Beiträge von Nero Germanicus Ferox

    Ferox fing sich wieder, als sie ganz normal mit ihm sprach. "Die Verwalterin? Großartig!" Wer würde hier wohl besser Bescheid wissen, als sie? Da dürfte es nicht viele Leute geben, wenn überhaupt. "Wenn du gerade Zeit hast, gib gern den Weg vor, ich begleite dich. Im Inneren einer Factio war ich noch nie; ich kenne sie nur von den Rennen. Ich bin übrigens Nero Germanicus Ferox."

    Das würde gerade noch fehlen, dass auch noch der Python sich das Genick brach ...


    Ferox ging voran in die Grabstätte, die wie ein kleines Haus gebaut war. Darin war es Finster, bis auf das Viereck aus Licht, das durch den offenen Eingang fiel. In der Mitte ruhten die sterblichen Überreste unter dem Stein. Dahinter klaffte ein scheinbar unendlich tiefes Loch. Dort hinein musste der Mann gestürzt sein, den Python zum Stadttor getragen hatte. Im Fackelschein sah man schließlich, dass das Loch doch nicht in die Unendlichkeit führte, sondern in einen unterirdischen Gang mündete. Ferox kletterte hinein und lauschte in die Dunkelheit. Nichts.


    "Hier unten geht es weiter", informierte er seinen Vorgesetzten. "Das scheinen irgendwelche Katakomben zu sein!"

    "Wir haben den Toten untersucht, Optio. Die Verletzungen könnten zu der Schilderung des Zeugen passen. Doch bevor wir den Unfallort nicht gesehen haben, können wir es nicht sicher sagen. Soll ich mal reingehen oder willst du das übernehmen?"


    Da entdeckte er auch den Knüppel, der im Grase am Straßenrand lag. Mit gerunzelter Stirn hob er ihn auf. Blut war daran nicht zu sehen. Die Wunde am Kopf des Toten hingengen war eine blutende Platzwunde gewesen.

    Ferox hob kurz die Hände, um die junge Frau aufzufangen, die beinahe in ihn hineinrannte, doch der kleine Unfall geschah nicht. Mit einem verschämten Lächeln ließ er die Hände wieder sinken. "Salve", grüßte er freundlich, um ihr den Schreck zu nehmen. "Ich interessiere mich für die Factio Aurata. Da du hier gerade herauskommst, kannst du mir vielleicht weiterhelfen?"


    Doch er selbst war mindestens genau so sehr erschrocken, nicht wegen der unerwarteten Begegnung, sondern weil die junge Frau so harmlos und lieb aussah. Weil er in seinem Berufsalltag überwiegend üblen Gestalten begegnete und seine Gesellschaft sich meist auf Urbaniciani beschränkte, die sich über seine Vorliebe für langweilige Literatur lustig machten, kam er ein bisschen durcheinander. Wie konnte jemand so lieb aussehen? Er wartete darauf, dass ihr Gesicht sich in eine böse Fratze verwandelte und sie ihn anschnauzte, was er sich anmaßen würde, anständige Frauen anzusprechen.

    Ferox schoss das Blut in die Ohren, als die davonfahrende Dame ihm keck zuzwinkerte und ihn zu sich nach Hause einlud. Regelrecht bestürzt starrte er Tarpa an, der sich in solchen Dingen auskannte. "Hat sie das gerade ernst gemeint?"


    Die Antwort kam ohne Zögern: "Noch deutlicher kann sie wohl kaum werden, oder?"


    Ferox starrte fassungslos in das Gesicht des Kameraden. Was hatte er getan, dass sich anscheinend auf einmal eine Dame für ihn interessierte? Sonst wurde er stets übersehen, da er ein stiller, wohl in den Augen vieler Frauen eher langweiliger Mann war.


    Ramnus grinste und wackelte anzüglich mit den Brauen, was Ferox erboste. "Du brauchst gar nicht so zu schauen. Sie hat mich nur eingeladen, weil ich ihren Verwandten kenne."


    "Eben, ein guter Vorwand. Da kann niemand was dagegen sagen", bestätigte Ramnus, was dafür sorgte, dass Ferox sich kurz abmelden musste, um einen Schluck kaltes Wasser trinken zu gehen, um sich abzukühlen. Er war mit der ihm unbekannten Situation überfordert und fragte sich, ob es klug wäre, der Einladung zu folgen. Sein Herz schrie hüpfend und winkend ein lautes Ja, sein Verstand drosch derweil auf die innere Alarmglocke.

    Ramnus kontrollierte kurz die Kutsche von allen Seiten, blickte auch in sie hinein und unter sie. Er betrachtete die Gesichter aller Reisenden, doch es war niemand unter ihnen, der gesucht war oder verdächtig wirkte. Ramnus gab Ferox ein Zeichen, dass alles in Ordnung sei.


    Ferox musste sich während der Wartezeit die ungenierten Blicke der jungen Dame gefallen lassen. Einen Moment fragte er sich, ob seine Rüstung dreckig war. Das schäbige Grinsen von Asper im Hintergrund ließ Ferox dämmern, dass noch andere Assoziationen im Raum standen. Natürlich, sie war eine Seia ... mit einem Anflug von Verzweiflung dachte Ferox an den gleichnamigen Prätorianer, mit dem er viel zu oft zusammenarbeiten musste, und den er als manipulative Spielernatur erlebt hatte. Der schaute einen genau so an. Das dichte schwarze Haar, die braunen Augen ... mit Sicherheit war Seia Fusca mit ihm nicht nur weitläufig verwandt.


    "Geschenke sind kein Problem. Bei Tag dürfen Karren und Gefährte zwar nicht in die Stadt einreisen, aber du hast Glück, die Sonne geht gerade unter. Ihr seid das erste Gefährt und werdet noch gut durchkommen, wenn ihr nicht trödelt. Grüße an Seius Stilo von Germanicus Ferox", sagte er mit einem schmalen Lächeln.


    Vor der Kutsche öffneten die Urbaniciani das Stadttor von Rom. Diejenigen, welche der Kutsche den Weg versperrt hatten, traten zur Seite. Vor lauter Verwirrung vergaß Ferox, auf eine Bestechung hinzuarbeiten und ließ die Kutsche trotz des offensichtlichen Wohlstands der Seia Fusca einfach so passieren. Asper, der Kamerad, der eben noch schäbig gegrinst hatte, zog einen Flunsch.

    Ferox schaute sich um. Das Gräberfeld der Via Appia war bei den Urbaniciani bekannt dafür, dass sich in den Grabmälern, die oft wie kleine Häuser aufgebaut waren, oft Gesindel herumtrieb. Manchmal waren es auch nur arme Seelen, mit denen es die Götter nicht gut gemeint hatten, doch musste man auf der Hut sein. Er wartete mit aufmerksamem Blick auf die Anweisungen seines Optios.

    Vielleicht konnte der verwirrte Blick, mit dem Ferox den vermurksten Gruß beobachtete, seinen Vorgesetzten beruhigen. Furius Cerretanus brauchte bei ihm wohl nicht zu fürchten, dass er je mit der Mappe grüßen würde. Dafür war Ferox die Einhaltung von Formalitäten viel zu wichtig. So achtete er auch genau darauf, dass die Prätorianer vor ihm den Raum verließen und er als letzter. Auch das Abschließen vergaß er nicht.

    Ferox schlenderte nach Dienstschluss in der Nähe des goldenen Rennstalls herum, während der warme Spätsommerwind ihm den Stallduft ins Gesicht wehte. Er betrachtete die Bausubstanz des Gebäudes, die von einer gewissen Verwahrlosung* zeugte. Dennoch war man im Inneren scheinbar geschäftig unterwegs. Hier herrschte zweifelsohne Leben, nur dass man seine Zeit im goldenen Rennstall lieber anders einteilte. Die regelmäßigen Erfolge sprachen in jedem Fall für die Goldenen. Gern würde Ferox sich die Pferde einmal von nahem ansehen. Bei seinem letzten Dienst zur Absicherung eines Rennens hatte es sich im Falle der goldenen Gespanne um herrliche Rappen gehandelt.


    Für welchen Rennstall man Partei ergriff, war eine höchst subjektive Angelegenheit. Dem Gefühl von Ferox nach, genossen Blau und Grün im Volk den meisten Zuspruch, was aber - widerum nach seinem Empfinden - vor allem an der Farbe selbst lag und nicht an den Lenkern oder eventueller Sympathie gegenüber den Domini factionum der Rennställe. Das war ihm zu oberflächlich. Wenn er sich für eine Factio entschied, dann sollte die Entscheidung schon Hand und Fuß haben und nicht aus einer Laune heraus erfolgen. Impulsvität entsprach nicht seiner Natur. Und entscheiden wollte er sich, um sich selbst zu besserem Freizeitverhalten zu erziehen. Seine freien Stunden immer nur lesend zu verbringen, würde ihm auf Dauer nicht gut tun. Er musste raus, unter die Leute! Wagenrennen boten dazu einen hervorragenden Anlass.


    Also begann Ferox den langen Weg seiner Entscheidungsfindung mit einem Besuch bei der Factio Aurata, vor deren Vereinshaus er sich herumdrückte.


    Sim-Off:

    *Ich beziehe mich auf den Startpost. Bislang scheinen keine Renovierungs- oder Aufräumarbeiten stattgefunden zu haben. Sollte ich irren, mich bitte kurz anhauen, dann stelle ich das richtig. :)

    Ferox stand auf. Er gab seinem Kameraden ein Zeichen, Python schon einmal zum Tor zu geleiten. Da der Mann aufgrund seiner Blindheit zu Fuß etwas langsam war, war es besser, wenn er schon vorging. Ferox suchte derweil seinen Vorgesetzten, Optio Appius Furius Cerretanus. Es mochte sein, dass dieser sich persönlich vom Ort des Geschehens überzeugen wollte.

    "Melde dich, wenn du Näheres weißt. Dann unterbreite ich dir gern ein paar Vorschläge." Er erwiderte das Lächeln und als Aculeo ihm auf die Schulter klopfte, tat er es ihm auf der entgegengesetzten Seite gleich. "Bis später, Procurator."


    Was sein Verwandter da vor sich hinbrabbelte, war für Ferox gerade noch zu verstehen. "Denk an die Castra Urbana", rief er ihm noch hinterher. In diesem kleinen gesonderten Castell waren die Urbaner ganz für sich allein. Allerdings hatte Ferox bislang keinen Dienst dort gehabt. Falls sein Verwandter sich dafür interessierte, konnte Ferox ihm beim nächsten Treffen mehr darüber erzählen.


    Einstweilen kehrte er zu seinem Posten am Tor zurück.


    Sim-Off:

    Lage der Castra Urbana auf der Karte: Link

    Sim-Off:

    Thread der Castra Urbana im Forum: Link

    "Es ist gut, dass wir an der Sache dranbleiben können! Dann werden wir der Sache auf den Grund gehen, sobald die entsprechenden Befehle draußen sind. Vertrauenswürdig sind alle Urbaniciani, Procurator. Aber ich könnte dir ein paar empfehlen, die für diese Arbeit besonders geeignet sind." Er lächelte verschmitzt. So herum hörte es sich besser an. Ferox konnte schlecht seine eigenen Kameraden in die Pfanne hauen, indem er einigen von ihnen Unzuverlässigkeit unterstellte, auch wenn der eine seine Arbeit genauer nahm als der andere und man Familienangehörigen im Normalfall eher Vertraute als Fremden.


    "Wie viele Männer hast du dabei im Sinne? Und was werden im Einzelnen die Aufgaben sein, wenn alles nach deinem Plan läuft?" Je mehr Ferox wusste, umso präziser konnte er die Auswahl vornehmen.

    Ferox nickte, als die Sprache auf ihn zu sprechen kam. Was das betraf, war er ganz einer Meinung mit seinem Optio. Allerdings konnte er persönlich auf eine Zusammenarbeit mit den Prätorianern auch gut verzichten, wenn es sich vermeiden ließ. Er schätzte Geradlinigkeit und Aufrichtigkeit und hatte keinen Nerv für ihre Strippenzieherei. Zwar gab es Mitglieder der Garde, mit denen er ganz gut auskam, doch er hütete sich, allzu enge Bekanntschaft mit ihnen zu schließen. Wirkliche Freunde hatte er ausschließlich innerhalb seiner eigenen Einheit und das war durchaus Absicht.

    "Glück? Vielleicht eher Raffinesse. Der Bursche ist ein Schlitzohr und weiß, sich beliebt zu machen. Das ist schließlich auch seine Arbeit. Nur als er das beim Vigintivir versucht hat, war das scheinbar ein Griff in die Latrine." Ferox grinste. "Was die Sauberkeit meiner Arbeit bei den Cohortes Urbanae betrifft: wir bewegen uns präzise im gesteckten Rahmen des Gesetzes, falls du das meinst."


    Die kleinen Bechstechungen am Tor der Stadtmauer, um einer der unbeliebten Stichprobenkontrollen zu entgehen, gehörten zum alltäglichen Leben von Rom dazu und verstießen gegen keinerlei geltendes Recht. Im Grunde waren die Cohortes Urbanae aber für besondere Gesetzestreue und Zuverlässigkeit bekannt, was man von den Cohortes Praetoriae nicht zwingend behaupten konnte, an deren Klingen das Blut so manchen Kaisers klebte. Viele Bürger gaben daher einer Konfrontation mit den Cohortes Urbanae den Vorzug, auch wenn diese genau so hart durchgriffen, wenn es darauf ankam. Am Ende waren sie alle keine Wohltäter, auch wenn das ein Nebeneffekt sein konnte, sondern Soldaten.


    "Der Dienst bei den Cohortes Urbanae liegt mir, würde ich sagen. Es macht Spaß, der Sold ist anständig und das Essen gut und reichlich. Freundlich kann man freilich nicht immer sein, das liegt in der Natur der Sache." Er lächelte und öffnete den Mund, um sich mit noch mehr Weintrauben füttern zu lassen, was sogleich vom emsigen Sklaven verwirklicht wurde.

    Ferox nahm die Liste entgegen. Dabei sah er Stilo mit ausdruckslosem Blick, aber deutlich hochgezogener Braue an. Er war sicher, dass der Prätorianer den Wortlaut korrekt vernommen hatte - dafür waren diese Lauscher bekannt. Sich dumm zu stellen, zog bei Ferox nicht. Er überlegte, ob er seinen Vorgesetzten Optio Furius Cerretanus darauf ansprechen sollte, damit der mit dem Prätorianer mal ein Wörtchen unter vier Augen sprach, oder ob es sinnvoller wäre, dem Burschen bei ihrer nächsten Begegnung in einer Taberna eine Cervisa auszugeben, um den Druck aus der Situation zu nehmen.


    War es nicht Ziel gewesen, die Rivalität zwischen Cohortes Urbanae und Cohortes Praetoriae zu begraben? Woher dieses neuerliche Aufflammen? Was sollte das?


    Da wurde Ferox bewusst, dass der Druck wahrscheinlich von einigen Etagen weiter oben kam, als ihm ein gewisser Aushang einfiel. Der Praefectus Praetorio befeuerte mal wieder den Kessel, indem er viele Einsätze, für welche eigentlich die Urbaner verantwortlich gewesen wären, an sich gerissen hatte. Natürlich handelte es sich dabei nur um solche Fälle, die Öffentlichkeitswirksamkeit und Prestige versprachen. Auch Stilo war Kommandant eines der beteiligten Einsatzkommandos gewesen.


    Ferox verwahrte die Liste sicher und klopfte noch einmal auf die Stelle, wo er sie verbarg. Falls die Prätorianer tatsächlich Namen wollten, mussten sie sich schon etwas mehr anstrengen. Er jedenfalls würde es den Schwarzröcken nicht leichter als nötig machen.

    "Aemilius Secundus hat eine öffentliche Rüge erhalten. Ich denke, das wird eine einmalige Angelegenheit bleiben und er wird seinen Weg finden. Das Feuer der Jugend ..." Er lächelte und es wirkte ein wenig traurig. Obgleich er selbst noch jung war, hatte er mittlerweile zu viel erlebt, um selbst noch dieses Feuer zu spüren. Der Übermut war Vorsicht und Ernsthaftigkeit gewichen. "Kyriakos war damals in den Brand seines eigenen Lupanars verwickelt. Auf welche Weise, das ist bis heute ungeklärt. Er hat den Furiern zu jener Zeit viele Sorgen bereitet und uns Urbanern gleich dazu. Allerdings hat er es bislang jedes Mal geschafft, seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen."