Beiträge von Tiberia Lucia

    Lucia hörte zu, so gut es ihre Aufmerksamkeit erlaubte. Was zuppelte der Hundling da an am Kragen ihres Morgenmantels herum? Seine Konzentration mochte zwar ihr gelten aber eben nicht den Partien die sie gerne hätte, denn Augenkontakt konnte man das eindeutig nicht mehr nennen. Warum tat sie denn dann nichts dagegen? Ihre Hände wollten nur zu gerne auf die frechen Finger da klatschen, aber grade die Haut unter diesen Fingern legte ein entschiedenes Veto ein. Chotverdomme!, wiederholte Lucia den eben von Vala genannten Fluch in Gedanken, als ihr klar wurde worauf das hinauslaufen könnte. Das war nun wirklich nicht, weshalb sie so lange am Frühstückstisch gewartet hatte!


    Sie waren inzwischen bei den römischen Flüchen angekommen, welche Vala auf unerwartete Weise verdeutlichte. Wieder entfleuchte Lucia ein überraschtes Quietschen. Sie wollte es nur zu gerne auf den Schreck eben schieben, aber sie spürte wie ihr Herz in einem ganz anderen Takt schneller schlug, als es schließlich um die Brüste der Iuno ging. Wieso fühlte sie sich von diesem wölfischen Geräusch auch noch geschmeichelt? Schmutzigere Dinge, anderer Ort. Das war… nicht was sie grade wollte, oder? Mit einem leisen Keuchen, ruckte Lucia kaum dass ihr Ohrläppchen auch nur berührt wurde den Kopf zur Seite. Erst als sie daraufhin zittrig einatmete wurde ihr klar, dass sie Luft angehalten hatte. „Verdammte Axt!“, versuchte sie sich atemlos an dem Familienfluch und versuchte Abstand zwischen sich und diesen verwirrenden Vala zu bringen, indem sie mit einiger Kraft gegen seine Brust drückte. „Ich hab gesagt: Du sollst mich ernst nehmen! Das hier ist“, Lucia zögerte unsicher wie sie sich ausdrücken sollte. „so einiges… aber nicht ernst nehmen!“ Und weil es so schön war grade Gelerntes anzuwenden, hängte sie noch ein „Beim Hintern der Demeter!“ hintendran. Das klang zwar extrem seltsam in ihren Ohren, aber sie wollte zeigen, dass es ihr ernst war! So seltsam sich die Situation auch grade anfühlte. Ein Teil von ihr hätte nämlich nicht wirklich was dagegen die von Vala eben erwähnten schöneren Dinge zu lernen, doch sie war wütend! Sie hatte wütend zu sein! Verdammte Axt! Sie wollte hier was erreichen! Eigentlich...

    [SIM-OFF]Danke :) [/SIM-OFF]


    Sekunda nickte stumm. Man konnte beinahe den Eindruck gewinnen, dass ihr die Sache nicht gefiel. Dann wiederum hatte sie doch schon ein runzeliges Gesicht und ob die Linien, die von ihrem Mundwinkel herab liefen, nun tiefer waren als sonst… da konnte man sich nicht so ganz sicher sein. Immerhin war sie ja auch nur eine Sklavin, der es kaum zustand die Aktionen der Herrinnen zu bewerten. Mit einer kleinen Geste entließ Lucia ihre Leibsklavin – auch in dem Gedanken, dass die mögliche Missbilligung nicht zu bewusst wird - die dann auch rasch wieder in den Hintergrund trat. Mit einem Grinsen bestätigte sie: „Gut, auch wenn man ja nicht im gleichen Alter zu sein braucht, um jemanden anziehend zu finden.“


    Auch Lucia wusste nicht mehr wirklich was zu dem Thema beizutragen… das hieß, vielleicht doch: „Du hältst mich auf dem Laufenden?“ Die Frage war mehr eine Feststellung. Immerhin wollte Lucia doch auch mitbekommen, wie ihre kleine miterarbeitete Intrige lief. Das war doch klar.


    Sergia wollte also Geschichte gegen Geschichte tauschen? War Lucia da nicht ohnehin schon eine vorneweg. Naja, auch wenn Sekunda sie erzählt hatte. „Ich fürchte, ich bin momentan nicht in der Lage dir etwas interessantes zu erzählen, das du nicht ohnehin schon wüsstest.“ Lucia schielte zu den beiden Bewachern und dachte sich Ach, was soll‘s! Irgendwer wird es ihr wahrscheinlich eh erzählen. Da kann ich ja auch das offensichtliche mit einer netteren Erklärung verbinden. Kurz zögerte Lucia noch, dann erklärte sie: „Weißt du, mein Bruder findet ich hätte mich, seit ich wieder in Rom bin verändert. Er meint mich vor den schlechten Einflüssen der großen Stadt schützen zu müssen.“ Sie seufzte und deutete in die Richtung der beiden Herkulesse. „Die beiden sollen sicherstellen, dass ich keinen Fuß in die schreckliche Welt da draußen setze. Du glaubst nicht wie langweilig das ist! Als ob ich wieder in Misenum lebte, nein eigentlich eher schlimmer! Immerhin hab ich hier die interessante Stadt direkt da draußen und bin doch von ihr abgeschnitten.“ Lucia verzog das Gesicht, wie es nur eine genervte kleine Schwester konnte. „Du könntest dir meines ewigen Dankes gewiss sein, wenn du deine Geschichte trotzdem mit mir teilst.“ Na, wenn das nicht genug gebettelt um eine kleine Klatschgeschichte war… Lucia hoffte einfach mal darauf, dass ihre Neugierde befriedigt werden würde.

    Wann genau hatte sie sich das Szepter aus der Hand nehmen lassen? Eben hatte doch noch sie die Oberhand gehabt, auch wenn sie damit eindeutig nicht dahin gekommen war wohin sie wollte. Aber nichtsdestotrotz hatte sie doch mal seit Ewigkeiten mehr oder weniger die Hosen angehabt. Wie hatte sich das jetzt so schnell umkehren können?


    Vala zog sie an sich und ihr entfuhr ein überraschtes Quietschen, das von den Fingern an ihren Lippen halb erstickt wurde. Doch auch eben diese Finger wurden, garnichtmal unsanft, fremdbewegt und in einer eigentlich netten Geste gekühlt. Lucia fühlte sich wie im falschen Film. Wieso musste er auf einmal so… so… charmant sein?? Er brachte sie damit völlig aus dem Konzept und sie wollte nicht aus dem Konzept gebracht werden! Sie wollte grad trotz allem noch sauer auf ihn sein! Er nahm sie nicht ernst und das war doch nur noch so ein Zeichen, dass er sie nicht ernst nahm! Und anstatt sich sofort aus seinem Griff zu entwinden, ließ sie das auch noch zu. Kuhmist! Jemand sollte ihm diesen irritierenden Ausdruck aus dem Gesicht kratzen! Um sich wenigsten ein bisschen zu sträuben versuchte Lucia ihren angekratzten Finger aus Valas Hand zu entwinden. Angenehmes Pusten hin oder her, hier ging es ums Prinzip!


    „Ach, und was sagt man dann wenn man es ernst meint?“, versuchte Lucia im angriffslustigen Ton in ihre eben noch so dominierende Stimmung zurückzukehren. „Du scheinst ja ein Meister darin zu ein, also lehre mich!“

    Der kleine Schnitt brannte unverhältnismäßig stark. Lucia löste die Hand von ihren Lippen und betrachtete ihn. Es aus dem sofort wieder ein wenig Blut hervortrat. Grade so viel, dass der Schnitt gut zu erkennen war, aber nicht mehr. Warum brannte so was so grässlich? Lucia wollte die Hand wieder an den Mund führen, da stellte Vala noch so eine dumme Frage. Im krassen Gegensatz zu den vorherigen brachte diese Lucia jedoch nicht auf die Palme, sondern ließ sie vielmehr erröten. Halb hinter der verletzten Hand versteckt murmelte sie beinahe verlegen: „Und wenn schon? Das tut doch nichts zur Sache!“

    Noch eine dämliche Frage. Unter Lucias linkem Auge zuckte es. Bind griff sie nach dem nähst bestem das sie erreichen konnte. Sie erwischte ihr eigenes Glas und hob es hoch, um es dem gleichen Schicksal wie schon eben die Vase zuzuführen. Doch sie hielt inne. Beruhige dich, so kommst du nicht weiter. Sie atmete einmal tief durch, das Glas noch immer erhoben, dann schien sie sich entschieden zu haben es nicht zu werfen.
    Eigentlich wollte sie das Glas zurück an seinen Platz stellen, doch sie knallte es mit solcher Wucht auf den Tisch, dass der Stiel zwischen ihren Fingern brach. Sofort ließ sie los und die obere Hälfte fiel auf den Tisch, wo sich die restliche Flüssigkeit ausbreitete. „Kuhmist!“, fluchte Lucia aus vollem Herzen und barg ihre Finger in der anderen Hand. Irgendwas tat weh. „Nichts. Absolut garnichts hat die Vase damit zu tun.“, presste sie heraus und suchte auf dem Tisch nach einem sauberen Tuch oder etwas in der Art. „Sie war ein Beispiel und dann hat sie mich davon abgehalten dir ins Gesicht zu springen.“, zischte sie.
    Lucia blickte kurz zornig zu Vala, dann auf ihre eigenen Hände. Entgegen ihrer Erwartung trieften diese nicht von Blut, was sie veranlasste die Finger ihrer rechten Hand aus der Umklammerung der linken zu lösen und genauer zu betrachten. Am Ansatz ihres Mittelfingers traten einige wenige rote Tropfen hervor, sonst war ihre Haut so rein und weiß wie eh und je. Instinktiv führte sie die Stelle an den Mund.

    Hätte Vala nicht erst vor kurzem eindeutig klar gemacht, dass er alles andere als dumm war – Lucia hätte ihn jetzt einfach als Trottel abgestempelt. So klang die baffe Feststellung der Tatsachen in ihren Ohren, als würde er sie noch immer auf den Arm nehmen. Lucia raffte ihren Rock, damit sie mit einem großen Schritt ungehindert über die Scherben steigen konnte und trat wieder auf Vala zu. „Das war eine hässliche und vollkommen fehlplatzierte Vase!“, korrigierte sie giftig seine Aussage. Wieder klirrte das Geschirr, diesmal weil sich Lucia schwer auf den Tisch stützte. Sie starrte Vala zornig an. Mit viel zu ruhiger Stimme für ihr sonst so aufgebrachtes Gemüt wiederholte sie: „Ich will ernst genommen werden!“ Sie lehnte sich stärker auf den Tisch, beugte sich dabei mehr zu Vala hin. „Ich erzähle dir hier von meinen Problemen, was mir schwer genug fällt, du hast diese Ehe nicht grade auf Vertrauen gegründet. Bei allen Göttern, wahrlich nicht! Trotzdem komm ich zu dir, also hör auf mich auf den Arm zu nehmen!“ Lucia verengte ihre Augen zu Schlitzen. „Ist das klar?“ Alles an Lucias Körpersprache warnte Vala davor, die letzte Frage zu verneinen.

    „Hör auf mich zu verspotten!“, platzte Lucia entrüstet heraus. Denn genau das tat er hier! Niemand konnte so begriffsstutzig sein und dann so provozierend doof nachfragen. Mit einem Ruck stand sie auf. Der Stuhl schrammte über den Boden und das Geschirr klirrte, als sie dabei gegen den Tisch stieß. Am liebsten hätte sie einen Teller nach Vala geworfen, doch das traute sie sich nicht. Mit wenigen Schritten war sie deshalb bei dieser grottenhässlichen Vase und hob sie von ihrem Platz. Mit nicht geringer Genugtuung ließ Lucia die Vase auf dem Boden fallen, wo sie mit einem äußerst befriedigenden Krachen zersprang. Mit Schwung drehte sich Lucia wieder zu ihrem Göttergatten um und starrte ihn mit einem wütenden Funkeln in den Augen an. „Ich will verflucht nochmal erst genommen werden!“

    Dives verstand sie und fühlte mit ihr. Zumindest wirkten seine ersten Worte so, dann ruderte er doch tatsächlich zurück. Lucia runzelte die Stirn. Wie konnte er ihr erst so zustimmen und dann behaupten, dass es nicht grundsätzlich falsch wäre? Sie biss sich auf die Lippe und blickte trotzig in ihr Glas. War es also doch wahr, dass Männer erstmal grundsätzlich zusammenhielten? Es schien ganz so. Doch die Fragen konnte sie leider nicht einfach ignorieren. Traf er doch damit den Kern des Problems. Lucia leerte darauf erstmal ihren Wein und stellte das Glas mit zitternden Fingern zurück auf das Tablett. Erst als sie den Griff löste, bemerkte sie, wie fest sie zugepackt hatte. Gedankenverloren strichen die Finger der einen Hand über die Innenfläche der anderen. Sie nickte. „Wir hatten sogar einen riesigen Streit. Wir haben die letzte Zeit kaum miteinander geredet. Aber ich dachte ihm würde es genügen mich mit Nichtachtung zu strafen und mir bei meinem… Problem nicht zu helfen, aber dann stehen eines Morgens plötzlich zwei Herkulesse vor meiner Tür und teilen mir mit, dass ich Hausarrest hätte!“ Lucia blickte zu Dives auf. „Das ist so feige! Er hatte noch nicht einmal den Mumm mir das selbst mitzuteilen! Plötzlich war es mir nicht mehr gestattet das Haus zu verlassen, einfach so, ohne Vorwarnung. Und als ich ihn konfrontieren wollte, hat er sich verleugnet. Erst später hat er mich dann zu sich zitiert und da hat er mich dann auch erpresst.“ Lucia griff nach dem Weinglas, dass wohl in der Zwischenzeit befüllt worden war und trank einen weiteren großen Schluck. Während sie gesprochen hatte waren ihr die Tränen in die Augen gestiegen und sie wollte unbedingt verhindern jetzt schon wieder zu weinen.


    Dives fragte, ob sich Lepidus verändert hatte. Überrascht blickte diese zu ihm auf und zögerte mit ihrer Antwort. Nicht, weil sie es Dives nicht erzählen wollte, sondern vielmehr weil sie darüber erst mal nachdenken musste. „Ich weiß nicht genau. Ich dachte er wäre nur mir gegenüber so, weil er sauer auf mich ist. Wir haben uns vorher eigentlich recht gut verstanden, dachte ich zumindest. Es war nicht grade herzlich, aber …ja.“ Die Frage war gemein. Bis eben hatte Lucia noch geglaubt ich einigermaßen unter Kontrolle zu haben, aber so über die vermutlich von ihr verschuldete Veränderung nachzudenken tat weh. Sie schniefte. „Er hat sich schon immer gerne in die Arbeit gestürzt und er war schon immer ein wenig distanziert. Aber wir sind gut miteinander zurechtgekommen.“ Die erste Träne kullerte über Lucias Wangen. Sie versteckte sich hinter dem Weinglas und schniefte abermals, doch der Damm war gebrochen. „Entschuldige, ich…“, begann sie erstickt und wischte sich mit dem Ärmel über das Gesicht. „Gib mir einen Moment, dann geht es schon wieder.“, versprach sie erstickt und wandte ihr Gesicht von Dives ab. Sie presste die Lippen zusammen, damit möglichst kein Laut über diese kam und schluckte und schluckte, um den Klos in ihrem Hals loszuwerden.

    Das war zum verrückt werden! Verstand er sie wirklich nicht, oder wollte er sie nicht verstehen? Lucia fühlte wie die Wut begann ihr den Hals zu zuschnüren und schluckte mühsam ihre Verärgerung herunter. Ganz ruhig, du musst jetzt ruhig bleiben! Sie verschränkte die Finger ineinander, so fest dass ihre Fingerknöchel weiß wurden. Und um einem möglichen Zittern entgegen zu wirken, legte sie ihre gefalteten Hände auf die Kante des Frühstückstisches.
    „Versuch mir bitte zu folgen.“, begann sie mit bemüht kontrollierter Stimme. Sie suchte Valas Blick, um sich seiner Aufmerksamkeit, die grade schon zu diesem unverschämten Sklaven abgewandert war, sicher zu sein. „Schau mich bitte an, ja?“ Erst als sie sich hundertprozentig sicher war, dass ihr Ehemann ihr auch wirklich zuhörte, versuchte sie ihre Gefühle so simpel wie nur möglich zu formulieren: „Mir ist langweilig! Ich habe hier in diesem Haus keine Aufgabe und außerhalb davon auch nicht. Ich will aber eine Aufgabe haben!“ Das musste doch jetzt jeder Trottel verstanden haben, oder? Was sie nun noch hinzufügte, kam ihr nur äußerst schwer über die Lippen: „Ich fühle mich aufgrund der Art und Weise wie unsere Ehe zustande kam nicht sicher dabei mir selbst eine zu suchen, also bitte ich dich darum mir eine zu geben.“ Ihre Stimme wurde gegen Ende leiser und klang dabei aggressiv. „Verstehst du es jetzt endlich?“, diese Frage war nur noch ein Zischen.


    Ad Aulus Iunius Avianus
    Cohortes Urbanae - Castra Praetoria
    Roma, Italia


    Avianus,
    wie konnte es mir nur entfallen, dass wir uns beim Cognomen nennen? Entschuldige bitte vielmals, dass ich in meinem letzten Brief nicht daran gedacht habe!


    Ich möchte dir zu deiner Beförderung gratulieren und dich gleichzeitig darüber aufklären, dass lustiger weise auch dein Brief die falsche Adresse trug. Tatsächlich haben wir feinen Damen noch eine etwas extraordinäre Möglichkeit der Langeweile entgegenzuwirken: Wir heiraten. Es mag zwar nicht immer unser ausdrücklicher Wunsch sein, aber es bringt doch so einige interesante Veränderungen mit sich. Eine davon ist, dass ich nunmehr die Casa Accia meine Wohnstatt nenne.


    Es ist ein Jammer, dass Catos brave Schwester die Kette nie bekommen wird, aber das Schmuckstück hat seine Pflicht ohnehin schon erfüllt. Durch die Gewissheit, dass es schlussendlich bei diesem Lump gelandet ist, kann ich mir der Treue einer anderen Person nun sicherer sein. Auch werde ich mich mit dem Gedanken trösten, dass ein Teil des Geldes anscheinend in deine Taschen fließen wird. Wie können deine Kammeraden nur die Echtheit dieses Briefes anzweifeln? Ein Skandal! Sollte ich auf dem Weg zur Lotterie einem von ihnen begegnen, werden sie schon aufklären!


    Womit wir auch schon bei einem anderen Thema, nachdem du mich fragtest, wären. Nein, leider scheint mich mein Glück aktuell im Stich zu lassen. Noch kann ich keinen dritten Gewinn kundtun, aber mit ein wenig Hilfe von Fortuna wird sich das vielleicht schon nächste Woche ändern. Ich finde es allerdings fast schade nun, da du zum Ausbilder geworden bist, am Tor immer professionell abgefertigt zu werden. Das ist beinahe öde.


    Ich hoffe ich habe deine Stimmung mit diesem Brief ein wenig bessern können. Christianer, Mord und Raub würden mir auch die Laune verderben. Auch wenn es äußert spannend ist im sicheren Zuhause davon zu lesen! Denn ob du es glaubst oder nicht, sobald die Hochzeit um ist und sich das Neue als gar nicht so verschieden vom Alten erweist, kehrt die Langeweile wieder. Leider ist mir dein leichter Weg zu den Häusern der gekauften Freuden nicht gegeben. Auch wenn dies - so betrachtet - beinahe zu deiner Liste der typischen Tätigkeiten einer gelangweilten feinen Dame gehören könnte. Denkst du nicht? Aber ich werde mich sobald dieser Brief beendet ist wohl wieder meiner Frisur widmen. Ist ja auch sehr abwechslungsreich Stunde um Stunde still zu sitzen, während einem die Kopfhaut malträtiert wird.


    Ich bin mir äußerst sicher, dass wir uns nicht zum letzten Mal gesehen haben. Wenn ich mich nicht irre, kann man die Männer der Cohortes Urbanae auch auf dem Marktplatz antreffen. Die Götter werden sicherlich irgendwann einen meiner Einkaufsbummel und deinen Einsatzplan zusammenführen!


    Zum Schluss bleibt mir nichts anderes übrig als anzufügen, dass mir dein Brief im Großen und Ganzen Freude bereitet hat. Ich hoffe du findest bald mal wieder die Zeit mir eine solch erstklassige Abwechslung zu schicken.


    Vale bene,
    Lucia

    Es hatte zwar ein wenig gedauert, da der Brief Lucia nur auf Umwegen erreichte, aber nun saß sie tatsächlich mit einer Antwort von Iunius da. Sie schickte die Überbringerin wieder zurück zur Villa Tiberia und warf auch alle anderen, mit Ausnahme von Sekunda und Arsinoe hinaus. Dann erst entrollte sie die Antwort, die auf erstaunlich gutem Pergament daherkam. Das war eine ganz schön lange Antwort! Dann fiel Lucia die Anrede ins Auge und sie machte sich bereit sich sowohl zu amüsieren als auch zu ärgern. Sie hoffte beinahe es würde genauso sein, wie in einem der Gespräche mit Avianus, waren diese doch immer sehr abwechslungsreich gewesen.
    Tatsächlich war sie schon nach dem ersten Absatz hin und her gerissen zwischen eben diesen beiden Gefühlen. Bein nächsten platze ihr ein belustigtes „Da haben sie aber den Bock zum Gärtner gemacht!“ heraus. Die Nachricht von Cato enttäuschte sie indes. Sie hatte von ihm einen ganz anderen Eindruck gehabt! „Da erzählt er noch so glücklich von seiner Schwester und dann gönnt er ihr nicht mal eine Kette…“, murmelte sie und schüttelte den Kopf.
    Der letzte Abschnitt war reine Provokation! Lucia grinste breit und verlangte nach ihren Schreibutensilien. Dem würde sie eine Antwort schicken, der wird sich wundern!

    Der für die Post zuständige Sklave fand nun schon zum x-ten Mal ein an die Domina adressiertes Schreiben. Bekamen die Leute heute denn gar nichts mehr mit, oder waren sie einfach zu faul ihre alten Gewohnheiten zu ändern? Das war dann wohl noch ein Brief den er an die Casa Accia weiterleiten durfte. Eine Aufgabe die er dann auch pflichtbewusst an ein unter ihm stehendes Sklavenmädchen weitergab. Sie war die Strecke schon ein paarmal gelaufen und würde sie wohl auch noch das eine oder andere Mal hinter sich bringen dürfen.

    Eudicus


    Unruhig tänzelte der alte Mann auf der Stelle. Die Kälte kroch ihm schon die Beine hoch und sein Mantel hielt die Nässe des Regens kaum mehr ab. Was dauerte da nur so lange? Das Mädel schien sich viel lieber mit der einen Wache zu unterhalten und ihm sogar was vorzusingen, als dass sie hier ihren Auftrag ausführte! So langsam aber sicher wurde der Gärtner wütend. Das dumme Ding sollte ihre Botschaft überbringen und wieder zur Villa zurückkehren! Das hier war eindeutig nicht seine normale Arbeit, hoffentlich gab die Herrin ihm eine ordentliche Entschädigung hierfür!


    Nach einer gefühlten Ewigkeit tanzten endlich eine Gruppe Soldaten an und einer davon schien doch tatsächlich der Briefempfänger zu sein. Eudicus grummelte in seinen Bart. Darauf hatte das Mädel also gewartet! Jetzt sollte sie aber lieber schnell machen, sonst holte er sich hier noch auf seine alten Tage eine ordentliche Erkältung! Dinge wurden übergeben und endlich, ENDLICH! Sah es so aus, als ob das Mädel den Heimweg antreten würde. Hoffentlich verlief sie sich nicht wieder so fürchterlich!

    Oh, er wollte schon nach Hause? Enttäuscht schob Lucia die Unterlippe vor - es war doch grade so lustig! Dann besann sie sich auf ihre guten Manieren und lächelte nachsichtig. „Schade, dass du schon gehen musst! Ich habe unsere Unterhaltung wirklich genossen… aber mit dem Kaiser kann und will ich lieber nicht konkurrieren.“ Sie blinzelte ihm zu und stellte ihren Becher ab. „Darf ich dich dann noch zur Tür begleiten?“ Sie war schon im Begriff ihre Beine von der Kline zu schwingen und aufzustehen.

    Nahm er sie auf den Arm? Das konnte einfach nicht sein Ernst sein. Lucia sandte ihrem Göttergatten einen strafenden Blick. Das hier war wichtig für sie, das musste er doch merken! Aber wenn sie sich von so einer Kleinigkeit rausbringen ließ, konnte sie es auch gleich seinlassen, also noch einen weiteren strafenden Blick hinterher und weiter im Text.


    Er hörte ihr tatsächlich weiter zu und überging dankenswerterweise ihre unbedachte Provokation. Aber er schien sie für ein absolut simples Wesen zu halten. Wer war schon mit Nichtstun zufrieden? Sie hatte in ihrer Kindheit genug Nichtstun für ein ganzes Leben gehabt! Freie Zeit schmeckte doch nur mit Arbeit süß. „Nun, das tu ich nicht.“, stellte sie Valas seltsame Vorstellung richtig. „Es fühlt sich total falsch an! Ich mein, was ist wenn mir zum Beispiel die Vase da drüben nicht gefällt. Zu wuchtig für diesen Standort, sie nimmt dem Raum viel zu viel Licht. Wäre dies mein Haus würde ich sie sofort wegschaffen lassen. Aber es gehört nicht mir und ich kann nichts daran verbessern.“ Jetzt hatte sie doch tatsächlich mit dieser hässlichen klobigen Vase angefangen. Es war zwar nur ein Beispiel, ein Symbol gewissermaßen, aber es gab so viel Wichtigeres… „Oder wenn einer der Sklaven mir ständig komische Blicke zuwirft - er gehört nicht mir.“ Sie hob die Hände in einer verzweifelten Geste um zu symbolisieren, wie machtlos sie hier war. Nun war auch das mit Valas komischem Sklaven indirekt raus, aber sie kam hier grad vollständig vom Weg ab. „Verstehst du was ich meine?“, erkundigte sie sich deshalb sicherheitshalber bei Vala.

    Lucia war so sehr in ihre eigene Wut vertieft, dass sie die Ankunft des Weines erst nicht mitbekam. Erst das leise Klappern, beim Zubereiten der Weinschorlen machte die junge Frau darauf aufmerksam. Ja, ein Schluck Wein würde jetzt gut tun. Ähnlich wie Dives Worte würde er ihre Seele ein wenig zur Ruhe bringen. Auch wenn diese fürsorgliche Freundschaft an den Tatsachen momentan nichts ändern konnte, Lucia fühlte sich von Minute zu Minute, die sie in der Casa Iulia verbrachte besser. Sie blickte lächelnd auf, nur um eine Sklavin mit Waschutensilien vor sich zu entdecken. Der Lappen in der Hand der Sklavin war zusammen mit dem auffordernden Blick eindeutig. Zwar gefiel Lucia der Gedanke nicht grade sich vor Dives hier das Gesicht waschen zu lassen – war ja doch irgendwie peinlich, aber auch nicht peinlicher, als dass man offensichtlich dachte, dass sie es nötig hatte - aber die Möglichkeit ein angenehm warmes Tuch den Schmutz der Straße wegwischen zu spüren war zu verlockend. Sie schloss also ihre Zustimmung signalisierend die Augen und überließ sich mit einem kleinen, dankbaren Lächeln den Händen der Sklavin.


    Sobald Dives wieder sprach, signalisierte Lucia der Sklavin mit erhobener Hand eben innezuhalten. Auf den Wein wollte sie nur ungern auch nur eine weitere Sekunde warten und die reinigenden Hände waren da eher im Weg. Nach noch mehr freundlichen Worten, die Lucias Herz umso mehr Dives zufliegen ließen, reichte er ihr endlich ein Glas. Da er sie extra darauf aufmerksam gemacht hatte, brachte sich Lucia dazu diese grünen Kunstwerke bewundern zu mustern. Sie waren tatsächlich ungewöhnlich schöne Stücke und die zunächst aufgesetzte Anerkennung verwandelte sich in echte. „Danke, ich danke dir aus tiefsten Herzen!“, sprach Lucia ehrlich, ehe sie einen viel zu großen Schluck nahm, als dass er noch als fein bezeichnet werden konnte. Sie stürzte die Hälfte des ihr gereichten Weines herunter, ohne auch nur den Geschmack wahrzunehmen. Noch tat sich nichts, doch Lucia hatte noch genug Selbstbeherrschung, um nicht das ganze Glas auf einmal zu leeren. Die wohlige Benommenheit würde schon noch kommen. Sie winkte die Sklavin wieder heran, damit sie weiter ihr Werk tun konnte.


    Im selben Moment fragte jedoch Dives nach der genauen Geschichte und warf Lucia damit wieder ein wenig aus der Bahn. Sie biss sich auf die Lippe und drehte das Gesicht zur Seite. Sie konnte und wollte Dives eben nicht ansehen und machte unwillentlich auch die Arbeit der Sklavin schwerer. Sofern die Sklavin versuchte trotzdem weiter Lucias Gesicht zu reinigen, wurde der Lappen von ihr nach wenigen Tupfern wieder weggedrückt. Lucia atmete tief durch und nahm dann doch erst noch einen Schluck. Wo am besten anfangen? Wie sollte sie e formulieren? Konnte sie es beim Namen nennen, die ganze Geschichte? Nein. Das ging wohl leider nicht. Also die ärgerlichen Tatsachen, ohne den größeren Zusammenhang: „Lepidus hat anstatt mich um etwas zu bitten erpresst.“, war das erste das über ihre Lippen kam. Sie selbst ärgerte das Wörtchen erpresst wohl am meisten. Denn es war tatsächlich genau das. Er hatte anstatt ihr zu helfen sie eiskalt erpresst! „Er muss doch wissen, dass ich so gut wie alles für die Familie machen und ihr niemals schaden wollen würde! Aber stattdessen sperrt er mich erst im Haus ein und erpresst mich dann eiskalt!“ Sie hatte die ganze Zeit zu ihrem Glas gesprochen und es dabei fest mit beiden Händen umschlossen. Ohne es wirklich wahrzunehmen übte sie einen ziemlichen Druck auf das doch eigentlich recht fragile Glas aus. Dives mochte das vielleicht an ihren noch weißer als normalen Fingerknöcheln erkennen können.

    Sim-Off:

    Marc Anton! :D Ja, der gefällt mir ^^


    Lucia winkte amüsiert ab. „Ach, das hab ich damals kaum mitbekommen, ich war ja im Kopf noch ein halbes Kind!“ Was so ein zwei Jahre und vor allem der Wohnort nicht alles ausmachen konnten! Aber sie wollte Sergia - oh bei allen Göttern, nenn sie Fausta! -zumindest diese Geschichte nicht verwähren. Lucia runzelte nachdenklich die Stirn und versuchte die Angelegenheit noch zusammen zu bekommen: „Anscheinend hat es unter den Sklaven der Villa Rustica jemanden gegeben und Saufenius hat sich nicht zurückhalten können… Sekunda, wie war das nochmal genau?“ Die Sklavin räusperte sich und ratterte die Geschehnisse monoton herunter: „Als Saufenius etwa die Hälfte seiner Arbeit erledigt hatte, war er mit den Sklaven der Villa schon etwas bekannter geworden. Er hat sich vorallem mit einem jüngeren Gärtner gut verstanden. Man hat sie in den folgenden Wochen auffällig häufig miteinander reden sehen, obwohl ihre Arbeiten nichts miteinander zu tun hatten. Kurz vor dem Abschluss seines Werkes, war Saufenius an einem Nachmittag nicht auffindbar. Die Villa wurde durchsucht, bis er schließlich zusammen mit dem Gärtner hinter einer nur halb beschnittenen Hecke gefunden wurde.“ Sekunda hob eine Augenbraue um zu verdeutlichen, dass die Situation recht eindeutig gewesen war.


    Hatte Lucia es doch geahnt, die Beschreibung reichte Fausta nicht im Geringsten! Sekunda überlegte einen Moment, dann erwiderte sie: „Im besten Alter für einen Mann. Er gehört nicht mehr zu der übermütigen Jugend, hat aber noch volles Haar, in dem noch keine grauen Strähnen zu sehen sind. Ich würde sagen inzwischen sollte er irgendetwas zwischen 30 und 35 sein. Er hat ein markantes Gesicht und es würde ihm nicht schlecht tun ein wenig mehr zu lächeln, aber ja, man kann es als recht anziehend bezeichnen.“ Bei der Beschreibung des Fliesenlegers klang Sekunda so herrlich trocken, dass sich Lucia ein abermaliges Kichern nicht verkneifen konnte.

    Hatte er ihr überhaupt zugehört? Lucia runzelte missbilligend die Stirn. Was war das überhaupt für eine Sitte am Tisch Tabula zu lesen? Was ein Barbar! Aber was hatte sie erwartet? Er war ein mehr oder weniger gut romanisierter Germane, ein halber Wilder also. Noch dazu hatte er sie in diese Ehe gepresst. Sie hatte also jeden Grund gehabt so etwas und eigentlich noch schlimmeres zu erwarten und doch hatte sie halt irgendwie gehofft… Um dem Ganzen noch die Krone aufzusetzen schien er ihr jetzt nicht mal wirklich antworten zu wollen.


    „Ich werde doch wohl wissen dürfen wo ich stehe!“, erwiderte sie ärgerlich. „Du hast immerhin was du willst, aber ich hab keine Ahnung was nun mit mir ist! Ich wohn in einem Haus, das nicht meinem…“ Sie beäugte Vala, er war nun mal was er war, also konnte sie es auch aussprechen. „Ehemann gehört. Ich hab also keine Aufgaben in diesem Haushalt, weißt du wie langweilig das ist?“ Sie verschränkte die Arme vor der Brust und hakte gehässig nach: „Oder hab ich da was falsch verstanden? Heißt das kleine Häuschen hier jetzt etwa doch Casa Duccia?“

    Lucia hörte ihn kommen. Beinahe konnte sie es vor ihrem inneren Auge sehen, wie dieser unverschämte Sklave – Sergius oder so ähnlich – neben Vala herdackelte und die verschiedensten Dinge dem Urteil seines Dominus unterwarf. Das war auch so eine Sache, über die sie mit Vala reden musste, aber die gehörte dann doch eher zu den unwichtigeren. Erinnere dich an deine Liste, Lucia, und halte dich daran! Es gab schließlich ein paar Dinge, die sie unbedingt wissen wollte. Abwartend blickte sie Vala entgegen und registrierte zufrieden, dass sie ihn wohl ein wenig aus der Bahn geworfen hatte. Lucia lächelte ihn übertrieben süß an und wartete, dass er sich setzte.


    Sie hatte viel Zeit gehabt sich das Treffen hier auszumalen, doch in keinem einzigen Szenario hatte sich Vala so verhalten. Vor Überraschung unfähig irgendwas zu tun, ließ sie ich also einen Kuss auf die Wange hauchen und blinzelte dabei wie eine Kuh auf der Weide. Die folgenden, in ihren Ohren unnötig belehrenden, Worte holten sie aber rasch wieder aus ihrer Starre. Mit einer kleinen Grimasse warf sie das Brot auf den Teller und während sie ihre Hände aneinander rieb, um sie von den letzten Bröseln zu befreien, beantwortete sie Valas erste Frage: „Ich hab lange nicht einschlafen können. Mir ist zu viel im Kopf herumgegangen.“ Nachdenklich musterte sie ihren Mann beim Essen. Sollte sie ihm ein wenig Zeit gewähren, damit er besserer Laune war? Nein, er konnte eindeutig auch dabei noch Dinge in sich hineinstopfen, sie hatte ohnehin schon viel zu lange warten müssen. „ Ein paar Fragen wollten mich einfach nicht in Ruhe lassen. Kennst du das, wenn man einen Gedanken eigentlich schon abgehakt hat, weil man selbst nichts daran ändern kann, er aber immer wieder kommt?“ Lucias Hände brauchten etwas zu tun, während sie sprach, doch da sie nicht wieder zur Brotscheibe greifen wollte, zupften sie halt dabei an ihrem Morgenmantel herum. Nach der eigentlich rhetorischen Frage kamen ihre Hände zur Ruhe und falteten sich in ihrem Schoß. Sie holte tief Luft, denn jetzt kam sie zum Wesentlichen: „Vala, wir müssen reden! Ich habe einige Fragen, die endlich ein paar Antworten verlangen.“