Beiträge von Phryne

    Noch immer betrachtete Phryne das Haus, als schließlich ausgerechnet die rothaarige Schlampe herausgeschossen kam, mit der sich Phryne schon einmal angelegt hatte. Unzufrieden runzelte die frischgebackene Kybelepriesterin die Nase. Plötzlich sagte ihr die Casa nicht mehr so zu, die ihr auf den ersten Blick als durchaus passend erschienen war, wenn auch nicht so zentral gelegen wie Phryne es haben wollte.


    Die Begrüßung ließ die Libertina dann jedoch scharf ausatmen. Was für eine Giftschlange!


    Nein, meine Katze macht sich nicht die Pfoten schmutzig an deinem Hausdach. Ist es denn dein Haus? Ich habe gehört, diese Casa steht zum Verkauf. Tatsächlich suche ich ein passendes Haus für die Schola Mogontiacums. Ich würde es mir gerne ansehen, wenn es nicht zu verwanzt und verdreckt ist.

    Korone hatte Phryne auf den Aushang in der Basilika hingewiesen. Sie war beim Einkauf darauf aufmerksam geworden und hatte ihrer Herrin berichtet, dass ein Haus zum Verkauf stand. Nach einiger Fragerei fand Korone heraus um welches Haus es sich handelte. Phryne war interessiert. Sie brauchten noch ein Haus für die Erweiterung der Schola über die sie mit Duccius Marsus gesprochen hatte. Ihm hatte sie auch zugesichert, sich um die passenden Räumlichkeiten zu kümmern. Nun wollte sie sehen ob die angebotene Casa in Größe und Lage dem entsprach, was für die Schole benötigt wurde: zentrale Lage und nicht zu groß und herrschaftlich aber mit mindestens zwei Unterrichtsräumen und ein bis zwei Räumen, die man für die Verwaltung brauchen würde.


    Neugierig betrachtete Phryne die Casa Gacia von außen.

    Phryne kam an diesem Morgen wie üblich vor ihrem Dienst in der Schola zum Tempel um nach dem Rechten zu sehen und Claudius Atticus bei den morgendlichen Riten zu unterstützen. Wie immer waren schon ein paar Tempelbesucher im Heiligtum. Als Phryne hinter den Tempel ging, um die verdorbenen Waren vom Altar an die Vögel zu verfüttern, die sich alltäglich ihren Anteil der Opfergaben holten, fiel sie beinahe über eine am Boden kauernde Person. Erst bei genauerem Hinsehen erkannte sie Kaeso. Er sah zum Fürchten aus. Die Augen verschwollen und blaurot unterlaufen, eine Platzwunde an der Augenbraue und ein Verband der seinen linken Arm an den Körper band. Ein leiser Aufschrei entkam dem Mund der Kybelepriesterin.


    Bei der Großen Mutter! Kaeso! Wie siehst du denn aus?


    Phryne kniete sich hin. Ihre Hand strich zärtlich über Kaesos lädiertes Gesicht.


    Was ist passiert, mein Liebster? Wer hat dich so zugerichtet?

    Die Prozession der Magna Mater Kultanhänger erreichte schließlich wieder das Fanum. Die Statue der Göttin wurde so postiert, dass sie am Festmahl teilnehmen konnte. Alles wurde vorbereitet für das große gemeinsame Festessen. Der Großen Mutter stellte man einen üppig beladenen Tisch mit den besten Speisen und Getränken hin. Alle Mitglileder des Kultvereins setzten sich zum gemeinsamen Festmahl. Unter dem Klang der Zimbeln und des Tympanon begann man zu speisen.


    Noch waren nicht alle Speisen vertilgt als schwarze Wolken aufzogen. Es begann zu donnern und auch wenn sich alle beeilten, die Statue der Göttin unter der gegebenen Ehrfurcht wieder in den Tempel zu bringen, so wurde es doch ein wenig hektisch und eilig.
    Der Abschluss der Hilaria fiel förmlich ins Wasser.


    Phryne war dennoch dankbar für dieses schöne und aufregende Fest, dass ihr und Kaeso so viele Höhepunkte beschert hatte. Sie verbrachte die Nacht wieder in ihrem eigenen Bett und es fühlte sich irgendwie eigenartig an. Denn nun fühlte sie sich dem Tempel so sehr verbunden, dass sie am liebsten dort geblieben wäre.

    Die Prozession erreichte das Ufer des Rhenus. Die Profani und Fanatici bemühten sich, den Wagen der Göttin ohne größere Schwierigkeiten in den Fluss herabzulassen. Dann tauchten sie Becher und Tücher in das Flusswasser und wuschen zunächst die Statue der Göttin, später sich selbst. Es ging zunächst sehr ernsthaft und ruhig zu, doch sobald die Göttin das Flusswasser wieder verlassen hatte und nur noch die Gläubigen im Wasser planschten ging es fröhlich und ausgelassen zu. Man lachte und bespritze sich gegenseitig. Ab und an wurde einer der Fanatici oder Profani lachend untergetaucht.


    Schließlich verließen auch die Kybele-Kultanhänger das Flusswasser wieder. Man trocknete die Göttin ab und schmückte sie mit frischen Tüchern, Bändern und Blumenkränzen. Auch die Gläubigen setzten sich Blumenkränze auf. Auf dem Rückweg streuten die Profani und Fanatici Blütenblätter über die thronende Göttin und ihr Gefolge. Der gesamte Weg vom Fluss zum Tempel war schließlich bedeckt von einer Schicht Blütenblätter.


    Phrynes neues Ritualgewand klebte nass an ihrem venusgleichen Körper. Jede ihrer weiblichen Rundungen wurde abgebildet. Sie lachte fröhlich und genoss den letzten Festtag in vollen Zügen.

    Der letzte Tag der Hilaria brach an. Mit vereinten Kräften hatten die Fanatici die Statue ihrer auf dem Löwenthron sitzenden Göttermutter aus dem Tempel geholt und sie auf den Wagen gehoben, der über und über mit bunten Tüchern, Blumen- und Immergrüngirlanden geschmückt war. Bekränzt mit Blumen und behängt mit seidigen Tüchern trat die Göttin Kybele ihre Fahrt durch die Stadt zum Rhenusufer an. Es war eine Stelle ausgesucht worden an der üblicherweise Schiffe zu Wasser gelassen wurden. Dort würde man den Wagen so weit in den Fluss fahren, dass man die Göttin waschen konnte.


    Das Benetzen mit dem Flusswasser sollte der Göttin Fruchtbarkeit verleihen. Denn wenn die Große Mutter fruchtbar war, dann war es auch das ganze Land. Dann grünte und blühte die Natur, dann trugen die Bäume Früchte, die Feldfrüchte gediehen und Mensch und Tier sorgte für Nachwuchs. So war es seit jeher gewesen und so würde es auch immer sein, sonlange sie der Göttin Respekt erwiesen, Ehrfurcht vor ihr hatten und ihre Statue vom Staub und Ruß befreiten.


    Wie schon die Tage zuvor trug Phryne ihr neues Ritualgewand. Korone hatte sie frisiert und geschminkt. Gemeinsam mit dem Gallus würde sie die Prozession anführen. Es ging durch die gesamte Stadt bis zum Hafen.
    Als sie das Fanum verließen sammelten sich schnell Schaulustige um die farbenfrohe Festgemeinde zu bewundern, die seit Tagen das Stadtgespräch war. Heute würde für ein ganzes Jahr die letzte Gelegenheit sein, diese eigenartigen Kultangehörigen zu sehen. Für Römeraugen war es schon sehr gewöhnungsbedürftig, dass sich die männlichen Kultteilnehmer in bunte Frauenkleider hüllten und sich mit allerlei Tand behängten.


    Sim-Off:

    Hier ist vorerst die letzte Gelegenheit für die Einwohner Mogontiacums sich über den Kybelekult zu amüsieren, zu mockieren oder teilzunehmen. ;)

    Der letzte Tag der Hilaria brach an. Mit vereinten Kräften trugen die Fanatici die Statue ihrer auf dem Löwenthron sitzenden Göttermutter aus dem Tempel und hoben sie auf den Wagen. Bekränzt mit Blumen und behängt mit seidigen Tüchern trat die Göttin Kybele ihre Fahrt durch die Stadt zum Rhenusufer an. Es war eine Stelle ausgesucht worden an der üblicherweise Schiffe zu Wasser gelassen wurden. Dort würde man den Wagen so weit in den Fluss fahren, dass man die Göttin waschen konnte.


    Das Benetzen mit dem Flusswasser sollte der Göttin Fruchtbarkeit verleihen. Denn wenn die Große Mutter fruchtbar war, dann war es auch das ganze Land. Dann grünte und blühte die Natur, dann trugen die Bäume Früchte, die Feldfrüchte gediehen und Mensch und Tier sorgte für Nachwuchs. So war es seit jeher gewesen und so würde es auch immer sein, sonlange sie der Göttin Respekt erwiesen, Ehrfurcht vor ihr hatten und ihre Statue vom Staub und Ruß befreiten.


    Phryne hatte gehört, dass die Germanen auch eine Göttin auf diese Weise ehrten. Weit im Norden jenseits der Provinzgrenzen wurde eine germanische Muttergöttin auf einem Wagen von Kühen gezogen in einem See gewaschen. Nerthus nannten die Römer sie, die Germanen angeblich Herta.


    Wie schon die Tage zuvor trug Phryne ihr neues Ritualgewand. Korone hatte sie frisiert und geschminkt. Gemeinsam mit dem Gallus würde sie die Prozession anführen. Es ging durch die gesamte Stadt bis zum Hafen.

    Ausgelassen feierten die Mysten und Fanatici das Hilaria Fest mit Fröhlichkeit und Festessen. Es wurde groß aufgetragen und man schlemmte den ganzen Tag lang. Phryne spürte die Anstrengung der letzten Tage und als das Fest in den Abendstunden an Fahrt verlor, war sie dankbar sich zurückziehen zu dürfen. Sie schlief noch im Heiligtum, wie es mit dem Gallus vereinbart war, bis zum Ende der Festlichkeiten.


    Passenderweise hieß der kommende Tag "Requieto" - Ruhetag.
    Den Fanatici war frei gegeben worden. Nur einige Freiwillige halfen beim Aufräumen und säubern des Heiligtums. Zudem bereitete man die Prozession des letzten Tages der Hilaria vor - die Lavatio.
    Der Wagen mit dem die Statue der Kybele zum Fluss gefahren wurde, musste geholt und geschmückt werden. Bunte Tücher schmückten das schnöde Holz, Blumengirlanden und Immergrün gaben die Farbtupfer. Blütenblätter von diversen schönen Blumen wurden in Körbe gezupft, damit sie über den Prozessionswagen und die Teilnehmer gestreut werden konnten.


    Phryne half wie immer selbstvertändlich bei allen Handlungen. Dann zog sie sich zur Ruhe zurück. Der kommende Tag sollte der letzte in einer anstrengenden Reihe werden. Bevor sie sich in ihr Privatleben zurückzog. Doch eines sollte anders sein. Sie würde in Zukunft häufiger im Tempel ihre Zeit verbringen, sich um die Sorgen und Nöte der Gläubigen kümmern und deren Opfer begleiten.

    Über dem östlichen Himmel begann sich der Himmel rosarot zu färben. Das Fest der Freude wurde mit dem zarten Klingeln der Zimbel und den dann einsetzenden Trommelschlägen des Tympanon eingeleutet. Die Mysten sangen zunächst leise und sanft, dann immer lauter und fröhlicher. Sie begrüßten die Göttin und ihren wiedergeborenen Liebhaber.


    Phryne schlug die Augen auf. Sie lag im Inneren des Tempels, vor der Statue der Kybele, die mit strengem Blick auf sie herabsah. Einen Augenblick überlegte die Libertina ob sie tot sei. Vorsichtig bewegte sie ihre Arme und Beine. Sie fühlten sich schmerzhaft an. Phryne erinnerte sich an wenig, doch wohl daran dass sie getanzt hatte und dass sie gestorben war. Zumindest hatte sie das Gefühl gehabt gestorben zu sein. Das Gesicht der Göttin in ihrem Aspekt als Tödin erschien vor ihrem inneren Auge. Offenbar war sie nicht tot. Sie hatte genau wie Attis den symbolischen Tod erlitten um neu geboren zu werden. Die Schmerzen waren ein deutliches Zeichen dafür dass sie lebte.


    Eine der Fanatici wusch Phryne mit lauwarmem Wasser das Blut vom Leib. Die Frau wusch der frisch geweihten Priesterin auch die Haare, kämmte die verfilzten und mit Blut verklebten Strähnen und steckte sie zu einer aufwändigen Frisur hoch. Mit bunten Bändern durchwoben und mit glänzenden Haarnadeln aufgesteckt sahen Phrynes Haare besonders schön aus.


    Der Gallus trat ein. Er warf einen bewundernden Blick auf seine neue Priesterin. Keine Frau verkörperte die Große Göttin so eindrücklich wie Phryne. Auch wenn Claudius Atticus sich körperlich nicht zu Frauen hingezogen fühlte, so bewunderte er doch die Schönheit dieser Frau.
    Mit einem Lächeln begrüßte er die Schauspielerin und überreichte ihr ein neues, aufwändig besticktes und mit bunten Borten und Amuletten verziertes Gewand.


    Die Große Mutter wusste, warum sie deinen Körper auswählte um in ihn einzutreten. Du warst großartig. Nun ist es an der Zeit, dass du dein Ritualgewand anziehst und zu uns kommst. Alle erwarten dich.


    Phryne begrüßte den Gallus mit einer ehrerbietigen Verbeugung. Sie lächelte zufrieden. Zu deutlich spürte sie, dass sie ihren Körper der Göttin geliehen hatte. Auch wenn sie sich nicht mehr daran erinnerte, fühlte sich ihr Schoss doch wund an. Sie wusste von früheren Teilnahmen an den Feierlichkeiten der Hilaria, dass diejenige deren Körper sich die Göttin aussuchte, in ihrer Trance meist mit mehreren Mysten Verkehr hatte. Ihr ganzer Körper schmerzte, nicht nur der Schoss: alle Muskeln schienen zu brennen und zu ziehen. Phryne war ein einziger Schmerz. Um sich abzulenken, betrachtete sie das schöne Ritualgewand. Ihren Finger fuhren über die aufwändigen Stickereien und den seidigen Stoff. Sie ließ sich dabei helfen es anzulegen. Es fühlte sich wundervoll an.


    Der Gallus trat aus dem Tempeltor und richtete sich an die Festgemeinde.


    Begrüßt mit mir die neue Priesterin der Großen Mutter Kybele.


    Unter Jubelrufen und tosendem Applaus erschien Phryne hoch erhobenen Hauptes im Tor. Der Gallus setzte ihr einen Blütenkranz auf das hübsch hergerichtete Haupthaar und reichte ihr einen Becher Milch. Phryne trank. Dann hob sie die Hände zum Himmel und betete laut zu Kybele.


    Dea Magna, Dea magna Kybele, dea domina!
    Löwenmutter! Große Mutter!
    Erhöre mein Gebet!
    Segne uns, die wir dir dienen, die wir dir unser Blut opfern.
    Segne unsere Leiber und unsere Seelen!
    Führe uns durch das Dunkel des Todes erneut ans Licht!
    Ich, die ich vergangene Nacht starb und wiedergeboren wurde, rufe euch allen zu:
    Cinis sum, cinis terra est,terra dea est, ergo mortua non sum.
    Ich bin Asche, Asche ist Erde,
    die Erde ist eine Göttin, also bin ich nicht tot.


    Phrynes Augen glänzten. Die großen dunklen Pupillen strahlten in der Gewissheit des in der Nacht erlebten. Mit der Euphorie im Blick und in der Stimme sah sie auf die Mytengemeinde. Ihr Blick fing den Kaesos. Sie fixierte ihn um ihm die Wahrheit ihrer Worte ins Gedächtnis einzubrennen.

    Kaeso wurde eine Fackel in die Hand gedrückt. Die Trauerstimmung um den blutigen Tod des Attis mündete in dieser nächtlichen Fackelprozession.


    Der Weg führte durch die Stadt zum Fluss. Man hatte die Torwächter informiert und wurde durchgelassen. Am Rhenus entlang und durch die dunkle und stille Landschaft zogen die schweigenden Mysten. Die blutig-ekstatische Stimmung war einer inneren Versenkung gewichen. In einem großen Bogen kehrten die Fackelträger in die Stadt zurück.


    Sie näherten sich dem Heiligtum. Mit den ersten Strahlen der Sonne würde man mit fröhlichen Liedern den Tag und die Wiedergeburt des Attis feiern. Die Vereinigung mit der Großen Mutter hatte den Heros zurück ins Leben gebracht.


    Während die anderen Mysten auf der Fackelprozession unterwegs waren, schlief Phryne und träumte einen rauschhaften Traum. Schlangen umgaben sie und Löwen, die ihre Gift- und Fangzähne in ihren Körper schlugen. Phryne schrie, sie schlug um sich, vergebens. Das Gift begann zu wirken. Langsam kroch es ihren Körper aufwärts, lähmte zusehends Beine, Arme, Rumpf. Sie wollte schreien, doch ihre Stimme versagte. Wie eine Krallenhand legte sich der Tod um ihr Herz. Drückte fest zu. Vor ihr stand eine dunkle Frauengestalt. Sie hatte Phrynes Gesichtszüge. Die Frau lachte und funkelte sie wild an. Sie machte eine Faust und Phryne spürte wie der Griff ihr Herz strangulierte. Sie schien den letzten Tropfen Leben aus ihr zu pressen. Dann wurde es still und schwarz.

    Die Prozession hatte schließlich das Heiligtum erreicht. Die Fanatici versammelten sich im Kreis, sie sangen und tanzten. Diejenigen, die sich blutige Wunden zugefügt hatten, gossen das gesammelte Blut über den gefällten Baum des Attis.
    Auch Phryne und Kaeso traten vor und benetzten das Symbol des getöteten Liebhabers der Göttin mit ihrem Blut.


    Die Tänze und Gesänge wurden immer wilder. Alles steuerte auf den Höhepunkt zu. Phryne würde sich in tiefe Trance tanzen und dann das Ziegenopfer vollziehen. Das Blut des Opfertieres, sollte sie und den göttlichen Heros vereinen und sie zur Priesterin der Göttin machen.


    In immer wilderen Gebärden und Tanzbewegungen wiegte sich Phryne. Sie riss sich die Kleidung vom Leib. Nackt tanzte sie und zerkratzte sich mit Knochensplittern eines Opfertieres die Haut. Im Höhepunkt des Spektakels brachte man ihr die Ziege und ein Messer. Das Tier war furchtsam, zuckte zurück vor den wilden Bewegungen der Tänzerin. In jedem anderen römischen Kult hätte man das Opfer abgebrochen, die Omen wären ungünstig gedeutet worden. Nicht so im Kult der Großen Mutter. Wildheit und Ekstase gehörten dazu. In diesem gänzlich unrömische Kult fand man Gefallen am zuckenden Leib der Ziege.


    Phryne ergriff das Messer. Sie drückte das zuckende Tier an sich und durchschnitt ihm rasch die Kehle. Blut spritzte und sprudelte aus der geöffneten Halsschlagader. Phryne schrie und jauchzte. Sie ließ das Blut über ihre Hände, ihre Arme, den wogenden, nackten Busen strömen und spürte wie die warme zähe Flüssigkeit sich an ihrem Schoß sammelte und über die Beine zu Boden floss.


    Im Rausch nahm sie den Tanz wieder auf. Sie tanzte im Kreis. Zog mal diesen, mal jenen an sich. Rieb ihren blutigen Körper an den anderen Mysten. Im geschützten Rahmen der Mysteriengemeinschaft vereinigte sich die Göttin im Taumel der Eskstase wohl mit mehr als nur einem Partner. Das rauschende Fest zog sich bis zum Einbruch der Dunkelheit. Dann gab der Gallus der erschöpften und dennoch immernoch ekstatisch verklärten Phryne einen Becher mit einem eigenartigen Trank. Nur Augenblicke später fiel sie in Schlaf.


    Der Rest der Festgesellschaft versammelte sich um die Fackeln für den nächtlichen Fackellauf Pannychis.

    Die ersten Fanatici ließen ihre Musikinstrumente am Gürtel baumeln und zogen die Geißeln und Messerchen. Sie begannen sich zu schlagen und zu ritzen. In Erinnerung der Entmannung des Attis und eingedenk seines daraus resultierenden Todes stimmten sie Klagelieder an. Schnell konnte man nicht nur rote Striemen auf der Haut derjenigen erkennen, die keine langen Gewänder trugen oder sie ausgezogen hatten. Bald glänzte die Haut der sich in Estase befindlichen Kultanhänger vom Blut. Man streifte das Blut in Gefäße oder fügte sich Schnitte zu und ließ das Blut in Auffangbehälter fließen.


    Auch Phryne ließ die Zimbel sinken und nahm ihr Messer vom Gürtel. Sie schob den langen Ärmel zurück. Ein kurzer Moment des Zögerns, ein Kribbeln im Bauch vor Aufregung, dann fügte sie sich am Unterarm einen Schnitt zu. Das berauschende Gefühl von Schmerz und dem Fließen des Lebenssaftes euphorisierte sie. Ihre glänzenden Augen blickten auf Kaeso. Würde er es ihr gleichtun oder die Geißel bevorzugen?

    Alle Teilnehmer an der Prozession hatten ihre schönsten Gewänder an, waren grell geschminkt und wer lange Haare hatte, trug sie offen oder mit eingelochtenen Bändern und Kordeln Am Gürtel eines jeden Fanaticus hing die Geißel mit den Lederriemen. Bei manchen konnte man sogar kleine Glas oder Tonsplitter an den Lederriemen erkennen. Einige trugen Messer mit sich. Es war der Bluttag, heute würde zu Ehren des Attis Blut vergossen werden. Einige der Fanatici trugen entsprechend Opferschalen mit sich in denen sie ihr Blut auffangen wollten, das während der Geißelungen floss. Die Profanie trugen Eier, die ebenfalls bei diesem Fest eine große Rolle spielten. Sie wurden an die Menge verteilt.


    Die Stimmung war ausgelassen, alle waren bereit zur großen Prozession. Die Musik begann zu spielen. Zu Tympanon und Zimbel gesellten sich die Doppelflöte und andere Musikinstrumente. Lobgesänge erschallten. An der Spitze der Prozession liefen Blumen streuende und aus Körben Eier verteilende Profani, nicht in die geheimen Lehren und Riten eingeweihte Sympathisanten des Kybelekultes. Ihnen folgten die MusikerInnen und TänzerInnen. Unter ihnen das Götterpaar Attis und Kybele. Der Gallus marschierte mitten in diesem Pulk. Er schwenkte das Aspergillum und segnete die Versammelten Zuschauer und Gläubigen.



    Sim-Off:

    Hier könnt ihr euch gerne beteiligen und gaffen, kommentieren oder den Kopf schütteln. Sogar wüste Beschimpfungen wären nicht ungewöhnlich für die in römischen und provinziellen Kreisen schockierende Prozession



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    Der Dies Sanguis, der Bluttag, begann mit der viel beachteten Prozession der Profani und Fanatici durch die Stadt. Alle Fanatici hatten ihre schönsten Ritualgewänder angezogen. Man half sich gegenseitig Bänder und Glöckchen in die Haare zu flechten oder die mit zahlreichen Bändern, Troddeln und Amuletten zu schmücken. Fröhliche, bunte Farben herrschten vor. Der Gallus selbst trug ein tiefrotes Gewand. Auf dem Kopf trug er einen von bunten Binden gehaltenen Schleier, aus dem geflochtene Bänder bis auf die Hüften herabhingen. Auffälllige Ohrringe, Hals-, Arm- und Fingerringe sowie ein schweres Pektoral schmückten den alten Mann. Es sah beinahe aus, als müsse er unter dem Gewicht des Schmuckes zusammenbrechen. Doch ganz im Gegenteil: Claudius Atticus sah jung aus wie selten. Der ekstatische Charakter des Festes ließ ihn aufleben. Er liebte es sich zu schmücken und in Frauentracht die Prozession zu Ehren seiner Göttin anzuführen.



    In der einen Hand die Geißel, das Flagellum, und in der anderen das Aspergillum, mit dem die Gläubigen und die Zuschauer, die sich den Segen der Göttin holen wollten, besprengt wurden, wartete der Gallus auf die TänzerInnen und MusikerInnen. Phryne und Kaeso, als Inkarnationen der Göttin und ihres Geliebten Attis kam eine besondere Rolle zu. Phryne trug die Zimbel, ein Becken, das einen feinen, glöckchenartigen Klang in der Stadt verteilen würde, Kaeso den Tympanon, die Handtrommel.


    Wunderschön sah Kaeso in seinem neuen Prozessionsgewand aus, wie Phryne fand. Die anderen Fanatici hatten geholfen das menschliche Götterpaar herauszuputzen. Alle Teilnehmer an der Prozession hatten ihre schönsten Gewänder an, waren grell geschminkt und wer lange Haare hatte, trug sie offen oder mit eingelochtenen Bändern und Kordeln Am Gürtel eines jeden Fanaticus hing die Geißel mit den Lederriemen. Bei manchen konnte man sogar kleine Glas oder Tonsplitter an den Lederriemen erkennen. Einige trugen Messer mit sich. Es war der Bluttag, heute würde zu Ehren des Attis Blut vergossen werden. Einige der Fanatici trugen entsprechend Opferschalen mit sich in denen sie ihr Blut auffangen wollten, das während der Geißelungen floss. Die Profanie trugen Eier, die ebenfalls bei diesem Fest eine große Rolle spielten. Sie wurden an die Menge verteilt.


    Die Stimmung war ausgelassen, alle waren bereit zur großen Prozession. Die Musik begann zu spielen. Zu Tympanon und Zimbel gesellten sich die Doppelflöte und andere Musikinstrumente. Lobgesänge erschallten. Die Prozession formierte sich und verließ den Tempel durch das Haupttor. Vor dem gemeinsamen Heiligtum der Isis und der Magna Mater hatte sich schon eine Menschenmenge versammelt. Ein solches Spektakel ließ man sich in Mogontiacum nicht entgehen.




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    Die Prozession wird durch die Stadt geführt. Im Verlauf der Prozession kann sich jeder, der möchte mit einbringen. Dieser Teil der Hilaria war für alle Bürger der Stadt gedacht.


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    Überglücklich und ausgelassen tanzte Phryne vor dem Baum einher zum Fanum der Kybele. Das Kompliment Kaesos tat ihr gut. Sie fand es schön mit ihm die Begeisterung für den Kult der Kybele zu teilen.


    Dort angekommen schmückten sie den Baum mit den Veilchengirlanden und dem Abbild des Attis. Dann richteten sie den Märzbaum auf. Den ganzen Tag verbrachte die Kultgemeinde mit Gesang, Tanz und Festschmaus. Gegen Abend jedoch war es an der Zeit den Baum zu fällen. Mit der Axt, die von Hand zu Hand wanderte fällten sie den Baum. Eine gedrückte, traurige Stimmung kam auf. Die Fanatici begannen sich die Haare zu lösen und zu raufen. Sie weinten, jammerten und zerkratzen sich die Haut. Trauerlieder und Gedichte wurden angestimmt, die Musiker stimmten traurige Melodien an. Spät verabschiedete man sich.


    Auch der kommende Tag galt der Trauer. Phryne und der Gallus fasteten wieder. Der kommende Tag, der "dies sanguis" würde der wichtigste Festtag des Frühlingsfestes werden und Phryne würde ihre Ziege opfern und in der Nacht zur Priesterin geweiht werden.

    Dieser Druide war seltsam. Er stellte ihr ein Säckchen hin indem sich ein Holzwürfel befand und stand auf. Die Antwort sollte sie erhalten wenn die Zeit dafür reif wäre?? Was sollte denn das?


    Entschuldige, mein Bester! Ich bin womöglich nicht die Richtige für diese Art von Orakel. Ich verstehe kein Wort.


    Phryne blitze den seltsamen Kerl aus schmalen Augenschlitzen an. Sie war froh wenn er endlich fort war. Er war ihr unheimlich. Sie hatte genug von solchen Männern.

    Nach einer Woche des Brotfastens war Kaeso auserkoren worden, als Dendrophoroi den Märzbaum zu holen. In einen Waldstück vor den Toren der Stadt hatte man eine passende Kiefer gefunden, die bereits von einige Kultmitgliedern auf einem Karren bis vor die Stadt gebracht worden war. Nun galt es erneut in einer feierlichen Prozession den Baum in den Kultbezirk zu holen und dort zu schmücken.


    Phryne bereitete währdenddessen mit den anderen Frauen gemeinsam das Schmücken des Baumes vor. Sie hatten Veilchen gesammelt und mit immergrünen Zweigen zu wunderhübschen Girlanden gewunden, dazu lagen bunte Bänder und ein Abbild des Attis auf Leinwand bereit. So geschmückt würde der Baum zunächst im Hof des Kybeletempels aufgestellt und anschließend gefällt und betrauert werden. Das in Rom übliche Vergraben des Baumes war aufgrund der beengten Bedingungen im Nemeton nicht möglich.


    Am Stadttor warteten die Frauen auf die Prozession der Dendrophoroi. Phryne war wie immer sehr hübsch herausgeputzt, mit Veilchen im Haar und einem Veilchenlilanen Kleid. Sie strahlte Kaeso an, der an der Spitze der Dendrophoroi mühsam die auf das nötigste reduzierte Krone der Kiefer tragen musste. Mit ihren Instrumenten und ihrem Gesang begrüßten sie die Attiskiefer, warfen Blumen auf den Weg, damit der Kultheros auf Blüten zum Heiligtum schreiten konnte und tanzten ausgelassen.



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    Mit sanften Fingern schälte Phryne Kaeso aus dem blutgetränkten Gewand. Dass auch sein Körper blutbesudelt war störte sie nicht. Dann nahm sie die Krone ab und entfernte den Schleier. Sie war aufgeregt, denn noch nie zuvor hatte sie der Göttin ihren Leib zur Verfügung stellen dürfen um den Hieros Gamos zu vollziehen. Die Weihrauchgeschwängerte Luft, der Wein, die mystische Athmosphäre. Alles an dieser Situation machte sie besonders. Phryne fühlte sich großartig. Blumen und Bänder schmückten ihr Haar unter dem Kopfputz und als die Hüllen ihres Gewandes fielen und sie nackt vor dem Lager für die Heilige Hochzeit stand, zitterte sie nicht vor Kälte sondern vor Erregung und Erwartung. Stolz und aufrecht stand sie vor Kaeso. In diesem Moment war sie Kybele, die den fruchtbaren Samen des Attis in sich aufnehmen würde. Sie zog den Geliebten mit sich zum Lager.


    In wilder Extase, den Klang der Musik von draußen noch leise vernehmend, vereinigten sich beide. Gierig berührten sie einander und verscholzen zu Einem. Das höchste je erlebte Glücksgefühl durchströmte Phryne als Kaeso und sie gemeinsam den Höhepunkt erreichten. Die Erregung flaute nur langsam ab. Phryne fühlte sich benebelt und glücklich.


    Als sie sich vom Lager erhoben warteten einige Diener schon mit frischem Blütenwasser und Duftölen um beide zu reinigen und anschließend neu einzukleiden. Nun erhielt Kaeso sein Festgewand mit dem er zukünftig an den Kultprozessionen und Feierlichkeiten teilnehmen würde.


    Hand in Hand unter Trommelwirbeln und aufbrandendem Jubel schritten beide die Treppe des Podiumstempels hinab. Mit frischen Blumenkränzen beschenkt bekamen sie den Ehrenplatz an der gemeinsamen Tafel. Nun würden sie vom Fleisch des getöteten Stieres essen.

    Sie hörte seine Worte. Sicher und ohne zu zögern sprach er sie aus. Phryne strahlte übers ganze Gesicht. Dann rief sie sich zu Besonnenheit. Der Gallus nahm den Kernos erneut aus den Händen Kaesos und übergab ihn einem der Opferdiener. Dann trat er zur Seite und überließ Phryne alias Kybele den Platz vor dem frisch Initiierten. Die Inkarnation der Magna Mater kränzte Kaeso und hielt ihm den Kelch mit Milch hin.


    Die Musik begann erneut. Flöten, Trommeln und Becken spielen fröhliche Weisen, die Mysten klatschten und lachten. Längst waren sie unter sich. Schon vor dem Stieropfer hatten die Zuschauer das Heiligtum verlassen müssen. Denn nur so blieb gewährleistet, dass der Kult mit seiner eigentümlichen Zeremonie und dem Eid vor den Augen der Göttin geheim blieb.


    Nachdem Kaeso getrunken hatte, nahm Phryne ihn bei der Hand. Sie führte ihn zum Podiumstempel der Magna Mater. Hand in Hand erklommen sie die Stufen unter den Klängen der Musik. Das Innere des Tempels war von Fackeln und Kerzen in eine atemberaubende Kulisse verwandelt worden. Vor dem Standbild der Kybele, die auf ihrem Löwenthron saß, mit Zepter und Mauerkrone versehen, stand eine Kline. Sie war mit weichen Decken gerichtet und mit Blumen bestreut.


    Phryne trat vor die Große Mutter und betete.


    Große Mutter Kybele. Ich bringe dir Kaeso, deinen neu aufgenommenen Diener. Er hat alle Prüfungen bestanden und sich als ebenso tapfer wie Attis, dein Geliebter erwiesen. Du siehst noch das Blut des Stieres an ihm haften. Schenke ihm deine Gnade und gib mir ein Zeichen, dass er würdig ist, als Inkarnation des Attis, den diesjährigen Hieros Gamos mit mir zu vollziehen.


    Mit diesen Worten warf Phryne einige Weihrauchkörner ins Feuer und sah zu wie sich die Rauchfahnen in sanften Wellen zum Tempeldach erhoben. Die Göttin hatte ihr Einverständnis gegeben. Sie würde mit Kaeso die heilige Hochzeit vollziehen.