Beiträge von Titus Germanicus Antias

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    Spurius Cluvius Sulca


    Sulca nickte zufrieden. Der Centurio hatte heute offensichtlich seinen großzügigen Tag. Und ob er bei den Verurteilten bleiben würde! So nah wie ihre mit Angstschweiß getränkten Klamottenfetzen würde er ihnen sein. Näher noch. Es war schon eine Weile her, dass er aus nächster Nähe beobachtet hatte, wie sich die Augen eines Sterbenden zuerst ungläubig weiteten und dann glanzlos und milchig erstarrten. Dieses Schauspiel war mit nichts anderem zu vergleichen, es gab einem ein einzigartiges Gefühl von Lebendigkeit. Dort Tod, hier Leben. Besonders eindrucksvolle Momente hatte er bei der Folter erlebt. Oft starben die Augen lange vor dem Gemarterten, der danach nur noch blicklos und erloschen vor sich hinzuckte, mitunter noch stundenlang. Nun, so weit würde es heute wohl nicht kommen. Das Urteil lautete Tod durch das Schwert nach erfolgter Marter und nicht umgekehrt. Aber wer weiß, vielleicht kehrten die alten Zeiten noch einmal wieder. Ein Bürgerkrieg lag im Bereich des Möglichen und sollte der ausbrechen, würden die Urbaner wieder Ordnung schaffen müssen. Mit allen Mitteln. Auch mit der Folter.


    Leise vor sich hinsummend stieß er den ersten Kandidaten gegen den Pfahl, band ihm die Hände nach hinten, riss im die restlichen Kleidungsreste herunter und schnürte ihm das lange Lederseil straff um den Leib. Ob er hier den Tudicius vor sich hatte oder den Avienus war kaum mehr zu erkennen. Dreck, Schweiß und Angst hatten die Gesichter in austauschbare Fratzen mit scheinbar toten Augen verwandelt. Aber in diese Augen würde bald das Leben noch einmal feurig zurückkehren.


    Der Gefesselte machte keinen Mucks, was Sulca davon ausgehen ließ, dass das wohl der zähere von beiden war, der Mörder zweier Vigiles. Der andere stöhnte wie ein altes Weib mit Wasser in den Beinen und machte sich so schwer, dass Sulca ihm zweimal in die Leber prügeln musste, um ihn aufzurichten. „Kopf hoch, Jammerlappen, sterben schafft selbst der Dümmste.“ Der Verurteilte sah das offenbar anders und klammerte sich jaulend an Sulca fest. „He! Decimus!“ blökte er den an seine Seite abgestellten Tiro an. „Hilf mir mal! Ich drück ihn dagegen, du bindest ihn fest!“ Immer diese verdammten Rekruten. Fluchend betrachtete Sulca den jungen Kerl. Naja, der war wohl immer noch besser als einer der Germanici .. oder ein Iunier .. ach Götter, im Grunde konnten sie ihn allesamt mal kreuzweise.

    Alle Achtung, dachte sich Antias stolz. Was seinem Bruder an Körpergröße fehlte, machte er durch pure Kraft fast wieder wett. Er lag zwar im Dreck, Antias aber ebenso, und anstatt sich von seinem Bruder ohne weiters auf den Rücken hebeln zu lassen, bäumte Ferox sich immer wieder auf wie ein Zuchtbulle. Antias griff nach, bekam einen Ellbogen zu fassen und fing an, ihn in eine Richtung zu drehen, die von der Natur so nicht vorgesehen war. Im Gegensatz zu Ferox hatte er keine großen Probleme mit Publikum, nur dass es nicht zahlte, wurmte ihn. Und welches Hasenhirn verwettete gleich einen ganzen Laib Käse?


    „Pilumarm, ja?“ zischte er mit gespielter Entrüstung auf den schwitzenden Brocken hinab. „Dir werd’ ich geben, du freche kleine Matschkröte!“ Kurz verstärkte er den Druck auf den Ellbogen, rollte sich dann herum und zog ihn die entgegengesetzte Richtung. Ferox blieb nichts anderes übrig als der Bewegung zu folgen und so kullerten die grinsenden Brüder als gepanzertes Knäuel vor den Füßen der Schaulustigen herum. Ein ganzer Laib Käse! Antias verwand es nicht. Sie mussten hier also zu Potte kommen, bevor ein Optio auftauchte. Nicht der Konsequenzen wegen, schlimmstenfalls würden Ferox und er ein paar Freischichten lang in der Latrine rumschrubben müssen, es gab schlimmeres. Nein, dieses Großmaul sollte den Laib Käse verlieren!


    Ferox japste, Antias keuchte, ein Optio kam nicht in Sicht. „Übrigens ..“ schnaufte er Ferox zwischen zwei Attacken zu. „.. was mit Vespa ist, erzähl ich dir erst, wenn du mich besiegt hast.“ Eigentlich wollte er seinem Bruder noch die Zunge rausstrecken, befand das aber für einen ausgewachsenen Miles dann doch als eine Spur zu infantil.

    Wie der Gezeitenstrom brandete Apolonia heran und zog sich wieder zurück, überspülte ihn und zog ihn mit sich. Ihren würzig scharfen Meeresduft einsaugend kam Antias ihr entgegen, fing sie ab, setzte ihr nach, tastete, suchte, fand. Das Gesicht tief in ihrem Haar vergrabend küsste er ihren blassen Nacken, ihre kleinen Ohrmuscheln, ließ seine Zunge sanft kreisend an ihrem Hals entlang unter ihr Kinn gleiten und suchte abermals ihre Lippen. Unter seinen langsamen gleichmäßigen Stößen ging sein Beben in das ihre über und setzte sich bis in die ächzende Kline fort. Lang würde das knarrende Möbel nicht mehr durchhalten.


    Antias packte Apolonia noch fester, zog sie an sich, spannte seine Muskeln an und ließ sich mit ihr auf den Boden fallen. Ein kurzer stechender Schmerz durchflammte seinen Rücken, zog sich heiß die Leisten hinunter und verdichtete sich prickelnd in seinem Schaft. Mit einem tonlosen Lachen betrachtete er die glühende Röte unter ihren funkelnden Augen, stemmte sich aus der Hüfte hoch, griff nach ihren zarten Kniekehlen und zog ihre Beine zu sich. Dann ließ er das Becken wieder sinken, atmete keuchend durch und hob Apolonia wieder empor. Durch das Rauschen seines Blutes hörte er ihre spitzen Atemstöße, das satte feuchte Reiben ihrer schweißnassen Leiber, ihre leise über den Holzboden scharrenden Zehen neben seinem Kopf.


    Wie klein und zierlich Apolonia doch war, und wie groß und gewaltig Dorcas werden konnte! Antias zog sich an ihr hoch, verschränkte die Arme hinter ihrem feuchten Rücken, nahm eine ihrer Knospen behutsam zwischen die Zähne und versuchte noch höher, weiter, tiefer in sie vorzudringen.

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    Spurius Cluvius Sulca


    Sulca genoss den Tag. Wie er schon im Kerker festgestellt hatte, war dieser Tiberius ein Mann nach seinem Geschmack. Der Bursche verstand was von großen Gesten und hatte ein geschicktes Händchen für gepflegte Massenunterhaltung. Doch, doch - der Magistrat hatte definitiv was auf dem Kasten. Den Verurteilten einfach ohne viel Tamtam das Gedärm rauszureißen, mochte zwar nicht weniger unterhaltsam sein, aber sie in würdigem Rahmen erst bis auf’s Blut schinden und dann abstechen zu lassen, zeugte schon von Raffinesse. Zumal in diesen Zeiten, wo das feige Zivilistenpack nach jeder Art von Kurzweil dürstete, um von seinen banalen Zukunftsängsten abgelenkt zu werden.


    Voll Vorfreude auf das zu erwartende Spektakel half Sulca den Protagonisten vom Karren und geleitete sie ein paar Schritte auf dem Weg zu ihrem kurzen Ruhm. Die Massen schienen bester Laune, wie sollte es auch anders sein. Das Wetter, die klare Luft, die erhabene Kulisse des Forums, gab es einen besseren Tag für einen fein inszenierten Aderlass? Sogar sein Groll auf den Optio – ach nein, Centurio war der junge Emporkömmling ja mittlerweile – war angesichts der Ereignisse in den Hintergrund getreten. Immerhin war er hierher abkommandiert worden, nicht auszudenken, was er sonst verpasst hätte. Aber musste er dem Burschen deswegen auch noch dankbar sein? Sicher nicht. Auch seine geliebten Rekruten hatte der Centurio wieder mitgeschleppt. Natürlich. Und nicht nur das. Kaum hatte sich Sulca einigermaßen an den einen neunmalklugen Germanicus gewöhnt, setzte man ihm auch schon den nächsten vor die Nase. Natürlich war das Absicht. Ohne jeden Zweifel. Drauf geschissen, diese Veranstaltung würde sich Sulca nicht verderben lassen.


    „Na los!“ bellte er die kettenbehängten Delinquenten an und trieb sie mit ein paar herzhaften Stiefeltritten auf den Garnifex zu. „Das ist euer Tag heute, also reißt euch zusammen!“

    „Ahaaa! Sooo ist das also!“ intonierte Antias mit triefendem Pathos und begann Ferox langsam gedehnten Schrittes zu umkreisen. „Der Delinquent trachtet sich der Vernehmung zu entziehen!“ Grinsend stoppte er ab und wechselte die Richtung. „Ein Kampf stattdessen soll es sein!" Nochmal ein Richtungswechsel. „Nun, so soll es geschehen!“


    Mit rollenden Augen beugte er sich nach vor, fixierte Ferox lauernd, setzte zum Sprung an, wurde dann aber von einer unqualifizierten Zwischenbemerkung in seiner Konzentration gestört. „Was macht ’n ihr da?“ brummelte eine ihm wohlbekannte Stimme hinter seinem Rücken. Antias kicherte blöde und drehte sich um. Vor ihm stand Fimbria, bepackt mit Rüstungsteilen aller Art. „Kleiner Nebenverdienst.“ erklärte er augenzwinkernd. „Was wird 'n das hier? Habt ihr euch schon in der Wolle?“ Antias schnaubte nur verächtlich, setzte seinen verwegensten Blick auf und erhob grüßend den Arm. „Ave Imperator! Morituri te salutant!“ Fimbria schüttelte schmunzelnd den massigen Schädel und schob ab. „Blödmänner!“ Mit einem stillen Lächeln blickte Antias dem Kameraden nach, stürzte sich dann unvermittelt auf Ferox und riss ihn von den Beinen. „Nie ablenken lassen, Bruder.“

    Ohne sich weiter um den etwas ratlos wirkenden Sklaven zu kümmern, legten die maskierten Milites Hastae und Scuta ab und machten sich auf den Weg. Von allen Seiten mit Fragen und Unmutsbekundungen überschüttet, bahnten sie sich schweigend durch die Menge auf den schmuddeligen Syrer zu. Die gerade noch aufmerksam lauschenden Reisenden traten beim Anblick der vermummten Urbaner erschrocken zurück, allein der Schwätzer bemerkte von alldem nichts. Offensichtlich völlig berauscht vom Interesse der Umstehenden salbaderte er einfach weiter. Beim Näherkommen wurden erste Satzfetzen vernehmbar: „.. die Prätorianer .. ägyptisches Schlangengift .. schreckliches Blutbad .. die Konsuln auf dem Thron .. Bürgerkrieg ..“ Antias wollte angewidert ausspucken, schluckte es aber angesichts des vorgebundenen Halstuches lieber wieder hinunter. Dieses miese syrische Sackgesicht wusste nichts! Gar nichts! Dennoch fiel der Same seiner Spinnereien beim verunsicherten Volk natürlich auf fruchtbaren Boden. Mit nur mühsam unterdrückter Wut packte Antias den Syrer an der Schulter und riss ihn herum.
    „Du da! Lass dich mal ansehen, du wirkst etwas blass.“ Der Angesprochene wurde tatsächlich blass, kaum dass Antias ihm die kalte Hand unsanft auf die Stirn klatschte.
    „Fieber. Eindeutig.“
    „Was? Du irrst dich, Miles .. ich ..“
    „Und wie lange hast du den Husten schon?“
    „Husten? Ich huste doch nicht.“
    „Oh doch. Wolln’ wir wetten?“


    Wenig behutsam drehte Antias dem Schwätzer den Kopf in den Nacken, betatschte zuerst dessen Hals, dann den gesamten Oberkörper bis hinunter zu den Hüften. Umständlich herumfummelnd gelangte langte er schließlich zur Leiste, fingerte noch etwas weiter, ertastete endlich was er suchte und drückte kraftvoll zu. Der Peregrinus begann augenblicklich zu jaulen wie ein Hofhund bei Vollmond. Das ging noch besser, befand Antias, und verstärkte seinen Griff bis sich der Malträtierte keuchend und hustend zusammenkrümmte. Na bitte, und wie der hustete.
    „Bei den Göttern! Das hört sich aber sehr bedenklich an! Schmerzempfindliche Geschwüre, Husten, Fieber, Milites, der Mann muss sofort isoliert werden!“ Dumpf durch ihre dicken Halstücher kichernd packten Sagitta und der Sarde die winselnde Gerüchteschleuder unter den Achseln. „Er gehört euch.“ raunte Antias dem Sarden zu. Der blinzelte erfreut über den Rand seines Halstuches, trat dem Syrer genussvoll in die Kniekehlen und schleppte ihn dann mit Sagitta in Richtung Stadtmauer davon.


    „Cives!“ wandte sich Antias an die Umstehenden. „Es besteh kein Grund zu Besorgnis! Die Cohortes haben die Lage weitgehend unter Kontrolle! Bleibt ruhig und habt Vertrauen!“ Wenn der Menge etwas abging – das war Antias völlig klar – dann war das Ruhe und Vertrauen. Daran konnte er nichts ändern. Aber wenn sich hier schon allgemeine Verwirrung breit gemacht hatte, ließ sich die durchaus noch steigern.

    Vor der Barracke angekommen, atmete Antias ein paarmal tief durch, hielt Ferox in vorbildlicher Haltung die Tür auf, ließ ihn passieren, hörte sich seinen Kommentar an, schloss die Tür und verfiel dann sofort in albernes Gehampel. „Wie? Was? Ja, sicher, prächtige Jungs.“ lachte er übermütig und klatschte Ferox die Hand auf die Schulter. „Ja nun? Und?“ Ungeduldig trippelte Antias um Ferox herum, knuffte ihm auf den Arm und stemmte schließlich herausfordernd die Hände in die Hüften. „Jetzt red schon, verdammt! Wie war’s? Wie ist es mit der Leserei gelaufen? Herrje, spann mich doch nicht so auf die Folter, du alter Waldbär!“

    Und wenn sie doch nicht da war? Wenn sie fortgegangen war und sich in Gefahr gebracht hatte? Den Blick starr auf die Tür gerichtet fummelte Antias nervös an seinem Mantel herum, legte ihn schließlich ab, knautschte ihn, knüllte ihn, wartete voll Ungeduld auf das verheißungsvolle Knarren und das obligatorische Ähem des flatternervigen Sklaven. Da waren doch Geräusche zu hören ...


    Als die Tür plötzlich aufflog, stand nicht Babila vor ihm sondern sie, der schäumende meergrüne Ozean selbst, brodelnd, strahlend, voll Verlangen. „Apolinia .. Liebes .. ich ..“ Aber sie ließ es nicht zu, küsste ihm die Worte von den Lippen, spülte ihn mit sich fort in die duftenden Tiefen ihres Verlieses hinein. Unbewusst ließ Antias Bündel und Mantel fallen, unbewusst brach ein erleichtertes Lachen aus ihm heraus, sehr bewusst nahm er die fast schmerzende Starre in seinen Lenden wahr.


    „Woher wusstest du .. warum ..“ Wozu reden? Wozu fragen? Er schloss sie seufzend in die Arme, bedeckte sie mit Küssen, fühlte den dünnen Stoff ihrer Tunica, hörte ihn sich bauschen, spürte seine rauen Soldatenhände über ihren festen glatten Hintern gleiten, ließ sich von ihr auf die Kline ziehen. Was? Hunger? Essen? Wein? Er lächelte atemlos. „Vergiss den Wein, Dorcas.“ Seine rechte Hand wühlte sich in Apolonias’ braunes Haar, zog sie noch näher an sich, mit der linken zerrte er hektisch an seinem Gürtel und riss sich einen langen Schlitz in die nagelneue Tunica. Er lachte kehlig darüber, drückte Apolonia sanft auf die Kline nieder und gesellte sich stöhnend zu ihr.


    „Verdammt Dorcas ..“ keuchte er zwischen zwei wilden Küssen. „.. ich liebe dich .. wusstest du das?“ Leise kichernd stieß er zu, ließ seine Küsse ihren Hals hinab wandern, kostete ihre frisch erblühten Knospen und versank schließlich in fiebrigen Wellen aus Narde und Sandelholz.

    Die Baracke füllte sich weiter mit Rekruten. Gut für die Raumtemperatur, schlecht für die Luftqualität. Schmunzelnd betrachtete Antias den Auflauf junger Kerle. Allesamt zweifellos noch eingefleischte Individualisten, aber das würde sich in wenigen Tagen alles einspielen. Mit einem freundliche Nicken quittierte er die namentliche Vorstellung der Rekruten. Frugi, Theopompus, Pupillus und Perseus. Aha.


    „Salve. Wie ich sehe, habt ihr euch schon zu einer richtigen kleinen Familie zusammengerauft, hervorragend.“ grinste er Frugi an. „Dann sollte der klugscheißerische alte Miles euch wohl nicht länger im Weg rum stehen.“ Schon wollte Antias seinen Bruder zu sich winken, da fiel ihm noch etwas ein. Auch auf die Gefahr hin, den Rekruten mit einem zusätzlichen Ratschlag endgültig auf’s Gemächt zu gehen, fühlte er sich doch ein wenig für seine zukünftigen Kameraden verantwortlich. „Vielleicht eins noch. Probiert eure Rüstungen an, Lorica, Helm, Beinschienen. Sollte irgendwas verbogen sein oder gar nach innen vorstehen, rate ich euch, die Teile umgehend in der Waffenkammer umzutauschen. Wenn ihr die Ausrüstung erstmal einen halben Monat getragen habt, nimmt sie keiner mehr zurück. Und sprecht euch beizeiten ab, wer künftig wem in die Lorica hilft, sonst gibt das jeden Morgen ein heilloses Chaos.“ Er wusste, wovon er redete. Vor dem ersten Appell war in seinem Contubernium damals rein gar nichts rund gelaufen.


    „Keine Sorge, das war’s jetzt aber wirklich. Alles gute, Tirones.“ beruhigte er die jungen Männer und machte Ferox Zeichen, ihm nach darußen zu folgen. „Ferox, wenn du vielleicht einen Moment erübrigen könntest?“

    Antias und sein sardinischer Kamerad beobachteten angespannt den schmierigen Syrer, der von Reisegruppe zu Reisegruppe hinkte, um seine vermeintlichen Informationen unter’s Volk zu bringen. Die Zahl der Menschen vor dem Tor schien mittlerweile zu stagnieren. Offensichtlich war die Flaminia inzwischen schon weiter nördlich verstopft, so dass den Reisenden nicht nur der Weg in die Urbs sondern auch der Rückweg durch die Vororte versperrt war, ein Umstand, der nicht gerade dazu angetan war, die Menge zu besänftigen. Im Gegenteil. Die Unzufriedenheit der Wartenden steigerte sich spürbar, die Fragen an die Urbaner wurden zusehends lauter und drängender. Die Mär von den Aufwieglern hatte sich wohl abgenutzt, also musste schleunigst eine neue her, und zwar eine, die keine langen Erklärungen nötig machte, denn – so viel war klar – ein zweites mal würde die aufgebrachte Masse Antias nicht mehr bereitwillig zuhören.


    Ob seine Idee die Lage entspannen würde, durfte bezweifelt werden, aber sie würde das Volk wenigstens etwas auf Abstand halten und das Gebräu von Gerüchten um eine weitere strenge Duftnote erweitern. Zuerst allerdings musste dieser geschwätzige Syrer unschädlich gemacht werden.
    „Das isser. Kein Zweifel.“ bemerkte denn auch der Sardinier lakonisch. „Na warte.“ Keine willkürlich anmutenden Verhaftungen! mahnte sich Antias. Noch nicht!


    Vielleicht ließ sich die Festnahme des Syrers ja für Antias’ Plan nutzen. Kurzerhand nestelte er sein Halstuch hinter den Brustplatten der Lorica hervor und band es sich vor Mund und Nase. „Sagitta, Carbo, Cocles .. Tücher vorbinden! Gebt’s an die anderen weiter!“ Die Kameraden glotzen ihn zwar einen Moment lang entgeistert an, folgten dann aber vertrauensvoll seinem Beispiel. Nur der Sardinier starrte reglos auf die Vermummung als hätte Antias nicht mehr alle Spangen am Panzer. „Übergeschnappt? Wir sind Urbaner! Kein Straßenräuber!“ „Richtig, eben drum.“ entgegnete Antias mit einem aufmunternden Grinsen, das unter dem Tuch dummerweise nicht zu sehen war. „Deshalb können wir es auch nicht riskieren, uns anzustecken. Capere?“ Der Sardinier mochte wortkarg und misstrauisch sein, blöd war er nicht. Amüsiert brummend schloss er sich der Maskerade an. „Albern. Aber wenn’s hilft.“


    Zitat

    Original von Matinia Musa
    Angekommen am ominösen Stadttor machte der Wagen halt. Ein Sklave stieg aus und schritt zur einer der vielen strammen Wachen.


    "Salve, mein Herr. Meine Domina Matinia möchte gerne passieren, um ihr Heim zu erreichen."


    Eben als die beiden Milites sich anschickten, die humpelnde Klatschbase aus der Menge zu fischen, näherte sich ein Wagen den geschlossenen Urbanerreihen. Antias fluchte in sein Halstuch. Auch das noch! Wie viele Jahrhunderte es wohl noch dauern würde, bis sich das Tagfahrverbot in der Urbs endlich herumgesprochen hatte? Ein Sklave stieg aus und erklärte treuselig, seine Herrin wünsche zu passieren. Das war ja mal was ganz neues.


    „Wie du siehst, sind die Tore zu!“ informierte Antias genervt. Bis neue Befehle ergehen, bleibt das auch so! Keine Ausnahmen! Sag deiner Herrin, dass es das beste ist, sich um eine Unterkunft in den Vororten zu bemühen. Vielleicht klappt es ja morgen.“


    Der Sardinier wurde ungeduldig. „Was ist jetzt? Holen wir uns den Vogel?“ Antias nickte seufzend. „Sagitta, du kommst mit. Wir gehen einen Kranken isolieren.“

    Als Antias endlich an seinem Ziel angelangt war, hatte bereits die Nacht in den engen Gassen des Trastevere Einzug gehalten. Was für ein Tag. Mit donnerndem Herzen blickte er die Fassade empor, die Läden vor Apolonias’ Fenster waren geschlossen. Beruhigend. Sie war also zuhause. Sofern man dieses Versteck ein Zuhause nennen konnte. Zuhause. Heim. Kannte sie das überhaupt? War es nicht seine Aufgabe, ihr ein Heim zu schaffen, irgendwo? Wieder ließ ihn das bloße Gefühl ihrer Gegenwart sentimental werden, trieb Bilder in ihm empor, die nicht das geringste mit dem Leben gemein hatten, das er führte. Nach Hause kommen. Seine müden alten Knochen zu ihr tragen und sie an ihrem feinen Lächeln wärmen. Gut, seine Knochen waren weder müde noch alt, aber vielleicht würden sie das eines Tages noch werden. Zurück kommen, immer und immer wieder. Zu ihr und den lachenden Spuren, die sie beide in der ewigen Geschichte hinterlassen hatten, ihren Kindern. Auch die gab es nicht. Heim kommen, nur um zu sagen, schau her, hier bin ich, nirgendwo sonst will ich sein. Heim kommt der Seemann vom Meer und der Jäger von den Hügeln, ging es ihm durch den Kopf. Aber nein. Über dieses Gefühl würde niemand jemals auch nur einen Vers schreiben. Nur der Aufbruch schien die Dichter zu inspirieren, das Fortgehen, der Verzicht, der heroische Kampf und das Nie Mehr Wiederkehren.


    Ein lärmender Karren beladen mit Gemüsekisten und Mehlsäcken ratterte taktlos durch seine Schwermut. Er stand immer noch im dunklen Trans Tiberim unter ihrem Fenster, und musste sich eingestehen, bei all seinen Plänen zu Apolonias Befreiung noch kaum vorangekommen zu sein. Apolonia würde von seinem unerwarteten Besuch wohl ausgesprochen überrascht sein, sich im besten Falle auch sehr darüber freuen, ganz sicher aber würde sie ihn voller Hoffnung darauf empfangen, dass er eine für alle Beteiligten hochbefriedigende Lösung gefunden hatte. Hatte er aber nicht. Noch nicht. Bislang hatte er versagt.


    Ein weiters Fuhrwerk voll dumpf klirrender Amphoren riss ihn unsanft und endgültig aus seinen Grübeleien. Der augenscheinlich sturzbetrunkene Kutscher hatte Antias entweder übersehen oder schlicht ignoriert. Begleitet von heißeren Gelächter drosch er mit den Zügelenden auf seine Maultiere ein, holperte mit dem Karren immer weiter an die Insula heran und zwang Antias, sich mit einem beherzten Sprung in den dunklen Hauseingang zu retten. Das Leben konnte verdammt kurz sein, wenn man nicht aufpasste. So würden Antias’ Knochen sicher nicht alt und müde werden. Fluchend starrte er dem schlingernden Gefährt hinterher. Sogar dieser versoffene Mistkäfer hatte vermutlich eine Frau zuhause, die er so wenig verdient hatte, wie er sie zu schätzen wusste, wahrscheinlich bezog sie sogar regelmäßig Prügel von ihrem nichtsnutzigen Gemahl. Antias spürte die selbe glühende Wut in in sich hochkochen, die ihn bereits auf diesen uneinsichtigen jungen Christiane gehetzt hatte. Einen Augenblick lang war er versucht, dem Gespann nachzujagen, diesen verkommenen Zivilisten vom Bock zu zerren und ihm den Wanst aufzuschlitzen. Dessen Frau würde es ihm vermutlich danken. Oder auch nicht. Vielleicht irrte er sich. Vielleicht war der Kerl einfach nur ein verdammter Vollidiot, so wie Antias selbst. Kopfschüttelnd nahm er seinen Ledersack wieder auf, zog sich die neue Tunica zurecht und stapfte mit einem warmen dankbaren Lächeln auf den Lippen die Stufen zu Apolonias Wohnung hinauf. Lauschte an der Tür. Fühlte sein Herz aufblühen wie eine Kornblume nach dem Regen und klopfte schließlich leise.

    Nachdem er sich beim zuständigen Optio nach weiteren Weisungen die neuen Tirones betreffend erkundigt hatte, schlenderte Antias nachdenklich zur Rekrutenbaracke zurück. Seine zwischenzeitlich ganz annehmbare Laune war wieder den bedrückenden Gedanken an die augenblickliche Lage gewichen. Nach wie vor standen die Kameraden in aufgestockter Mannschaftszahl an den geschlossenen Toren und wussten so wenig wie er selbst, was die nächsten Tage bringen mochten. Gut möglich, dass Ferox und seine neue Kameraden das Waffentraining ungleich schneller und intensiver würden bewältigen müssen als ihre Vorgänger. Hätte Antias einen Tag früher vom Tod des Princeps erfahren, wäre sein Rat an Ferox, den Truppen beizutreten sicher weit weniger enthusiastisch ausgefallen. Nun nutzte das alles nichts mehr. Die Rekruten waren eingerückt und würden ihre Pflicht tun, so wie Tausende von Urbanern vor ihnen.


    Nach einem lauten Klopfen betrat Antias die Baracke und war ausgesprochen positiv überrascht. Die unordentlich aufgetürmten Ausrüstungsstapel waren tatsächlich verschwunden, die Betten gemacht, das Feuer in der Kochstelle bereits angefacht. Das war ja weitaus reibungsloser vonstatten gegangen als befürchtet. Sogar ihre Nahrungszuteilungen hatten die Rekruten schon empfangen. Na, also. Ging doch. „So, ich bin’s nochmal.“ flötete er mit neu erwachtem Optimismus. „Also, ich hab’ eine gute und eine schlechte Nachricht, Tirones. Die gute zuerst: Ihr habt tatsächlich die richtige Barracke bezogen.“ Versonnen grinsend setzte er sich bewusst neben den gedrungenen Tiro auf die erste Pritsche. „Nun die schlechte: Irgendwann in mittlerer Zukunft werden die unterbesetzten Contubernia wohl zusammengelegt, was bedeutet, dass ihr mich und meine Kameraden noch um einiges besser kennen lernt als ihr es euch momentan vermutlich wünscht.“ Ferox verschmitzt zuzwinkernd stand er wieder auf und betrachtete kurz das Bett. Wunderbar, eine tiefe Delle von der Größe seines straffen Hinterteils zeichnete sich neben dem mürrischen Rekruten im Wolllaken ab. „Ich bin übrigens Miles Germanicus Antias.“ lächelte er zufrieden und wartete ab, ob die Tirones noch den Nerv hatten, sich vorzustellen.

    „Mach dir deswegen keinen Kopf.“ lächelte Antias den jungen Rekruten an, der sich eilfertig bemühte, seine Sachen von der Pritsche zu räumen. „Betten sind genug da, ihr werdet euch schon einigen. Auf den Pritschen im hinteren Teil der Unterkunft hat man zwar seine Ruhe, kommt aber im Ernstfall als letzter aus der Barracke. Hier vorn hat man den kürzesten Weg nach draußen, ist aber auch der erste Arsch, in den ein wütender Optio bei einer Kontrolle seinen Stiefel gräbt. In der Mitte wird man von allen Seiten zugedünstet, bekommt aber auch die meiste Wärme von der Kochstelle ab. Macht einfach das beste draus.“


    Antias blickte mit wissendem Grinsen auf die Ausrüstungshaufen. Der erste Tag war üblicherweise das reinste Chaos, wenn man nicht wusste, wohin mit all dem Plunder. Eigentlich war er ja nicht hergekommen, um Vorträge zu halten, die keiner hören wollte, andererseits wären die Tirones am Ende vielleicht froh, nicht die halbe Nacht hier ziellos herum räumen zu müssen, zudem hatte sich noch kein Optio blicken lassen. „Also gut, wenn es niemandem auf den Dotter geht, gebe ich euch eine durchaus gut gemeinte kleine Einweisung.“ Er wartete auf Widerspruch. Als keiner kam, begann er in ruhigem Ton. „Die Truhen sind für eure Klamotten, packt das nach unten, was ihr am seltensten braucht. Die Gestelle neben den Pritschen sind für Lorica, Helm, Beinschienen und Gladius. Eure Hastae stellt ihr am besten hier neben der Tür ordentlich zusammen, die Scuta aufrecht hinter die Betten. Von eurer Zuteilung an Töpfen, Pfannen und sonstigem Kochkram braucht ihr hier im Lager nur zwei Pfannen, einen Mahlstein und euere Patera. Alles andere könnt ihr in den Verschlag an der Rückseite der Baracke räumen. Vor allem, passt gut auf eure Ausrüstung auf, das Zeug ist sauteuer und wir müssen es selbst bezahlen.“


    Abwartend machte er eine Pause, um das Gesagte wirken zu lassen und den Rekruten die Gelegenheit zu bieten, genervt das Gesicht zu verziehen. „Wenn ihr das alles erledigt habt..“ fuhr er schließlich schmunzelnd fort. „.. wird das hier ganz gemütlich, ihr werdet sehn. Ich werd mich einstweilen mal für euch schlau machen, ob es sonst noch irgendwelche Anweisungen gibt. Bis später.“ Nach einem aufmunternden Blick in die jungen Gesichter machte Antias auf dem Absatz kehrt und verließ die Unterkunft wieder. Er würde bei den Aufräumarbeiten ohnehin nur im Weg rumstehen und es galt erst einmal herauszufinden, ob die Tirones überhaupt die richtige Barracke erwischt hatte.


    Pfeifend machte er sich auf den Weg zu den Offiziersquartieren. All die jungen Kerle, dachte er lächelnd, motiviert, neugierig und hungrig. Verrückt, wie die Zeit manchmal zu galoppieren schien.

    Antias ließ Mirjam erzählen, schabte sich über das stoppelige Kinn und betrachtete dabei das bewegte Gesicht der Wirtin. Ihre Züge waren verzerrt, hatten aber nichts perfides an sich. Angst war darin zu erkennen, Schmerz und auch Hass. Jedoch hatte der Hass es noch nicht vermocht, tiefe Spuren in dieses Gesicht zu graben, er war dort nicht zuhause, nur zu Gast. Lidyas’ trauernde Augen lagen tief in den Höhlen, umflort von bläulichen Höfen, aber aus ihren Augenwinkeln fächerten sich feine Linien über die dunkle Haut, die gleichen dünnen Fältchen, die auch ihre Mundwinkel umspielten. Mirjam hatte einst viel und gerne gelacht. Was sie sagte, war bitter, böse und bizarr, vor allem aber war es plausibel. Das Ausnützen von Schwäche war seit jeher ein probates Mittel, sich seine Mitmenschen gefügig zu machen. Spann man diesen Gedanken konsequent weiter, erschien es sogar logisch, dass Schwäche und Not am zuverlässigsten ausgenutzt werden konnten, wenn sie zuvor absichtlich herbeigeführt worden waren. Den Glauben alleine konnte man den Christianern nicht anlasten, wenn sie ihn allerdings mit aggressiven Mitteln verbreiteten, sah das ganze schon sehr viel anders aus.


    „Gut. Ich glaube dir, Mirjam.“ stellte er ruhig fest. „Wir werden deinen Hinweisen nachgehen, auch wenn sie schon etwas haarstäubend klingen, aber ich glaube dir. Eine Sache macht mir dabei allerdings Kummer. Du und dein Mann, ihr wisst das alles und beherbergt die Christianer trotzdem unter eurem Dach? Ein weniger wohlwollender Urbaner als ich es bin, würde daraus schließen, dass wohl auch ihre Versammlungen hier stattfinden. Es ist doch nicht etwa so, Mirjam?“

    Bereits im Kehrschritt begriffen hielt Antias noch einmal inne. Ach ja richtig, der Octavius war das erste mal in der Urbs und kannte sich hier natürlich nicht aus. Grübelnd kratzte sich Antias über’s Kinn. „Hm .. sicher bin ich mir nicht, aber ich meine, das ist am Esquilinus. Also, erstmal ein gutes Stadium die Flaminia runter, dann auf die Via Lata und knapp zwei Meilen nach Süden bis zum Fuß des Capitolinus. Vor dem Forum Romanum nimmst du die Abzweigung in die Via Labicana und gehst dann einfach weiter nach Osten bis zu den Hängen des Mons Esquilinus. Dort fragst du am besten nochmal, und wenn ich mich getäuscht habe, vergib mir.“ Mit einem fatalistischen Achselzucken verabschiedete er sich von dem jungen Octavier und stapfte aus der Wachstube.

    „Ihr findet WAS nicht?“ prustete Antias los. Allmählich hatten sich seine Augen an das Dämmerlicht gewöhnt. Leise lachend sah er sich um und entdeckte schließlich hinter Gebirgen von Ausrüstung das breit lächelnde Gesicht seines Bruders. „Man sollte doch meinen, dass hier genügend davon rumstehn’, oder?“ kicherte er gutmütig, ging auf Ferox zu und zog ihn stolz an seine Brust. „Gut gemacht, Bruder. Gratuliere.“ Dann wandte er sich wieder etwas gefasster zu den anderen Rekruten um. „Euch gratuliere ich natürlich ebenso. Wir brauchen hier gute Männer, und ihr seht aus wie gute Männer. War schon ein Optio hier?“

    Gedankenverloren stapfte Antias die Baracken entlang. Es war ein eigenartiges Gefühl, nach der Wachablösung wieder zurück in der Castra zu sein, im Wissen, dass die Kameraden an den Toren eine anstrengende wahrscheinlich sogar gefährliche Nacht vor sich hatten. Unter normalen Umständen pflegte er den Wachdienst zu vergessen, kaum dass seine Einheit vom Tor abgerückt war. Nun aber fühlte er sich fast fahnenflüchtig. Natürlich waren die täglichen Waffenübungen unerlässlich, ebenso wie die Pflege der Ausrüstung und all die anderen Verrichtungen des üblichen Lageralltags, trotzdem bekam er die Lage am Tor nicht aus dem Kopf kam sich irgendwie mies vor.


    Andererseits, versuchte er sich aufzumuntern, gab es da jemanden in der Kaserne, den es zur bestandenen Eignungsprüfung zu beglückwünschen galt. Selbstverständlich hatte Antias sich sofort nach dem Appell im Officium Conducendi nach dem Abschneiden des Probatus Nero Germanicus Ferox erkundigt und erfahren, dass es keine Probleme gegeben hatte. Und so stiefelte er jetzt stolzen Schrittes auf die Rekrutenunterkunft zu, klopfte einmal anstandshalber und trat ein. Noch ehe er Ferox im Halbunkel ausgemacht hatte, schlug ihm schon Gemäkel entgegen. Sich ein Grinsen verkneifend blökte Antias leutselig in die Runde.
    „Salvete Tirones! Willkommen bei der Zwölften. Gibt es schon Probleme?“

    „Hoffe ich auch“, gab Antias zurück, glauben indes konnte er es weniger. Er mochte sich gar nicht ausmalen, wie lange dieser Zustand im schlimmsten Fall anhalten würde. Als er hörte, wen die große dunkle Schönheit zu besuchen beabsichtigte, brach sich unwillkürlich ein spitzbübisches Grinsen Bahn. Sieh an, dieses Kleinod war also auf dem Weg zur Casa Germanica. Sedulus und Avarus empfingen mitunter recht illustre Gäste wie es schien.


    „Nun, die Senatoren der Germanici sind sehr verständnisvolle Männer.“ erklärte er freundlich. „Trotzdem bezweifle ich, dass du dein Ziel heute noch erreichen wirst. Am besten, du kümmerst dich um eine Unterkunft für die Nacht. Vielleicht geht schon morgen früh alles wieder seinen normalen Gang.“ Er wollte ihr noch raten, es eine Meile nordwärts in einem der Vororte zu versuchen, aber ein Gesicht, besser gesagt eine Gestalt in der Menge zog seine Aufmerksamkeit auf sich.


    Zwischen den Wartenden hinkte ein schlampig gekleideter schwarzhaariger Kerl mit wichtigtuerischem Silberblick umher, der anscheinend allerlei Wissenswertes feilbot. „Tut mir leid. Mehr kann ich dir auch nicht sagen.“ Antias lächelte die dunkle Frau entschuldigend an, drehte sich dann zu den Sardiniern um und winkte den Burschen mit der Tabula zu sich. „Da drüben, etwa einen Passus links der blauen Sänfte, siehst du das?“ Der Sardinier blickte auf, spähte in die Menge und nickte schließlich.

    Von Norden her schoben sich immer längere Schlangen auf das Stadttor zu. Reisende zu Fuß, Reisende in Sänften, Reisende zu Pferde. Fehlten nur noch die Fuhrwerke, um die Flaminia endgültig zu verstopfen. Der Nachmittag war bereits fortgeschritten, nicht mehr lange, und die ersten Kutscher würden sich auf den Weg machen, um einen günstigen Platz für die abendliche Abfertigung zu ergattern. Ein dumpfes Knarren lenkte Antias von der dunklen Exotin ab, die noch immer mit fragendem Blick vor ihm stand. Das Seitentor öffnete sich, Hispo glotzte kurz über die Menge und ließ dann das zusätzliche Contubernium passieren. Die Sardinier reckten zwar aufgeregt die Hälse, formierten sich dann aber schweigend und verlängerten so die Doppelreihen der angetretenen Urbaner. Antias nahm es aufatmend zur Kenntnis. Er hatte schon befürchtet, die ausgeruhten Burschen würden sich gleich hoch motiviert in’s Getümmel stürzen und alles davon zerren, was auch nur annähernd nach schielendem Syrer aussah. Alleine das Aufziehen der Verstärkung hatte bereits Unruhe in die Menge gebracht, ein übereifriges Vorpreschen der Sardinier hätte da mehr Schaden als Nutzen verursacht.


    Erleichtert wandte er sich wieder der wartenden Frau zu, deren gebrochenes Latein er nur am Rande wahrgenommen hatte. Sie wollte also einen großen Mann besuchen? Nun ja. Wer immer jener große Mann auch sein mochte, er war zu beneiden. Allerdings würde er sich noch eine Weile mit der Vorfreude begnügen müssen. „Ja, die Tore sind geschlossen. Vorübergehend.“ entgegnete Antias langsam und betont deutlich. „Du musst dich leider noch gedulden. Tut mir leid.“