Beiträge von Angus

    Mein Schädel brummte immer noch. Vielleicht war der letzte Becher Cervisia doch zu viel gewesen. Oder vielleicht hatte er sich einfach doch nicht mit dem Wein vertragen, den ich zuvor getrunken hatte. Cervisia auf Wein, das lass sein - an dem Spruch war vielleicht doch was dran. Auf jeden Fall war es ein grandioser Abend gewesen, wie ich ihn schon lange nicht mehr erlebt hatte. Ich war in der Subura unterwegs gewesen, in der Hoffnung, ein paar bekannte Gesichter zu treffen. Aber irgendwie hatten die anscheinend alle andere Üläne für den Abend gehabt. So hatte ich mir den Spaß dann an anderer Stelle gesucht und mit der holden Weiblichkeit in einem der besseren Etablissements des Vergnügungsviertels ein paar sehr anspruchsvolle akrobatische Übungen vollführt. Eine der Damen kam aus dem sehr weit entfernten Osten, jenseits der Grenzen des Imperiums. Sie hatte mich am letzten Abend Dinge gelehrt, die mir so noch nicht geläufig gewesen waren und mir damit ein intensives Lustempfinden verschafft. Wieder was gelernt, sagte ich mir.


    Gähnend und auf dem Kopf noch etwas zerzaust, kam ich in die Culina geschlappt. Ich war mir noch nicht so sicher, ob ich Hunger hatte oder ob mir einfach nur übel war. Als mich dann auch noch ein, für meine Verhältnisse, lautes und übermotiviertes 'Io Saturnalia' empfing, nickte ich nur und entgegnete erst mal mit einem verschlafenen "Morgen!" Wie es schien, hatte Decimer schon in aller Frühe den Kochlöffel geschwungen. Dabei wurde er von seinen Liberti unterstützt. Es roch schon sehr verführerisch. Aber ich brauchte jetzt erst mal was zu trinken, um meinen Flüssigkeitshaushalt wieder auszugleichen.

    "Am besten erst mal einen Schluck Wasser, aber bloß keinen Wein!"

    Er war in der Tat ein guter Lehrmeister, der mich in Dinge einweihte, die ich bis dahin nicht gekannt hatte. Dabei trieb er mich ständig an, doch nur so viel, dass ich nie ganz den Gipfel aller Lüste erklimmen konnte. Er verstand es, mich hinzuhalten, ohne dass ich die Geduld verlor. Als es dann endlich so weit war, dass es keinen anderen Ausweg mehr gab, nahm er mich. Jedoch war er vorsichtig dabei, um mir diese Spielart nicht von Anfang an zu vergällen. Tatsächlich brachte er mich auf diesem Wege auch dorthin, wohin es mich die ganze Zeit gedrängt hatte. Ein lautes Seufzen der Lust entwich mir, bis er schließlich von mir abließ.

    Mein ganzer Körper war erhitzt und meine Brust hob und senkte sich noch für eine Weile bis mein Herzschlag sich wieder normalisierte. Als er mich dann ansprach wandte ich meinen Kopf in seine Richtung. Er richtete eine Bitte an mich, keinen Befehl. Er bat mich. bei ihm zu bleiben, so wie es früher manchmal die Frauen getan hatten, mit denen ich mich vereinigt hatte. Doch er war keine dieser Frauen, er war mein Dominus. Jedoch wollte ich keine Minute daran glauben, dass ich hier im Privaten seine Sichtweise geändert hatte. Letztendlich hatte ich ihm das gegeben, was er von Anfang an wollte . Wofür er mich gekauft hatte.

    "Ja, ich bleibe bei dir!" versprach ich und wandte mich nun ganz zu ihm, so dass ich meine Arme um ihn schlingen konnte.

    Ich hatte es vorgezogen, mich dezent im Hintergrund zu halten und von dort aus zu beobachten. Nicht etwa wegen der Tunika, da man mir und auch jedem der anderen Sklaven verpasst hatte. Nein, ich wollte beobachten und ich fragte mich dabei, ob die Braut wusste, worauf sie sich einließ, wenn sie den Decimer heiratete. Im Grunde ging es mich ja nichts an. Doch sicher würde die Hochzeitsnacht anders verlaufen, als es sich die neue Domina wohl vorstellen vermochte. Keine Frage, die nächsten Tage und Wochen würden spannend bleiben. Besonders dann, wenn sie feststellen musste, dass jeder junge Kerl in diesem Haus, der einigermaßen attraktiv war, ihre Konkurrenz sein würde, gegen die sie wenig auszurichten vermochte.

    Die ersten Gäste waren bereits eingetroffen. Niemand, den ich jetzt gekannt hätte. Außer vielleicht Iulia Stella. Natürlich war ihre Cousine Graecina nicht mitgekommen. Die Verschmähte saß sicher zu Hause und heulte sich die Augen aus. Alles schien auf ein nettes Fest hinzudeuten. Man unterhielt sich, einige Sklaven reichten Häppchen und sorgten für Nachschub in den Weinbechern. Nun ja, der Dezember war nun wirklich nicht der schönste Monat für eine Hochzeit. Draußen war es feucht und kühl und der Himmel war grau in grau.

    Schließlich erblickte ich auch Flavius Gracchus. Ihn kannte ich noch von meiner Zeit bei den Flaviern. Doch ganz gewiss musste ich mir keine Sorgen machen, dass er mich wiedererkannte. Schließlich war ich doch nur ein unbedeutender Sklave, mehr nicht.

    Der zweite Tag meines neuen Lebens begann nicht gerade erfreulich. Der Decimus hatte alle Sklaven im Hof antreten lassen. Natürlich war ich auch dieser Anordnung nichts ahnend gefolgt und hatte mich zu meinen Mitsklaven gesellt. Es herrschte eine bedrückte Stimmung, die so ziemlich jeden der Sklaven erfasst hatte. Das Gesicht des Dominus hatte sich zunehmend verfinstert. Erst jetzt bemerkte ich jenes kleine unscheinbare Detail, welches sich in seiner Hand befand. Es war eine Peitsche. Ein Instrument, das auch mirnicht ganz neu gewesen war. Zwar hatte ich nicht sehr oft damit Bekanntschaft machen müssen, jedoch wusste ich sehr gut, was nun folgte.

    Der Decimer begann mit seiner Rede, do dass schnell klar wurde, dass es sich um einen Jungen handelte, der einen Fluchtversuch unternommen hatte. Natürlich verriet er den Sklaven nicht, weshalb der Junge geflohen war, doch spätestens dann, als man ihn auf den Hof führte, konnte ich mir lebhaft vorstellen, warum er fliehen wollte. Jung, blond und ansehnlich - das gleiche Beuteschema also.

    Nun zeigte der Dominus sein wahres Gesicht! Das geschah mit all jenen, die sich ihm widersetzten.

    Wie großzügig von ihm, ihn nicht in die Minen zu schicken. Stattdessen sollte er zehn Hiebe mit der Peitsche und einen Sklavenkragen erhalten. Letzteres war schon entwürdigend genug. Doch die Schläge?


    Der Junge zog seine Tunika aus. Ja, er war ganz nach dem Geschmack des Decimus! Er beugte sich über eine Bank, bereit seine Strafe zu erhalten.


    Ich weiß nicht, was mich geritten hatte, als ich plötzlich vor trat und rief: "Halt! Ich bin bereit, seine Strafe zu übernehmen! Wenn ihr jemanden schlagen müsst, dann schlägt mich!"

    Er löste sich empört von mir und ich fragte mich gerade, was denn jetzt wieder war. Stimmte etwas mir dem Kuss nicht, oder etwa mit meinem Wunsch? Ich sei dreist und das ginge nicht, erklärte er mir und ich sah, wie er puterrot im Gesicht wurde. Oh oh, hatte ich da seine empfindliche Seite getroffen?

    "Ach ja!", entgegnete ich herausfordernd. Seinem Blicken nach zu urteilen musste es ihn gerade sehr schmerzen, in seinen eigenen Konventionen gefangen zu sein. Ich haderte mit mir selbst, dass ich so freigiebig gewesen war und ihn nicht länger unter mir hatte zappeln lassen.

    Noch einmal griff er zu dem Fläschchen mit dem Öl und nahm sich davon. Dann erhob er sich plötzlich und kletterte über mich. Zuvor hatte er mir erklärt, eigene Pläne zu haben und versprach mir, auch auf meine Kosten zu kommen. Diesmal war er es, der mich küsste und mich so daran hinderte, noch ein weiteres kritisches Wort zu verlieren. Dabei drängte er mich wieder zurück auf das Bett und setzte seine Massage fort. Diesmal kam er dem erstrebten Ziel immer näher und wich dabei auch auf mein Hinterteil aus. Ja, es fühlte sich gut an, weshalb auch auch mein Körper sogleich reagierte und ich mich nach mehr sehnte.

    "Hmhm ...", machte ich, um ihm zu zeigen, das ich noch immer gekränkt war. Jedoch kam ich nicht umhin, schon bald wieder schwerer zu atmen und mich nach noch mehr sehnte.

    Natürlich, wie hätte es auch anders sein sollen! Er lächelte und war guter Dinge. Anscheinend hatte ich wirklich alles richtig gemacht. Zumindest fürs Erste. Ich war nun wirklich gespannt darauf, wie wertvoll seine Versprechen waren. Die Erfahrung hatte mich gelehrt, dass man Römern nicht unbedingt trauen konnte. Auch wenn er Hispanier war, wie er sagte, wuchs dadurch mein Vertrauen in ihn nur marginal.

    Überraschenderweise aber war seine Frage tatsächlich ernst gemeint gewesen. Doch was hätte ich darauf antworten sollen? Führer hatte ich es gemocht, jagen zu gehen. Manchmal war ich tagelang unterwegs gewesen. Als ich noch ein Junge gewesen war, hatte mich mein Vater alles gelehrt. Ich hatte mir immer gewünscht, dieses Wissen auch eines Tages an meinen Sohn weitergeben zu können. Doch das Schicksal hatte mir übel mitgespielt!


    In der Zwischenzeit hatte er sich neben mir aufgesetzt und kramte plötzlich einige Fläschchen unter seinem Bett hervor. Zunächst verstand ich nicht, was er damit wollte. Jedoch als er die Fläschchen nacheinander öffnete, konnte ich einen verschiedene Düfte riechen. Die einen waren angenehm, die anderen weniger. Bei Dem letzten Fläschchen war ich genauso ratlos wie er und zuckte mit den Schultern. Dabei fragte ich mich, wie Wassermelone riechen sollte.

    Schließlich deutete ich auf das zweite Fläschchen, das er geöffnet hatte. "Das da! Am... Ambra? Ambra Zitronenblüte. Das riecht gut!" Wesentlich besser als das Öl, mit dem man mich nach dem Waschen eingerieben hatte.

    Er ließ ein wenig von dem Öl auf meinen Bauch fließen und ich fragte mich bereits, was er damit vorhatte. Nebenbei sprach er weiter über meine Bitte, gelegentlich bei einer Frau liegen zu dürfen. "Ich habe nicht das Bedürfnis nach einer Freundin. Alle Frauen, die mir etwas bedeutet haben, habe ich ins Verderben gestürzt. Aber ich danke dir für deine Großzügigkeit!"

    Er begann das Öl einzumassieren und ich musste gestehen, dass es angenehm war, wie er das tat. Natürlich blieb es nicht aus, dass sich seine Hand manchmal etwas tiefer nach unten 'verirrte'. Auch das gefiel mir, so dass ich mir wünschte, er würde sich öfter dorthin verirren.

    "Ja, du hast Recht. Es würde mir gefallen, wenn du mir den gleichen Dienst erweisen würdest, den ich dir erwiesen habe." raute ich ihm zu. Dann stützte ich ich mich zu ihm auf und küsste ihn ein weiteres Mal.


    Na, eine Entschuldigung kam zwar nicht, dafür aber ein Eingeständnis. Ich durfte eben nicht zu viel von 'meinem' Römer erwarten. Aber das war ja schon mal ein guter Anfang. Heute hatte er gelernt, dass er nicht den großen Dominus heraushängen lassen konnte, wenn er mich wollte. Als Dank dafür erhielt ich einen zarten Kuss und ein nicht ganz ernstgemeintes Kompliment, dass mich allerdings grinsen ließ. "Aha, lass mich raten, dieser erfahrene Mentor wirst natürlich du sein. Aber tu mir bitte nur den einen Gefallen und leihe mich nie an einen deiner zahlreichen Freunde aus!" Ich erwiderte zwar sein schelmisches Grinsen, doch meine Bitte war war kein Scherz gewesen.


    Am Morgen noch hatte ich auf dem Sklavenmarkt gestanden, voll der Ungewissheit, was mir die Zukunft bringen würde und nun lag ich nackt neben meinem neuen Dominus in dessen Bett und er strich mit seinen Fingern über meine Bauchmuskeln. Der Kontrast hätte größer nicht sein können! Wenn ich auf die letzten Jahre zurückblickte, in denen ich nun hier in dieser Stadt lebte, konnte ich mit Gewissheit behaupten, dass dies nun der skurrilste Abschnitt meines Sklavendaseins war. Und ich rätselte immer noch, ob ich nun von Glück sprechen konnte, an den Decimer geraten zu sein, oder eher nicht. Dann jedoch überraschte er mich mit einer Frage, mit der ich niemals gerechnet hätte.

    "Was ich möchte?" ich drehte mich zu ihm um und stütze meinen Kopf mit meinem Ellenbogen und versuchte in seinem Gesicht zu lesen, wie er diese Frage gemeint haben könnte. "Das meinst du jetzt nicht ernst, oder?" Sicher war das wieder nur so ein Scherz von ihm.

    "Es gibt nichts, was ich möchte, außer vielleicht ab und an mal eine Frau zur Abwechslung." Ein anderer hätte vielleicht 'die Freiheit' oder 'wieder nach Hause kommen' geantwortet. Doch all das bedeutete mir inzwischen nichts mehr. Es gab niemand mehr, zu dem ich zurückkehren konnte und die Freiheit hatte für mich schon lange ihren Reiz verloren.

    Wenn er mich nun immer noch als lausigen Liebhaber bezeichnete, dann verstand ich die Welt nicht mehr. Seinem Seufzen und Stöhnen nach zu urteilen, beförderte ich ihn gerade direkt in himmlische Sphären. Es war nur noch eine Frage der Zeit und seiner eigenen Selbstkontrolle, bis er endgültig in Ektase verfiel. Seine Hand in meinem Nacken schien mich führen zu wollen, um sicherstellen, dass ich nicht vorzeitig aufhörte. Doch irgendwann lockerte er seinen Griff wieder. Ich fragte mich, ob er tatsächlich etwas gelernt haben sollte. Dass er Lust und Hingabe nicht erzwingen konnte, auch wenn ich nur sein Sklave war und er mich eigens hierfür gekauft hatte. Denn alles andere war lediglich Fassade, um von seinem wahren Wesen abzulenken.


    Schließlich ergab er sich seiner Lust und erreichte dabei seinen Höhepunkt, was mich vor ein Problem stellte, dass ich dummerweise so nicht bedacht hatte. Mir wurde es übel, bei dem Gedanken, das Produkt seiner Ekstase schlucken zu müssen. Sofort ließ ich von ihm ab, sprang von seinem Bett, um nach einer geeigneten Möglichkeit zu suchen, mich des Inhalts meines Mundes zu entledigen. Ich griff dafür nach dem erstbesten was ich fand (wie sich später noch herausstellen sollte, war es seine Tunika :P). Dann griff ich mir meinen Kelch, in dem sich noch genügend Wein befand und trank ihn auf einmal aus. Nachdem ich den Kelch zurückgestellt hatte, kehrte ich zurück zu seinem Bett, wischte mir mit meinem Handrücken den Mund ab und legte mich neben ihn. "Na, nennst du mich noch immer einen lausigen Liebhaber?" Jetzt war zumindest eine Entschuldigung fällig!

    "Hmhm..." antwortete und ich konnte nicht anders, als einfach nur in mich hinein zu grinsen. Er hatte meinen Kuss entgegnet, wie ein ausgehungerter Bär, dem man mit einem Lachs gelockt hatte. Und genauso war es dann auch, als ich ihn weiter stimmulierte. Ich hoffte nur, er war diszipliniert genug, um sich zurückzuhalten. Dabei war es für mich anfänglich ganz einfach gewesen. Ich tat das, was ich auch bei einer schönen Frau tun würde, die ich begehrte.

    Ich musste gestehen, dass es mich auf eine gewisse Weise erregte, wie er sich unter mir zu räkeln begann und dabei erschauerte, so dass sich auch bei mir wieder etwas regte. Doch noch war mir sein wohliges Seufzen Bestätigung genug, dass ich es diesmal richtig machte. Er selbst ließ seine Hand über meinen Rücken hinunter gleiten, um letztendlich doch wieder kraulend in meinem Nacken zu landen.

    Indessen näherte sich meine Zunge und meine Lippen immer mehr jenem Zenit, der der logische Entpunkt ihrer Reise hätte sein sollen. Spätestens jetzt musste ich mich von meiner Vorstellung einer hübschen begehrenswerten Frau verabschieden. Ja, es kostete mich im ersten Moment etwas Überwindung. Doch dann tat ich es doch! Nicht weil ich glaubte, es ihm schuldig zu sein, sondern weil ich es wollte...

    Ein Ausrutscher? Ich war ein Ausrutscher? Wie sollte ich das denn verstehen? Nach einem Ausrutscher hatte sich das nicht angefühlt. Aber gut. Ich sah ja ein, dass er das mit mir herunterspielen musste, um nicht sein Gesicht zu verlieren.

    "Moment! Ich habe dich gar nicht abgefüllt! Du hast dir diese eine Cervisia selbst bestellt! Und mal ganz nebenbei habe ich viel mehr getrunken, als du! Wahrscheinlich war ich schon viel zu betrunken und hab dich deshalb mit einem hübschen Mädchen verwechselt!", mutmaßte ich grinsend. Nun ja, auch wenn er schon ein paar Tage älter war als ich, sah er noch recht attraktiv aus. Wahrscheinlich war er in jungen Jahren ein wahrer Schönling gewesen. Biss ihm jemand diese Narbe in seinem Gesicht verpasst hatte. Aber hatten wir nicht alle Narben, die uns das Leben zugefügt hatten?


    Ich sah in seinem Gesicht Verwunderung aufkeimen, nachdem ich ihm erzählt hatte, dass er der Erste und bisher Einzige war. Wäre diese Begegnung anders verlaufen, wenn er es geahnt hätte? Wahrscheinlich nicht. Er wäre sicher genauso hochmütig und fordernd gewesen, da er auch dann nur den Sklaven in mir gesehen hätte. Doch nun konnte ich bei ihm eine Veränderung feststellen. Offenbar war er inzwischen von seinem hohen Ross herabgestiegen. Sein Lachen hatte nichts arrogantes mehr. Es war ein erfrischendes Lachen und auch seine Sehnsucht nach einem Kuss war ebenso echt.

    Nun endlich entließ ich seine Armgelenke wieder in die Freiheit, in der Hoffnung, dass er mir nichts vorgespielt hatte. Dann gab ich ihm, wonach es ihn verlangte. Meine Lippen trafen auf seine und meine Zunge suchte ihren Weg in seinen Mund. Ich küsste ihn lange und leidenschaftlich, bis ich mich schließlich vom ihm löste und mich neben ihn auf das Bett setzte, um von dort aus auf seinen Körper, der nun neben mir lag, hinabzublicken und ihn zu mustern. Im Laufe der Jahre hatte er anscheinend noch einige weitere Narben davongetragen. Doch mein Hauptaugenmerk lag auf dem, was erneut die Gelegenheit genutzt hatte, um sich wieder aufzubäumen.

    "Hat dir das gefallen? Dann entspann dich!" raunte ich ihm zu. Mir war bewusst, dass ich ihm etwas schuldete. Besonders nachdem, was ich hier gerade veranstaltet hatte. So ließ ich meine Fingerspitzen ganz sanft an seinem Körper hinab zu seinem Schoß gleiten. Während meine Hand, an ihrem Ziel angekommen, in rhythmische Bewegungen verfiel, begannen meine Lippen und meine Zunge seinen Körper zu liebkosen, um ihn auf mehr vorzubereiten.

    Da musste ich wirklich herzhaft lachen! Natürlich wollte er mich! Heute auf dem Sklavenmarkt hatte ich bereits die Gier in seinen Augen stehen sehen. Die gleiche Gier, die ich in seinem Blick gesehen hatte, als ich in sein Cubiculum eingetreten war.

    "Na sicher doch! Du willst mich nicht mehr, weil du mich nicht mehr brauchst! Denn du hast ja sooo viele Liebhaber! Wahrscheinlich drehen sich die Kerle reihenweise nach dir um, wenn du durch die Subura stiefelst. Hast du noch mehr Ammenmärchen auf Lager? Deine Augen haben dich verraten, Decimus Serapio! Und nicht nur die!" Wie ich unter mir feststellen konnte, regte sich dort wieder etwas. Je mehr er sich gegen mich wehrte um so vehementer wurde dieses Etwas. Dieses Aufbäumen gegen mich, es gefiel ihm scheinbar doch! Zu gerne hätte ich gewusst, was es war, was ihn an mir so reizte. Waren es die blonden Haare, die zumeist etwas wirr wirkten? Oder war es die Tätowierung auf meiner Brust? Oder einfach das Komplettpaket, wobei es doch in Rom blonde Sklaven, wie Sand am Meer gab.


    Der Protest meines Dominus begann Stück für Stück, einem Kartenhaus gleich, in sich zusammenzufallen. Dennoch dachte ich keine Sekunde daran, meinen Griff zu lockern. Vielmehr erheiterte er mich weiter mit seiner Empörung und seinem tiefen Atem, der ihn im Grunde Lügen strafte.


    "Also wenn ich mir es recht überlege, waren alle Frauen, die ich bisher hatte, von meinem Charme und meiner Sinnlichkeit einfach nur überwältigt. Na gut, bei den Männern liegt meine Quote etwas niedriger, was daran liegen muss, dass du mein erster und einziger warst! Aber vielleicht bin ich ja noch lernfähig!", entgegnete ich ihm grinsend und zwinkerte ihm bei meinem letzten Satz zu.

    Na ja, vielleicht war ich ja wirklich wahnsinnig! Gerade noch war ich heilfroh gewesen, den Decimer nicht mehr an der Backe zu haben. Nun saß ich auf ihm und und hatte ihn sozusagen fest im Griff. Ich hatte den Spieß umgedreht und spielte nun das Spiel mit ihm? Ob ihm das schmecken würde?


    Zunächst war er ziemlich erschrocken gewesen, als ich ihm so nah gekommen war. Damit hatte er überhaupt nicht gerechnet. Auch nicht, als ich ihn neckte, so wie er es zuvor mit mir getan hatte. Jedoch fand er das gar nicht witzig. Seltsam eigentlich. Aber gut, er hatte ja auch nicht nachvollziehen können, weshalb ich mich gegen seine Annäherungsversuche so gesträubt hatte. Im Gegensatz zu mir, begann er sich zu winden und versuchte, seine Arme zu befreien. Doch ich verstärkte weiter meinen Griff. Als das nichts half, begann er mich zornig zu kommandieren. Wahrscheinlich glitt gerade sein Weltbild aus seinen Fugen.


    "Ich denke gar nicht dran, dich loszulassen! Sag bloß, du magst so etwas nicht? Wie hast du dich vorhin so schön ausgedrückt? Es war wohl dein Zwillingsbruder, der so viel Spaß dabei hatte, neulich in diesem Hinterhof." Jetzt saß er in seiner eigenen Falle und solange ich nicht locker ließ, hatte er kaum eine Chance, sich zu befreien. Ich wollte gar nicht daran denken, was mir blühte, wenn ihm es doch gelingen sollte. Aber was hatte ich noch groß zu verlieren?


    "Also, was bist du bereit zu tun, um mich zu bekommen, hmm? Und jetzt sag mir bloß nicht, ich würde dir eh schon gehören, weil ich dein Sklave bin!" Mit billigen Versprechungen, die er dann doch nicht einhielt, würde ich mich nicht abspeisen lassen.

    Für eine kurze Zeit empfand ich Schadenfreude. Es war wie ein Triumph, den ich über den Römer errungen hatte. Er hatte endlich von mir abgelassen und lag nun neben mir. Wie bei einem Kind, dass sich auf ein langersehntes Saturnaliengeschenk gefreut hatte und am Ende doch nur den Abklatsch von etwas bekommen hatte, was er sich doch so sehr gewünscht hatte, konnte man ihm seine Enttäuschung ansehen. Aus seinem Frust wurde Zorn und auch mein Gefühl der Genugtuung wich unaufhaltsam. Denn was hatte ich groß gewonnen? Der Moment eines zweifelhaften Sieges war so flüchtig, wie der Flügelschlag eines Vogels. Davon würde sich nichts in meinem Leben verbessern. Im Gegenteil! Denn was hatte ich nun als Konsequenz zu befürchten?

    Dir ist wohl alles egal, hatte er mir fast schon anklagend entgegengeworfen. Ja, es stimmte, mir war alles egal. Es gab nichts mehr, wofür es sich zu leben lohnte. Mich konnte nichts mehr schrecken. Auch nicht, als er wich aus seinen Augen haben wollte und mir drohte. Im Gegensatz zu mir hatte er noch etwas zu verlieren!

    Wortlos erhob ich mich, Hob meine Tunika auf und wandte mich dann noch einmal zu ihm um. "Ja, mir ist alles egal! Mir ist es egal, ob du mich bestrafen lässt, oder ich wieder auf dem Sklavenmarkt lande, um danach in einem Bergewerk oder auf einer Galeere zugrunde gehe. Denn ich habe alles verloren, was einmal für mich wichtig war und wofür es sich gelohnt hat, zu leben. Und selbst den letzten Rest Selbstachtung, der mir geblieben ist, willst du mir nun auch noch nehmen," rief ich verbittert. Doch er lag noch immer da, mit sich und mir mir hadernd. Dabei hätte er mich vielleicht sogar haben können, wenn er es anders angestellt hätte. Er hatte die Gelegenheit dazu, jedoch hatte er sie nicht genutzt, weil zu selbstsüchtig gewesen war. Dann wäre dieser Abend anders verlaufen... Dann hätte mein Leben eine neue Richtung einschlagen können...


    Ich wollte mir schon wieder die Tunika überstreifen, als mich die fixe Idee überfiel, dass es vielleicht doch noch etwas gab, was mir nicht egal war. Etwas, was tief in mir verborgen war. Die Hoffnung. Ich nahm die Tunika, warf sie beiseite und sah an mir herab. Nichts erinnerte mehr an seine Bemühungen, mit denen er mich zu seinem Gespielen machen wollte. Statt sein Cubiculum zu verlassen, trat ich wieder an sein Bett. Diesmal war ich es, der sich auf ihn schwang und ihn an seinen Handgelenken packte und diese neben seinen Kopf presste. Mit meinem Gesicht beugte ich mich hinunter zu seinem, jedoch erreichten meine Lippen nicht die seinen. Stattdessen neckten ihn einige meiner Haarsträhnen. "Wenn du mich haben willst, musst du dich schon ein bisschen mehr anstrengen!", raunte ich ihm zu und näherte mich ein wenig mehr seinen Lippen. Doch bevor sie sich vereinigen konnten, wich ich wieder etwas zurück und grinste.


    Meine Abneigung gegen ihn, sie zeigte schon bald Wirkung. Endlich ließ er von mir ab, wich von mir zurück und schaute ziemlich ratlos. Was mit mir war? Das hatte ich ihm doch schon gesagt! Nur er wollte es nicht hören - oder wahrhaben? Ich schwieg und schenkte ihm lediglich einen leicht kritischen Blick. Noch scherzte er, doch konnte ich schon ein Fünkchen Unmut in seiner Stimme hören. Sein Spielzeug weigerte sich, zu funktionieren!

    Ja, es stimmte. Er hatte mich tatsächlich anders kennengelernt. Allerdings herrschten da ganz andere Voraussetzungen. Damals hatte ich mich tatsächlich dazu hinreißen lassen, mich auf seine Bedürfnisse einzulassen, weil er mich damals derart überfallen hatte und ich zum einen betrunken war und eigentlich etwas ganz anderes im Sinn gehabt hatte. Doch nun verlangte er von mir einen Sklavendienst, den ich nicht bereit war, ihm ihn einfach so zu geben.


    "Ich sagte doch, ich empfinde nichts für dich!", erwiderte ich gleichmütig, was im Grunde aber ein Schlag ins Gesicht meines Dominus war. Die Reaktion darauf folgte auf dem Fuße. Er packte mich brüsk bei den Schultern und schob mich nach hinten, zu seinem Bett. Was ich wollte, fragte er mich und sein Missmut ließ sich kaum noch verbergen. In gewisser Weise amüsierte es mich, ihn so in fast schon heller Aufregung zu sehen, wie er scheinbar alles versuchte, um mich fügig zu machen. Weder Cervisia noch sonst etwas würde das schaffen! Selbst wenn er mir nun Schläge angedrohte oder mich einsperren wollte, wäre er damit seinem Ziel nur noch um ein Vielfaches weiter entfernt.


    Schließlich hatte er mich zu seinem Bett zurückgedrängt und drückte mich darauf. Dann schwang er sich auf mich, griff nach meinen Handgelenken und presste die nach unten. Er hatte leichtes Spiel, denn ich wehrte mich nicht. Er schaute mir eindringlich in die Augen, doch ich widerstand seinem Blick. Im Gegenteil, ein leichtes abschätziges Grinsen deutete sich auf meinem Gesicht an. So hatte er sich gewiss nicht den Verlauf des Abends vorgestellt.

    Er hatte mich fast schon dort, wo er mich haben wollte. Doch urplötzlich ließ er von mir ab und grinste mich an. Er spielte mit mir, um mir damit seine Macht über mich zu demonstrieren. Sollte er ruhig! Zum Spielen gehörten aber immer noch zwei und ich würde dafür sorgen, dass ihm der Spaß daran gründlich verging. Selbst dann, wenn es bedeutete, dass ich mit Repressalien zu rechnen hatte. Schlimmer konnte es nicht mehr kommen. Wenn das hier mein zukünftiges Leben sein sollte, dann würde von nun an jeder Tag ein Alptraum sein!


    Als er sich zurücklehnte, um seinen Wein zu trinken, gelang es mir dann tatsächlich, mich etwas zu entspannen. Ich selbst rührte meinen Kelch nicht an. Dieses Mal wollte ich nicht völlig trunken sein, um mich besser unter Kontrolle zu halten. Nun ja, bisher war das zwar kläglich gescheitert, jedoch konnte ich ihm das verweigern, wonach er sich sehnte. Wenn er sich mit mir amüsieren wollte, würde er das mit einem leidenschaftslosen Körper tun müssen.


    Zunächst jedoch kam er wieder auf meine Tätowierung zu sprechen, die sich oberhalb meiner rechten Brust befand. Ich fragte mich, was er daran so besonders fand. Im Grunde war es eine Linie, die ineinander verschlungen war und am Ende wieder auf ihren Anfang traf. Genauso, wie das Leben eben war.


    Nachdem er den Kelch beiseite gestellt hatte und sich erhoben hatte, forderte er auch mich auf, aufzustehen. Dabei reichte er mir seine Hand, die ich dann auch ergriff. Wir standen uns gegenüber und er löste meinen Gürtel. In seinen Augen sah ich ein Glänzen, als habe er die ganze Zeit auf diesen Moment gewartet. Ich zog die Tunika über meinen Kopf, so dass wir uns beide nackt gegenüberstanden. Ihn hatte all das bereits schon sehr erregt, wie man unschwer erkennen konnte. Doch ihm genügte das noch nicht. So umarmte er mich und drückte seinen Körper an meinen. Ich gestattete ihm das, doch wirkte ich dabei nahezu teilnahmslos. Genau wie eine leblose Puppe. Sollte er sich nehmen was er wollte, doch meine Leidenschaft für ihn würde er in mir nicht entfachen können. Auch als er mir anbot, ihn anzufassen, hielt ich mich zurück. Es widert mich einfach am! Noch schien er das nicht zu ahnen, denn er war viel zu sehr damit beschäftigt, meinen Körper zu liebkosen. Ich wandte indessen meinen Blick ab, als mit seiner Zunge über die Tätowierung fuhr.


    "Hmm?", meinte ich und drehte meinen Kopf wieder zu ihm um. "Alles ist eins. Der Anfang ist zugleich auch das Ende. Daher ist es unerheblich, wo man ist," erklärte ich ihm stumpf.

    Nein, es wurde nicht leichter! Ich verabscheute mich selbst und insbesondere meinen Körper, der sich ihm so freimütig ergab und ich allmählig als Konsequenz daraus, die Hitze in mir aufsteigen fühlte. Dabei verlangte er von mir, mich zu entspannen. Entspannen?! Ich konnte mich nicht entspannen! Erst recht nicht, als die Finger seiner einen Hand sich in mein mein Haar gruben und dabei meinen Kopf nach hinten schob, damit er meinen Hals mit seinen Lippen und Zähnen malträtieren konnte. Ich spürte seine Körperwärme, denn er kam mir immer näher. Doch all das ließ ich über mich ergehen. Als er jedoch in mein Ohrläppchen biss und mir dann ins Ohr zu flüstern begann, lief mir ein heißkalter Schauer über den Rücken, der durch die rhythmischen Bemühungen seiner anderen Hand unter meiner Tunika noch verstärkt wurde. Mein Atem wurde schneller und ich konnte mich nur schwerlich zurückhalten. Da anknüpfen, wo wir beim letzten Mal unterbrochen wurden, echote es immer wieder durch meinen Kopf. Es dauerte nicht mehr lange, dann hatte er mich wieder an besagtem Punkt, an dem er anknüpfen wollte. Doch dann brachte er mich völlig aus der Fassung, indem er mich nach meiner Tätowierung fragte. "Was?", fragte ich etwas verdattert. Bisher hatte das noch niemanden interessiert. Die Römer sahen in dieser Kunst der permanenten Körperbemalung etwas barbarisches und verabscheuten es. Für mich aber hatte es eine besondere Bedeutung. Er hatte die obere Spirale einer Triskele gesehen, einer Tätowierung, die ich nach meiner Mannwerdung erhalten hatte. "Der Kreislauf des Lebens,... Vergangenheit, Gegenwart und.... Zukunft," antwortete ich knapp und musste zwischendurch immer wieder stöhnen.

    Mein gestammeltes Geständnis bewirkte zunächst, dass er mit seiner Hand innehielt. Ohne Frage, es musste ihn sehr verärgert haben. Doch diesen Ärger versteckte er geschickt hinter seinem Sarkasmus, mit dem er nun zu mir sprach. Ich versuchte, alles auszuhalten und mich nicht zu rühren, als er von ‚meinem lasterhaften Zwillingsbruder‘, den es natürlich nicht gab zu reden begann. Nur meine Augen verfolgten jeder seiner Bewegungen, die mit seinen Worten einhergingen. Sollte ich ihm nun auch noch den Rest gestehen? Dass ich ihn eigentlich ausrauben wollte, an jenem Abend? Dass ich von einer Räuberbande, von denen es in Rom duzende gab, unter Druck gesetzt worden war, weil ich von einem Hirngespinst geritten worden war, einer der Ihrigen zu werden? Und das alles nur, weil ich mich an den Flaviern rächen wollte? Wenn ich das tat, konnte ich mich auch gleich selbst ans nächste Kreuz nageln!


    Seine andere Hand begann nun mir durchs Haar zu streichen und da dies alles noch keine Reaktion bei mir hervorgerufen hatte, beugte er sich dann zu meinem Ohr und flüstere mir weiter voller Inbrunst zu. Doch ich war wie erstarrt. Seine Worte konnten mir nicht viel anhaben. Selbst dann noch, als sein Daumen über meine Unterlippe strich. Wenn er mich verführen wollte, dann musste er mit größeren Geschützen aufwarten. Doch ich war inzwischen davon überzeugt, dass dies nur eine Frage der Zeit war! Wenn es soweit war, hoffte ich, ihm dieses Mal standhalten zu können. Zum Glück hatte ich noch nicht allzu viel Wein getrunken. Jedoch setzte sich nun auch noch seine andere Hand unter meiner Tunika wieder in Bewegung und erreichte, schneller als mir lieb sein konnte, ihr Ziel. Mein Herz begann schneller zu schlagen, denn natürlich begann sich wieder etwas bei mir zu regen, gegen das ich nicht viel tun konnte. Wie beim letzten Mal wusste er genau, was er zu tun hatte.


    Ich war einfach ratlos, was ich nun tun sollte. Oder sollte ich eher sagen, was ich tun wollte? Ich spürte, dass ich nun vor die Wahl gestellt worden war. Wollte ich weiterhin prüde sein und jede seiner Annäherungsversuche abwehren, so dass er mich letztlich seinen Zorn spüren lassen würde? Denn jedwede Gegenwehr würde mich noch tiefer ins Unglück stürzen.


    Oder sollte ich mich ihm freiwillig hingeben, wie es jede billige Lupa in der Subura tat? Er würde dann nur meinen Körper benutzen, doch meine wahren Gefühle würde er niemals erreichen. Die Belohnung dafür wäre ein gutes leichtes Leben.


    Er ließ nicht von mir ab, weder mit Worten noch mit Taten. Während ich versuchte, dagegen anzukämpfen, auch wenn mein Körper etwas anderes erwartete. Es sei nichts Schändliches dabei, meinte er. Doch ich war noch immer anderer Meinung. Eine Meinung, die hier nicht zählte, denn seit wenigen Stunden war ich sein Eigentum, mit dem er tun und lassen konnte, was er wollte. Und das tat er auch. Zunächst nur leicht und zart, bis das er ein erstes Aufflammen spüren konnte. Doch je länger er damit fortfuhr, umso intensiver begann es zu lodern. Dieser Luxuskörper, von dem er sprach, war kein Geschenk der Götter, sondern ein Fluch! Sie straften mich dafür, was ich alles an schändlichen Dingen getan hatte. Meine Strafe war es, diesem Römer bis in alle Ewigkeit als Hure zu dienen.


    „Ja, ich war es an jenem Abend, Dominus!“, antwortete ich und kurz darauf glaubte ich, mit diesem Geständnis würde es etwas leichter für mich werden. „Womit kann ich dir dienen, Dominus?“


    Natürlich verstand ich seinen Kommentar, auch wenn er nur so dahin gemurmelt worden war. Kurzzeitig musste ich sogar grinsen. Doch meine Züge nahmen recht bald wieder einen ernsteren Ausdruck an, als er fast schon entschuldigend Iulia Graecina in Schutz nahm. Wenn ich mich recht entsann, hatte sie in jener Nacht, als ich sie begleitet hatte, um ihre Sklavin zu retten, wesentlich forscher gewirkt. Doch ich konnte mich auch täuschen.


    Nach dem vielen reden nahm ich auch noch einen weiteren Schluck. Ich musste gestehen, der Wein mundete mir sehr. Daher schluckte ich ihn nicht einfach so unbedacht hinunter, sondern genoss ihn. Beinahe hätte ich mich verschluckt, als der Decimer mir seine Hand auf mein Knie legte. Obwohl ich doch inzwischen eigentlich hätte wissen müssen, was seine Neigungen waren.

    Wie ich es fast schon erwartet hatte, eröffnete er mir nun, was er mit mir vorhatte. Es war gewiss keine Überraschung, dass ich in Zukunft nicht mehr irgendwelche Brennöfen befeuern würde. Doch eine Ausbildung als Gladiator schon! Auf dem Sklavenmarkt war ich noch davon überzeugt gewesen, er habe dies nur als einen Vorwand gesagt. Doch offenbar war es ihm ernst damit. Umso besser! Dann hatte ich es fast selbst in der Hand, falls ich eines Tages dieses widerliche Leben endgültig abschütteln wollte. Auch wenn man oft schon davon gehört hatte, dass so mancher Gladiator sich seine Freiheit erkämpft hatte.

    "Als Gladiator?" entgegnete ich, denn ich hatte so das Gefühl, er erwartete nun von mir, ich müsse ihm dafür unendlich dankbar sein. "Das ehrt mich, dass du mir das zutraust, Dominus!" Ich hatte mir bisher nicht viel aus diesen Kämpfen gemacht. Man sagte ja, der Blutdurst der Römer sei unersättlich! Viel lieber schaute ich mir da einen ehrlichen Kampf ohne Waffen und auf Augenhöhe an.

    Was er mir dann noch in Aussicht stellte, empfand ich als wesentlich erstrebenswerter. Als Custos hatte ich Erfahrung. Gerade noch wollte ich noch etwas darauf erwidern, da begann er mein Knie zu streicheln. Und als ob das nicht genug gewesen wäre, wanderte seine Hand nun immer weiter an der Innenseite meines Oberschenkels nach oben unter meine Tunika.

    Als er mir nun den eigentlichen Grund für seinen Kauf genannt hatte, begann sich mein Gesicht zu verfinstern. Er hatte von mir verlangt, ehrlich zu sein und das wollte ich auch so beibehalten. Selbst dann, wenn mich diese Ehrlichkeit wieder zurück zu den Brennöfen bringen würde.

    "Ich muss dir etwas gestehen, Dominus...", begann ich und versucht mir nichts anmerken zu lassen, als seine Hand schon fast ihr Ziel erreicht hatte. "Eigentlich empfinde ich nichts für Männer... ich bin nicht... also ich... äh." Verdammt, was war nur mit mir los?

    Natürlich verschwand sie nicht! Stattdessen nannte sie mich einen Dummkopf und sagte, dass sie mich liebe. Immer noch, obwohl... Ja, sie brachte es auf den Punkt, wir würden uns nie wieder sehen und ja, mir war es egal. Bevor ich ihr irgendetwas entgegnen konnte, ohrfeigte sie mich. Eines musste ich ihr lassen, sie war stärker geworden und war nicht mehr das kleine scheue Etwas. Oder war es nur, weil ich hier vor ihr angekettet saß und nicht viel tun konnte?

    "Hör zu, ich...", begann ich. Doch ich wusste, dass es sinnlos war. "Ach, was soll´s! Ja, du hast recht! Ich bin ein Dummkopf und ja, ich habe alles vermasselt." Vielleicht tröstete es sie ja, wenn ich mich in allen Punkten schuldig bekannte. Ich versuchte, mich ihr etwas zu nähern, doch die Ketten hielten mich zurück.

    "Es tut mir leid, Iduna! Für alles, was ich dir angetan habe!", sagte ich leise. Ich hatte alles falsch gemacht und nun gab es keine Möglichkeit mehr, um etwas wiedergutzumachen. Was mir nun noch blieb, war die Erinnerung an bessere Tage.

    "Wenn sie mich morgen verkaufen werden, dann habe ich eine Bitte an dich, Iduna." Ich hob meinen Blick und sah ihr eindringlich in die Augen, damit sie begriff, dass ich es ernst meinte. "Bitte pass gut auf Aislin auf! Sieh zu, dass sie ein großes und starkes Mädchen wird. Erzähl ihr von mir und lass nicht zu, dass sie dieselben Fehler wie ihr dummer Vater macht." Ja, es war sehr wahrscheinlich, dass sich morgen endgültig unsere Wege trennen und wir uns nie wieder sehen würden. Nie hätte ich gedacht, dass loslassen so schwierig sein konnte! Was immer die Götter mit mir vorhatten, ich konnte mich nicht dagegen wehren. Niemand konnte seinem Schicksal entgehen!

    "Komm her, zu mir!", sagte ich nach einer Weile zu ihr, denn ich konnte mir gut vorstellen, wie sie sich nun fühlte.

    Endlich nahm er Notiz von mir, sah zu mir auf und lächelte. Gleich darauf bot er mir einen Platz neben sich an. Ich zögerte nicht lange und trat zu ihm ans Fenster und setzte mich neben ihn auf die Bank. Mir war, als beobachte er jeden einzelnen meiner Schritte. Ich musste ihm viel bedeuten, wenn er so viel Geld für mich ausgegeben hatte.

    Von meinem Platz aus begann ich mit meinen Blicken, meine Umgebung zu erkunden. Die feingearbeiteten Möbelstücke, der Kandelaber mit den flackernden Bienenwachskerzen, deren Licht dem Raum eine besondere Atmosphäre verlieh, fielen mir sofort auf. Dann die mit rotem Wein gefüllte Karaffe und die passenden grünvioletten Weinkelche dazu. Die waren sicher ein kleines Vermögen wert gewesen! Er schien eine besondere Vorliebe fürs Detail zu haben. Wäre ich sonst in einer solchen Tunika gekleidet gewesen und mit einem edlen Öl eingerieben worden? Nein, er sah in mir eine Art Kunstwerk. Den unbehauenen Stein hatte er heute erworben. Ihn nun zurecht zu schleifen, so dass aus mir sein Juwel wurde, würde die Aufgabe der kommenden Wochen und Monate sein.

    Nachdem er meine Schönheit bewundert hatte, bot er mir einen Kelch mit Wein an. Eigentlich hatte er es mir befohlen, doch noch klang es eher so, als wären wir ebenbürtige Freunde, die am Ende eines langen anstrengenden Tages sich einen guten Tropfen gönnen wollten. Ich nahm dankend den Kelch und wartete. Schließlich war ich kein tumber Barbar, der über keinerlei Anstand verfügte.

    Ja, ich, hatte er mir nun endlich verspätet geantwortet. Dann nahm er seinen Kelch und postete mir zu. Sein Trinkspruch galt unserem unverhofften Wiedersehen. Meine Züge entspannten sich leicht, dennoch bereitete mir die Erinnerung an unsere letzte Zusammenkunft immer noch Bauchschmerzen. Denn er kannte nicht den wahren Grund weshalb ich ihn vor einigen Wochen auserkoren hatte. Doch ich führte nun auch den Kelch zu meine Mund und nahm einen Schluck Wein. Das war nicht der billige Fusel, den es in den Tabernae der Subura gab. Dieser Wein musste etwas besonderes sein. Das erkannte sogar ich, obwohl ich mir eigentlich nicht viel aus Wein machte.


    Bisher hatte ich kaum etwas gesprochen, dafür er umso mehr. Doch nun lenkte er den Fokus auf mich und den Grund, weshalb man mich auf dem Sklavenmarkt verkauft hatte. Als er mich dabei einen Vorzeige-Custos nannte, schoben sich meine Brauen nach oben. Er musste ein völlig falsches Bild von mir haben. Doch hatte ich ihm bei unserem letzten Treffen nicht suggeriert, ich sei im Personenschutz tätig? Wie dem auch sei, er verlangte nach einer Antwort und mit seinem nächsten Atemzug verlangte er von mir, bei der Wahrheit zu bleiben, denn natürlich hatte er Mittel und Wege, alles zu überprüfen, was ich ihm sagte.

    "Der Iulier, der vor einigen Wochen auf offener Straße ermordet wurde, war mein Dominus. Sein Erbe, der Senator Iulius Dives hatte keine Verwendung für mich. Und nein, ich bin nicht der Vorzeige-Custos der Iulier! Das Verhältnis zu meinem alten Dominus war nicht das Beste. Er hat mich nie als seinen Custos eingesetzt. Stattdessen ließ er mich am Brennofen des Hypokaustums arbeiten. Nur Domina Graecina... nachdem ich ihrer Sklavin, der kleinen Hebräerin, aus der Patsche geholfen hatte. Doch als es nun darum ging, was aus mir werden soll, hat sie mich einfach ver... äh, sie hat sich von mir abgewandt. Als ich mich ihr näherte um sie zu bitten, es sich noch einmal zu überlegen, empfand sie dies als Bedrohung. Doch ich schwöre, ich wollte ihr nichts antun! Daraufhin haben sie mich in Ketten gelegt und am nächsten Tag zum Sklavenmarkt gebracht. Den Rest kennst du." Ich hatte mich gerade noch zurückhalten können, um die Iulia nicht eine Verräterin zu nennen, denn der Decimer und sie waren miteinander bekannt. Die genauen Umstände dieser Bekanntschaft kannte ich natürlich nicht genau. Aus diesem Grund wollte ich mich nicht gleich am ersten Abend unbeliebt bei meinem neuen Dominus machen.