Beiträge von Iulia Torquata

    Sim-Off:

    Ok, danke für die Info! :)


    Zufrieden registrierte Torquata, wie Sergia den Köder schluckte. Natürlich, was sonst, dachte Torquata. So gierig wie die ist, würde sie sich niemals den machtpolitischen Einfluss einer Vestalin entgehen lassen!
    Torquata lachte sich ins Fäustchen. Da glaubte die Sergia doch tatsächlich, dass sie sich benutzen lassen würde! Wenn sie erst einmal eine Vestalin war und über mächtige Freunde verfügte, würde sie diese Sergia schon spüren lassen, was es bedeutete, sich von einer kindlichen Fassade täuschen zu lassen.
    Denn generell war Torquata in erster Linie am Fortkommen der Gens Iulia interessiert.
    Eher weniger an dem einer eingeheirateten Schlange.
    Und dass sie ständig von den Stoikern redete bedeutete natürlich nicht, dass sie tatsächlich deren Lehren tatsächlich übernahm - sie war ja schließlich nicht selbstmordgefährdet!
    Natürlich, dachte Torquata mit einem genervten, innerlichen Augenrollen, hat Selenus, der ein Stoiker ist, von dem sich selbst Zenon von Kition noch eine Scheibe abschneiden könnte, versucht, mich im Sinne der Stoa zu erziehen, ist aber spektakulär gescheitert.
    Denn das hätte zum Beispiel bedeutet, dass sie nicht mehr im Wald herumrennen durfte (was sie sehr gern tat).
    So blieb ihr nur die Theorie - die sie aber zugegebenermaßen sehr interessant fand.
    "Vorausgesetzt natürlich, dass du mir versicherst, dass sie wirklich keine Gefahr für die Ansprüche unserer späteren Kinder darstellt."
    Beinah wäre Torquata ein belustigtes Schnauben entwichen. Das war so typisch Sergia!
    So unerträglich diese Frau auch sein mochte: Ihre Selbstsucht machte sie wundervoll berechenbar.
    Und wie war das mit..."unserer späteren Kinder"? Ja natürlich. So...awkward (anders kann man es einfach nicht ausdrücken) die Beziehung zwischen Dives und Sergia war, zweifelte Torquata ernsthaft daran, ob es je gemeinsame Kinder geben würde. Vermutlich wollte die Sergia doch lieber das Vermögen ihres Mannes für sich behalten!
    Tja und zweitens: Was interessierte es Torquata, ob sie ein Stück vom Erbschaftskuchen abbekam, wenn sie eine VESTALIN war?! Wenn man die richtigen Leute kannte konnte man in Rom sehr schnell zu sehr viel Geld kommen. Und der Vorteil: Als Vestalin verwaltete sie ihr Vermögen ja selbst.
    Langfristig gesehen - wenn Torquata das Ganze denn geschickt anstellte (was ihr mit ihrem hübschen Gesicht und ihrer nahezu perfekt vorgepielten Kindlichkeit sicherlich leichter fallen dürfte als anderen) - würde sie viel weiter kommen, als diese Sergia. Natürlich auch allein durch die Tatsache, dass ihr Vestalinnenamt ihr eine konstant bleibende Position sicherte, während Sergias Einfluss, welchen sie vor allem durch ihr Aussehen gewann, mit zunehmendem Alter und der dazu (hoffentlich exponentiell) ansteigenden Anzahl von Falten in ihrem Gesicht abnehmen dürfte.
    Ja ja, an dieser Stelle musste Torquata einfach pragmatisch denken. Zum Teufel mit ihrem Stolz! Hauptsache sie konnte sich gegen die Sergische Medusa behaupten und ihre Ziele erreichen!
    Ein guter Deal.

    Als Avianus ein fast echt wirkendes Grinsen aufsetzte, musste Torquata zugeben, dass er ziemlich gut aussah. Ah ja, sie konnte sich schon vorstellen, dass es gewisse Damen gab, die ihn sehr...ah...mochten.
    "Bist du etwa immer gut gelaunt?", wollte er dann wissen.
    Na klar, wollte sie schon enthusiastisch antworten. Doch dann erinnerte sie sich an die letzten beiden Jahre und die zwei Wörtchen blieben ihr im Hals stecken. "Nein, nicht immer", meinte sie dann. "Ich hatte in den letzten beiden Jahren nicht so viel zum Lachen. Aber ich versuche...immer das Beste aus der Situation zu machen." Beim Letzteren sah Torquata Avianus eindringlich an. "Selenus meinte immer, dass es einem in dieser Welt gar nichts anderes übrig bleibt, als ein Pragmatiker zu sein. Er hat einmal etwas ziemlich Schlaues gesagt: Götter, gebt mir den Mut zu ändern, was ich ändern kann, gebt mir die Geduld zu ertragen, was ich nicht ändern kann - und: Gebt mir die Weisheit beides zu unterscheiden!"
    Torquata ließ den Blick schweifen und blieb bei einer Filiale des Buchladens des Pollius Valerianus' hängen. "Oh schau mal Avianus! Da ist ein Buchladen!", rief sie sogleich aufgeregt.
    Ohne nachzudenken packte das Mädchen den Praetorianer am Arm und zerrte den verblüfften Mann hinter sich her.
    Quer über das ganze Forum Romanum.

    Iulia nickte bekräftigend. "Ja, zum Fürchten! Nicht, dass jeder sofort Reißaus nehmen würde, aber durchaus so, dass man sich stillschweigend darauf vorbereitet." Dann sah sie, dass sein Blick etwas Zweifelndes bekam. Über meines Geistesgesundheit oder über sein Aussehen?, fragte sie sich. Letzteres, entschied sie dann und prompt setzte sich ihre Torquatische Unverblümtheit durch. "Aber keine Sorge, nur zum Fürchten - nicht hässlich!"
    Dann machte Avianus einige Schritte übers Forum und Torquata beeilte sich, ihm zu folgen. Dann sagte er etwas von 'Einheit' und sie meinte: "Ich weiß nicht, in welcher Einheit er ist." Dann überlegte sie kurz. "Ist Anfänger eine eigene Einheit?" Und dann: "Und sehen alle Praetorianer so finster aus wie du?"

    Iulia Torquata, gekleidet in einem strahlend weißen Gewand betrat barfüßig und mit offenem Haar staunend die mächtige Tempelanlage der Fortuna zu Rom, während sie das Opfertier, ein junges weißes Lamm, an einem Lederriemen hinter sich her zog und das templum, also das Grundstück, auf welchem das Gebäude, aedes, errichtet wurde, durchquerte. Man hatte ihr zwar eine recht aufwendige, große Zeremonie angeboten, aber sie hatte abgelehnt. Denn sie hatte das sichere Gefühl, dass es eine sehr persönliche Angelegenheit zwischen ihr und der großen Göttin war.
    Angelangt an dem kunstvoll mit Travertinstuck gechmückten Waschbecken, band sie das Tier an einem Pfosten an und reinigte sich gründlich Gesicht, Hände, Arme und Füße. Als sie sich umdrehte, stand ein in einem Lendenschurz gekleideter victimarius vor ihr - sie verbeugte sich artig, was der Mann mit einem Nicken quittierte. "Hostiam probo", sagte er und zeigte auf das Lamm. Bereitwillig übergab Torquata ihm das Tier zur Überprüfung. Zum Schluss erlaubte der Opferdiener ihr, dem Lamm noch ein kunstvoll geflochtenes Lederhalsband mit einem goldenen Muster umzulegen, da keine Hörner zum vergolden da waren.
    Zwei ministri begleiteten sie und den Priester zum Gebäude selbst, wo man ihnen die Tür öffnete - denn sie war ja außer an öffentlichen Feiertagen geschlossen. So gelangten sie ins Innere des Tempels, wobei der Weihrauchduft ihre Nerven beruhigte und sie in die weltlich entrückte Sphäre des göttlichen Heiligtums eintauchen ließ. Im Tempel selbst war es still. Genauso wie es sein musste, denn schließlich galt Lärm als schlechtes Omen. Ein Übriges taten die tibicines und fidicines: Sie spielten auf Doppelpfeifen und Lauten, um die Alltagsgeräusche zu überdecken.
    Sie passierten diverse mensae überhäuft mit Opfergaben, die ornamenti genannt wurden und noch andere Arten von sacra supplex - heiligem Hausrat, bis sie schließlich die cella, die dreiwändige Kammer mit dem kostbaren Kultbild der Göttin Fortuna erreichten, wo der Priester sie mit der Gottheit allein ließ. Denn was nun folgte, war nur für die Augen und Ohren der Fortuna bestimmt.
    Hingebungsvoll sank Torquata anmutig vor dem foculus in die Knie und platzierte einen Teller, gebrannt aus dem berühmten rötlichen Terra Sigillata, mit feinem Gebäck und Obst sowie eine Kanne Chios auf diesen Opfertisch.
    Dann begann sie mit ihrem Gebet.
    "Oh heilige Göttin Fortuna! Du,die du die Mutter des Schicksals bist hast bereits viele Wundertaten vollbracht.
    Du ließest meine Mutter Fundania Maximilla wie durch ein Wunder vom Kindbettfieber genesen und brachtest meinen Vater, Caius Iulius Octavenus, unversehrt aus einer hoffnungslosen Schlacht, als er als Soldat dem römischen Volke diente. Du ließest meinem Bruder Servius Iulius Macro das Leben, als unsere Eltern getötet wurden und mir, einer Waise, einen Verwandten. Mich selbst verschontest du ebenfalls und sorgtest dafür, dass mir Unterschlupf bis zum heutigen Tage gewehrt wurde. Für all diese Dinge danke ich dir vom ganzen Herzen.
    Du lehrtest mich Glück, wofür ich dich verehre und straftest mich mit Elend, wenn ich in meiner Hochmut dich beleidigte und gegen dich frevelte. Doch in jedem Falle genießt du meinen größten Respekt und Loyalität. Nun bitte ich dich inständigst darum, mir eine sichere Zukunft hier in meiner neuen Heimat Rom zu bieten, denn die Frau meines Vormundes, deren Name du in deiner Allwissenheit kennst, ist mir nicht gewogen. Aus diesem Grund möchte ich in die Dienste der Götter treten! Ich gelobe, so wahr ich eine Iulierin bin, mich allen göttlichen Gesetzen zu beugen und die Interessen der Götter auf Erden zu vertreten, so du gewillt bist, mir das Amt einer Vestalin anzuvertrauen.
    Ich gelobe, mich aus allen profanen Bindungen zu lösen und übergebe meine Person - Leib und Seele - in den Besitz und in die Vormundschaft der olympischen Götter."
    Nachdem das Gebet beendet war, holte Torquata aus den Tiefen ihrer Tasche eine Halskette. Sie bestand aus winzigen silbernen Plättchen und war besetzt mit Aquamarinen. Sie gehörte ihrer Mutter. Es schmerzte Torquata sehr, sich davon zu trennen, doch es fühlte sich zugleich auch richtig an. Indem sie sich diesem seelischen Schmerz aussetzte, bewies sie Fortuna ihre Aufrichtigkeit.
    Schließlich wandte sie sich kurz nach rechts, womit sowohl das Gebet als auch das Voropfer endgültig beendet war.
    Der Opferdiener hatte vor der Nische auf sie gewartet und sie begaben sich stumm zum Vorplatz, wo das blutige Opfer stattfinden würde. Sie wurden mit Wasser in einem Reinigungsritus besprengt und dann hieß es "Fave linguis! Hüte deine Zunge!" Da Torquata ohnehin schwieg, ging der Priester sogleich dazu über sich die Hände zu waschen und sie dann anschließend mit dem mallium latum abzutrocknen.
    Das Lamm war bereits mit Ringen und Ketten am Altar festgebunden. Nachdem die Opferdiener das Tier mit der mola salsa, dem Opferschrot, bearbeitet hatten, wurde der Halsband abgenommen. Man strich dem Opfer mit dem Opfermesser culter einmal vom Kopf bis zum Schwanz und verlas das Opfergebet.
    Auf die Frage "Agone?" erfolgte umgehend die Antwort "Age!" und man schlug dem Lamm mit dem malleus zur Betäubung auf den Kopf, bevor der cultrarius ihm die Kehle aufschnitt. Es fiel Torquata schwer, diesem Teil der Zeremonie zu folgen, denn so wie das Tier sich in seinem Blut wand, stiegen schreckliche Bilder vom Tod ihrer Eltern vor ihrem geistigen Auge auf. Aber das Mädchen hielt sich tapfer. Andererseits war sie erleichtert, dass so viel Blut floss, denn umgekehrt hätte es ein schlechtes Omen bedeutet!
    Die Eingeweide wurden in eine patera gelegt und Torquata atmete erleichtert auf, als "Litatio!" verkündet wurde. Also war das Tier gesund und Fortuna hatte ihr Opfer angenommen!
    Eben diese Erleichterung - es fühlte sich an, als wäre eine lange getragene Last von ihr genommen worden - hielt sich den ganzen restlichen Tag lang. Auch, nachdem sie den Tempelbezirk der Stadt schon längst hinter sich gelassen hatte.

    Torquatas Stirn legte sich bei dem saloppen Begriff "Kumpel" in Falten.
    "Kumpel", wiederholte sie dann kritisch und probierte das Wort aus, als wäre es ihr neu. "Ja, wenn es auch socius einschließt, dann könnte man vermutlich sagen, ich sei auf der Suche nach einem Kumpel. Du musst verstehen, die ganze Situation ist ein wenig schwierig für mich, da ich als junge unverheiratete Frau ja eigentlich keinen Umgang mit nicht verwandten Männern haben darf. Aber kein Gesetz verbietet Kumpels."
    Da strahlte sie ihn an.
    "Und du bist geradezu perfekt für die Rolle: Du siehst von außen zum Fürchten aus, bist aber eigentlich ein ganz galanter Gentleman." Natürlich hätte sie auch einfach 'netter Kerl' sagen können, aber das entsprach nicht unbedingt dem Wortschatz, den man sie gelehrt hatte.
    "Und ich habe außerdem den Eindruck, dass du in letzter Zeit eher schlechte Laune hattest." Da musste sie grinsen. "Was war Schuld: der Dienst oder eine Frau? Denn eins von beiden ist höchstwahrscheinlich die Ursache. Und nein, heute bin ich nicht auf der Suche nach dem Tribunus, aber vielleicht kannst du mir sagen, wie man die Torwachen vor der Castra bearbeiten muss, sodass sie mich auch ohne starke Rückenstärkung zu meinem Bruder vorlassen?", flötete sie lieblich. So, nun kam sie auf den zweiten Schwerpunkt dieser reichlich verwirrenden Unterhaltung zu sprechen.

    "Vielleicht bin ich ja gerade in zivil einem Feind des Kaisers auf der Spur und du behinderst mich bei der Arbeit", sagte Avianus gereizt.
    Torquata sah ihn ungläubig an. "Wenn es tatsächlich so wäre dann hättest du mich schon längst abserviert, oder täusche ich mich?", entlarvte das Mädchen die Ausflüchte ihres Gegenübers und ärgerte sich im nächsten Moment enorm, dass er sie als kleines Mädchen abstempelte.
    Aber sie besann sich. Vielleicht war es sogar ganz gut, ein Kind zu sein. "Aber große starke Praetorianer kommen doch hinein?", zwitscherte Torquata und blickte ihn erwartungsvoll mit dem Gesicht eines kleinen Kätzchens an.
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    Die Idee von einem Straßen-Forum fänd ich nicht schlecht, wenn es tatsächlich Themen und Beschreibungen geben sollte, die mehr unter die Rubrik "unterwegs" passen und an einen bestimmten Ort gestellt einfach nur komisch und unecht wirken, oder wenn die Reise an sich für die Handlung wichtiger ist, als das Ziel.
    Viele Handlungen von "unterwegs" kann man meiner Meinung nach aber recht gut auf einen bestimmten Ort übertragen, bzw. die Reise zwischen A und B wird einfach gedanklich übersprungen (Was ich manchmal schade finde).
    Andere Spiele könnten das aber durchaus auch anders empfinden - bin ja auch noch nicht so lange im IR. ;)

    Verdutzt blinzelte Torquata Iulius Dives an.
    Dass ihr Vater sie der Priesterschaft überlassen wollte, war für sie keine Überraschung. Aber sie hatte sich schon damit abgefunden, dass der Eintritt in den Kreis der Vestalinnen jedenfalls durch seinen Tod unmöglich geworden war.
    Mit einer Adoption hatte sie freilich nicht gerechnet, wobei die Tatsache, dass Iulius Dives sie übernehmen sollte, dürfte bei Sergia nicht gerade auf Begeisterung stoßen. Andererseits würde sie ja bei erfolgreicher Bewerbung aus dem Kreise der Familie entlassen werden.
    Dann wäre sie mich zumindest endgültig los, dachte Torquata sarkastisch. Damit wäre uns beiden - Sergia und mir - gut gedient.
    "Ich bin bereit, mein Leben in die Dienste der Göttin Vesta zu stellen", bekräftigte Torquata ehrlich. "Und ich unterwerfe mich allen geltenden Regeln und Gesetzen des göttlichen Rechts", formulierte sie dann bemüht neutral. Ob Dives - und sie sah ihm an, dass er sich nicht ganz sicher war - nun auch dem Adoptionsgesuch stattgeben würde oder nicht, lag nicht in ihrer Hand. Aber sie vertraute darauf, dass Dives sie nicht einfach an irgendeinen anderen weiterreichen würde, nur um sie loszuwerden. Nein, so sehr kann ich mich in ihm nicht täuschen!
    Dann besann sie sich auf Dives' eigentliche Frage und antwortete nach kurzem Überlegen: "Iulianus Selenus lebt auf dem Gut meiner Tante Fundania Agrippina, obwohl er von Zeit zu Zeit auch in ihrem Stadthaus zu Misenum, der Domus Fundania an der Via Fortunata, als Sekretär, Verwalter und Bibliothekar tätig ist." Dann überlegte sie angestrengt, wie man ihn wohl am besten erreichen könnte.
    "Ich denke, das Beste ist, wenn du Tante Agrippina, sie lebt zu dieser Jahreszeit in der Stadt, einen Brief schickst. Sie wird uns Selenus sicherlich zur Verfügung stellen. Vielleicht kennt sie sogar den Inhalt des Briefs, den mein Vater an dich schrieb und wartet nur darauf, dass wir ihn holen."

    Torquata wusste, dass der Iunier keine Lust hatte, sich mit einem kleinen Mädchen abzugeben. Wahrscheinlich hatte er selber irgendwelche persönlichen Probleme. Aber wer hat sie nicht?!
    Doch dann sagte er etwas, das ihr das Blut in den Adern gefrieren ließ.
    "Am besten bringen wir dich nach Hause und du klärst das alles mit … nun, deinem Tutor?"
    "NEIN!", schrie sie dann beinahe und mehrere Leute in der Umgebung drehten sich nach ihr um. Hastig senkte sie die Stimme. "Ich kann es einfach nicht ertragen, mit dieser Sergia mehr Zeit zu verbringen als unbedingt notwendig. Und wehe du sagst Iulius Dives irgendetwas!", drohte sie mit einem hübschen Schmollmund. Dabei blickte sie Avianus mit gefährlich zusammengekniffenen Augen an.
    "Ich bin auf der Suche nach Beistand", gab Torquata dann plakativ zu. "Ja ja, ich weiß, es ist ziemlich verrückt einfach jemanden auf der Straße anzuquatschen, aber wer ist heutzutage nicht übergeschnappt?!" Sie richtete sich zu ihrer vollen - und leider nicht sehr beeindruckenden - Größe auf und stemmte die Fäuste in die Hüften.
    "Warum lungerst du eigentlich hier auf dem Forum herum?", fragte das Mädchen unverblümt. Und bevor der Praetorianer auch nur den Mund aufmachen konnte, um etwas zu erwidern, sprach Torquata auch schon weiter. "Du scheinst ja viel Zeit zu haben. Da könntest du mir ja auch sagen, wo mein Vormund sich als Tribunus Cohortis Urbanae normalerweise aufhält? Er hat mir nämlich versprochen, mich endlich zu meinem Bruder zu bringen!", befahl Torquata mit übermütig funkelnden Augen.

    Ein Praetorianer, also. Beinahe hätte Torquata vor Bewunderung gepfiffen, denn schließlich waren die Cohortes Praetoriae die Leibgarde des Kaisers. Doch dann lächelte sie, als Iunius Avianus ihre Hand so vorsichtig schüttelte, als wäre sie zerbrechlich wie Glas.
    Wer hätte gedacht, dass ein Soldat in der Lage sein würde, ihr nicht die Knochen zu brechen?
    "Bist du hier alleine unterwegs, Iulia? Rom kann gefährlich sein", fragte er dann.
    Und Torquata erwiderte: "Eben. Deshalb frage ich ja auch, ob du von den Cohortes Urbanae bist, denn schließlich sind die ja für den Ordnungserhalt in Rom zuständig, oder?" Ist doch völlig logisch???
    "Aber dass du zu den Praetorianern gehörst, ist ja noch besser - da muss ich mir ja überhaupt keine Sorgen mehr machen, nicht wahr?" Und da lugte sie unschuldig unter ihren dichten, langen Wimpern zu ihm hinauf.
    Doch noch bevor Avianus antworten konnte, trat plötzlich ein düsterer Ausdruck in die seelenvollen Augen des Mädchens. "Obwohl die Frau meines Vormundes sicherlich froh darüber wäre, mich loszuwerden", meinte sie zynisch. "Sie hasst mich wahrscheinlich so sehr, dass sie in diesem Moment darüber nachdenkt, wie sie das bewerkstelligen könnte." Torquata merkte, dass sie schon ein wenig mehr über sich preisgeben musste, damit der arme Mann überhaupt wusste, warum sie dieses Gespräch anfing.
    "Meine Eltern wurden vor 2 Jahren bei unserem Landgut nahe Misenum erschlagen und ich suchte seitdem nach meinem Bruder Servius Iulius Macro. Vor einigen Monaten erfuhr ich, dass er hier den Cohortes Urbanae beigetreten sei und reiste ihm nach. Mein Vater, Iulius Octavenus - die Götter seien seiner Seele gnädig! - bestimmte Iulius Dives testamentarisch zu meinem Tutor." dann stockte sie kurz. Wieso erzählte sie das eigentlich einem wildfremden Praetorianer?! das hat sie bisher noch niemandem erzählt! "Und obwohl ich mich mit ihm gut verstehe, befürchte ich, dass Sergia Fausta früher oder später etwa gegen mich unternehmen wird. Deshalb," und da sah sie Iunius Avianus an, "muss ich mich entsprechend auf diesen Tag vorbereiten, um mich selbst in der Stadt behaupten zu können."
    Verworren. Ja, das war wohl das beste Wort für diese seltsame Begegnung.
    "Wie du aus meiner Geschichte entnehmen kannst, bin ich auf der dringenden suche nach Hilfe." Sie wandte sich nun mit einer klaren Bitte und einem hilfsbedürftigen Lächeln an Avianus. "Du könntest mir doch sicherlich weiterhelfen?"

    "Oh, verzeih Sergia, dass ich mich am Anfang einwenig unklar ausdrückte", entschuldigte sich Torquata mit einem gespielt betrübtem Lächeln. "Die letzteren Angaben war mehr...nun...eine genaue Aufklärung von Selenus' Vergangenheit. Vater hatte tatsächlich nach einem Lehrer für uns gesucht - dass es Selenus sein würde, hatte wahrlich niemand erwartet, vermutlich nicht einmal Vater selbst." Dann fiel Torquata noch etwas ein. "Ach ja, mir fällt da noch etwas ein: Selenus stand - und steht - auch im brieflichen Kontakt mit Epíktetos. Er hat einige von ihnen mir überlassen, weil diese sich tiefsinnig mit den Stoischen Lehren auseinandersetzen. Es ist unglaublich, dass Selenus zu dem Zeitpunkt noch nicht einmal 20 war. Wahrscheinlich befand er sich zu dem Zeitpunkt bereits bei Demetrios in Alexandria und nicht mehr in Nikopolis." Torquata lächelte Sergia an. "Du kannst gerne noch mehr Fragen stellen, Sergia - Selenus hatte ein sehr ereignisreiches Leben und ein Abend würde sicherlich nicht ausreichen, um dir alles in Detail zu berichten!"
    Und nach kurzem Überlegen fügte sie noch mit großen unschuldigen Augen hinzu: "Ich bin mir sicher, dass du mir noch viel Erfahrung voraus hast und daher freue ich mich sehr, zukünftig viel Wissen von dir erlangen zu können, welches du in deiner großzügigen Art gern mit anderen teilst."
    Doch dann sah sie, dass Sergia sich ihrem Ehemann zuwandte und so blickte auch sie erwartungsvoll zu ihrem Vormund.



    Sim-Off:

    Sag mal, könntest du mir bitte kurz Sergias Tätigkeit als Postpräfektin erklären? Sorry, bin noch halb in der Informationsphase, deshalb stelle ich zur Zeit wahnsinnig viele Fragen über alles Mögliche ;)

    Er hatte sie bemerkt. "Hä?", machte er und Torquata musste beinahe grinsen.
    "Kann ich dir irgendwie helfen?"
    Oh ja, das denke ich schon, dachte Torquata und fragte grußlos: "Bist du von den Cohortes Urbanae?" Dann legte sie den Kopf schief, wobei sie ihm eindringlich in die Augen sah. Ja ja, die ungewöhnliche Farbe ihrer Iris half ihr natürlich ungemein darin, Leute festzunageln.
    Torquata streckte eine ihrer feingliedrigen, weichen Hände aus. "Ich bin Iulia Torquata."

    Bei Sergias selbstgerechter Erklärung musste Torquata innerlich lächeln. Schon seltsam, dass die meisten Menschen die Mengen und Qualität von Bildung mit der Lebenszeit ins Verhältnis setzten - dieser Fehler wurde so oft begangen, dass Torquata sich nicht einmal darüber lustig machen konnte.
    Nicht, dass sie sich ihre Zukunft mit einer grenzüberschreitenden Bemerkung gegenüber der lieben Ehefrau ihres Vormundes verbauen würde, obwohl sie nicht ernsthaft daran glaubte, dass Dives unter ihrer Fuchtel stand und sie somit einen großen Einfluss auf ihn ausübte.
    Nein, so dumm war niemand! Nein, sie würde abwarten - die Zeit konnte alles ändern. Sie konnte Freunde zu Feinden machen und Hässlichkeit in Schönheit verwandeln. Oder anders herum. Nein, sie würde jetzt einen Schritt zurücktreten. Wie sagte Selenus noch: Mache dich niemals über jemanden lustig, der einen Schritt zurück macht - denn er könnte Anlauf nehmen.
    Und diese Sergia Fausta wäre eine dumme Gans, wenn sie dieses einfache Prinzip für ihre Eitelkeit verkennen würde. Also neigte Torquata scheinbar ergeben den Kopf und meinte mit einem besänftigenden Lächeln: "Deine Worte zeugen von deiner grenzenlosen Weisheit, Sergia. Und bitte fühle dich nicht in deiner Autorität als Hausherrin angegriffen. Du musst wissen, dass die Menschen vom Lande ihre Gefühle längst nicht so makellos verbergen können, wie Städter. Jedoch möchte deine Fragen zu Selenus beantworten: Vater kaufte ihn, als er 4 Jahre alt war. Ursprünglich war Selenus gar nicht dazu da, um unser Hauslehrer zu werde - denn Servius und ich waren ja nicht einmal geboren! Stattdessen wurde er, wie die anderen Sklaven auch, zu körperlichen Arbeiten im Hause eingeteilt, wobei Vater aber schon sehr schnell seine hohe Begabung und sein Interesse für die höheren Künste entdeckte. Er erkannte wohl das Bildungspotenzial in ihm und ließ Selenus - da mochte er vielleicht sieben oder acht Jahre gewesen sein - nach Möglichkeiten von den besten Lehrern ausbilden, obwohl er dem Status nach Sklave blieb."
    Hmpf. Wahrscheinlich interessierte es die Sergia alles gar nicht, aber was soll's? Während Torquata redete, hielt sie zumindest den Mund, denn jemanden zu unterbrechen wäre als einen Akt von Affekt zu bewerten und das würde eine eingebildete Frau die die Sergia wohl kaum zeigen wollen.
    "Nach und nach gewährte Vater ihm immer mehr Freiheiten, bis er schließlich - da war er fünfzehn - den Wunsch äußerte, Griechenland und Ägypten zu bereisen, um seine ohnehin zu hervorragende Bildung zu erweitern. Vater sagte zu, jedoch unter der Bedingung, dass Selenus sich selbst durchschlug - finanzielle Hilfe würde Selenus nicht von ihm erhalten. Seine einzige Gabe an ihn war die Freiheitsschenkung. So gesehen ist Selenus also nicht nur ein gebildeter, sondern auch ein weltmännisch mit allen Wassern gewaschener Pragmatiker." Torquata legte eine kurze Pause ein, um an dem stark verdünnten Wein zu nippen. "Ich bin übrigens der gleichen Meinung wie mein Vater: Bildung hängt nicht unbedingt von der Lebensspanne eines Menschen ab", resümierte sie schließlich und widersprach Sergia damit auf einer geschickten Art und Weise: Indem sie ihren Vater ins Boot holte, zeigte sie keine Rebellion, sondern vielmehr sittlichen Gehorsam gegenüber Autoritätspersonen, sodass Sergia ihr nichts, aber auch gar nichts ankreiden konnte.
    "Aber", ergänzte Torquata dann scheinbar freundlich. "Ich denke - wie du sicherlich auch - dass wir die Entscheidung Dives allein überlassen sollten, da er ja der Hausherr ist und wir alle ihm de iure unterstehen."



    Sim-Off:

    Oho! Na wenn dieses Gespräch kein Garant ist für späteres Gezänk zwischen den beiden Frauen! :D

    Iulia Torquata, 14 Jahre alt, hatte soeben den Esquilin überwunden und betrat nun zum ersten Mal in ihrem Leben das prächtige Forum Romanum und blickte staunend zu der imposanten, mit reichlich Travertin- und Marmorstuck verzierten Basilica Iulia.
    Mit einem Anflug von Stolz stellte das schmächtige Mädchen fest, dass die Verwaltungszentrale des Imperium Romanum einen Teil ihres eigenen Namens trug - was natürlich unsinnig war, denn von ihrem Vater - die Götter mögen sich seiner Seele erbarmen - wusste sie, dass der plebeiische Zweig der heutigen Iulier nicht direkt mit dem patrizischen Zweig verwandt war, dem auch Gaius Iulius Caesar und Augustus angehörten. Wehmütig dachte Torquata an die Zeit, als die Iulier noch eine bedeutende Macht in den Adelskreisen des Römischen Imperiums dargestellt hatten. Aber trotzdem...'Bedenke immer, dass du ein Iulier bist', hallte die Stimme ihres verstorbenen Vaters in ihrem geist wider.
    Seit sie vor einigen Tagen aus Misenum hierher, in die ewige Stadt, gekommen war, hatte sie einige Überraschungen erlebt. Aber immerhin wusste das Mädchen jetzt, wer ihr Tutor war - und den Göttern sei Dank, dass sie sich mit ihm gut verstand! - und hatte ihren lang vermissten Bruder gefunden!
    Nun wollte Torquata sich aber unter die Leute mischen - vielleicht traf sie ja den einen oder anderen netten Menschen, mit dem sie sich unterhalten konnte und ihr die Stadt zeigen konnte?
    Mit einem weltoffenen Lächeln auf ihrem Gesicht ordnete sie mit einer flüssigen Bewegung die kunstvoll gelegten Falten ihrer roten Stola, welche ihre zarte, blasse Haut und rabenschwarzes, glänzendes Haar auf fabelhaftester Weise zur Geltung brachte.
    Neugierig richteten sich ihre großen, sturmgrauen Augen auf die Menschen um sie herum...und blieben an einem hochgewachsenem, braunhaarigen Mann hängen. Er war jung...höchstens 30 Jahre alt, schätzte Torquata...und er fiel auf durch seine sehr gerade Haltung, die etwas Soldatisches an sich hatte.
    Vielleicht einer der Stadtwachen in Zivil?, fragte sich Torquata. Nun, ihr Vater meinte immer, dass die Stadtwache Roms aus den anständigsten und besten Männern Roms bestanden - welchem Fremden konnte sich also ein zartes kleines Mädchen also besser anvertrauen?
    Sicher, ihr schönes, kindliches Engelsgesicht mit den großen Augen würde eine gewisse Rolle spielen, aber längst nicht alle Erwachsenen ließen sich davon beeindrucken. Sergia *hust* Fausta zum Beispiel, die streitsüchtige Frau ihres Vormundes Iulius Dives.
    Guter Dinge und mit einem Lächeln auf dem Gesicht schlenderte Iulia Torquata leichtfüßig auf den fremden Mann zu.

    Heyho Leute!


    Möchte nur wissen, was ihr denn so über die internationale Organisation Nova Roma wisst? Alles was ich weiß ist, dass sie sich zum langfristigen Ziel gesetzt hat, das antike Imperium Romanum wiederherzustellen. Yup, ihr habt es richtig verstanden: WIEDERHERSTELLEN!
    Bevor ich mich hier im IP angemeldet hab, da war ich kurz davor, dieser Organisation beizutreten. Hab dann aber gelesen, dass sie die religiösen Bräuche und so sehr ernst nimmt und bekam dann Skrupel (klang für mich beinahe wie eine...Sekte?! :huh:).
    Im Prinzip ist es wie die Rollenspiele hier, nur mit dem Unterschied, dass sie nicht zwischen ID und Spieler unterscheiden. D.h. wenn ich Iulia Torquata heiße, dann bin ich auch in der normalen Welt des 21. Jh. Iulia Torquata. War mir dann doch zu krass, obwohl ich besessen auf alles bin, was mit dem antiken Rom zu tun hat...
    Was mir aber gefällt: Die Mitglieder weltweit organisieren (teilweise auch mehrtägige) Veranstaltungen, wo das römische Leben so echt und detailtreu nachgestellt wird wie nur möglich - wirkt auf den Fotos total toll!


    Lange Rede kurzer Sinn: Kennt irgendjemand von euch Nova Roma näher?

    Als Torquata vernahm, wie verächtlich diese Sergia - die Frau ihre Vormundes! - sich über Selenus äußerte, stieg großer Zorn in ihr auf. Nur weil die sich für die schönste und vielversprechendste Frau Roms hielt, musste es noch lange nicht bedeuten, dass sie gebildet war!
    "Caius Iulianus Selenus", betonte sie, "studierte in seiner Jugend unter anderem bei Epíktetos in Nikopolis, Claudius Ptolemaeus in Alexandria und stand dabei im Engen Kontakt mit Demetrios von Rhodos - einem Nachfahren des Apollonios von Rhodos, welcher ebenfalls königlicher Bibliothekar des Museions zu Alexandria war", sagte sie auf feinstem Griechisch. "Selenus lehrte mich den Zusammenhang zwischen Adiaphora und Ataraxia und zwischen Eudaimonia und Teleologie nach der klassichen Aristotelischen Nikomachischen Ethik, wobei seine Mesotes-Lehre ganz besonders interessant ist", gab Iulia zum Besten. Dabei setzte sie eine stolze, unnahbare Miene auf, die gut zu ihrer wohl modulierten, gelehrten Stimme passte.
    "Und", ergänzte sie mit einem intensiven Blick in Sergias Augen, "der Spruch Ich weiß, dass ich nichts weiß. vom ehrwürdigen Sokrates, dem Schöpfer des Maeiutischen Prinzips der Philosophie, bedeutet, dass man den Lauf der Welt längst durchschaut hat und damit in einen Status der fast göttlichen Erhabenheit tritt."
    Dann setzte Torquata mit einem scheinbar freundlichen Lächeln noch eins drauf: "Aber wie schön, dass du Selenus mit Sokrates gleichsetzt - das hat er wirklich verdient, obwohl er niemals versucht, sich mit anderen Leuten zu messen. Denn wie sagte unser lieber Marcus Tullius Cicero doch so schön: Suche nicht andere, sondern dich selbst zu übertreffen." Der letzten Teil war doppelt mit Ironie besetzt, denn Sergia war nicht unbedingt für ihre Zurückhaltung bekannt - und dass die Belehrung auch noch von Cicero stammte, setzte dem Ganzen natürlich die Krone auf.
    Hochheitsvoll blickte Torquata in die Runde, wobei sie Manius Iulius Potitus unmerklich zuzwinkerte.

    Iulia Torquata, 14 Jahre alt, hatte soeben den Esquilin überwunden und betrat nun zum ersten Mal in ihrem Leben das prächtige Forum Romanum und blickte staunend zu der imposanten, mit reichlich Travertin- und Marmorstuck verzierten Basilica Iulia. Mit einem Anflug von Stolz stellte das schmächtige Mädchen fest, dass die Verwaltungszentrale des Imperium Romanum einen Teil ihres eigenen Namens trug - was natürlich unsinnig war, denn von ihrem Vater - die Götter mögen sich seiner Seele erbarmen - wusste sie, dass der plebeiische Zweig der heutigen Iulier nicht direkt mit dem patrizischen Zweig verwandt war, dem auch Gaius Iulius Caesar und Augustus angehörten. Wehmütig dachte Torquata an die Zeit, als die Iulier noch eine bedeutende Macht in den Adelskreisen des Römischen Imperiums dargestellt hatten. Aber trotzdem...'Bedenke immer, dass du ein Iulier bist', hallte die Stimme ihres verstorbenen Vaters in ihrem geist wider.
    Seit sie vor einigen Tagen aus Misenum hierher, in die ewige Stadt, gekommen war, hatte sie einige Überraschungen erlebt. Aber immerhin wusste das Mädchen jetzt, wer ihr Tutor war - und den Göttern sei Dank, dass sie sich mit ihm gut verstand! - und hatte ihren lang vermissten Bruder gefunden!
    Nun wollte Torquata sich aber unter die Leute mischen - vielleicht traf sie ja den einen oder anderen netten Menschen, mit dem sie sich unterhalten konnte und ihr die Stadt zeigen konnte?
    Mit einem weltoffenen Lächeln auf ihrem engelhaft-kindlichen Gesicht ordnete sie mit einer flüssigen Bewegung die kunstvoll gelegten Falten ihrer roten Stola, welche ihre zarte, blasse Haut und rabenschwarzes, glänzendes Haar auf fabelhaftester Weise zur Geltung brachte. Auch wenn sie plebeiischer Herkunft war, trug sie doch diese stille Würde tief in ihrem Herzen und richtete ihre großen, sturmgrauen Augen neugierig auf die Menschen um sie herum.
    Es gab in Rom sicherlich tausende schönere Frauen...aber nur eine Iulia Torquata! Ihre Eltern hatten ihr schließlich nicht solche eine hohe Bildung zukommen lassen, damit sie sich nun vor der Welt versteckte.
    Langsam drehte Torquata sich auf dem herrlichen Platz einmal langsam um die eigene Achse...sodass ihr entging, wie eine große Opferprozession langsam auf sie zuhielt.

    Gespannt wartete Torquata auf die Enthüllung des brieflichen Inhalts nur um dann verwirrt der Scheibchen-Taktik des Iuliers zu folgen, der ihr Cousin war.
    Und dann stiegen ihr Tränen in die Augen, als er von der Nachricht der Eltern an Servius und sie selbst erfuhr. "Du hast Recht, sie wären sehr stolz auf Servius - tatsächlich hat er schon als Kind gern 'Legionär' gespielt", wusste das Mädchen zu berichten.
    Doch als sie erfuhr, dass ihr Vater Dives in weiser Voraussicht zu ihrem Vormund bestimmt hatte, kam sie nicht mehr aus dem Staunen heraus: Besser ging es gar nicht! Sie mochte seine angenehme Art und seiner Ehrlichkeit. Ganz im Gegenteil zu Sergia Fausta... Es hätte sie viel schlimmer treffen können! Von ihren Freundinnen wusste Torquata, dass es nichts Schlimmeres gab, als unter der Fuchtel eines unbarmherzigen Tutors zu leben!
    Als Dives auf Selenus zu sprechen kam, war Torquata überrascht wie erfreut - ihre Eltern hatten tatsächlich an alles gedacht. "Selenus", begann sie, "ersteigerte mein Vater einst auf dem Sklavenmarkt in Misenum, weil er - streng gemäß der Iulischen tradition - Servius und mir eine gehobene Bildung zukommen lassen wollte. Er ist 34 und weiß wirklich alles !" Torquata riss ihre leuchtend grauen, kindlichen Augen weit auf, um ihren Worten Gewicht zu verleihen. "Selenus", sie sprach den Namen beinahe liebevoll aus, "ist der beste Lehrer der Welt. Er hat Servius und mich in Literatur, Griechisch - denn er kommt ursprünglich ja selbst aus Athen - Philosophie und ein wenig auch in Arithmetik und Architektur unterrichtet." Torquatas Augen waren auf einen fernen Punkt der Vergangenheit gerichtet und ließen sie leicht geistesabwesend wirken, obwohl ein schönes, mädchenhaftes Lächeln um ihre Mundwinkel spielte.
    "Na ja, Servius war wohl mehr daran interessiert, wie Hannibal sich in Cannae schlug und wie Pompeius den kilikischen Piraten den Garaus machte oder wie Octavian und Marcus Antonius sich bei Actium auf See bekriegten." Und dann gab sie zu: "Ach, ich vermisse ihn ganz schrecklich" und sah dann von einem Augenblick auf den anderen beinahe elendig betrübt aus. "Ich vermisse sie alle."
    Dann kehrte Torquatas Blick unvermittelt in die Gegenwart zurück und füllten sich wieder mit dem Ernst des Lebens.
    "Vater bemerkte mein Interesse für unsere Götter schon sehr früh, denn ich bat Selenus immer, mir über all die Mythen zu berichten, die von ihren glanzvollen Taten berichten. Einmal sagte Vater scherzhaft, dass er mich irgendwann noch den Priestern zur Erziehung übergeben würde, wenn ich noch mehr über unsere Götter lesen und hören wolle."
    Und als sie dies so preisgab, kam ihr ein Verdacht und sie blickte Dives verwundert an. Vater hat doch nicht etwa....?! Oder doch?!
    Einen Moment lang starrte das Mädchen Dives an und durch ihn hindurch, während sich ein strahlendes Lächeln sich auf ihrem engelhaften Gesicht auszubreiten begann. Wie es aussah, war sie ihrem heimlichen Traum ein großes Stück näher gekommen!
    Danke, Vater und Mutter! Das werde ich euch nie vergessen und ich werde euch nicht enttäuschen, so wahr ich eine Iulierin bin!, dachte Torquata mit felsenfester Entschlossenheit.