Es gab einige Annehmlichkeiten, wenn man als Aedil den Markt besuchte. Schließlich musste er sich dann und wann auch von der Qualität der Waren überzeugen, was besonders an den Lebensmittelständen mit probieren und kurzen Gesprächen mit den Händlern einherging. Doch sorgten diese auch dafür, dass die Marktbesucher stets dermaßen lang wurden, dass dafür meist ein halber Tag eingeplant werden musste. Doch war diese Zeit nicht verschenkt oder verloren, denn Curio erfuhr auf dem Markt auch oft Neuigkeiten, nicht nur aus der Stadt, sondern aus Städten in der ganzen Region, ja der ganzen Provinz, selten aus anderen Provinzen und wenn er viel Glück hatte waren sogar manchmal Neuigkeiten aus Rom dabei. Diese waren zwar nicht mehr wirklich neu, da sie der Reise wegen meist schon einige Wochen oder gar Monate alt waren, aber dennoch einen Einblick erlaubten, was in der Hauptstadt vor sich ging - oder eben vor ein paar Wochen oder Monaten gegangen war. Weiterhin blieb er natürlich während der Marktinspektionen ansprechbar und es war durchaus üblich, bei diesen Inspektionen auch Gesprächstermine anzusetzen, die den Vorteil hatten, dass sich Curio mit einem oder gleich mehreren einflussreichen Stadtbewohnern zeigen konnte, diese aber auch den Eindruck erwecken konnten, dass ihr Einfluss sogar seinen Schatten auf die aktuellen Amtsträger zu werfen vermochte.
Nach einigen Ständen jedoch wurde Curio überrascht von einem Händler, der einige Blessuren trug, darunter ein blaues Auge, und dessen Begleiter ähnlich zugerichtet waren. Curio kannte den Mann als reisenden Händler und auf seine Verletzungen antwortete er sichtlich aufgebracht.
Überfallen wurden wir. Meine Männer und ich sind mit dem Leben davon gekommen, aber schau dir meine Waren an, Aedil Helvetius. Hier, und hier und hier... Wie soll ich das jetzt noch verkaufen? Wenigstens haben wir aber noch was zu verkaufen. Ein Freund von mir wurde ebenfalls angegriffen und er hatte nicht so viel Glück. Einen Begleiter haben sie ihm getötet und ihm seine ganze Ware gestohlen.
Curio runzelte die Stirn.
Das ist bedauerlich. Aber du weißt auch noch von weiteren Angriffen?
Der Händler nickte nachdrücklich.
Ja ja, Helvetius, ja ja. Ich weiß von mindestens fünf Händlern die besonders auf den Viae Noviomaga und Borbetomaga angegriffen wurden. Auch im Norden, aber dort sind es nicht so viele.
Der junge Helvetier erschauderte. Er war damals selber auf der Via Noviomaga Opfer von Straßenräubern gewesen, aber dass sich diese Überfälle nun so häuften, gab ihm zu denken. Er wusste von seinem Freund Othmar, dass die Händler meist kampferprobte und wehrhafte Begleiter hatten und kleinere Banden normalerweise nur Alleinreisende attackierten. Wenn jetzt aber sogar die kleinen Handelskarawanen angegriffen wurden, war da unten was im Busch, was untersucht werden musste. Zwar fehlten ihm die Befugnisse, über die Stadtgrenzen hinaus tätig zu werden aber zum Glück hatte sich der Helvetier ja mittlerweile ein kleines Netzwerk von einflussreichen Menschen aufgebaut, darunter auch den iunischen Alapraefectus.
Ich werde dem nachgehen. Allerdings möchte ich dich noch bitten, dass du mit allen Opfern, von denen du weißt, bei mir in der Casa Helvetia vorbeikommst. Dort möchte ich nochmal jeden einzeln anhören, bevor ich dafür sorge, dass Ermittlungen eingeleitet werde.
Der Händler nickte zufrieden, wusste er doch auch, dass die Befugnisse des Aedils an den Stadtgrenzen endeten. Curio jedenfalls würde das Gespräch abwarten, bevor er sich dann einen Termin bei dem Iunier geben lassen würde.