Beiträge von Marcus Artorius Rufinus

    Die Verhaftungen! Bei den Göttern! Die hatte ich vollkommen vergessen. Die hatte es ja auch noch gegeben beim letzten Bürgerkrieg. Verhaftungen über Verhaftungen vom kleinen Kanzleiangestellten, über irgendwelche Duumvire anderer Städte und irgendwelche weniger bedeutenden Procuratoren bis hin zur Führung der Acta Diurna und die der Prätorianerkohorten. Verhaftungen hier, Verhaftungen dort, Verhaftungen, Verhaftungen, Verhaftungen.


    "Ich.."


    Ich durfte nicht sterben. Verhöre, Folter, wenig Essen. Eine erneute Belagerung Roms. Wo würde man die Lebensmittel- und Trinkwasserreserven als erstes einsparen? Aber ich durfte nicht sterben!


    "..ich.."


    Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte! Raus und weg aus Rom wollte ich. Konnte ich aber offenbar nicht. Also blieb mir nur, ich..


    "..muss nach Hause."


    Mich einsperren und verkriechen und hoffen, dass mich bloß niemand fand! Und kaum hatte ich diesen Plan gefasst, da dreht ich mich auch schon um und stürmte nun in die entgegengesetzte Richtung fort. Auf dem Gemüsemarkt versuchte ich noch kurzerhand einige Hamsterkäufe zu erledigen. (Die Idee hatte allerdings scheinbar halb Rom, nachdem sich die Stadt eigenständig ihrer eigenen Versorgung beraubte!) Dann erreichte ich mit kleiner Ausbeute und zum Glück trotz des riesigen Andrangs einigermaßen unversehrt die Domus Artoria.. >>>

    Schreckliche Neuigkeiten auf dem Forum. Der Kaiser war tot. Vielleicht ermordet, vielleicht auch nicht. Einen Caesar gab es nicht. Die Situation erinnerte mich an die vor dem Bürgerkrieg Palmas gegen Salinator. Einziger Unterschied: Damals befand ich mich irgendwo auf dem Land, fernab der Zielscheibe Rom. Heute saß ich wie auf dem Präsentierteller in Rom fest. Flucht unmöglich. Kein Entkommen. Bald, das fürchtete ich, standen wieder irgendwelche Legionen vor Rom, eroberten die Stadt und verbreiteten Chaos, Zerstörung und Tod.


    Und ich mittendrin.


    Ich musste meine Überlebenschancen erhöhen. Die Fensterläden der Domus wurden mit Brettern verbarrikadiert. Genauso der Haupteingang. Dahinter wurden Stühlen, Tische, Klinen und ähnliches gestapelt, damit so schnell niemand durch diesen Eingang kam. Der Seiteneingang wurde mit zwei großen Schränken verstellt, die im Notfall aber auch schnell umzustoßen waren, damit ich hoffentlich fliehen konnte, sollte es zum Äußersten kommen. Meine letzten Hamsterkäufe nie aus dem Blick lassend schlug ich meine neue Bettstatt in unmittelbarer Nähe zum Seiteneingang auf. Ein Ohr immer ins Atrium gerichtet, ob fremde Stimmen von dort zu hören waren. Ein Auge immer auf meine letzten paar Lebensmittel gerichtet. Denn die Tore waren zu. Nichts und niemand kam ohne Armee aus Rom heraus oder nach Rom hinein. Auch die Lebensmittel nicht..

    Gefangen! Das steigerte mein Unwohlsein noch um einiges. Denn so saß ich hier in der Falle. Konnte nicht raus. Bis das Heer des nächsten Kaisers rein kam. Und dann wäre alles zu spät. Ich musste jetzt hier weg!


    "Ich muss hier raus!"


    Das hatte ich eben schon gesagt. Diesmal waren meine Augen dabei noch ein Fünkchen weiter aufgerissen. Denn es war eine Notwendigkeit für mich, jetzt heute hier wegzukommen!


    "Die Consuln auf dem Forum.. der Kaiser.. tot.. Bürgerkrieg!"


    Mir schwirrte so viel im Kopf herum, dass ich nur einzelne Schlagworte scheinbar zusammenhangslos aneinanderreihte. Über all dem schwebte nur der logische Schluss, mein einziger klarer Gedanke: Ich musste hier weg.


    "Also lasst mich bitte hier raus, bevor es zu spät ist!"


    Bevor der nächste Salinator oder Palma mit seinen Männern vor Rom stand und es kein Entkommen mehr gäbe vor Einbrüchen und Plünderungen, Unruhen und Straßenkämpfen, Gewalt und Todschlag!

    Verstanden. Ich nickte.


    "Sehr wohl, Consular Decimus.. Patron."


    Patron. Das klang seltsam. So ungewohnt. Aus meinem Mund. Ich machte ein entschuldigendes Gesicht. Dann stellte mir der Senator die Frage nach dem Geld. Daraufhin guckte ich nun noch dümmer aus der Wäsche. Im ersten Moment fehlten mir die Worte.


    "Äh.. also.. wegen.. Nein. Ich bin ausreichend liquide.."


    Mein Bauch gluckerte. Ich wusste nicht, wie viel entschuldigender ich noch gucken sollte. Das war mir gerade furchtbar peinlich. Meine Ohrspitzen begannen zu glühen, so fühlte es sich an.


    "..also.. so wenigstens für die nächsten paar Tage? Oder vielleicht für eine Woche?"


    Dann würde ich vermutlich Bekanntschaft machen mit dem Steuereintreiber. Das Wassergeld zum Beispiel. Das wollte man bestimmt bald haben. Jetzt, wo wieder ein Artorier in der Domus wohnte. Und auf die eine oder andere Weise wäre ich dann bestimmt nicht mehr.. flüssig. (Haha. Dieser Wortwitz verlor seinen Witz, wenn man in meinen Sandalen steckte.)

    Das Forum lag hinter mir. Ich durfte keine Zeit vertrödeln! War deshalb nicht nochmal in der Domus Artoria zu Hause gewesen. Hatte mich nicht von diesem schönen Haus verabschiedet. Dabei war ich mir sicher, dass ich es niemals in der Form wieder sehen würde. Denn es gab bestimmt wieder Kämpfe und Plünderungen hier in Rom. Und die Domus Artoria würde man bestimmt nicht verschonen, alles zerstören und jeden Bewohner des Hauses töten! Deshalb musste ich hier weg. Musste hier raus. Rom war eine Zielscheibe. Ich musste aufs Land! Einfach nur hier weg und raus.


    "Entschuldigung."


    Völlig gedankenversunken und mit deutlicher Panik in den Augen hatte ich den Miles nicht gesehen.


    "Ich muss hier raus."


    Mehr sagte ich ihm nicht. Denn mehr konnte ich ihm nicht sagen. Mehr dachte ich nicht. Die Flucht aus Rom war momentan der einzige Gedanke, den ich fassen konnte. Ich musste hier weg, musste hier raus, musste mein Leben retten! Im letzten Bürgerkrieg waren so viele meiner Verwandten geblieben! Da wollte ich in diesem, der jetzt aufzog, nicht der nächste sein....

    Kacke. Der erste ergriff hier (scheinbar) schon die Flucht. Ich sollte mich ihm anschließen. Sollte auch die Flucht ergreifen. Weg. Raus aus Rom. Weg. Raus aus dieser Zielscheibe. Weg. Am besten aufs Land. Weg. Einfach nur weg.


    "Lass mich, ich muss durch! .. Ja, tut mir Leid, ich muss durch! .. Ja, du mich auch, ich muss hier raus!"


    So kämpfte ich mich durch die Masse. Rempelte immer wieder irgendwen an. Wurde immer wieder von irgendwem zurückgerempelt. Trat Leuten auf die Füße. Wurde dafür geschubst. Und trat dann gleich dem nächsten auf die Füße. Eine Abwärtsspirale.


    "Verfluchte Fortuna! Ich bete, ich opfere! Geb dir, was ich hab! Und was bekomm ich dafür?! Die staatliche Lotterie: ausgesetzt! Meine Domus: verloren, weil ich jetzt aus Rom fliehen muss! Das alte Landhaus, in dem ich vorher lebte: verkauft! Nichts! NICHTS hast du mir gelassen! Elendes Miststück!"


    Ja. Sauer. Und nicht zu knapp. Auf diese falsche Schlange! Die Wut betäubte meine Angst. Ein bisschen. Denn das war mein eigentliches Problem: Ich hatte eine Scheiß-Angst! Fortuna war mir eigentlich gerade egal. Die Staatslotterie war mir gerade egal. Die Domus Artoria und das alte Landhaus waren mir gerade egal. Ich hatte einfach nur Angst! Angst, dass hier schon morgen wieder in den Straßen und Gassen gekämpft und geplündert wurde! Angst, dass nach dem Tod so vieler meiner Verwandten im letzten Bürgerkrieg ICH in DIESEM Bürgerkrieg sterben würde! Angst, dass ich dieses ganze Chaos hier nicht überlebte....

    Was tat man so den ganzen lieben langen Tag, wenn man keinen Job hatte und die tägliche Salutatio vorbei war? Ich ging übers Forum Romanum. Hier hörte ich ein paar lustige Geschichten. Dort eine nette Anekdote. Und wieder woanders schnappte ich ein pikantes Gerücht auf. Heute kam dazu, dass die beiden amtierenden Consuln die Rostra betraten. Mussten wohl wichtige Neuigkeiten sein, wenn da nicht einer von beiden zum Verkünden ausreichte. Dachte ich mir so. Ich versuchte mich etwas näher ans Geschehen zu drängeln. War schließlich voll hier, wenn die beiden Consuln zu einer öffentlichen Forumsrede ansetzten.


    "Oh, Götter."


    Der Kaiser war tot. Und es gab keinen Caesar, oder? Den hatte es nach dem Tod des Valerianus auch nicht gegeben. Und danach war ein blutiger Bürgerkrieg aufgezogen. Vielleicht sollte ich Rom jetzt lieber verlassen. Die Geschichten von den Plünderungen Palmas Armee hatten sich schlimm angehört. Und ich wollte sicher nicht abgemurkst in der Domus Artoria liegend enden.


    "Na immerhin hat er gestern noch irgendwas zu seinem Testament geregelt!"


    Warf ich dann aus meiner inneren Unruhe heraus einfach in das Gebrüll auf dem Forum ein. Ob das jetzt für oder gegen eine Verschwörung sprach, wusste ich nicht. Darüber konnte ich jetzt auch nicht nachdenken. Ich wollte nur irgendetwas tun. Ich musste etwas tun! Ich musste aus Rom verschwinden! Oder wenigstens erstmal meine Nervosität und Unsicherheit verbal herausschreien....

    Ein Vorsprechen. Bei der Präfektin persönlich. Das hörte sich doch schonmal ganz vielversprechend an. Andere wurden vielleicht mit irgendwelchen Hilfsschergen abgefertigt. Ich könnte mit der Chefin selbst sprechen. Und ich hatte den gleichen Patron wie sie. Und wenn genau der neben dem Vorsprechen vielleicht noch ein klitzekleines gutes Wort bei ihr für mich einlegen würde..


    "Das wäre mir wirklich schon eine sehr große Hilfe!"


    Auch wenn das mit dem guten Wort wahrscheinlich mehr Wunschdenken war. Der Decimus kannte mich ja im Grunde bisher kaum. Trotz meines peinlichen Redeschwalls. Und er machte auch einen noch etwas zurückhaltenderen Eindruck. Fand ich. Aber Vertrauen musste man sich eben erarbeiten. Auch als Klient. Vielleicht sogar gerade als Klient.


    "Nur eine Kleinigkeit. Wenn du mit deiner Klientin, der Postpräfektin, gesprochen hast, hab ich dann eher einen Brief oder Boten in die Domus Artoria von dir zu erwarten.. oder erwartest du eher, dass ich mich bei deinen Salutationen, die ich ab morgen dann täglich besuchen.. und pünktlich besuchen werde, dann immer mal wieder bei dir erkundige?"


    Ich wollte ja nicht ungeduldig wirken, wenn ich bei jeder einzelnen Salutatio tagtäglich nach meinem Job bei der Post fragte. Aber ich wollte auch nicht faul erscheinen und nur alle Viere von mir strecken in der Hoffnung, dass mein neuer Patron schon machte. Genaugenommen konnte ich mir den letzten Punkt sogar auch finanziell gar nicht leisten. Auf der faulen Haut zu liegen. Denn zwar sollte sich das Startkapital für ein kleines bisschen staatliches Glücksspiel noch finden, und zwar würde ich sogar die Götter selbst nach Kräften um ihren Segen und Beistand bitten.. aber mein Bauchgefühl sagte mir, dass ich mich weder auf das Glücksspiel noch auf die Götter sondern am Ende nur auf meiner eigenen Hände harter Arbeit verlassen könnte. Leider. Leider, leider.

    Erlöst. Ein Glück! Und noch ein Glück, dass mich der Consular trotz dieses Auftritts hier als seinen Klienten annahm.


    "Danke!"


    Mit einem erleichterten Lächeln warf ich dieses Wort ein, nachdem er mir zusagte, dass er mich unterstützen würde. Er hatte sogar eine Klientin im Postwesen. Irgendeine Sergia. Der Name sagte mir jetzt nichts. Aber solange der Senator auch ihr Patron war und solange sie mir zur gewünschten Anstellung verhalf, solange war mir das auch eigentlich erstmal egal, wie sie hieß. Ich nickte.


    "Ja, es ist wirklich mein ausdrücklicher Wunsch, Stationarius zu werden."


    So bekräftigte ich mein Ansinnen. Erstaunlich, wie gut das bisher hier lief. Wenn ich nicht aufpasste, dann wurde ich noch irgendwann mal ein erfolgreicher Mann. Ich grinste kurz in mich hinein. Erfolgreich. Ich. Das war doch eher unwahrscheinlich.


    "Achso. Stationarius in Rom wäre mein bevorzugter Posten."


    Nicht dass mich die Postpräfektin von Italia an den Rand der Alpen oder die Südspitze des Stiefels schickte. Dann könnte ich zwar Geld verdienen. Aber wer sollte sich dann um die Domus Artoria hier in Rom kümmern? Deshalb wäre Rom schon optimal. Erwartungsvoll schaute ich meinen neuen Patron an. Ich wusste wieder nicht, was ich noch sagen sollte. Diesmal schwieg ich nun einfach.

    Pech im Spiel, Glück in der Liebe. Daran musste ich auch denken beim Anblick dieser Taube. Ein Symboltier der Venus. Mein Bauch grummelte, als wollte er darauf antworten: Von Luft und Liebe allein kann man aber auch nicht leben. Aber naja. Immerhin war Venus ja nur für das Liebesglück zuständig - und nicht auch für das Pech im Spiel. Deshalb ließ ich das Täubchen in Ruhe auch eine der Blumen entführen. Außerdem war das eine Sache zwischen Venus und Fortuna, wenn die eine Göttin etwas von den Opfergaben an die andere nahm. Besser, man mischte sich nicht ein in solche Dinge. Troja war schon einmal gefallen.


    Und das Vögelchen zwitscherte ab. Ich blickte ihm noch einen Moment hinterher. Dann war es weg. War mein Opfer damit nun angenommen? Ich überlegte: Wenn ich mir keine Gedanken mehr darum machen müsste, wie ich mir meine Mahlzeiten und mein Dach überm Kopf finanzierte, dann hätte ich meinen Kopf auch frei für ein bisschen Liebe. Das konnte sich bestimmt auch Venus zusammenreimen. Legte sie also bei Fortuna ein gutes Wort für mich ein, erhöhten sich auch die Chancen, dass eines meiner nächsten Opfer an die Göttin der Liebe gerichtet wäre. Einfache Rechnung. Meine triviale Folgerung: Das Opfer war stellvertretend angenommen worden.


    Erleichtert atmete ich einmal tief durch. Der intensive Weihrauchgeruch war betörend schön. Dann machte ich mich guter Dinge auf den Heimweg.

    "Tut mir Leid. Ich bin ja schon ruhig."


    Ein unfreundlicher alter Ganove. Noch drei Zähne im Mund. Die Hände etwas zittrig. Vor ihm eine Schale mit irgendeiner würzigen Suppe. In seiner Linken hielt er einen einfachen Löffel. Noch, dachte ich so bei mir. Denn wer weiß, wann er den abgibt! Ich musste unvermittelt grinsen bei diesem gemeinen Gedanken. Dann traf mich erneut ein böser Blick.


    "Ja, okay. Ich höre auch auf zu grinsen und sitze nur ganz still und stumm mit meinem Käsebrot hier, sage keinen Mucks, gebe keinen Pieps von mir und mache ein Gesicht wie drei Tage Regenwetter."


    Ich biss in mein Brot. Pappig. Das war mein erster Gedanke beim Kauen. Meine Stimmung ging so langsam auf Tauchstation. Bald hatte sie das Niveau des grauen Wetters erreicht. Und wenn ich nicht aufpasste, dann glich sie bald auch meinem ungesprächigen Sitznachbarn. Mürrischer alter Vogel.

    Wünsch dir was!


    Kaum nährte ich mich Schritt für Schritt dem Tempel, da kam auch schon der zuständige Aedituus auf mich zu. Mit strammem Schritt. Hinter ihm zwei Gehilfen. Nein, drei. Der letzte rannte ein Stück, um zu den anderen beiden aufzuschließen. Alle drei folgten dem Aedituus. Der kam auf mich zu. Er fragte mich vornehm nach meinem Begehr. Dann delegierte er ein paar Aufgaben an seine Gehilfen. Zu fünft gingen wir ins Tempelinnere. - Dann öffnete ich die Augen.



    Wir sind hier nicht bei "Wünsch dir was"! hörte ich meinen Vater. Sein üblich tadelnder Ton. Bis zuletzt hatte er den gehabt. Aber heute: Er hatte recht. KEIN Aedituus, der mich sah. KEINE flinken Gehilfen, die mir ein bisschen zur Hand gehen wollten. Allein gelassen. Das war ich. Hoffentlich ließ mich Fortuna nicht auch allein. Ich schluckte.


    Ich betrat den Tempel. Meinetwegen dann eben auch ohne Unterstützer. Umso mehr wusste die Göttin mein Opfer dann vielleicht zu schätzen! Hoffentlich. - Hände waschen. Dann etwas Knister-Weihrauch opfern: Artorius Rufinus an Ianus. Ianus, bitte kommen. Ich erbitte einen Gesprächsaufbau zu Fortuna. Do ut des. Weiterleitung....


    "O Fortuna! O Fortuna privata! O Fortuna Imperatrix Mundi!
    Vor dir steht Marcus Rufinus von den Artorii Rufi!
    Vor dir steht der Sohn des Marcus Artorius Uranius!
    Vor dir steht ein Römer in Not!


    O Fortuna! O Fortuna privata! O Fortuna Imperatrix Mundi!
    Ich danke dir für deine hohe Gunst in der Vergangenheit!
    Ich danke dir für meine glückliche Reise nach Rom!
    Ich danke dir für das tolle Dach der Domus Artoria über meinem Kopf!


    O Fortuna! O Fortuna privata! O Fortuna Imperatrix Mundi!
    Ich opferte dir regelmäßig als Kind!
    Ich opferte dir regelmäßig als Jugendlicher!
    Ich opferte dir regelmäßig als Erwachsener!
    Ich opfere dir heute prächtige weiße Schneerosen!
    Ich opfere dir heute ganze 35 davon - das sind alle aus der Domus Artoria!
    Ich opfere dir heute dazu einen späten Apfel vom Apfelbaum in meinem Garten!


    O Fortuna! O Fortuna privata! O Fortuna Imperatrix Mundi!
    Ich bitte dich, schenk mir noch einmal deine Gunst!
    Ich bitte dich, hilf mir, meine finanzielle Zukunft zu sichern!
    Ich bitte dich, segne meine Glückszahl in der staatlichen Lotterie 1 aus 44!"


    Welche Zahl ich zu meiner Glückszahl erklärt hatte, sprach ich nicht laut aus. Nicht direkt. Aber die Anzahl der Schneerosen war vielleicht ein kleiner Hinweis.


    "O Fortuna! O Fortuna privata! O Fortuna Imperatrix Mundi!
    Dann gelobe ich dir, deinen Namen auch weiter immer in höchster Ehre zu halten!
    Dann gelobe ich dir, dir auch weiter regelmäßig zu opfern!
    Dann gelobe ich dir, das nächste Opfer an dich wird wieder üppiger ausfallen!


    O Fortuna! O Fortuna privata! O Fortuna Imperatrix Mundi!
    Do
    ut
    des."


    Ich wandte mich nach rechts ab. Dort hatte ich neben mir meinen Korb abgestellt. Erst landeten die Blumen hübsch arrangiert auf dem Opferaltar. Dann folgte der goldrote Apfel zum Schluss. Und dann wartete ich auf irgendeine Art von Zeichen.


    Sim-Off:

    Liebe Venus, dein Charakter kommt Fortuna hier am nächsten! Vielleicht küsst du mich ja an ihrer statt? :P Dabei meine ich küssen jetzt natürlich nur im übertragenen Sinne.... ;)

    Sim-Off:

    Ich treib uns einfach mal fröhlich munter ein bisschen voran.. auch ohne dich. :P


    Stille. Unangenehme Stille. Ich fühlte mich genötigt, noch etwas zu sagen. Also erzählte ich nach der kleinen Pause noch ein bisschen weiter. Irgendwas.


    "Du fragst dich sicherlich, wieso ich gerade jetzt hier zu dir komme. Gestern Abend bin ich angekommen hier in Rom. Denn nicht nur mein Vetter Castus ist tot. Auch viele andere meiner Verwandten haben ihr Leben gelassen.. vor dem Bürgerkrieg.. im Bürgerkrieg.. und danach. So kam es, dass mich vor etwa einem Monat die Nachricht erreichte, dass ich geerbt hätte.. die Domus Artoria hier auf dem Esquilin. Zuerst habe ich mich natürlich gefreut."


    Ich hielt kurz inne. Denn die Wortwahl stank. Außerdem wollte mich der Decimus ja vielleicht unterbrechen? Ja? Nein? Nein. Ich redete also nervös weiter.


    "Ich meine, gefreut erst, nachdem ich den Tod meiner Verwandten betrauert hatte. Aber dann wurde mir klar, dass ich mich entscheiden musste. Denn zwei Wohnsitze kann ich momentan unmöglich finanzieren. Also habe ich mich für den Familienstammsitz in Rom entschieden und ziehe jetzt hierher. Dabei weiß ich nichtmal, nachdem ich die Domus Artoria jetzt gesehen habe, ob ich mir die Unterhaltung allein auch nur dieses Hauses überhaupt dauerhaft leisten kann. Und deshalb suche ich jetzt einen Patron."


    Hm. Ja. Wollte mich jetzt vielleicht jemand von meinem Qualen erlösen und in meinen Monolog einsteigen? Ja? Nein? Nein. Meine Hände wurden feucht. Mein Mund trocken.


    "Und wegen meinem Vetter Castus kamst du mir dabei als mögliche Option in den Sinn, Consular Decimus. Und ich hoffe, dass du mich genauso in dein Klientel aufnimmst, wie du meinen Vetter damals großzügig in dein Klientel aufgenommen hast. Und ich dachte, dass du mir vielleicht eine Arbeitsstelle vermitteln kannst. Damit ich mir das Leben in der Domus Artoria auch auf Dauer finanzieren kann. Und vielleicht.. also meine Mutter Asconia Clepsina hat vor ihrer Hochzeit mit meinem Vater als Stationaria beim Cursus Publicus gearbeitet."


    Oh man. Konnte mich bitte jemand stoppen? Meine Eltern wollte ich hier eigentlich nicht erwähnen. Er war erst ein Ausreißer. Dann ein Tagelöhner. Dann ein Ehemann und Vater. Dann tot. Sie war deshalb selbst nicht die edelste Partie gewesen. Hatte beim Cursus Publicus gearbeitet. Dann war sie schwanger geworden, hatte geheiratet und mich bekommen. Alles nicht sehr glorreich. Aber das musste der Decimus ja nicht gleich alles wissen. Ich wollte ja sein Klient werden!


    "Jedenfalls.. ich dachte, was eine Frau kann.. was meine Mutter konnte.. das kann ich auch. Und als Stationarius könnte ich die Domus Artoria auch weiter in Familienbesitz halten. Sicher."


    Das musste als Ablenkung von meiner Familiengeschichte hoffentlich reichen. Hoffentlich reichte es auch dafür, dass mich der Consular nicht als Bettler wahrnahm. Ein paar Sesterzen von ihm würde ich jetzt nicht ablehnen. Natürlich nicht! Aber ich wollte mir auch selbst mein Brot verdienen können. (Denn auf diese staatlichen Brotspenden wollte ich nicht angewiesen sein! Soviel Ehre besaß ich dann doch noch in meinen Knochen.)


    "Und wenn du mich als deinen Klient annimmst und mir hilfst und mich unterstützt, dann kannst du dich auch auf meine Hilfe und Unterstützung immer verlassen. Natürlich. Egal, ob du jemanden brauchst, der dir garantiert Beifall spendet, oder wen, der einen wichtigen Botengang für dich unternimmt. Oder so. Wobei.. für das mit dem Boten.. da könnte ich als Stationarius bestimmt.. ÖH-HÖ! ÖH-HÖ!"


    Mist. Verschluckt vor lauter Palavern. Das Husten tat weh. Mein Hals war ja immernoch etwas trocken. Ziemlich trocken sogar, eigentlich. Mir stieg die Röte ins Gesicht. Oje, war das peinlich. Am liebsten hätte ich wütend aufgestampft. Aber meine Blase schmerzte ja auch immernoch. Wie blöde.

    Ich bin gerade ein bisschen verwirrt und hoffe, dass mich vielleicht irgendwer erhellen kann.. :idee:


    Wieso ist die ID Aulus Helvetius Agrippa auf einmal im Ordo Senatorius? :hmm:
    (Vergleiche: Hier war die ID noch, genauso wie die Schwester, "nur" im Ordo Equester.)


    Ich hoffe, ich bin nicht zu neugierig. Und ich will auch niemandem etwas Böses. Aber in dem Beitrag 2 dieses Themas von Iunia Axilla ist ja von den Ehefrauen und Nachkommen (=Kindern, Enkeln und Co.) der Senatoren - mit Sitz im Senat usw - die Rede. Und in dem Beitrag 1 dieses Themas von Decima Messalina steht etwas vom persönlichen Status des Familienoberhauptes. Damit ist ja auch eigentlich nicht bloß der Ordo gemeint, zu dem das Familienoberhaupt gehört, oder? (Dafür steht im Tabularium ja auch überall von oben nach unten: Status/Ordo/Stand/etc.) Und wenn eine ID in männlicher Linie keinen Vorfahren mit Status: Senator (und nicht nur Ordo: Ordo Senatorius) hat, dann müsste diese ID doch eigentlich im Normalfall auch nur über den Kaiser in den Ordo Senatorius kommen können, oder? Mal abgesehen jetzt von Ehefrauen und Adoptionen.


    Ich bin verwirrt. ?(

    Tatsache. Ein paar Leute standen da noch. Der in der Mitte war wahrscheinlich der Decimus. Langsam ging ich auf die Gruppe zu. Ich sagte nichts. Blieb erstmal still. Ich wollte niemanden unterbrechen und keinem ins Wort fallen. Ein kleines Weilchen harrte ich in der Anonymität am Rande der Gruppe aus. Dann eine längere Redepause. Meine Chance.


    "S..salve."


    Unsicher und wenig originell. Aber naja. Da musste ich jetzt durch.


    "Ich bin Marcus Rufinus von den Artorii Rufi, ein junger Vetter deines früheren Klienten Lucius Artorius Castus. Er ist ja schon eine ganze Weile tot. Aber ich bin hier, um dich so wie einst er um dein Patronat zu bitten."


    Das Wichtigste war raus. Der eine Typ guckte mich etwas verärgert an. Der wollte bestimmt auch noch eine Bitte loswerden.


    "Tut mir Leid, wenn der Zeitpunkt jetzt gerade etwas ungünstig war."


    Ein entschuldigendes Lächeln. Vielleicht half es ja. Einen Versuch wars wert.

    Geh lieber in die Horti Lucullani. Das hatte meine alte Nachbarin gesagt. Die Kultstätte dort ist schöner und neuer. Das hatte sie behauptet. Und ich hatte ihr natürlich blindlings vertraut. Pustekuchen. Denn das Heiligtum dort war so kaputt wie meine Geldbörse leer war. Schöner Mist. Das fing ja gut an mit meiner Suche nach dem großen Glück. Wirklich fantastisch. Ich musste also den ganzen Weg zurück in die Stadt laufen. Bis zum Forum Holitorium. Der Tempel dort war wenigstens noch intakt.


    Interessiert hielt ich nach allen Seiten Ausschau. Langsam nährte ich mich dabei dem Tempelbau. In meiner Hand ein Einkaufskorb mit nicht eingekauften Dingen. Fünfunddreißig Schneerosen. Das war alles blumige gewesen, was der Garten der Domus Artoria zur Zeit hergab. Dazu ein später Apfel vom Apfelbaum der Domus. Ja, mit meinen Essensvorräten musste ich zur Zeit ein bisschen haushalten. Die Göttin würde das bestimmt verstehen. Aber nur um auf Nummer sicher zu gehen, vielleicht redete ich vorher noch schnell mit einem Tempeldiener. Es ging immerhin um 7300 Sesterzen. Mein Magen grummelte. Schon wieder. Ich musste aufhören an diese Zahl zu denken. 7300. Vielleicht hätte ich mein gerade erst verdientes Geld wirklich nicht mit vollen Händen ins Glücksspiel investieren sollen. (Und wahrscheinlich würde ich es trotzdem immer wieder tun.)


    Sim-Off:

    Gibt es einen nachsichtigen Tempeldiener, der mir dabei hilft, meine Chancen beim Lotto etwas zu erhöhen? =)

    Meine Bedenken. In den Wind geschlagen. 200 leicht verdiente Sesterzen. Zu ganzen 90 Prozent ins staatliche Glücksspiel investiert. Getrieben von der irrwitzigen Hoffnung auf DEN großen Gewinn. Die erste Ziehung. XIX. Eine blöde Zahl. Nicht mal annähernd meine Glücksnummer. Aber man munkelte ja hinter vorgehaltener Hand sowieso schon jetzt, dass nicht Fortuna sondern die Finanzbeamten selbst nach eigenem Gutdünken die Zahlen jeder Ziehung bestimmten. Denn nur eine Person hatte bisher je diese Lotterie gewonnen. Dafür aber gleich dreimal, wenn ich mir das richtig gemerkt hatte. So ein Luder. Denn dieser Gewinner war natürlich eine Frau.


    Ich hatte natürlich nichts gegen Frauen. Eher im Gegenteil. ABER. Man konnte sich doch vorstellen, wie das da oben auf dem Palatium lief: Ein Haufen geiler Männer, die am Tag größtenteils nur unter sich waren. Absichtlich oder zufällig gewann diese Gewinnerin dann das erste Mal. Ein freundlicher Blick, ein flirtendes Lächeln, ein kleines Trinkgeld für die Finanzbeamten. Die ließen ein paar Wochen vergehen. Bis die Sehnsucht zu groß wurde. Dann gewann die Gewinnerin erneut. Ein freundlicher Blick, ein flirtendes Lächeln, ein kleines Trinkgeld für die Finanzbeamten. Eine Endlosschleife.


    7300 Sesterzen. Das war die Höhe des neuen Jackpots. Ich brauchte mir diese Zahl nur vorzustellen und es kribbelte nervös in meinem Bauch. Dann grummelte mein Magen. Ja, bis zur nächsten Ziehung musste mein Geld jetzt aber erstmal noch reichen. Oder.. oder ich kaufte noch ein Los unter falschem Namen. Irgendwas Weibliches. Irgendwas, das sich unschuldig, aber doch auch ein bisschen sexy anhörte. Ich hatte keine Idee. Und ich hatte vor allem auch kein Geld für noch mehr Lose. Ich war also doch ganz auf Fortuna angewiesen. Vielleicht sollte ich ihr ein Opfer darbringen? Im Garten blüten gerade schöne Schneerosen und ein paar letzte Äpfel hingen noch am Apfelbaum....

    Das lief ja super! Meine Geldsorgen, aufgeschoben. Ein Angebot hatte mich erreicht. Schnell zu verdienende Sesterzen. Und einfach zu verdienen. Gab es einen Haken? Ich hoffte, nicht. Einen Eimer mit blauer Farbe und einen dicken Pinsel gabs kostenlos dazu. Ich nahm den Job an. An der Grundstücksmauer vor der Domus Artoria nahm ich Aufstellung und pinselte:


    Die Artorier empfehlen:
    Marcus Iulius Dives wählen!


    Ein guter Quaestor möcht er euch sein;
    lasst ihn zur Wahl drum nicht allein!


    Und wählt auch Tiberius Lepidus
    zum Vigintivir - das ist ein Muss!


    Sechs Verse. Der Aufwand begrenzt. Die Namen kannte ich nicht. Die Frau meinte, ich könnte ihr vertrauen. Sie sah glaubwürdig aus. Außerdem waren da ja noch die 200 klimpernden Argumente in ihrem Geldbeutel. Jetzt war es mein Geldbeutel. * Einfach verdientes Geld.


    Sim-Off:

    Und jetzt her mit der Kohle, Süße! :D