Beiträge von Nero Germanicus Ferox

    "Marcus Germanicus Varus und Antonia Tertullina. Keine Verletzungen oder Krankheiten. Ausbildung ... tja, nichts offizielles. Ich kann jagen ... Fallenjagd vor allem. Und Fährtenlesen. Außerdem Tiere schlachten, ausnehmen und häuten. Ein bisschen reiten."


    Alles Zeug, was in der Stadt wohl kein Schwein brauchte. Nun ja.


    Aufmerksam beobachtete Ferox sein Gegenüber.

    "Äh, ja, genau", antwortete Ferox nervös. Er wollte anschließend reflexartig mit seinem Namen vorstellen, wie er dies erst am Tor und dann im Officium getan hatte, aber dann fiel ihm ein, dass sein Name ja auf der Tabula stand. Er legte sie in die ausgestreckte Hand des Mannes und trat dann wieder respektvoll einen Schritt zurück.


    Aufgeregt wartete er, was sein Gegenüber nun sagen würde. Hoffentlich war die Tauglichkeitsprüfung wirklich so unspektakulär, wie sein Bruder ihm versichert hatte. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken, damit man nicht sah, dass er nervös mit seinen Fingern spielte.

    Pflaumen? Direkt nach dem Essen? Wo doch jeder wusste, wie es einem davon in den Gedärmen rumging! Wollte Antias ihn loswerden, indem er ihn für die nächsten Stunden auf die Latrine verbannte?


    Oder er wusste es einfach nicht besser. Vielleicht war Antias ja mit einer Verdauung gesegnet, welche derartige kulinarische Angriffe unbeeindruckt wegsteckte. So was gab es ja auch.


    "Äh, also ich wollte eigentlich noch ein Bier trinken ... Bier und Pflaumen, das verträgt sich nicht gut. Zumindest bei mir", informierte er darum.

    Die Taberna erzitterte regelrecht unter dem Rülpser seines Bruders. Ferox nickte anerkennend. Er trank etwas Wasser, wobei er absichtlich viel Luft mit trank und schloss sich dem Konzert an. Das Resultat, was sich seinem Brustkorb entrang, war kläglich. Das Bäuerchen jedes Säuglings war imposanter. Ohne ordentlich schäumende Cervisia war man einfach kein ernstzunehmender Konkurrent. Ferox spielte mit dem Gedanken, sich doch noch einen Krug zu gönnen.


    "Wenn du es schaffst, mir das Schreiben beizubringen, dann ... ach ich weiß auch nicht. Irgendwie bin ich grad zu einfallslos, um mir irgendeine Wette auszudenken. Viel zu satt und zu faul." Er grinste und klopfte sich auf den Bauch. "Aber ein kleiner Krug passt noch rein."


    Er sah sich nach der Schankmaid um. Antias verrenkte sich ebenfalls schon den Hals.

    "Ah, Bruderherz!", rief Ferox, als hätten sie sich jahrelang nicht gesehen. "Wie lange ist es her! Neun Stunden? Zehn?!"


    Er drückte Antias fest. Und als dieser ihm offenbarte, dass er seine Maultierstute mitnehmen durfte, schien der Tag perfekt.


    "Heute kann einfach nichts mehr schiefgehen, bei so einem guten Start! Danke, dass du das alles gedeichselt hast!"


    Guter Dinge ließ er sich von Antias zum Stabsgebäude bringen.

    "Ach... ach ja?" Das war ja mal ein Luxus! Und natürlich viel angenehmer, als allein in einen geschlossenen Ort hinein zu spazieren, wo man sich als Neuankömmling irgendwie fühlte, als hätte man ein fremdes Revier betreten und jeder würde einen irgendwie schief anschauen. Ferox versuchte, sich seine Freude nicht allzu sehr anmerken zu lassen und so Ernst zu schauen, wie er glaubte, dass man es als angehender Soldat tun sollte. Zumindest zogen die Urbaner, die er manchmal in der Stadt sah, prinzipiell einen Flunsch.


    "Gut dann werde ich hier auf meinen Bruder warten."


    Da er nicht wusste, wie lange 'jeden Moment' für jemanden bedeutete, der sich den halben Tag am Tor die Beine in den Bauch stand, setzte Ferox sich ein paar Schritte weiter auf einen Stein, wobei er darauf achtete, seinen Mantel unterzulegen, um sich nicht zu verkühlen.

    'Du kannst sie nicht verfehlen', hatte man ihm gesagt, als er sich nach dem Weg zur Castra Praetoria erkundigt hatte und so war es - die Anlage glich einer Festung, die, umsäumt von hohen Mauern, drohend vor ihm in den Himmel ragte. Ferox fragte sich, ob diese Mauern dazu dienten, Eindringlinge von außen abzuwehren oder nicht doch eher dazu, die Soldaten drin zu behalten. Nun ja, mit etwas Glück würde er es bald erfahren.


    Hinter ihm stand sein Maultier und ein Sklave der Garmanici, der es am Zügel hielt. Sollte Ferox das Tier nicht mit hinein nehmen können, würde der Sklave es zurück in den Stall der Casa Germanica führen.


    Ferox atmete noch einmal konzentriert ein und aus um sich zu beruhigen. Er war gestern extra zeitig zu Bett gegangen, hatte sich morgens noch einmal ausgiebig gewaschen, sich so penibel rasiert wie noch nie in seinem ganzen Leben und sogar seine Schuhe geputzt, um einen möglichst guten Eindruck zu machen.


    "Salve", grüßte er die Wachen, "Nero Germanicus Ferox. Ich möchte mich zur Rekrutierung melden."

    Ferox beobachtete gespannt, wie sein Bruder das Essen nachwürzte und dann zum Mund führte. Antias` Gesicht verzog sich und das nicht gerade zu einem Lächeln. Die Soße schien so widerlich zu schmecken wie die von Ferox aussah. Zum Glück hatte er sie noch nicht mal gekostet, sonst dürfte er den Rest des Tages womöglich auf der Latrine verbringen.


    Als Antias ihm anbot, ihm das Lesen beizubringen, erhellte sich sein Gesicht für einen Moment bei dem Gedanken, nun einen Grund zu haben, regelmäßig Zeit mit ihm zu verbringen. Dann verfinsterte es sich wieder. Allein bei der Vorstellung, dass er diese kryptischen Zeichen, die man verharmlosend Buchstaben nannte, lernen musste zu deuten.


    Er erinnerte sich daran, wie Varus ihm versucht hatte, wenigstens das Schreiben seines Namens beizubringen. 'Jede littera steht für einen Laut', hatte er erklärt und Ferox war daran verzweifelt. F-E-R-O-K-S. Egal wie oft er zählte, er kam immer auf einen Laut zu viel. Sein Vater hatte ihm erklärt, dass es Ausnahmen gäbe und manche Buchstaben zwei Laute zu einem zusammenfasste und auf das kreuzförmige Symbol am Ende gewiesen. 'Hier zum Beispiel, das ist ein X. Das steht für K und S.'


    I-K-S. Drei Laute. Ferox hatte zuerst das Kreuz, dann ihn verständnislos angestarrt und das war das letzte Mal gewesen, dass Varus sich mit einer Wachstafel zu seinem Sohn gesetzt hatte.


    Ferox rieb sich die Schläfe, hinter der es schmerzhaft pulsierte. „Ich … würde mich darüber freuen das zu lernen.“ Das war gelogen. „Ähm, freuen, wenn du es mir beibringen würdest.“ Jetzt war es zumindest keine Lüge mehr. Über die Zeit mit Antias freute er sich wirklich. Die Frage war nur, wie lange Antias Freude bei dem Versuch haben würde, die litterae in den Schädel seines Bruders zu kriegen. Allein bei der Vorstellung von Buchstaben bekam Ferox Kopfschmerzen!


    „In Ordnung, ich werde dem Kerl das dort so sagen, wie du gesagt hast. Und hoffen, dass man mich dafür nicht gleich wieder hochkant rausschmeißt und mir 'Versager!' hinterherbrüllt. Man hört ja manchmal so lustige Dinge über den Ton beim Militär. Bin schon gespannt, ob es wirklich so ist, dass man dann in einer Reihe steht, während der Vorgesetzte auf und ab schreitet und einen für jedes Staubkörnchen und jeden vergessenen Bartstoppel zusammenbrüllt.“


    Das Ei war alle. Ferox hob den Teller vor sein Gesicht und leckte ihn sauber.

    Ferox rieb sich verlegen den Hinterkopf. "Nun ja ... bisher habe ich es nie gebraucht und Vater hat das wohl genauso gesehen. Was hätte ich denn im Wald aufschreiben oder lesen sollen? Den Verkauf der Pelze, das hat hauptsächlich Großvater gemacht, aber der hat auch nur im Kopf gerechnet. Das kann er ziemlich gut, also ..."


    Es half nichts, die Wahrheit musste früher oder später raus! Er räusperte sich.


    "Nein, ich kann nicht lesen. Weder Zahlen noch Buchstaben."


    Seine Wangen glühten. Er fühlte sich, als hätte er eben gebeichtet, dass er Damenunterwäsche trug. Ferox aß noch ein paar Brocken Ei, um einen Grund zu haben, Antias nicht ins Gesicht zu schauen.


    Der wartete indes immer noch auf seinen Siebenschläfer, der wahrscheinlich erst sieben Mal geweckt, betäubt, getötet und gehäutet werden musste, so lange wie das hier dauerte. Normaler Weise hätte Ferox sein Ei mit Antias geteilt, aber nachdem er mit dem Finger darin herumgerührt hatte, konnte er ihm das unmöglich anbieten. Er schob ihm dafür die grüne Paste hin.


    "Hier, falls du magst ... vielleicht erbarmen sie sich und bringen dir wenigstens etwas Brot."

    Zufrieden registrierte Ferox, dass sein Bruder sich doch noch etwas Normales zu Essen bestellte. Oliven ohne alles! Wie viele hätte Antias davon essen müssen, um einigermaßen satt zu werden? Doch Ferox` Zufriedenheit verwandelte sich in Unbehagen, als Antias ihm über die Rekrutierung und das Leben bei den Stadtkohorten berichtete.


    "Zahlen ablesen? Schöne Scheiße. Reicht das, wenn ich dem Kerl sage, wie die Zahlen aussehen oder muss ich sie benennen?"


    Der Rest hörte sich machbar an. Auch wenn Ferox ahnte, dass Ausbilder unter 'Ordnung' etwas anderes verstanden, als er bisher in seiner Waldhütte gewohnt war, aber das ließ sich ja lernen. Andere schafften das schließlich auch, also konnte es so schwer nicht sein. Das Lesen allerdings war ein ernstes Problem ... Ferox hoffte inständig, dass dies kein Ausschlusskriterium war und er noch einen Schnellkurs in Buchstabenkunde absolvieren musste, ehe er bei den Cohortes Urbanae antanzen konnte.

    "Oliven?" Zweifelnd verzog Ferox die Augenbrauen, als Antias seine Bestellung aufgab. Zum Glück hatte die Schankmaid den selben Gedanken wie er und zählte ein paar deftige Speisen auf. Ferox nickte zufrieden."Mädel, bring meinem Bruder bloß was ordentliches, sonst bricht er mir zusammen, wenn er das nächste mal die Rüstung überzieht. Die Oliven kannst du als Beilage machen."


    Sein Blick fiel auf ein Schälchen mit einer undefinierbaren Masse, die ihm zusammen mit den Eiern serviert worden war und die er sich nicht traute zu essen. Stattdessen fummelte er einen Brocken mit viel Eigelb aus seinem Teller und verzehrte ihn.


    "Das wär` ja klasse, wenn ich Vespa mitnehmen könnte", sprach er an Antias gewandt. "Sie ist das treuste Viech, was mir jemals untergekommen ist ... die Kraft eines Pferdes, die Robustheit eines Esels und die Dummheit eines Ochsen. Einen besseren Gefährten kann man sich nicht wünschen! Falls sie doch nicht mit kann, muss ich unbedingt jemanden bitten, eine Pflegeanleitung für die Sklaven der Germanici zu schreiben, damit es ihr an nichts mangelt. Immerhin muss sie durchhalten bis du deine Gens gründest. Aber sie ist noch jung, knapp drei Jahre, da wird das schon."


    Einmal mehr beäugte er die Paste. So etwas hatte er noch nie gegessen, sah aus wie Popel. Er nahm sich lieber ein weiteres Stück Ei.
    "Gibt es noch irgendwas, dass ich für die Rekrutierung wissen muss? Irgendwelche Fallstricke, Leute, mit denen nicht gut Kirschen essen ist oder so was?"

    Ferox rieb sein schmerzendes Ohr. Antias hatte einen ziemlichen Griff drauf, wahrscheinlich vom Waffentraining. „Uns schluchzend in die Arme fallen? Die Leute würden denken, wir wären besoffen! Da siehst du es, ich muss zu den Urbanern, sonst überschwemmen wir vor lauter Wiedersehensfreude jedes Mal die ganze Stadt, wenn wir uns zufällig über den Weg laufen.“ Lachend klopfte er Antias auf die Schulter.


    Er ließ sich von ihm durch die Stadt schleifen. Götter, es wurde immer verwinkelter! Als sie die großen Hauptstraßen verließen und in irgendwelche Nebengassen einbogen, verlor Ferox den letzte Rest seiner Orientierung. Als sie die Taberna erreichten, hatte er keine Ahnung, wo er sich befand.


    Das Innere der Taberna war verhältnismäßig einladend. Auf dem Boden waren keine größeren Verunreinigungen zu sehen und die Gäste wirkten auf den ersten Blick nicht, als würde hier einer gezielt Ärger suchen. Ferox bestellte sich gebratene Eier und Brot, eine extra große Portion. Die Gemüsebeilage ließ er gegen Käse tauschen, Grünzeug hatte er auf der Reise mehr als genug selbst gesammelt und verzehrt. Er überlegte kurz, ob er sich zum Nachspülen etwas Wein gönnen sollte, entschied sich dann aber doch für Wasser. An einem sentimentalen Tag wie diesem würde er sonst wahrscheinlich heulend und lallend von Antias nach Hause geschleift werden müssen, während er unablässig irgendwelche Peinlichkeiten verkündete.


    „Dass die Urbaner mich in der Castra gleich dort behalten, wundert mich. Ich dachte, man kann wenigstens noch sein Gepäck holen. Aber auch nicht schlecht, da penne ich noch eine Nacht in der Casa Germanica, ehe ich mit Sack und Pack beladen bei den Cohortes aufkreuze. Da fällt mir ein … kann ich Vespa mitnehmen? Also das Maultier. Oder muss ich sie in der Casa lassen?“


    Er zerrupfte das Brot und verteilte es auf den gebratenen Eiern, rührte das Ganze mit dem Zeigefinger um und begann dann Bröckchen herauszupicken und sich in den Mund zu stopfen. Er hatte zu seiner Mahlzeit keinen Löffel bekommen und war nicht sicher, ob das hier so üblich war oder man es einfach vergessen hatte. Aber es war ihm eigentlich auch egal, er hatte Hunger und würde nicht noch länger mit dem Essen warten!

    Ferox hatte schweigend den Ausführungen seines Bruders gelauscht, während er den angebissenen Apfel verzehrte. Als Antias beichtete, dass es eine Serva war, die es sich in seinem Herz gemütlich machte, zog Ferox belustigt die Augenbrauen nach oben, aber sagte nichts. Es stand ihm nicht zu, irgendwelche Urteile zu fällen – oh nein, ihm bestimmt nicht! Er selbst war zum Glück bisher vor Armors tückischen Pfeilen verschont geblieben, aber er hatte schon so manch starken Mann vor Liebe weich werden sehen.


    Da Antias das Thema rasch wieder wechselte, urteilte Ferox, dass er die ganzen Andeutungen wohl nicht gemacht hatte, weil er mit ihm über die Serva reden wollte, sondern weil sie sich ganz ohne sein Zutun immer wieder in seine Gedanken schlich. Armer Antias! Mitfühlend betrachtete er seinen verliebten Bruder.


    In dem Moment trampelte ein Trupp von Gepanzerten an ihnen vorbei. Neugierig sah Ferox ihnen nach. Die Urbaner unterschieden sich in ihrer Ausrüstung nicht allzu sehr von den Soldaten, die er aus Mogontiacum kannte, nur dass sie gepflegter waren. Vielleicht würde auch er bald hier im Gleichschritt durch die Straßen trampeln.


    „Mir qualmen nicht nur die Nasenlöcher sondern der ganze Schädel“, erwiderte er. „Was für ein Tag! Mal schauen, wie wohl mir nach einer ordentlichen Mahlzeit ist, vielleicht starte ich der Castra Praetoria dann noch einen Besuch ab und melde mich bei den Urbanern, bevor ich zur Casa zurückkehre.“


    Von seinem Apfel war bloß noch der Stiel übrig. Er schnippte ihn davon.


    „Was ich dir noch sagen wollte … falls du mal irgendwann Hilfe brauchst – egal, worum es geht – du kannst auf mich zählen. Wenn ich dir helfen kann, dann helfe ich. Und wenn du dich mal ausheulen willst … meine Ohren sind geduldig und mein Mund schweigsam.“


    Niemand würde von Ferox auch nur ein Wörtchen erfahren, das ihm unter vier Augen anvertraut worden war.

    Hinter ihnen quiekte es leise, als Antias so unvermittelt losplärrte. Ferox fuhr herum, ein Grüppchen von Frauen, die wohl gerade einkaufen gewesen waren, wie man an den vollen Lebensmittelkörben sah, starrte die beiden Brüder mit einer Mischung aus Erschrockenheit und Belustigung an. Auf das Stichwort 'Waldbär' hob Ferox die Hände wie Bärentatzen und lief brüllend auf die Frauen zu. Kreischend rannten sie ein Stück davon, ehe sie wieder langsam wurden, kicherten (oder ihn kopfschüttelnd auslachten) und verschwanden.


    Ein Apfel, den sie verloren hatten, kullerte über das Pflaster. Ferox hob ihn auf und wischte ihn an seiner weißen Tunika sauber, die daraufhin nicht mehr ganz so weiß war. Er biss kräftig ab und schnurpste, während sein Bruder erzählte.


    „Das hört sich ein wenig so an, als ob du da eine im Auge hättest“, bohrte er nach. „Du eierst immer in irgendwelchen nebulösen Andeutungen rum.“ Er grinste und stieß Antias mit dem Ellebogen an. „Also entweder du erzählst jetzt, was dir auf dem Herzen liegt oder du hörst auf, mich neugierig zu machen, sonst platze ich.“


    Nebenbei überlegte er, ob die Sache mit den Damen, die auf 'Waldbären' standen, wohl stimmte oder ob das nur einen Scherz auf Kosten von Ferox` nicht gerade spärlicher Körperbehaarung war.

    Staunend hatte Ferox die Wunder der Großstadt betrachtet. Jetzt, wo er sich nicht darauf konzentrieren musste, sich nicht zu verirren, weil Antias ihn führte, konnte er seine ganze Aufmerksamkeit den kunstvollen Bauwerken widmen. Wie man es schaffte, die riesigen Steinmonumente aufzutürmen, ohne dass sie wieder zusammenstürzten, war ihm, der nur Holzdächer gewohnt war, ein Rätsel. Und mitunter auch etwas unheimlich.


    Er genoss den Spaziergang durch die winterliche Stadt. Es war die erste Unternehmung, die er mit seinem Bruder gemeinsam machte und er würde sie sein Leben lang nicht vergessen, dessen war er sicher. Ein Funke der verpassten gemeinsamen Kindheit erwachte in ihm und plötzlich hatte den Drang, Antias einen Schneeball von hinten in die Tunika zu stopfen und sich an seinen Verrenkungen zu erfreuen und die zu erwartende Vergeltung in eine Schneeballschlacht gipfeln zu lassen. Nur leider lag hier kein Schnee.


    Mitten auf einer Brücke blieben sie stehen. Ferox stützte sich neben Antias auf die Mauer und beugte sich nach vorn, um mit ihm zusammen das Wasser zu betrachten, dass die Pfeiler umspülte. Ein Gefühl von Verbundenheit breitete sich in Ferox` Herzen aus - ein Gefühl, von dem er nie geglaubt hätte, dass es jemals ausgerechnet seinem Bruder gelten würde. Ihre Spiegelbilder schauten ihnen verzerrt entgegen.


    Zum Baden einladend sah die Farbe des Tiber nicht gerade aus. Ob das an den Abwässern der Bewohner lag? Ferox ertappte sich dabei, wie er nach im Fluss treibenden braunen Würstchen Ausschau hielt.


    Als sein Bruder ihn darauf hinwies, dass man in den Mannschaftsgraden nicht heiraten durfte, zuckte Ferox mit den Schultern. „Mich will doch sowieso keine haben. Ich habe keinerlei Ahnung vom Leben in Roma, weiß nicht, wie man sich angemessen benimmt – ich bin mit einem Maultier in die Casa getrampelt, weil der Sklave vergessen hat, es in den Stall zu führen und ich glaubte, dass hätte so seine Richtigkeit!“ Er schüttelte den Kopf und lachte über sein eigenes trampliges Verhalten. Jedoch verstummte er wieder, als er Antias` nachdenkliches Gesicht sah. „Bedrückt dich etwas, Brüderchen?“

    Sim-Off:

    Hab herzlich gelacht bei deinem Beitrag! :D Armer Antias.


    Ferox war baff. Daran, dass ein Urbaner im Gegensatz zum Legionär sein Leben jeden Tag riskierte, hatte er gar nicht gedacht. Er hatte sich das ganze gemütlicher vorgestellt. Andererseits riskierte man sein Leben bereits, wenn man morgens seinen Fuß auf die Straße setzte. Man konnte stürzen und sich den Kopf aufschlagen oder von einem Ochsenkarrren überrollt werden. Oder zu Hause im Bett einen Herzstillstand erleiden. Nein, er würde jetzt sicher keinen Rückzieher machen!


    Als Antias meinte, er müsse noch nach Trans Tiberim, sanken Ferox` Mundwinkel einen Moment nach unten, doch als sein Bruder ihm vorschlug, ihn zu begleiten, kehrte sein Lächeln zurück. „Ich habe zwar keine Ahnung, was dieses Trans Tiberdings ist, aber ich komme gern mit um es herauszufinden! Hoffentlich gibt es dort was zu essen.“


    Er freute sich, dass sein Bruder an sein Wohlergehen dachte – als einziger bisher. Die Hausherren waren zwar sehr nett gewesen, aber keinem von ihnen war der Gedanke gekommen, dass Ferox während solch einer langen Reise nicht gerade im Essen gebadet haben konnte und nun sicher hungrig war. Seinem Bruder schon. Ferox Lächeln verbreiterte sich zu einem zufriedenen Grinsen. Mit Antias zusammen erschien die Zukunft ihm gleich ein ganzes Stück heller! Er hatte erst geglaubt, wegen der Nachricht vom Tod seines Vaters wäre es ein schwarzer Tag, aber das war es nicht. Ganz und gar nicht. Genau genommen war er sogar rundum glücklich.


    Einen Moment hatte er ein schlechtes Gewissen, doch das verschwand so rasch, wie es gekommen war. Wenn Varus aus dem Elysium auf seine Söhne herab sah, war es ihm sicher lieber, sie so zu sehen. Vielleicht hatte es so sein sollen, dass die Fäden auf diese Weise zusammenführten. Varus hatte nie für seine Söhne da sein können – dafür waren diese fortan füreinander da. Ja, es könnte von Fortuna so bestimmt sein. Und Ferox war es mehr als zufrieden.


    „Um auf deine Frage zurückzukommen, ich hab heute bloß einen vertrockneten Brotrampen gefuttert. Genauso wie gestern und vorgestern. Ach nein, vorgestern habe ich mir den Rampen aufgeweicht und `ne Suppe draus gemacht. Das reicht um nicht vom Fleisch zu fallen, aber satt ist was anderes.“


    Er lachte und klopfte sich auf den Bauch.


    „Dann las uns mal losgehen. Nicht, dass du noch zu spät wozu auch immer kommst und ich hier zum Pilum abmagere. Am Ende werden meine Arme noch so dünn wie deine.“


    Dass die Arme seines Bruders weitaus muskulöser waren als seine eigenen, ließ er geflissentlich unter den Tisch fallen.