Beiträge von Claudia Agrippina

    Neptun hatte uns eine ruhige und unspektakuläre Überfahrt beschert. Wie schon mein ganzes Leben, begleitete mich auch dieses Mal meine gute alte Amme Eleni. Nachdem mein getreuer Onatas vor einigen Monaten einer furchtbaren Krankheit erlegen war, hatte ich mir einen neuen Leibwächter zulegen müssen.


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    Creton, ein grimmig dreinblickender und muskelbepackter Skythe, schüchterte bereits jeden der ihm in die Quere kam durch seine gigantische Erscheinung ein. In seinem früheren Leben, so hatte man mir auf dem Markt berichtet, sei er ein erfolgreicher Gladiator gewesen. Auch wenn ich mich in seiner Umgebung stets in Sicherheit wiegen konnte fehlte mir doch sehr meinen guten Onatas, der mir zuletzt fast wie ein guter Freund gewesen war. Ich vermisste die geistreichen Gespräche, die wir an manchem Abend geführt hatten.


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    Dann war da noch Eirene, eine kleine unscheinbare Makedonin, die sich um meine äußere Erscheinung kümmerte. Ich hatte sie aus meinem Haushalt in Athen mitgebracht. Mein verblichener Gatte hatte sie mir zur Hochzeit geschenkt.


    Unsere kleine Reisegesellschaft war in Brundisium an Land gegangen und hatte von dort aus den Weg nach Rom mittels eines Wagens zurückgelegt. Nachdem wir die Stadtgrenze der urbs aeterna erreicht hatten, hatte Eleni für mich eine Mietsänfte besorgt, die mich bis zur Villa Claudia bringen sollte. Meine Sklaven hielten sich in meiner unmittelbaren Umgebung auf, auf dass mir nichts Böses geschehe. Durch den dünnen Schleier der Sänfte zog die Stadt an mir vorbei. Hätte Fortuna nicht ein solch abscheuliches Spiel mit mir gespielt, wäre mir bei diesem Anblick sicher das Herz aufgegangen. Doch ich vermied es, eine Gefühlsregung zu zeigen. Ich wollte nur zur Villa Claudia – mehr nicht!
    Zielsicher hatten mich die Träger der Mietsänfte zum Eingang meiner römischen Heimstadt gebracht. Eleni hatte sich an der Tür bemerkbar gemacht und meine Ankunft angekündigt. Dann ging alles sehr schnell. Es hatte keine Stunde in Anspruch genommen, bis dass ich wieder in meinem alten Cubiculum wiederfand. Alles sah so aus, als wäre es erst gestern gewesen, dass ich es verlassen hatte.

    Nach Aquillius´ Tod hatte mich nichts mehr in Athen gehalten. Meine Rückkehr nach Eleusis hatte beinahe einer Flucht geglichen. Denn Eleusis war immer mein Anker gewesen, meine Heimat, meine Zuflucht. Doch trotz all der Menschen, die auf dem Landgut lebten, war es für mich dort trostlos und leer. Nach all den Jahren hatte ich nicht die Trauer um meinen geliebten Bruder überwinden können. Die Wunde in meinem Herzen schien so frisch zu sein, als sei es erst gestern gewesen, dass Maecenas von mir gegangen war.


    Das Landgut hatte inzwischen einen neuen Verwalter erhalten, da den Maevius wenige Monate zuvor der Schlag getroffen hatte. Eine gerechte Strafe der Götter, wie ich fand. Meine Stiefmutter, um deren Gesundheit es auch nicht mehr zum Besten bestellt war, hatte einen jungen Mann auserkoren, den Sohn eines ehemaligen Klienten meines Vaters, der sich fortan um unseren Besitz kümmern sollte. Glücklicherweise war er nicht im gleichen Maße wie sein Vorgänger bestrebt, mich erneut an den Meistbietenden zu verschachern. Nein, er brachte wesentlich mehr Geduld für mich auf.
    Selbstverständlich war mir bewusst, dass ich nach einer angemessenen Zeit wieder heiraten sollte. Diesmal jedoch wollte ich ein Wörtchen dabei mitreden. Doch gab es überhaupt einen Mann von Stand, der sich mit mir einlassen wollte? Einer Frau, der ein gewisser Ruf voraus ging? Gab es den Einen, der mich aus meinem Kummer befreien und mir neuen Lebensmut einhauchen konnte? Diese Fragen stellte ich mir. Ich hatte sogar eine Wahrsagerin bemüht, eine alte Hexe aus den Bergen von Parnes, die mir aus der Hand gelesen hatte und die dort eine sehr ausgeprägte Lebenslinie entdeckt haben wollte. Außerdem sagte sie mir eine glorreiche Zukunft an der Seite eines "goldenen Mannes" voraus, der jenseits des Meeres auf mich wartete.


    Der seltsame Spruch der Alten hatte mich wochenlang beschäftigt, so dass ich nach längerem Nachsinnen, mir einer Antwort bewusst geworden war. So sehr ich Eleusis auch liebte, doch hier würde nicht meine Zukunft liegen. Auch wollte ich nicht wieder in die Enge einer Stadt wie Athen zurück. Nein, es musste wieder Rom sein! Das Zentrum der Welt! Jenseits des Meeres. Wenn nicht dort, wo dann?

    Von der Überfahrt hatte ich kaum etwas mitbekommen. Ich hatte mich währenddessen in einem abstrakten Bereich zwischen Leben und Tod befunden. Als die Küste des griechischen Festlandes in Sicht gekommen war, hatten sich die Götter entschieden. Ich sollte leben! Später berichteten mir meine Sklaven, die Fahrt nach Griechenland sei ohne nennenswerte Zwischenfälle verlaufen.

    Nachdem unser Schiff in Piräus eingelaufen war, hatten meine Sklaven dafür gesorgt, dass mich ein Reisewagen unverzüglich nach Eleusis brachte. Eleni hatte mich begleitet und Onatas sollte für meine Sicherheit auf der Fahrt nach Hause sorgen. Der Wagen hatte den Weg in knapp zwei Stunden geschafft.


    Mein Brief hatte inzwischen meine Stiefmutter erreicht, so dass die genügend Zeit hatte, alles für meine Heimkehr zu veranlassen. Unser Wiedersehen war von Trauer geprägt und verlief sehr tränenreich. Mein bleiches Gesicht, die leeren Augen und mein ausgezehrter Körper hatten nicht nur die Sklaven in Bestürzung versetzt. Kreton, ein langjähriger Sklave meiner Familie, hatte mich auf seinen Armen in das Herrenhaus hineingetragen und mich schließlich auf mein Bett in meinem Cubiculum gebettet.


    Ich wusste nicht, wie viele Wochen oder gar Monate vergingen, bis ich zumindest wieder äußerlich vollkommen hergestellt war. Tief in mir drinnen herrschte eine bedrückende Leere. Nichts hatte mich zum Lächeln bringen können. Selbst Maevius Tullinus, der nach seiner Rückkehr und seit dem Tod meines Bruders das Landgut verwaltete, hatte ich kein Paroli zu bieten. Ich ließ ihn gewähren und protestierte auch nicht, als er eine Verbindung mit einem Zweig der in Athen ansässigen Gens Aquillia arrangiert hatte.
    Lucius Aquillius Gallus, ein Mann mittleren Alters, der in der Tradition seiner Familie als Jurist tätig war, nahm mich zur Frau. Jedoch war es nur eine leere Hülle, die er in sein Haus geführt hatte. Aquillius Gallus war ein guter Mann gewesen. Er hatte versucht, mir jeden Wunsch zu erfüllen, in der Hoffnung, damit mein Herz zu erobern. Doch wo nichts Lebendiges vorhanden war, konnte auch nichts erobert werden. Dennoch erfüllte ich meine eheliche Pflicht, so dass nach einem halben Jahr ein Kind in meinem Körper heranzureifen begann. Doch wie hätte ich Leben spenden können, wenn doch in mir nicht die Flamme des Lebens loderte? Ich verlor das Kind zwei Monate vor der Zeit.


    Mein Gemahl flüchtete sich danach in seine Arbeit und vermied es, mehr Zeit als nötig mit mir zu verbringen. So lebte ich Tag für Tag und spielte der Welt die untröstliche Matrone vor. Hinter meinem Rücken tuschelten die Sklaven über mich. Domina Agrippina – die Unnahbare, Domina Agrippina – die Unfruchtbare. Als zwei Jahre später Aquillius das zeitliche segnete, sagte man, er sei an Kummer gestorben…

    Wenn ich mich einmischen darf...
    zur Zeit werden auch die Flavier noch bespielt.


    Und wenn ich etwas eigennützig sein darf :D...
    Agrippina wird demnächst nach Rom zurückkehren und einen adäquaten Gemahl benötigen! 8)

    Maecenas war tot! Die Nachricht von seinem Tod hatte meine Welt aus den Fugen gehoben und ins Wanken gebracht. Nichts war mehr so gewesen, wie es hätte sein sollen. Anfangs hatte ich niemanden sehen wollen, hatte es vermieden, das Haus zu verlassen.


    Doch dann schien auch mein eigener Lebenswille schwinden zu wollen. Ich war krank geworden. Die Ärzte hatten keinen Rat mehr. Sie hatten mich bereits aufgegeben, denn mein Körper war jeden Tag schwächer geworden. Mein einziger Wunsch war es, noch einmal Eleusis sehen. Noch einmal dort sein, wo er zuletzt gewesen war, bevor er ins Elysion gegangen war.


    Gegen die Empfehlungen der Ärzte hatte meine Eleni, die Tag und Nacht an meiner Seite gewacht hatte, schließlich alles für meine Heimreise veranlasst. Meinem Aristoteles hatte ich ein paar Briefe diktiert. Unter anderem an Flavius Scato, um ihm alles zu erklären und ihn um Verzeihung zu bitten. Ein weiterer Brief sollte meine Stiefmutter davon in Kenntnis setzen, dass ich nach Hause kommen würde, sofern es der Wille der Götter sei…

    Liebe Mitspieler,


    ich möchte mich zunächst bei allen, die ich so lange habe warten lassen, entschuldigen. Ich habe mich nun endlich dazu durchgerungen, vorerst alle meine Chars ins Exil zu schicken. Da in diesem Jahr bei mir beruflich große Veränderungen anstehen, fehlt mir schlichtweg die Zeit für´s IR. Zunächst hatte ich gehofft, "so nebenbei" hier mitschreiben zu können. Allerdings klappt das nicht. Außerdem fehlt mir gerade ein wenig die Motivation und der Spaß am Schreiben.
    Ich hoffe, dass wird sich in einigen Monaten wieder legen - dann wenn sich im RL alles gut eingespielt hat.


    Bis dahin macht´s gut! Danke für die schöne Zeit mit Euch!



    PS: Vielen Dank für die Genesungswünsche an meine Tochter. Sie hat alles gut überstanden und ihr geht´s auch wieder gut. ;)

    Eines musste man dem Sklaven lassen, er hatte eine gesunde Selbsteinschätzung. Auch wenn ich gerade das Gegenteil behauptet hatte und ihn in den Himmel gelobt hatte. Aber da er es nun ja schon selbst erwähnte, begann ich beipflichtend zu nicken. „Sagen wir es einfach mal so, Onatas. Du bist so etwas wie ein ungeschliffener Edelstein. Um dein wahres Können, deine wahre Schönheit zu offenbaren, muss man dich erst noch formen.“ Das war wohl gesprochen, aber wie genau sollte man ihn formen, beziehungsweise formen lassen? Sollte ich ihn etwa auf eine Schule schicken, damit er das Dichten von der Pieke auf lernte? Doch dann fiel mir sein dezenter Hinweis auf seine Freizeit wieder ein. Nun ja, Freizeit war nicht unbedingt das, was ein Sklave en masse hatte. Dennoch war ich bereit, sie ihm in Maßen einzuräumen. Natürlich würde ich diesen Freiraum nicht als Freizeit deklarieren. „Also gut, neben deinen Pflichten, dich um mein Wohlergehen und meine Sicherheit zu kümmern, wirst du dich von nun an kundig machen. Die Villa verfügt über eine ganz passable Bibliothek. Dort wirst du von nun an…“ Staub wischen? Nein! „…die Dichtkunst studieren. Dort hast du Gelegenheit, dich einzulesen und …dich inspirieren zu lassen.“ Die letzten Worte sprach ich mit einem erwartungsvollen Grinsen. Dann versuchte ich in der Mimik meines Sklaven herauszulesen, wie ihm diese Anweisung wohl schmeckte. Erst eine Weile später fuhr ich weiter fort. Denn ich wollte meinen „orientalischen Smaragden“ auch noch in eine andere Richtung formen lassen.
    „Nun, wie du dir sicher denken kannst, ist es nicht nur wichtig, deinen Geist zu fördern, sondern auch deinen Körper. Damit du mir tatsächlich so dienen kannst, wie ich es wünsche, wirst du dich an Gundalf wenden. Er wird dich ertüchtigen und dir alles beibringen, was ein guter Custos wissen muss.“ Gundalf war einer jener Custodes, die mit mir nach Rom gekommen waren. Eigentlich hätte er den Maevius wieder zurück nach Achaia begleiten sollen, doch auf dessen Drängen war er hier geblieben. Der Germane war ein riesenhafter Hüne, der zwar über eine Menge Muskeln jedoch über wenig Hirn verfügte. Alleine schon seine Erscheinung schlug so manchen Angreifer in die Flucht. Doch Onatas würde von ihm nichts zu befürchten haben, solange Gundalf ihn als seinen „Freund“ ansah.

    [Blockierte Grafik: http://i173.photobucket.com/albums/w57/miimii85/x%20other%20stuff%20x/sharifds4.jpg] | Sharif


    Sharif, der claudische Ianitor, raffte sich seufzend auf, um seines Amtes zu walten. Was er erblickte, als er die Porta öffnete, ließ ihn verwundert stauen. In letzter Zeit war das Schwarz der Trauer die vorherrschende Farbe in der Villa gewesen, doch was sich dem Sklaven nun darbot, war der krasse Gegenteil davon. Sklaven in feinen farbenfrohen Tuniken waren damit beschäftigt, einem feinen Herrn aus der Sänfte zu helfen und ein ebenso farbenfroh gekleideter Sklave hatte gerade angeklopft. „Äh ja?“ fragte er ganz verdattert. Womöglich hatte sich die Gesellschaft an der Porta geirrt.

    Sim-Off:

    Sorry! :(


    Die ganze Situation hatte ihren Tiefpunkt erreicht. Unter anderen Umständen wäre es mir sicher leichter gefallen, die Unterhaltung mit dem Jugendfreund meines Bruders aufrecht zu erhalten. Doch die Trauer saß so tief und so war es wohl das Beste, als Scato uns verließ.


    In dem Moment, als ich mich wieder zurückziehen wollte, richtete dann doch noch einmal mein Onkel das Wort an mich. Man konnte es an seiner Stimme hören, dass es ihn einiges an Überwindung gekostet hatte. Doch vielleicht war es besser, das Leben einfach weiter voranschreiten zu lassen, statt in der Trauer und in den Erinnerungen zu verharren. Also versuchte auch ich die Traurigkeit für einen Moment beiseite zu schieben und mich auf seine Frage zu konzentrieren. „Ja, ich verstehe,“ antwortete ich zunächst, um mir etwas mehr Zeit zu verschaffen. Von meinem Vater wusste ich, dass er stets daran arbeitete, das familiäre Vermögen zu mehren, um letztendlich die Früchte seiner Arbeit an seine Kinder weiter zu geben. Wie ernüchternd musste es für Onkel Menecrates sein, dass nun auch noch seine beiden Enkel in das Elysium eingetreten waren. So war ich wohl noch seine einzige Möglichkeit, woraufhin ich es zu meiner Pflicht ansah, die Verantwortung dafür zu übernehmen. Ja richtig, es gehörte dazu ein gewisses Maß an Verantwortungsgefühl, denn hinter all den Zahlen und Namen standen auch Menschen, meist Sklaven zwar, die die Güter bewirtschafteten. Doch meinem Vater lag auch immer deren Wohlergehen am Herzen. Sie waren im Grunde die Basis von allem und sie mussten auch versorgt werden. „Nun, wenn ich mich entscheiden soll, dann würde ich den Gewürzhändler, den Metzger und den Jäger übernehmen.“ Letztendlich war eine begüterte Frau auch immer eine gute Partie. Ein Gedanke, der mich auf eine Idee brachte.
    „Da wäre noch etwas, Onkel. Du weißt ja, es gab ja einen bestimmten Grund, weshalb mich mein Bruder nach Rom sandte…“

    Mein fordernder Blick lag nun auf Onatas, meinem selbsternannten Dichtersklaven. Durch meine Forderung hatte ich ihn sichtlich aus der Fasson gebracht. Schwerfällig begann er nun nach Worten zu suchen. Vielleicht wurde ihm ja nun auch nur selbst bewusst, dass er seinen Mund ein wenig zu voll genommen hatte. Wenn dem so war, was sollte ich dann tun? Ihn bestrafen, weil er mich zum Narren gehalten hatte? Und wenn ja, womit? Nur ungern wollte ich ihm weh tun, denn irgendetwas, ich konnte es gar nicht recht in Worte fassen, fühlte ich in meinem Innersten. Keine Frage, der Sklave hatte mir von Anfang an gefallen! Sonst hätte ich für ihn wohl kaum eine Unsumme an Geldstücken für ihn bezahlt. Doch wie mir nun langsam bewusst wurde, waren es nicht nur die Äußerlichkeiten, die mich an ihm entzückten. Nein, da war mehr, ein ganzes Stück mehr. Seltsame Gefühle empfand ich, als hätten geheime Mächte mich verzaubert. Es war so ähnlich wie die Vorliebe für ein geliebtes Spielzeug oder für einen Hund mit weichem Fell und feuchter Nase. Ja, so war es wohl, ein Spielzeug! Aber im Gegenzug zu meinen Puppen war dieses Spielzeug sehr lebendig, was den Reiz an ihm nur noch um ein Vielfaches vergrößerte.


    Letztendlich folgten seinem Stottern und Räuspern, zwar noch immer zögerlich, ein paar zusammenhängende Worte. Ein Gedicht über den Winter! „Aha“, entgegnete ich gespannt. Mehr wollte ich sein Vorhaben nicht kommentieren, um ihn nicht noch mehr zu verunsichern. Lediglich nickte ich ihm nun aufmunternd zu, um tatsächlich noch in den Genuss seiner dichterischen Ergüsse zu gelangen.
    Endlich gelang es dann auch Onatas, sein Unbehagen soweit auszublenden, um beginnen zu können. Noch lächelte ich gespannt, als er begann, jedoch schwand ganz allmählich mein Strahlen, indem sich meine Wangenknochen der Schwerkraft unterwarfen und ich zu guter Letzt nur noch mit einem offenen Mund da saß. Das änderte sich auch nicht, als er sich über die über die Blume ausließ.
    „Äh ja…“ Begann nun ich recht unbeholfen. „Das war einfach…äh…“ grauenhaft! „... wunderbar“ hörte ich mich nur sagen. Wunderbar?! Das sollte daran denn wunderbar gewesen sein? Hätte ich mich in diesem Augenblick im Spiegel betrachten können, hätte ich ein seltsam anmutendes Lächeln entdecken können. Was war nur mit mir los?

    Wenn man in jungen Jahren schon derlei herbe Verluste hinnehmen musste, dann war es wohl unvermeidlich, sich recht schnell mit der Tatsache vertraut zu machen, dass das Leben nicht immer ein Honigschlecken war. Spätestens nach dem Tod meines Bruders hatte ich Bodenhaftung erfahren und mir war klar geworden, was wirklich wichtig im Leben war. Nun lag es an mir, an den richtigen Fäden zu ziehen, damit meine Zukunft so verlief, wie es der Wunsch meines Vaters, meines Bruders und nicht zuletzt auch mein eigener Wunsch war. Der Vorteil, Scato als Gatten zu wählen, lag doch klar auf der Hand! Er war noch recht jung, ganz ansehnlich, kam aus guter Familie, war aufstrebend und hatte glänzende Aussichten, noch weiter aufzusteigen… und, was noch viel entscheidender war – ich kannte ihn bereits! Zwar waren inzwischen schon einige Jahre vergangen, seit seiner Studienzeit in Achaia, doch hatte ich keineswegs vergessen, wie nah wir uns damals gewesen waren. Er war nicht nur für Maecenas wie ein Bruder gewesen, nein auch für mich war er das. Umso gespannter stand ich nun vor ihm, um seine Antwort abzuwarten. Offenkundig war dies das Letzte, womit er gerechnet hatte, denn der Beginn seiner Entgegnung erfüllte nicht gerade meine Erwartungen. Fast schon schwerfällig kamen die Worte zunächst über seine Lippen, weshalb ich bereits begann, mir Sorgen zu machen. Hatte ich ihm etwa zu viel zugemutet? Oder war es etwa noch zu früh, so kurz nach Maecenas‘ Tod, weshalb er noch immer, von der Trauer um den geliebten Freund, außer Stande war, einen klaren Gedanken zu fassen?
    Doch nein! Mir fiel ein Stein vom Herzen, als er endlich das sagte, was ich hören wollte. Er hatte also selbst schon daran gedacht, schoss es mir durch den Kopf. Na bestens! Natürlich war es sicher nur den tragischen Umständen geschuldet, weshalb er nicht selbst schon längst die Initiative ergriffen hatte, denn letztendlich hatte ja auch mein Onkel den Tod zwei seiner Enkel zu betrauern.
    „Natürlich werde ich sie nicht selbst initiieren,“ gab ich sogleich zurück. Was war denn schon dagegen einzuwenden, wenn man ihm ein wenig auf die Sprünge half? „Sehe mein Vorpreschen lediglich als Vorschlag an und sei gewiss, dass du in mir eine Braut hast, die sich nichts Sehnlicheres wünscht. Natürlich obliegt es an dir, bei meinem Onkel um meine Hand anzuhalten. Und ehrlich gesagt, wüsste ich nicht, was Onkel Menecrates einzuwenden hätte.“ Letzteres behauptete ich einfach einmal in meinem jugendlichen Leichtsinn, ohne genau zu wissen, wie mein Onkel tatsächlich zu den Flaviern stand.

    Offensichtlich hatte ich mit der Drohung des claudischen Carcers genau ins Schwarze getroffen. Prinzipiell gab es wohl kaum einen Sklaven, der nicht davor zitterte – vor dem berühmt berüchtigten „Loch“. Jeder Sklave, der nach ein paar Tagen aus absoluter Dunkelheit und stetig feucht kalter Umgebung wieder ans Tageslicht kam, schien danach verändert. Im besten Falle hatte er dadurch Läuterung erfahren.
    „Da könnte ich dir durchaus zustimmen. Doch mein Vater, der unglücklicherweise bereits im Elysium weilt, hatte im Bezug auf störrische und unverschämte Sklaven stets eine klare Haltung. In seinem Umgang mit ihnen war er immer darauf bedacht, möglichst selten eine Wertminderung zu provozieren. Das bedeutet im Klartext, dass nur im äußersten Notfall die Peitsche zum Einsatz kam. Denn die Peitsche, wenn man sie richtig anwendet, hinterlässt meist hässliche Narben. Außerdem können sich die Wunden bei falscher Behandlung entzünden und der Sklave stirbt daran. Zumindest aber ist er für mehrere Tage nicht einsatzfähig. Wodurch eine Menge Geld verloren gehen kann, was zwar in deinem Fall nicht wirklich zutreffend wäre, wenn man einmal die Kosten für deine Verpflegung außer Acht lässt. Viel effektiver hingegen waren seine anderen Maßnahmen, um dem Unfreien klar zu machen, wer am längeren Hebel sitzt und wem allein er sein kümmerliches Dasein zu verdanken hat. Alleine die Drohung, der Sklave müsse die nächsten Tage im Carcer zubringen, half oft schon, um der Einsicht einen Weg zu bereiten. Und wie ich sehe, vermag es bei dir ähnliche Assoziationen hervorzurufen. Das ist gut! Du weißt also bereits, wer dein Herr, oder in diesem Fall deine Herrin, ist und welche Macht sie über dich besitzt. Du tust also gut daran, sie nicht weiter zu reizen, denn wisse Sklave, für dich ist allzeit ein Platz im Loch frei!“ Ich beobachtete ihn kurz, ohne eine Miene zu verziehen. Lediglich Naevia deutete ich an, mir etwas von dem verdünnten Traubenmost in meinen Becher zu gießen, da meine Kehle sich trocken anfühlte. Nach einem großen Schluck sprach ich dann weiter. „Fakt ist, ich habe dich auf Betreiben Maevius Tullinus als Paedagogus gekauft. Alleine schon aus ökonomischer Sicht wäre es reinste Verschwendung, dich niedere Arbeiten verrichten zu lassen, da ich zu der Einsicht gelangt bin, aus dir und deiner Profession durchaus einen Nutzen ziehen zu können. Da ich nun deine Herrin bin und nicht etwa der Mavius, wirst du mir von nun an den nötigen Respekt zukommen lassen, selbst dann wenn du deiner Aufgabe als Paedagogus nachkommst. Desweiteren wirst du dich in Zukunft mit mir… und nur mit mir über den Lehrstoff beraten. Zusammen werden wir dann ein passendes Curriculum erstellen. Nun, was sagst du dazu?“

    Ungerecht und bei Zeiten sadistisch – oh ja! Scato hätte es nicht treffender ausdrücken können. Es gab mir Kraft, jedenfalls für den Moment, mit ihm in Trauer vereint zu sein. Unvergessen waren die heiteren Tage – damals in Achaia.
    Auch ich griff zu meinen Becher, um auf das Andenken meines Bruders zu trinken. Der leicht herbe Geschmack des verdünnten Weines harmonierte perfekt mit meiner Stimmung. Jedoch war es wohl kaum ratsam für eine Frau wie mich, Trost im Alkohol zu finden. Körperliche Nähe wäre vielleicht hilfreich gewesen. Ein tröstendes in-den-Arm-genommen werden. Aber auch das wäre hier an diesem Ort kaum angebracht gewesen. So begnügte ich mich mit Scatos tröstenden Worten und horchte auf, als er plötzlich von Manius' letztem Brief an seinen alten Freund zu sprechen begann.
    „Nach mir zu sehen… ja, so etwas in dieser Art sagte er auch mir,“ sinnierte ich vor mich hin, während ich in meinen Gedanken schon einen Schritt weiter ging. Ich war eine junge Frau, fremd in dieser Stadt. Zudem auch noch vaterlos, bruderlos… Der Maevius, Manius' rechte Hand, hatte vor einigen Wochen bereits die Heimreise angetreten. Lediglich meinen Onkel, den Senator Claudius Menecrates konnte ich noch Familie nennen. Manius hätte mit Sicherheit nichts einzuwenden gehabt, wenn ich nun selbst die Initiative ergriff.
    „Scato!,“ rief ich bestimmt und trat einen Schritt auf ihn zu. Meine Tränen waren verebbt und ich hatte mich aus der Lethargie meiner Trauer erhoben. „Ich weiß, es ist nicht unbedingt schicklich, dass ich… Nun ja, ich will es geradeheraus sagen, was mich dahingehend tangiert. Ich meine, was den Willen meines Bruders betrifft. Es war der Wunsch meines Vaters und natürlich auch der von Manius, hier in Rom eine gute Partie zu finden. Nun, ich könnte mir keine Bessere als dich selbst vorstellen! Was sagst du dazu?“

    Eigentlich hatte ich die Saturnalien immer gemocht. Mein Bruder hatte sich für mich stets etwas Witziges einfallen lassen, um mich zu überraschen. Doch in diesem Jahr, glichen die frohen Tage eher einem Trauerspiel. Ich vermied es, unnötigerweise das Haus zu verlassen. Zwar hatte mein Onkel eine Einladung zum Fest der Decimer erhalten, doch nicht nur mein Onkel, auch ich zog es offenbar vor, diese Einladung verstreichen zu lassen. Zu frisch waren noch die Wunden, als dass ich hätte fröhlich sein können.


    [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/150601/cc3olykt.jpg%20] | Eleni
    Trotz der Saturnalien war mir meine gute alte Amme nicht von der Seite gewichen. Für Eleni war ich wie ihr eigenes Kind. Und das eigene Kind ließ man in solch schwierigen Zeiten eben nicht sich selbst überlassen.
    An jenem Tag war es dann auch Eleni gelungen, mich zu einem Spaziergang zu überreden. Die frische Luft tut dir gut, Kind, hatte sie gesagt und ich hätte ja einen netten kleinen Spaziergang durch einen Parkt favorisiert, da dieser um diese Jahreszeit von nicht allzu vielen Menschen frequentiert wurde. Doch Eleni meinte, die Märkte seien nun voller Leben und genau das bräuchte ich! Neues Leben! Vielleicht, so meinte Eleni, träfe ich ja auf ein bekanntes Gesicht. Gerne hätte ich auf die Gesellschaft anderer Leute, bekannt oder auch nicht, verzichtet, doch dann gab ich schließlich nach. So konnte ich meiner Amme wenigstens diesen einen Wunsch erfüllen.


    Ich begab mich also wieder unter Menschen. Ein gemütlicher Bummel über den Markt sollte es werden. Gemeinsam wollten wir uns die Auslagen der Marktstände ansehen. Gelegentlich griff ich auch zu meiner Börse und klaubte ein paar Münzen hervor, um etwas zu kaufen. Jedoch schien es auch hier nichts zu geben, was mich hätte aufmuntern können. Eigentlich wollte ich schon wieder gehen, als uns ein Fremder ansprach. Jener Mann war in eine exotisch anmutenden Tunika gekleidet. Er nannte sich selbst „den großen Magus Meister Siavash“. Passend dazu trug er noch Pluderhosen und eine Art Turban auf dem Kopf. Fast schon glaubte ich, meinen Sklaven Onatas vor mir zu haben. Jedoch war diese Ausgabe um einiges älter als mein Syrer. Seinem Akzent nach stammte er wohl auch aus den östlichen Provinzen oder gar aus Parthien selbst. Alleine das hatte bereits meine Aufmerksamkeit erregt. Doch was dann geschah, ließ mir glatt den Atem stocken. Er behauptete doch tatsächlich die Gabe zu besitzen, mit den Toten zu sprechen! Normalerweise hätte ich dies als Scharlatanerie abgetan, denn tot war schließlich tot. Doch in meiner Trauer war ich wohl eher dazu geneigt, mich solchem transzendenten Hokuspokus hinzugeben, statt rational zu denken.
    Trotz der Warnungen meiner Amme vertraute ich mich diesem Fremden an, der mich sogleich in ein provisorisch zusammen geschustertes Zelt mitnahm. Nur ich sollte eintreten dürfen, nicht Eleni! Da meine Amme zu sehr seine positiven Schwingungen stören würde, meinte er. So wartete Eleni alleine vor jenem Zelt und beobachtete die vorbeigehenden Passanten. Mit einem Ohr jedoch, versuchte sie zu lauschen, was drinnen vor sich ging. Lediglich ein seltsames Murmeln war zu hören, was dazu führte, dass die alte Amme noch mehr ihre Ohren spitzte. Als sie dann plötzlich den spitzen Schrei ihrer Herrin vernahm, gab es für sie kein Halten mehr! Sie stürmte das Zelt. Es gab einen heftigen Tumult. Glas ging zu Bruch. Meister Siavash begann in einer unverständlichen Sprache zu fluchen und schlug um sich. Eleni schrie, ich schrie und zu guter letzt stürmten noch zwei Gehhilfen des Meisters herbei, die nur noch mehr Verwirrung stifteten, da inzwischen das Zelt einzustürzen drohte. „Hilfeee!“ krakelte Eleni, als sich einer jener Gehilfen auf mich stürzte.

    Zunächst hatte ich mich noch ganz gut im Griff. Sachlich bleiben, sagte ich mir ständig, denn dann könne ich die Tränen verbannen. Auch wenn Scato ein guter alter Bekannter war, wollte ich mir vor ihm nicht die Blöße geben, denn inzwischen war ich ja nicht mehr das kleine Mädchen, welches er von früher her kannte. Jedoch spätestens dann, als er mich Pina nannte, gingen alle meine guten Vorsätze von Bord.
    „Ja, bitte,“ hauchte ich, bereits den Tränen nahe, als könne ein wenig verdünnter Wein all meine Trauer hinfort spülen. Ich setzte mich. Auch für mein Gegenüber schien dies ein schwieriger Moment zu sein. Hastig begann er etwas zu hinzuklritzeln, nahm dann das Schriftstück, rollte es und gab es mir. „Danke.“ Naevia nahm es schließlich entgegen und trat sogleich wieder zurück in den Hintergrund.


    Wie tröstlich es doch war, dass er versuchte, zu mir vorzudringen, auch wenn die Antwort auf seine Frage doch offensichtlich schien. „Es geht… dies ist heute das erste Mal, dass ich das Haus verlassen habe, seit…“ ich es erfahren hatte. Ich hatte versucht, ein Lächeln hervorzubringen, doch ich scheiterte, denn letztlich glich es wohl eher einer Grimasse, die sich auf meinem Gesicht abzeichnete und sich schnell wieder der Trauer ergab. Dabei merkte ich, wie frisch noch die Wunden waren, die diese schreckliche Nachricht geschlagen hatte, denn es schien so, als rissen sie geradewegs wieder auf. Das Unvermeidliche geschah, ich saß nun hier, schluchzend, heulend und konnte gar nicht mehr anders. „Ach Caius, die Götter sind so ungerecht!“, jammerte ich und nannte ihn wohl eher unbewusst bei seinem Praenomen, was ich sicher schon eine halbe Ewigkeit nicht mehr getan hatte. Da war gerade nichts mehr an mir, was in irgendeiner Weise an dignitas hätte erinnern können.

    Ich hatte mir viel Zeit gelassen. Den Gang zum Officium des Tresvir Capitalis hatte ich immer wieder aufgeschoben. Doch letztlich hatte ich mich daran erinnert, was mein Bruder von mir verlangt hätte, wäre er noch am Leben. Schließlich ging es hier nicht nur um das, was mir Maecenas hinterlassen hatte, sondern auch um das, was uns unser Vater vermacht hatte.
    In Begleitung einiger meiner Sklavinnen hatte ich schließlich das Officium des Flaviers betreten. Noch immer trug ich schwarz, was die ungesunde Farbe meines Gesichtes nur noch mehr betonte. Selbst die Schminke, die mir Naevia aufgetragen hatte, konnte nicht den Schmerz kaschieren, der mich nun seit etlichen Wochen fest in seinem Griff hatte.


    „Salve Scato“, begrüßte ich ihn zunächst und trat näher. Ein scheues Lächeln verirrte sich über meine Mine, als ich ihn dabei ansah. „Ich bitte meinen verspäteten Besuch zu entschuldigen. Leider war es mir nicht früher möglich…“, begann ich. „Doch nun bin ich hier, um zu erklären, dass ich das Erbe meines Bruders annehmen werde.“

    Fraglos hatte Scato heute in seiner Eigenschaft als Vigintivir seinen Weg zur Villa Claudia gefunden. Als Überbringer trauriger Nachrichten, derer ich längst schon gewahr geworden war. Kaum hatte ich Platz genommen, griff die Hand des Flaviers nach einer Schriftrolle, die er mir schweigend reichte. Mich kostete es einiges an Überwindung, das Siegel zu brechen, obschon ich bereits wusste, was mich erwarten würde. War es doch nicht das erste Schreiben dieser Art, welches mich erreicht hatte.
    Auch mein Onkel schien in einem weiteren Schreiben vertieft zu sein, weshalb seine Aufmerksamkeit nicht sofort mit gegolten hatte. Auch er hatte schwer zu tragen. Wenn plötzlich all jene, die einem lieb und teuer waren sich auf tragische Weise für immer verabschiedeten, war dies nur schwer zu ertragen. Wie die letzten Blätter eines Baumes, die im Herbst zunächst in den schönsten Farben geleuchtet hatten, dann aber doch hernieder gefallen waren, auf dass nur noch ein nacktes Gerippe übrig blieb.
    Wie betäubt las ich den Brief. Dabei wurde mir wieder bewusst, wie sehr die Nachricht von Maecenas‘ Tod auch Scatro mitgenommen haben musste. So waren wir in Trauer vereint. Seine Beileidsbekundungen konnte ich zunächst nur mit einem stummen Nicken beantworten. Ich wollte partout stark sein und keinesfalls meinen Gefühlen ihren Lauf lassen.
    „Auch ich kann es noch immer kaum glauben… Aber ich werde dich in deinem Officium aufsuchen… sobald mir dies möglich ist,“ antwortete ich mit voller Ergriffenheit.

    Seitdem mich die Nachricht vom Tod meines Bruders erreicht hatte, zog ich es vor, weder die Villa noch mein Cubiculum zu verlassen. Dies war meine Art zu trauern! Mich vom Rest der Welt abzuschotten. Nichts hören und nichts sehen wollen. Das war es! Darüber hatte ich selbst vergessen, Flavius Scato, dem einzigen Menschen, der mir nach meinem Onkel am nächsten stand, von Maecenas`Tod zu informieren. Doch wie es schien, hatte es ihn aufgrund meiner langen Absenz nun selbst zur Villa Claudia getrieben. So jedenfalls hatte ich es für mich interpretiert, nachdem mich Neavia vom Erscheinen des Flavius unterrichtet hatte. Unterschwellig erkannte ich in den Worten der Sklavin ihr Bemühen, mir wieder ein wenig Lebensmut zurückzugeben. Die Trauer endlich Trauer sein zu lassen und wieder nach vorne zu blicken. Und eigentlich wusste ich es ja auch, was Maecenas in einem Fall wie diesem gewollt hätte…


    Schließlich ließ ich mich von meinen Sklavinnen schnell herrichten, auf das ich etwas ansehnlicher wirkte. Eine andere Tunika, die zwar schwarz war aber dennoch edler wirkte. Ein wenig Bleiweiß und ägyptische Erde, die die Ringe unter den Augen kaschieren sollten. Dann noch etwas Rot auf die Lippen, auf dass sie nicht länger blutleer erschienen. Mit wenigen gekonnten Handgriffen war letztendlich eine annehmbare Frisur gezaubert worden. So konnte ich mich sehen lassen.
    In Begleitung Elenis betrat ich das Atrium, wo ich den Flavius und meinen Onkel sitzend vorfand. Eine gewisse Schwere lag in der Luft, die ich aber aufgrund der Vorkommnisse als nicht überraschend ansah. „Salve Flavius Scato! Onkel!“, begrüßte ich die beiden Männer. „Man unterrichtete mich von deinem Besuch. Ich hoffe, ich störe doch nicht?,“ fügte ich mit einem Hauch Skepsis hinzu, ehe ich mich zu ihnen setzte.