzt nicht wirklich ausziehen.


    Ein dressierter Löwe hätte Diademata wesentlich besser gefallen. Um so interessanter war Iulius Dives für sie.
    Doch aus Ostia. Aber immerhin ein senatorischer Cousin, das lässt für die Zukunft hoffen. Vielleicht eine Gelegenheit für eine zweite Ehe, zumindest falls er dann noch lebt und die Iulier noch etwas zählen.
    Also besser erst einmal warmhalten.


    "Eine Wahl? Bist du in der Verwaltung tätig? Oder lässt du dich aufstellen?"

    Dann stutzte sie, lächelte aber gleich wieder. "Oh nein, wir kommen nicht aus Ostia."
    Es klang ein bisschen erleichtert, so als wäre 'aus Ostia kommen' eine unangenehme Sache.


    "Seneca ist ja bei den Prätorianern und ich wohne in unserer Casa hier in Rom."
    Dass sie erst vor kurzem aus Baiae angekommen war, das auch nicht besser als Ostia war, erwähnte Diademata nicht.


    Mit einem kurzen Blick vergewisserte sie sich, dass die unglaubliche Scintilla immer noch von ausreichend Stoff umhüllt war.

    Balneum? Diademata öffnete leicht den Mund sagte aber nichts.
    Das musste ja ein wahnsinns Balneum sein wenn Axilla lieber zu hause blieb statt in die Thermen zu gehen. Aber natürlich, wahrscheinlich unterschied das die wichtigen, reichen Leute von den unbedeutenden. Sie hatte es einfach nicht nötig in die Thermen zu gehen!


    "Ah so." sagte die Iunia und war ein bisschen peinlich berührt. Da war sie doch noch in ein römisches Fettnäpfchen getreten.


    Gleichzeitig hatte sie beschlossen, dass sie vor einer Ehe unbedingt auch das Haus ihres Gatten inspizieren müsste. Insbesondere das Balneum. Andererseits würde man wohl jedes Balneum mit genügend Geld hübsch umgestalten können.


    "Hm, ja..." wusste Diademata dann schon wieder nicht weiter. Vielleicht war es einfach Zeit zu gehen. Natürlich hätte sie Axilla zu gern noch um eine kleine Führung durch das prächtige Haus gebeten, aber so gut kannte sie sie ja dann auch nicht. Eigentlich ja so gut wie gar nicht. Und irgendwie schien die Verwandte Diademata zuletzt auch ein bisschen reserviert. Vielleicht hatte sie noch etwas vor.


    "Ich denke, ich sollte so langsam wieder aufbrechen. Ein Schmuck-Händler wollte später noch zur Casa Iunia kommen und mir sein Angebot präsentieren. Ich habe nämlich gar nicht so viel Gepäck aus Baiae mitgebracht und muss mich noch neu eindecken."
    Diadematas Augen leuchteten auf bei dem Gedanken daran Geld für schöne Dinge ausgeben zu können. Natürlich würde es bald noch schöner sein das Geld ihres zukünftigen Ehemannes ausgeben zu können. Aber vorerst genügte auch ihr eigenes.


    "Ich danke dir für deine Gastfreundschaft und für die vielen Auskünfte!"

    Zitat

    Original von Marcus Iulius Dives & Aulus Iunius Seneca


    Oh, dachte Diademata. Wohl doch kein Gelegenheitsrempler, wenn Auslus ihn kennt.
    Unangenehm waren ihr ihre Worte trotzdem nicht. Woher hätte sie das auch wissen sollen?
    Doch nun mit diesem Wissen wurde der Mann natürlich erst einmal von oben nach unten und zurück gemustert.


    Gut aussehend: passt. Vor allem die hellen Augen sind sehr attraktiv.
    Familie: Iulia - vielversprechend (im Zweifelsfall Seneca fragen, der scheint ihn zu kennen).
    Politische Gesinnung: Kaisertreu (laut Axilla, weil Iulius) - für eine erste Ehe in Ordnung.
    Wohnort: Ostia - abgehakt, keine weiteren Fragen.


    Und wenn er doch nur aus Ostia stammte, jetzt aber in Rom wohnte?


    Wohnort: Besser noch einmal abklären.
    Staus: unbekannt.


    Noch eine Informationslücke, die auf der Stelle geschlossen werden musste.


    "Es ist ja nichts passiert." tat Diademata das Missgeschick ab. "Ich war nur im ersten Augenblick so erschrocken. Es freut mich ebenfalls, dich kennenzulernen, Iulius." Sie unterstrich das mit einem koketten Lächeln.


    "Und du störst überhaupt nicht. Wir warten gerade ganz gespannt auf die unvergleichliche Scintilla."
    Sie betonte den Namen so als wüsste sie ganz genau, wer die unglaubliche Scintilla war und als hätte sie dementsprechende Erwartungen. Denn wahrscheinlich waren dieser Name und die Frau dahinter in Rom weitbekannt.


    "Ein wunderbares Fest, nicht wahr? Da lohnt sich sogar eine Reise aus Ostia hierher. Oder warst du sowieso gerade in der Stadt?"

    "Ach so!" kommentierte Diademata lachend die Verwirrung um die iunischen und die Ehe-Männer. So machte das natürlich alles Sinn.
    "Ja, das sehe ich auch so." pflichtete sie deshalb auch Axillas Aussage zu den Pflichten des Ehemannes einer Iunia zu.


    Und dann sagte sie nur noch: "Ach so," in Bezug auf Serrana.
    Dann scheint das Serrana wohl anders zu sehen mit der Familie und den Ehemännern. Muss wohl auch eine komische Gens sein, diese Germanica.
    Sie versuchte sich an irgendwelche Informationen über die Gens zu erinnern, aber außer dass es zwei oder drei Senatoren aus der Familie gab wusste sie nichts genaueres.


    Dann wusste sie einen Moment lang nichts mehr zu sagen. Das dringlichste Thema war ausführlich besprochen und Diademata fürchtete mit einem anderen Thema in ein hauptstadtrömisches Fettnäpfchen zu treten. Sie war einfach noch nicht lange genug hier, um auf dem Laufenden zu sein.
    Ich muss unbedingt in die Thermen. Wenn irgendwo alle Informationsstränge zusammenlaufen, dann in den Thermen!


    "Sag mal, welche Thermen kannst du denn hier in Rom empfehlen?"