De
Kyriakos
Carcer der Cohortes Urbanae
Ad
Advocatus
Aulus Iunius Tacitus
DRINGEND: Bitte um Rechtsbeistand
Hochverehrter Advocatus Aulus Iunius Tacitus,
hier schreibt Kyriakos von Sparta, der im Vertrauen auf das römische Rechtssystem in große Not geriet. Aus bitterer Haft heraus ersuche ich deinen Rechtsbeistand, um arge Unbill für mich abzuwenden.
Da der Termin zur Anhörung vor dem Praetor peregrinus schon morgen zur vierten Stunde anberaumt ist, vergib mir, dass ich dir im Folgenden bereits den vollen Umfang meiner Situation darlege, denn eine weitere Gelegenheit zur Konversation werde ich nicht erhalten.
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Ich brachte am heutigen Tage einem jungen Vigintivir, dem Tresvir monetalis Nero Aemilius Secundus, im Vertrauen auf das römische Recht fünf Goldmünzen zur Überprüfung. Mir war daran gelegen, untersuchen zu lassen, ob es sich womöglich um Falschgeld handelte, denn ich betreibe ein Geschäft, das Lupanar Ganymed, und wünsche keinen Konflikt mit dem Gesetz. Ich hatte die Aurei aus zweifelhafter Quelle erhalten.
Als ich in der Münzprägeanstalt vor der Herausgabe jedoch um eine Quittung für die fünf Münzen bat, nahm das Unheil seinen Lauf. Mit sofortiger Wirkung verwandelte ich mich vom Zeugen in einen Angeklagten. Warum, das wissen die Götter allein. Meiner Kleider, meiner Sandalen und meines Geldes wurde ich beraubt, gleichsam jedweder Würde. Man hängte mich kopfüber auf und misshandelte mich, verabreichte mir ein Gift und drohte, mich aufzuschneiden.
Unter dieser Behandlung war es mir nicht länger möglich, eine Herausgabe der Münzen ohne Erhalt einer Quittung zu verweigern. Da sich bei der folgenden Überprüfung vermutlich einige der Münzen tatsächlich als Falschgeld offenbarten, brachte der Vigintivir mich nach Abschluss dieser Quälerei vor die Sella curulis des Praetor urbanus. Aemilius Secundus wählte diesen Magistrat, obgleich dieser, wie ich dem Gespräch entnahm, für Cives zuständig sei und ich als Peregrinus dem Rechte nach dem Praetor peregrinus zugeteilt werden müsse. Mutmaßlich entschied er so, weil er Günstling des Praetor urbanus ist, wenn die Aussage seines Mitarbeiters stimmt, denn jener höhnte in diesem Sinne ob meiner Machtlosigkeit, sollte ich das Wort vor dem Prätor zu erheben wagen.
Darüber hinaus kündigte der Tresvir monetalis an, von nun an sei der Besitz von Falschgeld eine Straftat. Aemilius Secundus versuchte weiterhin zu verhindern, dass mir ein Advokat beiseitegestellt würde. Dies sind zwei Dinge, die mir besondere Sorge bereiteten, sind sie doch geeignet, jeden Glauben an die Unität von Rechtswesen und Gerechtigkeit zu zerschlagen.
Doch beraumte der Scriba des Praetor urbanus ein Anhörung vor dem Praetor peregrinus an und verordnete, mich in die Obhut der Cohortes urbanae zu überstellen und mir einen Advocatus zur Seite zu stellen.
So ungeheuerlich dies alles klingen mag, ich schwöre bei dem Namen von Herakles, von dem die Könige Spartas abstammen, und bei den göttlichen Zwillingen Castor und Pollux, Söhne der Königin Leda von Sparta: Jedes Wort entspricht der Wahrheit. Für meine Aussagen gibt es zahlreiche Zeugen, von den Mitarbeitern der Münzprägeanstalt an begonnen, auch wenn sie kaum gegen ihren Herrn aussagen werden, bis hin zum Scriba des Praetor urbanus, der an jenem Tage wahre Größe bewies.
Und so begab es sich, dass ich in die Gefangenschaft der Cohortes urbanae geriet. Im Carcer empfahl ein Soldat mir deinen Namen und ich bitte dich sehr, dich meines Falls anzunehmen. Ich versichere, dass ich in der Lage bin, dir ein angemessenes Honorar zu entrichten.
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Ich verbleibe in der Hoffnung auf einen positiven Entscheid, denn du bist in der Tat meine letzte Hoffnung.
So bitte ich innig um dein Erscheinen morgen zur vierten Stunde vor dem Praetor peregrinus.
Hochachtungsvoll
Kryriakos
PS: Für den Fall, dass du die Aussage meiner Mitarbeiter benötigst, lege ich dir die Adresse meines Lupanars bei. Der Ansprechpartner ist Pollux.
Lupanar Ganymed
Clivus Suburanus
IV. Regio
Roma