Beiträge von TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS

    Jenseits der philosophischen Überlegungen in den ersten Reihen des Amphitheaters verfolgte die kaiserliche Familie den Kampf von der Loge aus. Auch Severus fühlte sich gut unterhalten und stellte sogar das Gespräch mit dem amtierenden Consuln ein, um sich ganz der Darbietung zu widmen.


    Entsprechend überraschte es ihn auch nicht, als das Votum der Plebs recht eindeutig ausfiel. Keiner wollte den tapferen Scorpio sterben sehen. Die Wunde am Bein war offensichtlich schon Strafe genug für seine Niederlage.


    Also trat der Kaiser in seiner purpurnen Toga vor und hob bedeutungsschwanger den Arm. Dann gab auch er das Zeichen dafür, dass der Besiegte leben durfte: :dafuer:

    Auch der Kaiser hörte in diesem Jahr die Kandidaturreden und stellte Fragen: "Verfügst du über konkrete Vorhaben über die gerechte Leitung von Prozessen hinaus? Manche deiner Amtsvorgänger haben ja beispielsweise Spiele veranstaltet, manche haben das Recht nicht nur angewendet, sondern auch durch Gesetzesentwürfe beeinflusst. Bestehen diesbezüglich konkrete Vorhaben?" Praetoren konnten ihr Tätigkeitsfeld ja durchaus erweitern. Wenn die Gerichtspflichten es zuließen.

    Wieder sah der Kaiser etwas ratlos in die Runde. Keine Meldungen vorerst. "Ich entnehme der Debatte, dass wir uns durchaus einmischen wollen, auch wenn wir mangels Informationen über die Reaktionen der Parther keine genauen Grenzen definieren können. Vielleicht müssen wir doch einfach schrittweise vorgehen und fallweise entscheiden, wenn so viel Unsicherheit herrscht.
    Ein erster Schritt wäre also vielleicht doch eine Klärung, welche Kandidaten wir unterstützen und welche nicht. Bisher wurde sich für Vologases und Mithridates stark gemacht. Gibt es dazu Meinungen? Oder möchte jemand einen bestimmten Kandidaten ausschließen?"

    Imp Caes Tib Aquilius Severus Aug
    Praefecti suo G Minidio Gemino s.p.d.



    Ich danke dir für deinen umfassenden Bericht. Es freut mich, dass meine Besitzungen in Aegyptus blühen und gedeihen. Der Dioiketes wird von meiner Finanzabteilung demnächst Anweisungen erhalten, was mit den bestehenden Vorräten und Einkünften zu geschehen hat.
    Die Geschenke meiner Untertanen haben mich ebenfalls sehr gefreut. Einige von ihnen werden sicherlich einen guten Platz in meinem Haushalt erhalten können. Für mumifizierte Tiere fehlt mir momentan aber leider Verwendung, sodass du sie gern den örtlichen Sitten gemäß in Alexandria aufstellen kannst.


    Der Überschuss an Rekruten bei der Classis kommt ebenfalls zu einem günstigen Zeitpunkt, da die Rekrutierung bei der Classis Misenensis derzeit ein wenig stockt (worüber selbstverständlich Stillschweigen bewahrt werden muss). Insofern wäre es günstig, deine angebotenen 200 Rekruten nach Italia zu verlegen, wo sie ihrem Bestimmungsort zugewiesen werden werden.
    Dasselbe gilt für die Subpräfekten, die du ansprichst. Für Lucius Volcatius Optatus hat sich bereits sein Patron hier in Rom bei mir stark gemacht. Anhängend findest du seinen Versetzungsbefehl zur Legio VII Claudia, verbunden mit einem persönlichen Marschbefehl. Die Versetzung ist für die Ankunft seines Nachfolgers Manius Lecanius Cicereianus Decula angesetzt, der mit der Getreideflotte kommen wird, die hier in Italia überwintert hat. Lucius Petronius Crispus wurde für die Cohortes Urbanae eingeteilt. Er wird seine Versetzungspapiere persönlich erhalten, wenn er hier in Roma eintrifft. Was nun Appius Decimus Massa betrifft, können wir seine Erfahrung an der germanischen Grenze gebrauchen. Schicke ihn ebenfalls hierher nach Rom, damit er seine Ernennung und weitere Befehle persönlich entgegen nehmen kann.


    Ich erwarte weitere Berichte.


    Vale


    Normalerweise hielt der Kaiser sich bei Kandidaturreden zurück. Da es jedoch eine Weile ruhig blieb, erhob er schließlich doch die Stimme: "Demut ist eine Zierde für den klugen Mann." nahm er zuerst Bezug auf die selbstkritische Rede des Flaviers. "Allerdings würden mich zwei Dinge interessieren: 1. Welche Veränderungen hältst du an den Märkten für notwendig? Und 2.: Darf Rom auch auf Spiele hoffen, wenn du diesmal gewählt werden solltest?"

    Zitat

    Original von VETURIA SERENA
    Auch die Kaiserin hatte den Kampf verfolgt. Eigentlich war sie ja kein Freund von derartigen Veranstaltungen, aber sie wusste was sie gehörte und so setzte sie eine interessierte Miene auf. Der Kampf war schnell zu Ende. Dies verhieß nichts Gutes für den armen Unterlegenen. Denn zumeist, wenn das Volk sich langweilte, forderten sie den Tod des Kämpfers. Wenn es nach der Kaiserin gehen würde, würde der Mann dort unten natürlich am Leben bleiben. Immerhin sollte man denen die sich in der Arena tapfer schlugen Respekt zollen. Sie beugte sich also zu ihrem Mann und flüsterte ihm zu. „Was meinst du was das Volk fordern wird?“


    "Wir werden es sehen." antwortete Severus und lächelte. "Der Bursche hat sich ja ganz tapfer geschlagen." Auch wenn der Kampf kurz gewesen war. Immerhin hatte er nicht leicht aufgegeben.


    Recht schnell zeigte sich allerdings, wie das Volk dachte: Überall begannen die Rufe und viele reckten ihre Fäuste nach oben, um ihr Geschrei gestisch zu untermauern. Der Kaiser beugte sich vor und strich sich nachdenklich durch den Bart. Es war keine leichte Entscheidung. Aber am Ende siegte die kaiserliche Milde: :dafuer:


    Sofort ging der Schiedsrichter zwischen die beiden Kontrahenten und Draba zog seinen Dreizack zurück und half Circius Dokles auf. Der Kampf war zu Ende. Unter Jubel und Burufen verließen die beiden die Arena.

    Auf die Frage, was die Parther denn erwarteten, sah Severus fragend zu seinem Ab Epistulis. Er hatte wohl am ehesten die Berichte der lokalen Beamten im Kopf.


    Maenius Firminus sah allerdings auch eher ratlos aus. "Uns liegen keine gesicherten Informationen über die Erwartungen der Parther vor. Die Nachricht über den Tod des Königs erreichte uns erst kürzlich, weitere Berichte werden sicherlich folgen, aber auch ihre Zeit dauern.
    Wir können nur zurückblicken. Und da wir uns bisher immer eingemischt hatten, wird Osroes vermutlich nicht sonderlich überrascht sein, wenn wir nun nach der Restabilisierung unseres Imperiums wieder unsere Ansprüche geltend machen. Wir wissen auch, dass die Parther momentan eher kein Interesse an einem Krieg haben. Aber sie sind auch nicht völlig unvorbereitet, denn momentan herrscht weitgehend Frieden in ihrem Land, sodass sie bei Bedarf durchaus Kräfte frei hätten."


    Der Kaiser legte die Stirn in Falten. "Ich denke, Osroes wird auch bald erfahren, dass mein Sohn in den Osten unterwegs ist, und wird sich auf Verhandlungen mit ihm einstellen."


    Als der Claudier sich wieder meldete, kommentierte der Kaiser auch diesen Beitrag kurz. "Letztlich stammen alle Kandidaten aus dem parthischen Königshaus, die meisten sogar über mehrere Vorfahren. Insofern ist Mithridates sicherlich der am wenigsten favorisierte Kandidat der Parther und ein Festhalten könnte am ehesten zu Problemen führen." Das war zumindest anzunehmen.

    Der Kaiser nickte knapp auf die erneuten Entschuldigungen. Dann antwortete er "Nun."
    Er überlegte einen Moment. "Gratulation zu den Münz-Entwürfen! Die Inszenierung meiner Familie auf den kleinen Münzen hat uns sehr gut gefallen! Wir du vielleicht schon bemerkt hast, wurden sie bereits in Umlauf gebracht." Er schmunzelte. Auch der Caduceus war wirklich ein gewitzter Schachzug gewesen!

    Der Kaiser war überrascht, dass der Claudier nun doch so schnell zurückzog. Vielleicht hatte er ihn ein bisschen eingeschüchtert mit seinen Bedenken. Aber Sabinus war noch jung und hatte Zeit, noch etwas mehr Selbstbewusstsein auch den Mächtigen gegenüber zu entwickeln.


    Eine Möglichkeit war sicherlich die Kollegenschaft in einer Sodalität. "Gegen deine Bitte um Aufnahme bei den Saliern habe ich keine Einwände. Bekanntlich ist es mir sehr wichtig, dass wir Patrizier unseren Pflichten nachkommen. Du solltest dich allerdings an Flavius Scato wenden, der unserer Sodalität momentan vorsteht."

    "Für Cappadocia spielt Armenia durchaus eine Rolle! Gerade die Kupfervorkommen des Königreiches sind für die dortige Wirtschaft nicht unwichtig!" bemerkte Cadius Servilianus zum Zweifel an der Bedeutung Armeniens für das Imperium. Cappadocia war nun zwar nicht die wichtigste Provinz und Kupfer kam auch von vielen anderen Regionen. Aber immerhin.


    Auf die Rückfrage, die Menecrates stellte, antwortete der Kaiser knapp: "Plautius Mithridates wäre deshalb klar unser Kandidat, weil er niemals Armenia oder Parthia betreten hat und in seiner ganzen Biographie ein Römer ist. Es liegt auf der Hand, dass er als König auch primär unsere Interessen vertreten wird und kaum die seiner entfernten Verwandtschaft in Parthia."


    "Ich sehe also einerseits eine Partei unter euch, die Stärke von Rom fordert, um Parthia keinen Raum zu gewähren." Er sah zu Scato, der sich quasi als deren Sprachrohr betätigt hatte. "Und eine, die eher für eine neutrale Haltung votiert." Sie war wohl etwas größer. Zumindest hatte sie mit dem Claudier und dem Purgitier gleich zwei bekannte Fürsprecher. "Für letztere Partei wäre offenbar Sanatruces, der Vetter, ein möglicher Kandidat. Wenn wir ihm zugunsten Pakoros zurücksetzen, könnte er sich an uns auf anderer Position rächen." Er strich sich durch den Bart.
    "Das erinnert daran, dass wir bei unserer Entscheidung immer auch deren Konsequenzen beachten müssen: Wenn wir auf einen klar romtreuen Kandidaten wie Mithridates beharren, könnte dies die Parther provozieren. Wenn wir einen neutralen Kandidaten wählen, riskieren wir allerdings, dass auch wir Einfluss verlieren oder die Parther gestärkt werden. Immerhin sind sie dem Land deutlich näher als wir. Neutralität kann also ein Rückschritt sein, der uns später teuer zu stehen kommt."

    Auch der Kaiser zeigte wenig Interesse für die jungen Männer, die mit ihren Holzschwertern in die Arena stiegen. Er nutzte die Zeit, um ein wenig mit den Consuln zu plaudern und sich mit einem Becher Wein zu kühlen. Erst als einer seiner Gesprächspartner ging, richtete er seine Aufmerksamkeit wieder auf das Geschehen in der Arena.


    Der Kampf war durchaus spannend, aber kurz. Als das erste Blut floss, ging ein Raunen durch die Menge. Severus steckte seinen Kopf mit seinem Sohn zusammen und nickte schließlich. Dann war der Kampf zu Ende. Fragend blickte der aquilische Kaiser in die Menge. Würde das Publikum Circius Dokles die Arena verlassen lassen oder sein endgültiges Karriere- und Lebensende fordern? Der Arena-Tag war noch jung, insofern standen seine Chancen wohl nicht schlecht...

    Die Vorstellung der Kandidaten brachte ein wenig mehr Leben in die Reihen des Senats. Der junge Flavier hatte sofort einen Favoriten. Die älteren Senatoren waren dagegen etwas vorsichtiger.

    Zitat

    Original von Spurius Purgitius Macer
    "Weiß man denn, wie die Brüder Pakoros und Vologases zueinander stehen?", erkundigte er sich, als man ihm das Wort erteilt hatte. "Würde es der ältere der beiden akzeptieren, wenn man den jüngeren vorzieht? Oder würde der jüngere dem älteren den Posten neiden? Einen Kandidaten zu stützen, der eine solche absehbare Schwäche hat, wäre strategisch sicher keine gute Wahl. Andererseits könnte eine Wahl für uns günstig sein, wenn sie langfristig zu latenten Spannungen innerhalb des parthischen Königshauses führt, die es von allzu gierigen Blicken über die Grenzen abhält", spekulierte er. Eigentlich waren derartige Intrigen überhaupt nicht seine Sache, aber manchmal hatte er eben doch kurze Geistesblitze in diese Richtung.


    Cadius Servilianus antwortete auf die Frage des Consulars: "Alle Parther sind stolz und Pakoros wird beleidigt sein, wenn Vologases das Rennen macht, ebenso wie Vologases enttäuscht sein wird, wenn Pakoros zum König gemacht wird. Zumindest so, wie ich sie kenne."
    Der Kaiser strich sich nachdenklich durch den Bart. Er kannte weder einen Parther, noch einen Armenier so gut, dass er hier eine qualifizierte Meinung abgeben konnte.

    Zitat

    Original von Herius Claudius Menecrates
    "Ich kann mir, um ehrlich zu sein, keine Meinung über die genannten Kandidaten bilden, bevor ich mir nicht über die gewünschte Rolle Armenias für Rom im Klaren bin. Ich möchte daher anregen, unsere Außenpolitik jetzt zu erörtern und nicht bis zu einem günstigen Moment zu vertagen.
    Soll Armenia möglichst dauerhaft eine neutrale Rolle spielen? Wollen wir es als eine Art Rückversicherung ausbauen, um im Falle eines Falles Parthia besser in die Schranken weisen zu können? Dass heißt, wollen wir unseren Einfluss in dieser Region ausweiten, sodass Armenia statt einer neutralen in eine Pro-Rom-Haltung schwenkt? Interessiert uns Armenia überhaupt bzw. brauchen wir es wegen Parthia, oder hängen wir nur einer Tradition nach, indem wir uns in die Thronfolge einmischen? Ich schätze Traditionen, bitte nicht falsch verstehen.
    Das Ziel gibt den Weg vor - mal diplomatisch, mal desinteressiert, mal fordernd. Das Ziel entscheidet über den passenden Kandidaten. Ich für meinen Teil tendiere nicht zu einer Parthiafreundlichen Kandidatenunterstützung, sondern in erster Linie zu einer solchen, die Roms Interessen stützt."


    "Das ist in der Tat die Frage, die sich hier stellt." bestätigte Severus den Claudier. "Mit der Frage, welchen Monarchen wir unterstützen, entscheiden wir auch über die Art und Weise, wie wir an der Ostgrenze unseres Imperiums auftreten.
    Daher möchte ich deine Frage gern an das Plenum stellen: Welche Rolle sollte Armenia für unser Reich spielen? Sollten wir es stärker an uns binden oder eher loslassen? Das Land war bereits Satrapie der Perser, aber auch Königreich von Roms Gnaden. Wie wünschen wir uns seinen zukünftigen Status?"

    Menecrates schwieg. Sabinus jedoch auch. Ob der Kaiser ihn eingeschüchtert hatte? "Ich möchte damit nicht sagen, dass ich prinzipiell das Vorziehen des Tribunats vor dem Vigintivirat ablehne. Es gibt nur für das kommende Jahr mehr Bewerbungen als Stellen, sodass ich gut überlegen muss, wem ich den Vorzug gebe." Er strich sich durch den Bart und blickte den jungen Patrizier dann erwartungsvoll an. "Fallen dir also weitere Gründe ein, warum ich dich vor bereits erprobten ehemaligen Vigintiviri vorziehen sollte?" Jeder konnte sich ausrechnen, dass es genügend Stellen für die Vigintiviri des Vorjahres gab, selbst wenn einige wenige womöglich zwei Tribunate absolvierten. Also war anzunehmen, dass es auch "Nachzügler" gab, die sich nicht rechtzeitig gemeldet hatten und ihr Tribunat erst nachholten. Falls man sich argumentativ darauf beziehen wollte...

    Vorerst kamen keine unmittelbaren Reaktionen. Deshalb fuhr der Kaiser fort.
    "Wie erwähnt gibt es unterschiedliche Kandidaten. Der Tradition gemäß entstammen die Könige von Armenia einer Nebenlinie der Arsakiden, des Königshauses von Parthia, dem auch Osroes angehört." Er wusste nicht, ob dieser Umstand allen Senatoren bekannt war. Es war ja nicht jeder Fachmann für die Klientelkönigreiche des Ostens. "Allerdings stehen sie sehr unterschiedlich zum Partherkönig und zu uns, wie meine Berater euch darstellen werden."


    Mit einer Geste bedeutete er Veturius Cicurinus, dem ehemaligen Statthalter von Syria, seinen Vorschlag zu unterbreiten. Dann setzte er sich auf seinen Platz zwischen den amtierenden Consuln.
    "Patres conscripti. Ich habe über viele Jahre die wichtigste Provinz an der Grenze nach Parthia geleitet. Ich kenne die Parther. Aus meiner Erfahrung rate ich dazu, ihnen Paroli zu bieten. Seitdem Iulianus den Krieg verloren hatte, haben sie uns auf der Nase herumgetanzt. Sie haben unseren Klienten und Freund Exedares vom armenischen Thron hinweggefegt und ihren Günstling Parthamasiris an seine Stelle gesetzt, ohne sich mit uns abzustimmen. Wir haben dies hingenommen, weil wir hier im Reich unsere eigenen Probleme hatten. Aber nun ist Frieden und Stabilität in unser Reich zurückgekehrt und es wird Zeit, den Parthern gegenüber Stärke zu zeigen.
    Ich schlage deshalb vor, Publius Plautius Mithridates als Kandidaten zu unterstützen. Seine Mutter war eine parthische Prinzessin der armenischen Dynastie, sein Vater allerdings der vor Jahren verstorbene Aedilicius Publius Plautius Propertius."
    Seine Ehe mit einer Ausländerin war seinerzeit ein Skandal gewesen. Der Veturier war jedoch ein Verbündeter von ihm gewesen (Freund war vielleicht zu viel gesagt). Einige Senatoren schnaubten verächtlich, doch Cicurinus hob mahnend den Finger.
    "Unabhängig davon, wie man zu Plautius gestanden haben mag, möchte ich euch daran erinnern, dass Mithridates durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen einen Anspruch auf den Thron erheben könnte, in allem anderen jedoch ein wahrer Römer ist. Er diente im Exercitus Romanus und als kaiserlicher Procurator."
    Für einen Einstieg in den senatorischen Cursus Honorum hatte es nicht gereicht.
    "Heute lebt er in Campania auf seinen Landgütern, wäre aber sicherlich bereit, erneut Rom zu dienen - und sei es auf dem Königsthron seines Großonkels."


    Sofort erhob sich der greise Faustus Cadius Servilianus, ehemaliger Legatus Iuridicus von Cappadocia und Severus erteilte ihm das Wort.
    "Ich widerspreche vehement der Empfehlung von Veturius. Den Sohn eines römischen Senators als König von Armenia einzusetzen wäre ein Affront, dn Parthia niemals akzeptieren wird. Egal, wie sie momentan stehen - sie werden eher einen blutigen Krieg führen, als dass sie Mithridates akzeptieren werden!
    Ich habe ebenfalls einige Jahre im Osten verbracht und bin der Meinung, dass Parthamasiris kein zu schlechter Monarch war, selbst wenn seine Einsetzung ein wenig... unorthodox gewesen sein mag.
    Osroes ist ein vernünftiger Mann."
    Diesmal lachte der Veturier hönisch auf. Doch Servilianus wiederholte seine Aussage: "Osroes ist vernünftig. Er hat weder die Verwirrung unseres Landes nach dem Tode des Divus Iulianus genutzt, um in Syria einzufallen, noch hat er Armenia annektiert oder in sonstiger Weise seine Situation zu unserem Schaden ausgenutzt. Wir sollten ihm Vertrauen schenken und seinen Kandidaten akzeptieren: Pakoros ist der älteste Neffe des Parthamasiris, seit seiner Jugend ausgebildet, um zu herrschen. Sicherlich, er lebt am parthischen Hof und Gerüchte besagen, Osroes wollte ihn bereits als Satrapen in einer seiner Provinzen einsetzen. Doch ich denke, dass es ein Zeichen des Friedens und des Respekts wäre, den Kandidaten der Parther zu unterstützen. Wir sollten keinen Krieg gegen die Parther riskieren, denn sie sind nach wie vor überaus mächtig. Armenia liegt jenseits unserer Grenzen und solange es stabil ist, sind unsere Interessen weithin gewahrt."


    Während Cicurinus den Kopf schüttelte, erteilte der Consul einem jungen Quaestor das Wort. Alle wandten ihren Kopf zu den hinteren Rängen, wo er saß. "Mein Name ist Publius Cornelius Longinus und ich habe hier noch nie gesprochen. Doch der Princeps hat mich gebeten, Euch meine Gedanken mitzuteilen. Ich diente im letzten Jahr als Tribun bei der Legio XXIV Syriaca und nahm an einer Gesandtschaft an Artaxata teil. Dort lernte ich Sanatruces, einen Vetter von Parthamasiris kennen. Er ist bisher kaum öffentlich in Erscheinung getreten und verkehrt lieber in Kreisen der Priester des Zarathustra als am Hof. Entsprechend besitzt er weder enge Verbindungen nach Ktesiphon, noch ins Imperium. Er ist der Ansicht, dass Armenia weder die Protektion der Römer, noch der Parther benötigt, sondern neutral bleiben sollte. Ihn zu unterstützen könnte dazu beitragen, Armenia mehr Unabhängigkeit zu gewähren. Zwar würden wir dadurch an Einfluss verlieren, doch ebenso könnten wir sicher sein, dass Parthia seinen Griff nach Armenia lockern würde. Ich denke, ein derart neutrales Armenia wäre ein Gewinn für beide Seiten und somit auch auf friedlichem Weg zu vermitteln."


    Nun trat Maenius Firminus, der Procurator ab Epistulis, vor. "Zuletzt möchte ich die Empfehlung des Calidius Calvena, Legatus Augusti pro Praetore in Cappadocia, vorstellen: Er empfiehlt Vologases, den jüngsten Bruder des Pakoros. Vologases ist ebenfalls ein Prinz aus dem Königshaus, steht uns aber deutlich näher als sein großer Bruder. Manche von Euch mögen sogar seine Bekanntschaft gemacht haben, denn er nahm an der Gesandtschaft zu unserem Princeps teil, die vor einigen Jahren hier in Rom war. Calvena ist der Meinung, dass er unsere Interessen am ehesten berücksichtigen würde, durch seine verwandtschaftlichen Beziehungen aber leichter zu vermitteln wäre als etwa Mithridates. Allerdings steht er uns selbstverständlich auch nicht ganz so nahe."


    Schließlich erhob sich wieder der Kaiser. "Wir haben also Mithridates, einem römischen Eques, Pakoros, der am parthischen Hof lebt, Vologases, seinen Bruder, und Sanatruces, den Außenseiter. Sie alle sind in einem Alter, das ihre Erhebung zu einer eher langfristigen Lösung machen würde. Eine letzte Alternative, die ich nicht verschweigen möchte, ist schließlich Tiridates. Er ist der Onkel des Parthamasiris und entsprechend schon etwas älter. Dieses Alter lässt auch erwarten, dass er ein eher defensiver Herrscher werden wird und damit eine Art Übergangskandidat.
    Er hätte den Vorteil, die Frage der langfristigen Außenpolitik bis zu einem günstigeren Moment zu vertagen. Unsere Kundschaften nehmen an, dass die Parther zu einer solchen Lösung ebenfalls zustimmen könnten. Sie birgt allerdings das Risiko, dass unsere Position gegenüber den Parthern in einigen Jahren, wenn Tiridates stirbt, womöglich auch schwächer sein könnte als jetzt.
    Insofern gilt es abzuwägen, wie wir vorgehen. Ich bitte deshalb um Nachfragen, Einschätzungen und Ratschläge aller Art."
    Er blickte fragend in die Runde. Mindestens Nachfragen würde es sicherlich geben.

    Posaunen erschallten und langsam öffnete sich das mächtige Hauptportal der Arena. Aus dem Schatten schob sich eine Quadriga ins Licht. Auf ihr standen Aquilius Severus Augustus und sein Sohn, der Caesar. Beide waren traditionell in die purpurne Toga der Spielgeber gehüllt. Ihnen folgten drei Schauspieler mit goldenen Masken, die wie bei einer Pompa Funebris die drei ulpischen Kaiser darstellten. Auch sie waren in purpurne Togen gehüllt und wurden jeweils von 24 Liktoren begleitet. Erst danach kamen die Musiker, die mit ihren Fanfaren für die militärisch-dramatische Stimmung sorgten, dann eine Reihe junger Männer für die Vorkämpfe, ehe die Stars des heutigen Nachmittags in Sicht kamen: Jeder Gladiator wurde von einer Schar Dienern begleitet, die ihre Rüstungen und Waffen der Menge präsentierten und auf großen Tafeln ihre Namen und bisherigen Kämpfe anzeigten:


    Als erster erschienen Circius Dokles, ein braunhaariger, sonnengegerbter Mann mit vielschrötigen Gesichtszügen und stählernem Blick. Seine Begleiter trugen einen kleinen Rundschild und ein kurzes Schwert, aber keine Tafel mit seinen bisherigen Kampfstatistiken - er trat heute zum ersten Mal in die Arena. Dasselbe galt für den Zweiten, Draba. Seine schwarze Haut glänzte, obwohl der Himmel eher bewölkt war, was andeutete, dass man ihn in Öl eingerieben hatte. Er kämpfte als Retiarius.
    Dann erschien Audax von der Ludus Gallicus, den die Römer bereits aus vier Kämpfen bekannt war, von denen er immerhin drei gewonnen hatte. Als Murmillo würde er heute gegen Scorpio antreten, der die gleiche Statistik aufwies, aber von der Ludus Magnus stammte und dem die klassische Ausrüstung des Thrakers hinterher getragen wurde.
    Schließlich waren die beiden Stars des heutigen Kampftages an der Reihe: Ebenfalls von der Ludus Magnus hatte man Tigris gewonnen, erprobt in ganzen sieben Kämpfen. Nachdem er die letzten fünf Kämpfe gewonnen hatte, galt der Hoplomachus als Publikumsliebling, doch sein Gegner war kein leichter Happen: Auch Ferox von der Ludus Dacicus hatte sieben Kämpfe und fünf Siege auf der Tafel stehen und obwohl er als Retiarius weitaus schlechter gerüstet war, machte er dies durch seine Wildheit wett. Deshalb hatte er ja auch diesen Kämpfernamen gewählt.


    Die Pompa drehte eine gemütliche Runde in der Arena, um schließlich wieder durch das Tor abzuziehen.

    Recht kurzfristig hatte der Kaiser eine Senatssitzung einberufen lassen. Erst am Vortag hatten ihn Nachrichten aus dem Klientelkönigreich Armenien erhalten hatte. Oder genaugenommen aus Cappadocia. Er hatte sich mit erfahrenen Außenpolitikern beraten. Jetzt war das Plenum an der Reihe:


    "Verehrte Senatoren,
    ehe ich heute mein Anliegen vortrage, bitte ich den vorsitzenden Consul, die aktuelle Diskussion zum Staatsgeheimnis zu erklären."

    Der Consul Egnatius Cicero, der heute den Vorsitz führte, nickte. Das ganze war natürlich abgesprochen. "Ich erkläre die heutige Senatssitzung zum Staatsgeheimnis. Wer Redebeiträge aus dieser Sitzung ohne die Erlaubnis des Imperator Caesar Augustus weiter trägt, macht sich nach § 72, Codex Iuridicialis, des Landesverrats schuldig." Die Liktoren traten ans Portal der Curia Iulia und verriegelten es. Dann verließen sie den Saal durch einen Nebeneingang.
    Aufgeregtes Gemurmel kam in den Reihen der Senatoren auf, doch Severus hob mahnend die Hand. "Ich bitte euch, diese Vorsichtsmaßnahme nachzusehen. Wenn ich geendet habe, werdet ihr hoffentlich erkennen, dass sie sinnvoll ist.
    Er wartete, bis das Geschnatter verstummt war. Dann begann er: "Ich habe euch heute hierher rufen lassen, weil ich Nachrichten von jenseits der Grenzen unseres Imperiums erhalten habe. Parthamasiris, der König von Armenia, ist verstorben." Er hielt einen Augenblick inne. Mancher mochte sich noch erinnern, dass dieser Mann nach dem Tod des Iulianus Exedares, den vorherigen König von Roms Gnaden, vom Thron vertrieben hatte. Wer das nicht mehr präsent hatte, dem sagte Severus es direkt:
    "Er bestieg den Thron, nachdem unser Freund und Verbündeter Exedares auf Druck des Partherkönig Osroes zurücktreten musste. Zuvor war es eine lange und gute Tradition gewesen, dass Rom und Parthia gemeinsam bestimmten, wer dort herrschte. Mit Parthamasiris brach Osroes mit dieser Tradition. Er nutzte die Verwirrung unseres Reiches aus, nachdem unser Divus Iulianus im Krieg zu den Göttern entstiegen war."
    Er legte die Stirn in Falten. "Ich bin der Meinung, dass wir zur vorherigen Tradition zurückkehren sollten. Deshalb habe ich meinen Sohn in den Osten entsandt, um mit allen Parteien vor Ort zu verhandeln." Eine Weile hatte der Kaiser überlegt, selbst zu gehen. Aber seine Frau erwartete ein Kind. Er konnte sie jetzt nicht allein lassen.
    "Ich habe euch einbestellt um mit euch zu beraten, wie wir gegenüber den Parthern auftreten sollen. Wie ihr wisst, musste Divus Iulianus einen verlustreichen Krieg führen, um unsere Interessen zu vertreten. Doch unsere Informanten berichten, dass die Parther derzeit kein Interesse an einem militärischen Kräftemessen haben.
    Trotzdem müssen wir abwägen: Wir müssen entscheiden, welchen Thronanwärter wir unterstützen und wie hart mein Sohn mit den Botschaftern des Partherkönigs verhandeln soll. Dies ist zwar keine unmittelbare Bedrohung unseres Reiches. Sie bietet jedoch Chancen und Risiken für unser Volk, weshalb diese Vorsichtsmaßnahme notwendig ist."
    fügte Severus an und sah kurz zu seinen Beratern vom Vorabend.
    "Ich habe mich bereits mit erfahrenen Männern aus euren Reihen beraten, wie wir uns am klügsten verhalten sollten. Sie haben mir ihnen bekannte Kandidaten genannt und ihre Einschätzungen mitgeteilt, die sie in diesem Gremium gerne wiederholen können. Dennoch möchte ich zuerst euch allen die Gelegenheit geben, sich in dieser Angelegenheit zu Wort zu melden." Es sollte nicht so aussehen, als wolle der Kaiser lediglich ein Abnicken seines bereits geschmiedeten Planes. Was ja auch nicht stimmte.

    Wie der Kaiser es am Vorabend mit seinem Sohn besprochen hatte, wurde am Morgen nach den Gesprächen der Armenia-Experten eine Sondermission bekannt gegeben, auf die sich der Caesar begeben sollte:

    IN NOMINE IMPERII ROMANI
    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    ERNENNE ICH DEN
    CAESAR APPIUS AQUILIUS BALA


    MIT WIRKUNG VOM
    PRIDIE NON APR DCCCLXVII A.U.C.
    (4.4.2017/114 n.Chr.)
    .


    ZUM
    LEGATUS AUGUSTI
    PRO REGNO ARMENIA



    Der Kaiser lächelte huldvoll, als der Flavier seinen Dank bekundete. Manche Leute hatten einfach einen Familienbonus, egal was sie taten.
    Bei der nächsten Bitte war es allerdings nicht ganz so einfach, Gnade vor Recht walten zu lassen: "Ein Tribunat?" fragte er und runzelte die Stirn. "Dafür bist du reichlich spät dran. Du hättest mich damals darum bitten sollen, als deine Kollegen dies taten. Damals waren noch zahlreiche Tribunate frei. Jetzt habe ich einen Großteil schon fest an die scheidenden Vigintiviri und gerade in diesem Jahr bewerben sich noch einige junge Männer, deren Vigintivirat entweder schon längere Zeit zurück liegt oder die das Tribunat vorziehen möchten." Er fuhr sich durch den Bart.
    "Ich werde sorgfältig abwägen müssen, wem ich hier den Vorzug gebe." Er setzte sich auf. "Warum sollte ich also dich, der sein letztes Amt nach eigenem Dafürhalten nicht zur vollsten Zufriedenheit erfüllt hat, einem anderen vorziehen?" stellte er seinen Besucher auf die Probe. Der junge Gracchus hatte sich schon durch gute Reden hervorgetan. Es würde sich zeigen, ob er auch die Stegreifrede beherrschte und spontan gute Argumente ins Feld führen konnte.