Curio gefiel, was er hörte. Und dem weitaus größten Teil konnte er zustimmen. Natürlich hätte Malleus sein Gesicht irgendwann verbraucht und natürlich gab es viele Informationen nicht umsonst, wenn er andere dafür anstellte, diese zu beschaffen. Es fielen weitere Worte, bei denen Curios Bauchgefühl ein weni rebellierte und wiederum andere, die sich in der Theorie ganz hervorragend anhörten, in der Praxis aber noch entsprechend umzusetzen waren. Doch das gehörte ja zu dem Beginn jeder beruflichen Beziehung dazu.
Nun, wir sind uns einig. In Vielem. Fast in allem. Doch möchte ich an dieser Stelle bereits drei Dinge anmerken, die ich dir der Fairness halber mitteilen möchte. Erstens. Es ist nicht mein Stil, meine politischen Gegner solange mit Dreck zu bewerfen, bis sie darin untergehen, und es ist ebensowenig mein Stil, sie mit körperlicher Gewalt auf meinen Kurs zu zwingen.
Ein einziges Mal hatte er körperliche Gewalt abseits staatlicher verordneter Bestrafung gutgeheißen und bis heute spukte dies in seinem Hinterkopf herum. Er war überzeugt davon, dass es richtig gewesen war, dass sein Bruder den Petronier verprügelt hatte, weil dieser Alpina ausgenutzt hatte, was sie beinahe ihr Leben gekostet hatte. Aber politische Gegner damit unter Druck setzen? Nein, dass lag ihm so gar nicht.
Du darfst mich gerne naiv nennen und mir ist ebenso bewusst, dass meine Gegner im Zweifel nicht zimperlich mit mir umgehen werden. Dennoch möchte ich meine politischen Gegner lieber mit Argumenten überzeugen, als mit einer gut gewetzten Klinge. Ebenso glaube ich kaum, dass eine Schlammschlacht irgendetwas gutes mit sich bringt. Natürlich höre ich mich gerne Informationen jeglicher Art an, machen wir uns nichts vor, es ist immer wichtig, zu wissen, was in der Stadt vorgeht, aber solange es nicht klare Beweise für ein Verbrechen sind, werde ich nichts davon nutzen.
Er war nicht perfekt und er konnte schlecht von seinen Konkurrenten und Gegnern im Ordo decurionum verlangen, dass sie es waren. Er wollte mit politischen Vorhaben und deren Umsetzung überzeugen und nicht mit irgendwelchen Erpressungen oder Informationsvorsprüngen.
Zweitens. Loyalität und Vertrauen. Ich bin bis zum jetzigen Zeitpunkt gut damit gefahren, nur wenigen Menschen bedingungslos zu vertrauen. Alle diese Menschen begleiten mich schon lange und haben sich dieses Vertrauen hart erarbeitet. Ich bin mir darüber im Klaren, dass ich dich in diesen Kreis werde aufnehmen müssen, damit du deine Aufgaben erfüllen kannst und ich dir dabei nicht völlig überflüssigerweise im Weg stehe. Gib mir aber bitte Zeit damit. Es wird nicht von heute auf morgen funktionieren, aber glaube mir bitte eins. Alle, die sich mir gegenüber als loyal gezeigt haben, werden ebendiese Loyalität auch von mir erfahren. Am Vertrauen allerdings werden wir beide gemeinsame arbeiten müssen.
Malleus würde merken, dass Curio seine Versprechen einzuhalten pflegte. Es würde vielleicht aber ein bisschen dauern, aber er musste wohl lernen, seinen engen Kreis größer zu ziehen, je weiter er die Karriereleiter aufsteigen würde. Aber da war noch etwas, etwas außerordentlich Wichtiges.
Drittens. Meine Familie. Meine Familie, und dazu zähle ich nicht nur meine Frau und mein Kind, das - so die Götter wollen - bald zur Welt kommen wird, sondern auch meine Schwägerin Alpina und deren Tochter, auf die ich während der Abwesenheit meines Bruders zu achten habe, und alle Sklaven und Bediensteten, die unter diesem Dach wohnen, genießt meinen vollumfänglichen Schutz. Angriffe gegen diese sind Angriffe gegen mich und sind - entsprechend zu beantworten. Sollte dir während deiner Tätigkeit zu Ohren kommen, dass irgendwas gegen diesen Kreis geplant wird, bitte ich dich, mich umgehend zu informieren. Wir werden dann gemeinsam entsprechende Vorkehrungen treffen.
Wenn es um seine Familie ging, hörte bei ihm jeder Spaß auf. Seine Frau hatte schon genug damit zu tragen, den Haushalt zu führen, seinen Sohn großziehen und dann und wann an seiner Seite öffentliche Auftritte wahrzunehmen, Alpina half der Gesellschaft mit ihrer Tätigkeit mehr, als so mancher großmäulige Aufschneider, und alle anderen sorgten dafür, dass sein Leben und seine Karriere so verlaufen konnte, wie sie es tat. Wer einen von ihnen ins Visier nahm, nur um dem jungen Helvetier zu schaden, hatte mit entsprechenden Gegenmaßnahmen zu rechnen und diese waren sicherlich nicht durch Mildtätigkeit geprägt. Nein, die hatten sie nämlich in dem Moment verspielt, als sie sich nicht mit ihm selbst auseinandersetzen wollten, sondern lieber seine Umgebung zu attackieren.
Curios Stimme war ernst geworden, sehr ernst. Grade bei seinen letzten Worten. Er wollte sich nicht vorstellen, einen Menschen seiner näheren Umgebung zu verlieren, aber je höher er stieg, desto mehr Leute gab es, denen genau das nicht gefiel. Einigen von ihnen traute er es sogar zu, diese Grenze des Anstandes zu überschreiten.
Also, kommen wir soweit überein?
Die Frage kam sicherlich nicht aus dem Nichts. Curio hatte wohl bereits mehr als deutlich gemacht, dass er sich schon mitten in den Einstellungsverhandlungen befand. Zwei Punkte standen nun noch auf der Agenda, aber vorher wollte er wissen, ob Malleus bereit war, diese drei Punkte zu akzeptieren.