Beiträge von Iullus Helvetius Curio

    Kaum richtig wach war Curio gar nicht in der Lage, irgendwem zu widersprechen. In diesem Zustand war es für ihn schon eine schie übermenschliche Leistung gewesen, den Erklärungen Roderiqs zu folgen und daraus den Schluss zu ziehen, dass es wohl nicht das, wovon der junge Helvetier doch so überzeugt war, nämlich dass die Duccier doch jemanden geschickt hatten, der Silvana, im Namen des Imperators, aus der Casa Helvetia hinauszerren und an irgendeinen strinkreichen Senator aus Rom zu verheiraten sollte. In seinem durch den Alptraum von ebendieser Bedrohung ohnehin schon erschüttertem Geist, war das Klopfen nur eine sinnlich wahrnehmbare Bestätigung gewesen, die ihm nicht nur geistig, sondern auch offensichtlich körperlich zu schaffen machte. Jedenfalls hatte sich sein Geist wohl dafür entschieden, seinen Körper in eine anhaltende Alarmreaktion zu versetzen, die auch dann nicht zurückgenommen wurde, als er jetzt bescheid wusste, dass das Klopfen Alpina und ihrem medizinischen Wissen galt und nicht seiner kleinen Familie.


    Erst als Silvana schließlich das Heft in die Hand nahm, ihn zum Bett führte, sich hinlegen ließ, ihn zudeckte und jegliche weitere Reaktion unterband. Curio folgte einfach nur, denn zu mehr war er ohnehin nicht in der Lage und während Silvana ihn nun in den Schlaf sang, griff er nach ihrer Hand, an der er sich nun festhalten konnte, winkelte seine Beine leicht an, und hörte auf den leisen Gesang seiner Frau, mit dem sie es tatsächlich schaffte, dass sein Puls runterging und und sein Atem langsam und regelmäßig wurde, bis sich Curios Augen schließlich wieder schlossen und er sich in den Schlaf verabschiedete.

    Je näher Silvana der Tür kam, desto deutlich wurde, dass es vor allem Roderiq war, der sprach, während von Curio nur verwirrt-abwesende eiinsilbige Bestätigungen zu hören waren. Es dauerte nicht lange, da kam Curio auch schon wieder zurück und stieß im Türrahmen mit seiner Frau zusammen. Immer noch zitternd blickte er ihr geistesabwesend und offenbar immer noch halb im Schlaf in die Augen.


    Runa...


    sagte er matt, während er versuchte, mit regelmäßigen, tiefen Atemzügen seinen Puls wieder unter Kontrolle zu bringen, was seine desolate Situation aber nur umso eindeutiger zu Tage treten ließ. als es für den jungen Helvetier üblich war. Normalerweise war er bestrebt, seine Frau von diesen Problemen abzuschirmen. Lediglich Acanthos wusste davon, dass er manchmal solche Träume hatte und danach manchmal mit Panikattacken zu kämpfen hatte, damit dieser bei Bedarf rettend eingreifen konnte, falls sie sich irgendwann doch einmal bei der Arbeit im Tempel zeigen sollten. Silvana allerdings war schwanger, hatte genug eigene Probleme damit - auch wenn sie darauf bestand, dass sie nicht krank war - und hatte dann und wann mit Hormonschüben zu kämpfen.


    Ein... medizinischer Notfall, sagt Roderiq. Offenbar... die Tochter eines... hochrangigen... Legionssoldaten...


    erklärte er und machte damit klar, dass zumindest er da wohl nichts machen konnte. So wie er seine Frau kannte, wollte sie Alpina sicher zur Hand gehen. Das wäre im Moment optimal, denn dann hätte Curio Zeit, sich wieder einigermaßen zu beruhigen und vielleicht sogar noch die eine oder andere Stunde Schlaf, bevor es morgen wieder in den Tempel ginge.

    Normalerweise war Curio nicht besonders schreckhaft. Aber heute war mal wieder eine Nacht, in der er von einem dieser schrecklichen Alpträume gequält wurde, in denen er nicht der Lage war, Silvana zu beschützen, was immer drauf hinauslief, dass sie ihm wortwörtlich entglitt. Mit in einem solchen Traum also, der ihn ohnehin immer aus dem Schlaf schrecken und seinen Blutdruck in die Höhe steigen ließ, erschütterte ein markerschütterndes Klopfen das gesamte Haus. Curio stand förmlich senkrecht im Bett, stand ebenso automatisch auf, wie er sich eines der Felle über die Schultern zog und am ganzen Körper zitternd in Richtung Zimmertür, während er, kaum verständlich vor sich hinmurmelte.


    Jetztistessoweitjetztwirklichdabeihabeichdochallesgemacht
    wassiewolltenwaswollensiedennnoch.


    Mit zitternden Händen öffnete er die Tür, verließ den Raum und schließlich, konnte jeder der, ebenfalls durch das Klopfen geweckt worden war, ein paar gedämpfte Stimmen auf dem Korridor hören.

    Nachdem ich jetzt schon die letzten Tage nur vor mich hingedümpelt bin, melde ich mich mit Curio und Severus jetzt mal bis einschließlich Sonntag nur lesend anwesen. Antworten kommen dann voraussichtlich wieder ab Montag.


    Bei dringenden Sachen bitte PN an Curio, mit dem schaue ich einigermaßen regelmäßig rein.

    Direkt am ersten Tag der Parentalia hatte Curio alles für das kleine Opfer für die Manen seiner Familie vorbereitet. Da die Tempel über die Parentalia geschlossen blieben und sich die Politiker mit prunkvollen Gelagen oder pompösen Cenae in diesen Tagen zurückhielten, hatte er praktisch eine Woche frei, die er einerseits dafür nutzen konnte, Liegengebliebenes abzuarbeiten, und sich andererseits um seine Familie kümmern konnte. Da gab es natürlich seine schwangere Frau, die, wenn es nach dem Helvetier ging, gar nicht genug Aufmerksamkeit bekommen konnte, aber natürlich auch Alpina und Ursicina, die ohne Mann und Vater zuletzt eher bedrückt wirkten. Bei diesem Opfer war nun aber der gesamte anwesende Haushalt versammelt, doch war es kein großes Opfer, dass sie vollzogen, sondern lediglich ein kurzes, schmuckloses, um die Manen zu besänftigen.


    Curio trug hierfür eine ganze einfache, schon teils etwas zerschlissene Toga, mit der er an die Verstorbenen erinnern wollte. Für das Opfer standen ein großer Laib Brot, eine Schüssel Salz, eine Kanne Wein und ein von Silvana und Alpina geknüpfter Kranz aus Tannenzweigen. Zu Beginn stand wie immer die Handwaschung, das Entzünden des Weihrauchs und und die Bedeckung des Hauptes mit der Toga, bevor sich der Helvetier in der römischen Gebetshaltung dem Hausalter zuwandte.


    Manen der Gens Helvetia!
    Hört euren Nachkommen Iullus Helvetius Curio, Sohn des Lucius Helvetius Curvus aus dem Stamm der Helvetii Corvini. Hört mich, der sich an euch wendet am Beginn der Tage, an denen ihr durch Welt wandert und prüft, ob eure Nachkommen so leben, wie ihr es ihnen vorgelebt habt.


    Curio bekam eine Gänsehaut, denn eigentlich mochte er keine Opfer, die mit Unterwelts- und Todesgottheiten zu tun hatten. Als Oberhaupt des Hauses hatte er dieses Opfer aber durchzuführen, das war nunmal seine Pflicht.


    Nehmt diesen Laib Brot, diese Schüssel Salz, die Kanne Wein und diesen von den Frauen dieses Hauses geknüpften Kranz als Gastgeschenk an und blickt mit gnädigen Augen auf die Bewohner dieses Hauses. Sodann werden wir auch in Zukunft euch Gedenken und unsere Pflichten euch gegenüber wahrnehmen und weitertragen.


    Während des Gebets stellte Acanthos die Opfergaben auf den Altar und lehnte den geküpften Kranz an diesen an, sodass er sofort sichtbar warn. Nun beenderte Curio mit einer Wendung nach recht das Gebet und ließ es wieder einige Augenblicke wirken. Für den Fall, dass auch Alpina ihren Ahnen und Silvana speziell ihrer Mutter gedenken wollte, trat er dann einen Schritt beiseite und ließ die Toga wieder von seinem Kopf herabgleiten.

    Das waren gute Neuigkeiten für den jungen Helvetier, auch wenn er froh war, dass Alpina nun bald wieder hier wäre und sie dann auch wieder ihre medizinische Betreuung gleich im Haus hatten. Im Moment war er einfach überfürsorglich mit seiner Frau, weil er einfach nicht wusste, wie weit er sie beanspruchen konnten und wann er sie bremsen musste, da sie ja nunmal dazu neigte, viel zu tun, ohne darauf zu achten, ob sie sich zu viel zumutete. Bei der Saturnalienfeier hatte sich das nun zum ersten Mal gerächt und nun packte Curio seine Frau noch mehr in Watte, als er es ohnehi schon hatte tun wollen. Ihrer Natur gemäß gefiel ihr das nur wenig, allerdings musste sie dadurch, ebenso wie er durch die ihre dadurch entstehende Unzufriedenheit durchmusste.


    Jetzt ab schnappte sie sich seine Hand und legte sie auf ihren Bauch. Natürlich spürte er ihren Herzschlag, doch da war noch etwas, längst nicht so stark, wie ihrer - natürlich nicht - aber stark genug, um es spüren zu können. Für einige Augenblicke fehlten ihm die Worte: Er spürte den Herzschlag seines Sohnes.


    Tatsächlich...


    brachte er dann doch staunend hervor und streichelte sanft ihren Bauch. Dann drehte sie sich zu ihm um und sagte, dass der kleine Helvetier das starke Herz seines Vaters habe. Curio hatte da so seine Zweifel, denn letztlich ging er immer davon aus, dass er lediglich ein Hasenherz habe. Dennoch erschien ein Lächeln auf seinem Gesicht und er beugte sich, immer noch die Hand auf ihrem Bauch, etwas zu ihr hinunter, um ihr einen Kuss zu geben


    Ich liebe dich.


    flüsterte er und sein Lächeln bestand weiter. Ungestört, als würde es keinen Grund sehen, grade jetzt aufzuhören.

    Nein, das wäre nicht toll. Es wäre überhaupt nicht toll, denn er konnte sich lebhaft vorstellen, wie seine Mutter reagieren würde, wenn man ihr nach der Schwangerschaft Alpinas und der Beziehung zu Silvana schon wieder etwas verheimlichen würde. Also ja, es wurde Zeit, es war sogar überfällig und so nickte der Helvetier nur schulbewusst und löffelte weiter seine Suppe.


    Wir können uns gerne... ähm... morgen?


    Curios Blick wanderte zu Acanthos, der schnell


    Nachmittag.


    dazwischen schob.


    Also morgen Nachmittag zusammensetzen und die Sachen durchgehen, die wir mitgebracht haben. Den ersten Bericht erwarte ich ohnehin erst in einer Woche, dann kann dir Acanthos die Unterlagen sofort bringen.


    Der Macedone nickte und widmete sich dann wieder seiner Suppe. Dass sich Silvana natürlich bei irgendwelchen offensichtlichen Unregelmäßigkeiten sofort melden sollte, dürfte ja selbstverständlich sein, weshalb Curio das nicht extra erwähnte. Stattdessen löffelte er seine Schale leer, brachte sie zum Spülbecken und trat von hinten an seine Frau heran. Vorsichtig legte er eine Hand auf ihre Schulter und streichelte diese sanft durch den Stoff ihrer Tunika.


    Geht es dir sonst gut? Und wie geht es unserem Sohn?


    fragte er dann, ohne die Sklaven als Störung wahrzunehmen. Gut, natürlich galten in ihrer Anwesenheit gewisse Grenzen, aber dennoch war dem Haushalt bekannt, dass die beiden eine innige Beziehung pflegten und Curio wusste auch, dass keiner von ihnen etwas, dass sie hier mitbekamen, ausplaudern würden.

    Es war der nüchterne, unbeteiligte Ton seines Patrons, der ihn verunsicherte, während seine Frau, die mit dem Rücken zu ihnen beiden stand, nicht grade dazu beitrug, dass die Situation hier angenehmer wurde. Sogar Curios Hilfeangebot wurde mit wegwerfender Handbewegung beiseite gewischt, was einen beunruhigenden Verdacht in ihm hervorrief. Machten der Duccier ihn dafür verantwortlich, dass die Götter seine Frau zu sich geholt hatten? Eiskalt lief es ihm den Rücken hinab und mal wieder breitete sich in ihm die Frage aus, ob er damals nicht doch besser einfach auf seinen Vater gehört und in die Legion eingetreten wäre, zumindest hätte es damt eine ganze Reihe von Probleme nicht gegeben, wenn man mal davon absah, dass Silvana vielleicht in eine lieblose Ehe gegeben worden wäre, aber konnte man sich da wirklich so sicher sein? Vielleicht wäre der andere, womöglich ein einflussreicher Ritter oder Senator, gar nicht so schlecht gewesen, wie Silvana und Curio das immer befürchtet hatten und das ganze innerfamiliäre Problem mit den Ducciern hätte sich erledigt. Doch konnte Curio keine seiner Entscheidungen rückgängig machen. Er hatte sich dafür entschieden, sich gegen seinen Vater aufzulehnen, er hatte sich entschieden, sich unter das Patronat von Verus zu stellen und gleichzeitig eine Beizehung mit dessen Tochter anzufangen und er hatte schließlich der Hochzeit zugestimmt und damit Loki endgültig das Feld überlassen. Und wenn der erstmal anfing, gab es ja bekanntlich sowieso kein halten mehr. Vielleicht stimmte es also, vielleicht war er Schuld daran, dass Fusa die Geburt nicht überstanden, weil er fatalerweise geglaubt hatte, dass es tatsächlich die römische Göttin der Liebe und nicht der germanische Verrätergott gewesen war, der diese Verbindung gefördert hatte.


    Nur mit einem Ohr hörte er die Fragen seines Patrons und entsprechend unkonzentriert fielen seine Antworten aus.


    Nicht... also.. nein, kein Nahestehender oder... ähm... Verwandter. Es muss... also... in dem Testament hieß es, dass... ähm... meine Arbeit für den lokalen Apollokult und die... äh... Renovierung der Kreuzungsschreine gewürdigt werden sollte... also... von der Verstorbenen.


    erläuterte der Helvetier. Es hatte ihn sehr überrascht, aber nachdem er jetzt die Villa Rustica aufgesucht und deren Zustand geprüft hatte, hatte er sich schnell mit dieser freudigen Nachricht abgefunden.


    Das werde ich tun und werde dann... ähm... vor dem Wahlkampf nochmal in der regulären Salutatio darauf zu sprechen kommen.


    fuhr er dann fort und suchte sich zum Abschluss wieder seinen Paltz am Tisch auf.

    Immer noch kamen Widerworte von seiner Frau, doch waren sie längst nicht mehr so laut und aufbrausend wie vorher. Stattdessen schien sie sich ein bisschen zu beruhigen, zumindest nach außen hin, denn natürlich entging Curio nicht, dass sie immer noch innerlich brodeln musste. Auch den Einwurf seines Schwiegervaters kommentierte er nicht weiter, denn dieser hatte genug auf der Geduld Silvanas rumgetrampelt, da wollte Curio jetzt nicht auch noch nachtreten. Stattdessen hörte er sich die Erklärung von Verus an, offenbar sollte sein Vetter - welcher war jetzt eigentlich gemeint? - für den Jungen sorgen sollte. Umso besser: Er gehörte in die Villa Duccia und nur im aler äußersten Notfall, wenn es wirklich keine ducciernahen Alternativen, zum Beispiel bei seinem Vetter in der Regia, gab hier in die Casa Helvetia.


    Nun, dein Sohn ist in der Villa Duccia und vor allem in deiner Nähe sicherlich am besten aufgehoben, umso besser, wenn er dann mit deiner Nichte aufwachsen kann. Jedenfalls habe ich es schon Marsus gesagt, aber ich möchte es gerne wiederholen: Falls du Hilfe mit deinem Sohn brauchst, kannst du jederzeit herkommen oder uns in die Villa bestellen lassen.


    Das war nämlich etwas ganz anderes, als gleich das Kind hierher zu holen. Die ganze Geschichte war schon kompliziert genug, da konnten sich Silvana und er nicht noch in Angelegenheiten hineindrängen, mit denen sie nur indirekt zu tun hatten.


    Vollkommen unerwartet wechselte Verus dann das Thema und während sich Silvana nun komplett aus dem Gespräch auszuklinken schien und zum Wasserbecken trat, musste Curio nun mindestens ebenso schnell umschalten.


    Um unsere... äh... Finanzen steht es gut. Bedauerlicherweise hatte ich noch keine Möglichkeit, dir mitzuteilen, dass ich vor kurzem zwei Gründstücke mit einer kleinen Villa Rustica und ein paar Wirtschaftsbetrieben geerbt habe. Neben den städtischen Gehältern gehen auch Teile der Gewinne dieser Betriebe in unsere Haushaltskasse. Daher wird uns... äh... die Schwangerschaft keine finanziellen Probleme bereiten.


    erklärte der junge Helvetier. Dennoch gab es natürlich eine Kleinigkeit, so wie es doch immer eine kleine gab.


    Nichtsdestotrotz stehen bald wieder Wahlen an, bei denen ich... entsprechend unserer Absprache... für das Amt das Aedilat kandidieren will. Wahrscheinlich werde ich dabei wieder Unterstützung, auch finanzieller Art*, benötigen.


    Das hatte aber noch Zeit und konnte gegebenenfalls auch gesondert besprochen werden.


    Sim-Off:

    *Die konkrete Ausgestaltung besprechen wir am besten per PN oder Skype.

    Was dann geschah warf den Helvetier förmlich um, ja er wäre sogar fast von seinem Platz gerutscht, hätte er sich nicht noch am Tisch abfangen können. Zugleich klappte sein Unterkiefer herunter und seine Gesichtszuäge entgleisten ihm völlig. Sie wollte was machen?!?! Hätte sie das nicht wenigstens einmal vorher mit ihm absprechen können?!?! Nun erhob sich auch der junge Helvetier, denn sonst wäre er wohl tatsächlich noch mal von seinem Platz hinuntergerutscht und mit dem Hinter auf dem Steinboden gelandet.


    Jetzt aber mal ganz langsam, Runa.


    sagte er laut genug, dass seine Frau in dieses Mal nicht ignorieren konnte. Das ging ihm hier alles zu schnell, viel zu schnell, denn er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass Verus so unbeteiligt bei dieser ganzen Sache bleiben wollte. Und zu eben dem wanderte jetzt Curios Blick.


    Verus, ich bitte dich, lern den Jungen... also... deinen Sohn doch erstmal kennen.


    Es musste doch irgendeinen Weg geben, um den Duccier für seinen Sohn zu interessieren. Und Curio wollte hier nicht mal ansatzweise den Verdacht aufkommen lassen, dass er dem Duccier seinen Sohn entziehen wollte. War Silvana überhaupt bewusst, dass das hier alles auch ganz anders, nämlich genauso aufgenommen werden könnte?

    Es war gut, dass sich Silvana an geschäftlichen Angelegenheiten der Familie und des Haushalts mitarbeiten wollte. Curio musste wohl ohnehin bald damit anfangen wieder mehr Aufgaben abzugeben, damit er sich auf den Wahlkampf konzentrieren konnte und wenn Silvana etwas zu tun haben wollte, dann traf sich das doch gut. Das Thema der kurzen Reise hingegen könnte sich wohl doch noch schneller erledigt haben, denn plötzlich zog Silvana eine Papyrusrolle hervor und reichte sie ihm hinüber. Es war ein Brief von Alpina aus Raetia, der ihre baldige Rückkehr ankündigte. Auch auf Curios Gesicht breitete sich ein Lächeln aus, denn auch er hatte sie und seine kleine Nichte schon vermisst. Für Silvana bedeutete die Rückkehr vor allem Verstärkung gegen seine Fürsorglichkeit, die teilweis wahrscheinlich auch schon übervorsichtig war. Aber nach dem Tod ihrer Mutter, der ihn zudem auch schmerzlich an die Fehlgeburt Alpinas erinnert hatte, bestand in Curio eine Angst, die er nicht unterdrücken konnte.


    Sehr schön, dass sie bald wieder hier ist.


    antwortete er seiner Frau. Ihre nächste Frage überraschte ihn nur wenig.


    Nein... ähm... ich habe noch nicht nach Hause geschrieben. Aber... ähm... ja... es wird wohl langsam Zeit.


    Die Duccier wussten ja schon bescheid, aber den Brief nach Hause hatte er bislang aus für ihn nicht ganz nachvollziehbaren Gründen immer weiter nach hinten geschoben. Doch wenn jetzt sogar Silvana drauf bestand, musste er das jetzt wohl in Angriff nehmen. Ob seine Mutter dann aber noch herkommen wollte, dass konnte er beim besten Willen nicht sagen. Eigentlich hatte er das Gefühl gehabt, dass sie daran interessiert war, Silvana, ebenso wie Alpina, schnell in die Familie zu integrieren, doch hatte er manchmal die Beweggründe und Handlungen seiner Mutter einfach nicht nachvollziehen können.

    Die Stimmung blieb unheimlich und so dermaßen gedrückt, dass Curio am liebsten die Flucht ergriffen hätte. Irgendeine Aufgaben würde sich doch sicher finden, die es noch abzuarbeiten galt, im Garten oder im Arbeitszimmer vielleicht. Doch war ihm auch klar, dass, würde er jetzt aufstehen, gleich beiden Ducciern etwas signalisieren würde, was er nicht signalisieren wollte, nämlich Desinteresse an der gesamten Situation. Stattdessen starrte er weiter mit ernstem Blick auf seinen Becher und hörte sich die kurze Einführung Silvanas an, der eine noch kürzere Erwiderung von Verus folgte. Endlich schaffte es Curio wieder aufzublicken, denn die Erwiderung war ein weiteres Zeichen dafür, dass Verus nicht mehr der alte war. Hatte er sonst immer mit langen ausgeklügelten Erwiderungen geglänzt, war die jetzige schon provokativ kurz und unbeteiligt. Folgerichtig gingen die Pferde mit seiner temperamentvollen Frau durch. Zuerst mit schneidender Stimme, dann sprang sie auf marschierte auf und ab, wie ein wütender Centurio. Sie wurde immer lauter und die Versuche Curios seine Frau mit ernsten Einwürfen wie


    Runa, bitte...


    wieder zur Räson zu rufen, doch machte sie einfach weiter, immer weiter, wurde immer lauter, bis zu plötzlich innehielt, vor ihrem Vater auf die Knie sank und seine Hand nahm. Offenbar ist sie fertig, ging es Curio durch den Kopf, denn jetzt brachte sie die Nachricht von ihrer Schwangerschaft über die Lippen. Eine Pause entstand, eine quälend lange Pause und letztlich waren es wieder nur zwei kurze Kommentare von Verus. Nach der Tirade und Verus' Gesamtsituation hatte er jetzt wahrscheinlich auch nicht mehr erwartet.

    Das Donnerwetter blieb aus und wenn Curio so zu Acanthos hinüberblickte, war der wohl genauso überrascht, wie er. Doch konnte sich Curio aufgrund der mauligen Antwort sicher sein, dass da noch was kommen würde, spätestens heute Abend... Allerdings war er auch froh, dass ihm das jetzt erstmal erspart blieb und so ging er auch nicht weiter auf das Thema ein. Stattdessen trank und aß er einfach noch was, bevor er zu der Feststellung Silvanas zu dem Verwalterpaar nickte. Es gab einfach keine Alternative dazu und wenn ihnen nicht gefiel, wie die da oben die Geschäfte führen, konnte er immer noch dafür sorgen, sie auszuwechseln.


    Dann allerdings schaute er überrascht hoch. Sie wollte die Prüfung der Berichte übernehmen? Nachdenklich blickte er nach dem Angebot vor sich hin. Es sprach eigentlich nichts dagegen. Sie ging bereits die Buchführung des Haushalts durch und auch in ihrem Tempeldienst gehörte die Kassenführung, ebenso wie bei ihm, zu ihren Aufgaben dazu. Außerdem war nicht mehr allzu viel Zeit bis zu seinem nächsten Wahlkampf und ohnehin hatte er mit der Vorbereitungen der Contiones des Ordo Decurionum schon gut zu tun. Und sie war scheinbar auch froh, wenn sie eine Aufgabe bekam für die Zeit, in der sie ihre Arbeit im Tempel ruhen lassen musste.


    Es spricht nichts dagegen, wenn du das gerne machen möchtest.


    sagte er daher mit einem überraschten, aber offenen Lächeln.


    Und ich verspreche dir, dass ich dich baldmöglichst mitnehmen werde, sobald Alpina zurück ist und ihre Zustimmung gibt.


    So wie er seine Frau und seine Schwägerin kannte, würden die beiden ohnehin etwas aushecken, wodurch Silvana das Landgut würde sehen können. Also musste Silvana jetzt nur noch ein bisschen Geduld beweisen, was sicherlich einfacher gewesen wäre, wenn Silvana nicht eine äußerst ungeduldige Person wäre.

    Curio nickte eifrig, während ein weiterer Schluck warmen Mets den Weg in seinen Mund fand.


    Ja, sechs Zimmer. Und obwohl die Villa von außen ziemlich klein aussieht, ist sie doch recht geräumig.


    Es wunderte ihn schon ein wenig, dass sie weder etwas zum umgebenden Wald, noch etwas zum Teich im Garten gesagt hatte. Aber wahrscheinlich wollte sie alles selber erstmal sehen, bevor sie sich eine Meinung darüber bildete, was auch gleich zu ihrer nächsten Frage führte. Curio atmete tief durch und blickte sie unsicher an. Wie sollte er ihr das beibringen? Na ja, klar und deutlich, das mochte sie doch normalerweise am liebsten.


    Solange ich keine klare Zustimmung von Alpina habe, dass der ruckelnde Reisewagen nicht gefährlich für dich ist...


    Es konnte ihr gar nicht gefallen, was er da sagte. Es hatte ihr schon nicht gefallen, dass er sie heute Morgen nicht mitgenommen hatte, aber es war ihm einfach zu riskant, nach allem was passiert war. Vor allem, weil der nächste Medicus erst wieder in der Stadt wäre... und im schlimmsten Fall konnte es bis dahin auch schon zu spät sein.


    Er wusste also, dass er sich gleich etwas von ihr anhören durfte, also beantwortete er noch schnell ihre letzte Frage, bevor dann das duccische Donnerwetter über ihn hereinbrach.


    Na ja, im Moment muss ich dem Verwalterpaar einfach vertrauen. der Gallier, er heißt Roger, ist dort schon aufgewachsen. Ein neuer Verwalter bräuchte ewig, bis er sich eingearbeitet hätte. Da lasse ich doch lieber erstmal alles, wie es ist. Allerdings lasse ich mir wöchentlich Berichte schicken und habe vor, unregelmäßig dort vorbeizuschauen, um zu überprüfen, ob alles seine Ordnung hat..

    Kurze Zeit später klopfte es und Verus wurde hereingeführt. Sein Anblick war erschreckend. Noch erschreckender als bei der Beerdigung Fusas, denn der sonst so motivierte und lebensfrohe Duccier schien alle Lebenskraft verloren zu haben. Unsicher, ob er ihm die Hand reichen sollte, stand der Helvetier einige Augenblicke da, entschloss sich dann dafür und wurde gleich in die nächste Frage gestürzt. Wie sollte er ihn ansprechen?


    Salve, Verus.


    entschied er sich dann für die vertraute Anrede, denn auch wenn Curio hier wieder nur als Statist auftreten würde, war es doch ein familiäres Treffen und ob der Helvetier nun fremdelte oder nicht. Irgendwann musste er sich damit abfinden, dass er mit den Ducciern verbunden war, und zwar enger, als er es nur als Klient gewesen war.


    Gleich danach setzte sich auch Curio, wobei er einen Platz neben seiner Frau einnahm, und beobachtete, wie ihre Hand beim Eingießen zitterte. Es war eine unangenehme Situation. Nein, mehr als das, es war gespenstisch. Doch jetzt war es wieder an der Zeit, sich zurückzuhalten, und so lehnte er sich in seinem Stuhl leicht zurück und blickte auf seinen Bierkrug.

    Curio umarmte seine Frau, die grade dabei war eine warme Suppe zuzubereiten, und glaube dass ihre feste Umarmung etwas ruppiger ausfiel als sonst. Gut, er hatte darauf bestanden, allein hinzureiten, zumal das Reiten für Silvana während ihrer Schwangerschaft ohnehin nicht möglich war. Sicherheitshalber hatte er auch darauf verzichtet, für sie einen Reisewagen zu mieten, den einerseits wusste er ja nicht, inwieweit die Zufahrt überhaupt für einen Reisewagen geeignet war - jetzt wusste er, dass er gut genug, allerdings nicht sonderlich breit war - und selbst die ruckelige Reise schon ein Risiko für Silvana hätte sein können. Bevor Alpina nicht zurück wäre, war es also ausgeschlossen, dass Silvana das Landgut sehen könnte. Umso mehr hatte er nun die Verantwortung, ihr zu beschreiben, was sie dort erwartete. Also setzte er sich mit der Suppe an den kleinen Tisch, lud Acanthos ein, sich dazuzusetzen und mit ihnen zu essen und nahm dann erstmal einen großen Schluck vom warmen Met, bevor er anfing zu erzählen.


    Wir haben zwei schäne Grundstücke bekommen, komplett umschlossen mit Wald und begrenzt durch den Rhenus im Norden. Das Villa selbst ist relativ klein, hat insgesamt nur sechs größere Räume und kein Balneum, dafür einen großen Teig und einen schönen, wenn auch etwas verwilderten Garten.


    gab er erstmal die Basisinformationen von sich, bevor er ein paar Löffel der Suppe aß, die natürlich ganz hervorragend schmeckte.


    Wirklich lecker.


    lobte er mal wieder die Kochkünste seiner Frau, die den Haushalt mittlerweile gut unter Kontrolle hatte.


    Sie bietet einen größeren Bereich für die Familie mit einem großen Schlafraum und einem Aufenthalts--, Arbeits- und Empfangsraum und einen weiteren Schlafraum für Gäste. Ansonsten leben noch ein gallischer Verwalter und seine macedonische Frau, die ich erstmal weiterbeschäftigen möchte.


    Erneut landeten zwei Löffel in seinem Mund und die angenehme Wärme von Suppe und Met breitete sich in seinem Körper aus. Endlich weg von der Kälte ins warme Haus. Das wahr angenehm. Jetzt machte er aber erstmal eine Pause, für den Fall, dass Silvana schon irgendwelche Fragen hatte.

    Curio hatte sich bereits früh am Tag verabschiedet, um das Landgut, dass er von einer verstorbenen Unterstützerin mit dem Namen Centenia Pia geerbt hatte. Jetzt, am späten Nachmittag war nun wieder das Hufgetrappel der beiden Pferde zu hören, mit denen Curio und Acanthos nach Norden geritten waren. Curio bat den Macedonen die beiden Pferden in den nahegelegenen Mietstall zu bringen und betrat selber das Haus. Es war kalt, richtig kalt und und immer noch lang nicht geschmolzener Schnee auf den Straßen. Curios Winterumhang wärmte gut, aber so auf den Pferden fühlten sich weder Ross noch Reiter sonderlich, wohl, wenn sie durch Kälte und Schnee zu reiten mussten. Die Frage wo seine Frau sei, beantwortete Liam in alle Kürze mit einem Blick in Richtung Küche und so trat Curio in den angenehm warmen Raum ein, in dem sich seine Frau befand.


    Ich bin wieder da.


    stellte er mit einem fröhlichen Lächeln fest und trat auf seine Frau zu.

    Und als hätte sie es geahnt - hatte sie wahrscheinlich sogar - klopfte es, Liam öffnete und herein trat Curio in seinen Umhang gekleidet. Schnell schritt er an den kleinen Kammern im vorderen Bereich des Hauses vorbei und ging auf seine Frau zu. Sie bekam einen Kuss und eine Umarmung zur Umarmung, doch gleich schaute er sich um.


    Er ist noch nicht da? Gut...


    Er hatte unbedingt vor seinem Patron und Schwiegervater in der Casa sein, um sich noch mit Silvana zu besprechen, was sie jetzt eigentlich alles anbringen wollte. Er selbst sah sich wieder in dieser seltsamen Rolle der Unbestimmtheit. Einerseits ging es um seinen kleinen Schwager und das Wohlergehen seines Schwiegervaters, andererseits war dieser nun auch sein Patron. Und welcher Klient konnte sich erdreisten, seinem Patron vorzuschreiben, was er zu tun hatte. Nichtsdestotrotz ging es hier wohl mal wieder in erster Linie darum, seine Frau zu unterstützen, und so hatte er sich den Nachmittag im Tempel freigenommen und war nach Hause geeilt, sodass er jetzt auch noch ein bisschen außer Puste war.