Beiträge von Claudia Agrippina

    Als Aristoteles eintrat, beachtete ich ihn kaum. Denn ich saß noch immer an meiner Kommode und betrachtete mich in meinem Handspiegel. Meine ägyptische Neuerwerbung hatte wirklich gehalten, was sie versprochen hatte. Sie war eine ausgezeichnete Ornatrix. Zwar verstand sie kaum etwas von dem, was man ihr sagte, doch dieses Manko würde man ihr auch noch austreiben. Ähnlich wie Naevia, die einige meiner Kleidungsstücke wieder verräumte, war auch Eleni noch damit beschäftigt, dasselbe mit den Tiegeln meiner Kosmetik zu tun. Beide Sklavinnen waren vertieft in ihr Tun, so dass auch sie dem Hauslehrer nicht einmal ein Fünkchen ihrer Aufmerksamkeit schenkten. Doch das sollte sich schon sehr bald ändern. Kaum hatte der Sklave seinen Mund aufgemacht, hielten beide inne und sahen auf. Ähnlich erging es mir. Ich fokussierte meinen Blick auf den Sklaven, dessen säuerliche Mine mir noch weniger gefiel, als der Ton, den er anschlug.
    [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/150601/cc3olykt.jpg|Eleni
    „Was fällt dir ein, Sklave!“, herrschte Eleni ihn an und trat nun an meine rechte Seite. „Dies ist deine Domina, die du gefälligst auch so anzusprechen hast! Und wie kannst du es überhaupt wagen…“ Ich beschwichtigte Eleni, die ja ganz außer sich war, mit einer Handbewegung, da ich sofort ahnte, woher der Wind wehte. Der Maevius hatte hier einmal wieder seine Hand im Spiel und machte nun diesen Sklaven zu seinem Spielball. Doch auf meinen Wink hin, verstummte sie, bedachte den Sklaven aber weiterhin mit einem äußerst verärgerten Ausdruck. „Ist schon gut Eleni! Du siehst doch, unser Freund hier ist wütend,“ meinte ich belustigt. Noch nahm ich das Verhalten des Sklaven auf die leichte Schulter. Im Grunde konnte ich ihn ja verstehen, wenn er mit seinem Schicksal haderte. Doch warum er all seine Wut auf mich projizierte, verstand ich nicht. Schließlich war nicht ich es, die seine Entmannung befohlen hatte.
    „Du fragst mich, wie sich eine hochgeborene junge Dame in diesem Fall verhalten soll? Nun, lass mich nachdenken.“ Für einen Moment mimte ich mich hochkonzentriert, dann wandte ich mich dem Sklaven wieder zu und antwortete ihm ganz ungezwungen in einem ruhigen, doch bestimmten Ton. „Ich würde dem Sklaven ein für alle Mal klar machen, dass er sich gerade auf sehr dünnem Eis befindet und sich glücklich schätzen kann, dass ich heute Morgen eine so gute Laune habe, so dass ich ihm statt zwanzig Peitschenhieben lediglich nur fünf angedeihen lasse. Bist du mit dieser Antwort zufrieden?“

    Im Gegensatz zu Aristoteles war ich alles andere als bereit! Ein Sklave hatte mich in der Frühe geweckt, so dass Eleni ganz besorgt aus ihrer Kammer hereingeeilt kam, um nachzusehen, was geschehen war. Der Sklave plapperte ganz eingeschüchtert davon, dass der Maevius dies angeordnet habe. Der neue Hauslehrer stunde bereit und würde bereits auf mich warten und bat nun darum, eintreten zu dürfen
    „Welcher neue Hauslehrer?,“ fragte ich verdutzt und sah dabei Eleni an. „Er meint wahrscheinlich den Kastraten,“ entgegnete sie. Dann fiel es mir auch wieder ein. Der unglückliche Vorfall, während des gestrigen Marktbesuches. Aristoteles, der arme Kerl hatte die Bekanntschaft mit dem Maevius gleich mit dem Verlust seiner Männlichkeit bezahlt! Mich wunderte, dass er heute bereits einsatzfähig war!


    Ich hatte keine große Eile. Zuerst nahm ich ein Frühstück ein, dann ließ ich mich waschen und einkleiden. Danach wartete ich auf meine neue Ornatrix, die mir in aller Selenruhe meine Frisur steckte. Erst dann, als ich mit allem an mir zufrieden war, bedeutete ich Naevia, die inzwischen auch zu mir gestoßen war, man könne den Sklaven Aristoteles nun zu mir einlassen.

    Ich hätte ja mit allem gerechnet, nur nicht damit, dass mich der Sklave auf dem Markt schamlos angelogen hatte! Oder hatte ich dort nur gehört, was ich hören wollte?
    Anfangs stotterte er noch herum, als wolle er die richtigen Worte finden, was ich im Anbetracht der Situation auch nicht als besonders tragisch erachtete. Dann aber versuchte er Sätze zu formen und was ich dadurch erfuhr, verärgerte mich ein wenig, doch gleichzeitig empfand ich es auch höchst amüsant, wie er sich, einem Fisch gleich, der ins Netzt gegangen war, umher wand.


    „So ist das also!“, rief ich und bedachte Onatas mit einem strengen Blick. „Und du bist der Meinung, du taugst nur dazu, im Garten in der Erde herumzuwühlen oder um schmutziges Geschirr zu säubern? Und dafür habe ich ein kleines Vermögen springen lassen? Das kann unmöglich dein Ernst sein!“ Noch immer lastete mein Blick auf ihn, auch während ich nun schwieg. Wieder erhob ich mich von meinem Stuhl und begann, ihn mit gebührendem Abstand zu umrunden. So ließ ich ihn eine ganze Weile zappeln und blieb dann direkt hinter ihm stehen.
    „Als ich mich heute Morgen zum Markt aufmachte, hatte ich ganz und gar nicht das Bedürfnis, einen Sklaven für den Garten zu kaufen! Du verstehst also, dass ich deiner Bitte nicht nachkommen kann.“ Wieder schwieg ich und umrundete ihn dann zur Gänze, so dass ich mich wieder direkt vor ihm fand. „Aber du sagtest soeben, du schreibst selbst Gedichte. Dann lass mal hören!“ Ich nahm wieder auf meinem Stuhl Platz und schlug die Beine übereinander. „Nun, fang an!“, gebot ich ihm und harrte dem, was nun kam.

    Während mein Onkel eher die Gesellschaft seiner Mitsenatoren suchte, entschied ich mich, mit meinem Gefolge hinaus in den Garten zu gehen, um den nun folgenden ermüdenden Diskussionen über Politik entgehen zu können.


    Was mich draußen erwartete war doch sehr bemerkenswert. Offenbar hatten die Flavii ein gutes Händchen fürs Grüne oder aber einfach nur ein paar kompetente Gärtner. Ich tippte auf Letzteres. Natürlich fand sich auch im Garten so manches Dekor, welches speziell für die Hochzeit installiert worden war. Mehrere Zelte, die für schattige Plätzchen sorgen sollten, unzählige Bedienstete, die die Aufgabe hatten, die Gäste zu bewirten und… bei den Furien, was sahen meine Augen da!? Nackte Menschen! Unglaublich! Zwar hatte man ihre Leiber mit goldener Farbe eingerieben, dennoch änderte dies nichts an dem Umstand, dass sie nackt waren! Nun ja, wenn ich einfältig gewesen wäre, dann wäre ich höchstwahrscheinlich vor Scham im Erdboden versunken. Stattdessen beäugte ich die „lebenden Statuen“ mit dem Blick eines Kunstverständigen. Solche Abbildungen gab es in Achaia zuhauf. Zumal Papa etliche davon gesammelt hatte, um sie in der Athener Stadtvilla aufstellen zu lassen. Wozu also die übertriebene Prüderie?


    „Sieh dir das an, Onatas!“, sagte ich, zu meinem Sklaven gewandt. „Hast du je solch formvollendete ästhetische Körper gesehen?"

    Während die Braut in erster Linie meinen Onkel begrüßte, warf sie auch mir kurz einen Blick zu und lächelte freundlich. Natürlich entgegnete ich ebenso mit einem erfreutem Zunicken.
    Wie es sich gehörte, sprach Onkel Menecrates ihr seine besten Glückwünsche aus und wandte sich dann zu mir um. Anschließend stellte er mich ihr als seine Großnichte Agrippina vor. Das war dann wohl mein Einsatz: „Den Glückwünschen meines Großonkels möchte ich mich gerne anschließen. Mögen die Götter stets über dich und deinen Gatten wachen,“ fügte ich lächelnd hinzu. Die Flavia erwies mir nun, ähnlich wie meinem Onkel, die Ehre, nachdem sie mich noch einmal kurz gemustert hatte. Sie schien recht nett zu sein. Umso besser! Es konnte schließlich nichts schaden, mich später noch einmal mit ihr näher zu unterhalten. Um in der gehobenen Gesellschaft Fuß zu fassen, benötigte man unbedingt Kontakte. Und genau diese wollte ich auf dieser Hochzeit knüpfen. Auch war mir nicht entgangen, wie die Braut kurzzeitig ihren Blick auf Onatas richtete. Offenbar hatte die Ausstattung des Sklaven ihre Aufmerksam erregt. So hatte sich also der Aufwand um sein Kostüm schon bezahlt gemacht.


    „Danke für deine Freundlichkeit, die du uns heute erweist, Flavia!“, antwortete ich. „Ich hege keinen Zweifel daran, dass es uns an nichts fehlen wird.“ Bevor wir Schließlich weiterschritten, nickte ich noch dem Bräutigam freundlich zu und sprach auch ihm meine allerbesten Wünsche aus.

    Im Gesicht des alten Mannes entzündete sich ein Lächeln, als er sah, dass ich ihm die Ehre erwies, die ihm als Hausherr zustand. Auch wenn ich meine leibliche Mutter nie hatte kennenlernen dürfen, so war meine Stiefmutter ein würdiger Ersatz gewesen, was meine Erziehung betraf. Auch in anderen Dingen zwischen Mutter und Tochter hatte sie niemals einen Zweifel aufkommen lassen, dass ich mich nicht auf sie hätte verlassen können.
    Letztendlich aber war es doch nun so, Claudius Menecrates war im Augenblick mein einziger Verwandter hier. Solange jedenfalls, wie mein Bruder noch in Achaia weilte. Es war also nicht nur klug, sondern auch unerlässlich, seine Gunst zu erlangen. Nicht zuletzt um Maevius Tullinus in seine Schranken zu weisen, wenn dies von Nöten war.


    Nachdem mein Onkel seinen Platz eingenommen hatte, tat ich es ihm gleich. Ebenso auch Tullinus, der darauf bedacht war, Menecrates sofort für sich in Beschlag zu nehmen. Doch wie es schien, hatte der andere Vorstellungen. Nachdem er seinen Becher von einem Sklaven entgegengenommen hatte, wandte er sich mir zu und ließ den Klienten vorerst außer Acht.
    Seine Stimme hatte etwas Melancholisches an sich, als er sich scheinbar den Erinnerungen hingab. Erinnerungen auf ein langes bewegtes Leben.
    Schon oft hatte ich den Entschluss meines Vaters bereut, sich damals in Achaia niederzulassen. So weit entfernt von Rom. Doch womöglich hatte er damals seine Gründe gehabt. Immer wenn Vater von der Verganhenheit berichtete, dann war mir eines aufgefallen: Er war zufrieden gewesen mit seinem Leben. So wie es war. Selbst als Mutter nach meiner Geburt gestorben war er und zum Wohl seiner Kinder recht bald nach der Trauerzeit wieder geheiratet hatte, war er mit dem zufrieden gewesen, was er hatte und respektierte den Willen der Götter.


    Natürlich hatte mein Onkel vom Tod meines Vaters gehört. Anfangs hatten wir beide, Maecenas und ich es kaum glauben können, dass nun beide unsere leiblichen Eltern nicht mehr unter den Lebenden weilen sollten. Wie gelähmt waren wir gewesen und konnten, beziehungsweise wollten uns damit nicht abfinden. Als dann nach Wochen und Monaten uns der Alltag wieder eingeholt hatte und von uns verlangt wurde, Verantwortung zu übernehmen, war es endlich für uns möglich geworden, über unseren Verlust zu sprechen. Dennoch hatte uns Vaters Tod noch enger aneinandergeschweißt.


    „Ich danke dir, Onkel,“ erwiderte ich, nicht umhin zu kommen, eine Träne zu verlieren. „Ich hörte bereits davon, dass auch du schwere Verluste zu tragen hattest. Dafür möchte ich dir gerne mein aufrichtiges Beileid aussprechen.“
    Der Tod war nie ein angenehmes Gesprechsthema. Schon gar nicht am Tag meiner Ankunft. Daher war ich meinem Onkel sehr dankbar, als er sich dem Grund meine Romreise annahm. Endlich konnte die Trauer aus meinen Gesichtszügen verschwinden und ich konnte sein Schmunzeln entgegnen. „Ja, in der Tat. Es war noch der Wunsch meines Vaters.“
    Ich bemerkte bereits bei meinem Reisebegleiter eine gewisse Spannung aufkommen, denn nun, so glaubte er, sei seine Stunde gekommen. Alles was im entferntesten Sinne mit meiner Hochzeitsplanung zu tun hatte, so glaubte er, gehöre zu seinem Ressort. Doch ich kam ihm zuvor und ließ ihm keine Chance, auch nur ein Wort zu sagen.
    „Oh ja, die hätte ich schon.“ antwortete ich grinsend. Natürlich hatte ich mir so meine Gedanken gemacht, auch wenn ich wusste, dass eine Patrizierhochzeit selten von den Gefühlen ihrer beiden Hauptprotagonisten bestimmt wurde. „Er sollte noch einigermaßen jung sein und nicht zu hässlich.“ Ich wollte ja bescheiden bleiben und plapperte ich versonnen weiter. „Ja, ich hoffe auch, dass er bald kommen wird.“ Und zwar hoffentlich ohne seine Sempronia. „Maecenas ist verlobt – mit Semprina Attica.“ Es gelang mir nur sehr schwer, meinen Unmut gegen diese Person zu verbergen, als ich genötigt war, ihren Name auszusprechen. „Die Hochzeit ist für den Herbst geplant.“ Leider!

    Vielleicht lag es an meiner Unerfahrenheit, die mich dazu verleitete, glauben zu können, ein Sklave wie er, der erst ein paar Stunden in meinem Besitz war und der wahrscheinlich einen Patrizierhaushalt noch nicht einmal vom Hörensagen kannte, wäre im Stande, mir Rede und Antwort zu stehen. Natürlich war er dazu nicht fähig und wenn doch, dann traute er sich nicht, frei zu sprechen. Was ich ihm aber keineswegs verübelte. Oder aber er wusste es tatsächlich nicht besser und suchte nun selbst nach einer passenden Aufgabe für sich. Ich hörte bereits die sarkastischen Bemerkungen von Tullinus, die er mir, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, unterbreiten würde, ganz gleich ob ich das nun hören wollte oder auch nicht.


    Natürlich gedachte ich meinen neuen Sklaven nicht an den Garten, die Stallungen oder gar für den Hausputz zu vergeuden. Nein, irgenderwas war an ihm, was mich bereits auf dem Sklavenmarkt fasziniert hatte. Ich hätte es nicht beschreiben können, was das war, doch ich spürte, dass es mich auch jetzt wieder ganz unbewusst in seinen Bann zog.
    „Sagtest du nicht, du könntest auch Gedichte rezitieren oder gar verfassen? Du könntest mir als Vorleser dienen und für meine Unterhaltung sorgen.“ Die Tage in der Villa konnten lang werden, wenn man das Haus nicht verließ. Das wusste ich von zu Hause. Besonders leidvoll waren die Tage nach dem Tod meines Vaters und solche, an denen auch mein Bruder nicht zugegen war.
    „Und vielleicht sollte ich dich ausbilden lassen, damit du mich beschützen kannst, wenn ich einmal außer Haus bin.“ Dann hätte Onatas wenigstens auch in den Augen des Maevius eine Daseinsberechtigung.

    Ich verstummte, als sich die Tür öffnete und Naevia, gefolgt von den neuen Sklaven, eintrat. Meine Neuerwerbungen hatten offensichtlich ein Bad genossen, welches ihnen den Schutz des Marktes von ihren Leibern gespült hatte. Allerdings sahen sie in diesen unförmigen Tuniken nicht gerade attraktiv aus. Besonders mein Orientale sah darin äußerst unscheinbar aus. Doch ihn schien das nicht weiter zu stören. Ganz unverhohlen ließ er seinen Blick von unten heraus auf mir ruhen. Vielleicht glaubte er, ich merke das nicht. Doch da befand er sich schwer im Irrtum. Denn so wie er mich beobachtete, beobachtete ich auch ihn. Auch wenn ich mich hin und wieder den beiden Sklavinnen zu wandte, ging mein Blick doch stets wieder zu ihm. Natürlich fiel mir auch sein leicht angedeutetes Lächeln auf, was ich aber nicht zu erwidern versuchte.


    „Wie ich sehe, hat man euch fürs Erste versorgt.“ Inzwischen hatte ich mich von meinem Stuhl erhoben und umkreiste meine drei neuen Sklaven, um sie noch einmal von allen Seiten genau zu begutachten. Was ich mit den beiden Frauen vor hatte, stand ja von Anfang an fest. Nefritiri würde meine neue Ornatrix werden und Ferun würde ab morgen für die Ordnung und Sauberkeit meiner Räumlichkeiten zuständig sein. Aber Onatas? Was mit ihm geschehen sollte, war mir bis dahin noch ein Rätsel.


    „Nun denn, morgen werde ich mich von euren Fähigkeiten überzeugen können,“ meinte ich zum Abschluss zu den beiden neuen Sklavinnen. „Ihr dürft nun gehen und euch zurückziehen. Naevia wird euch einen Platz in der Sklavenunterkunft zuweisen.“ Damit entließ ich die beiden Sklavinnen, jedoch nicht meinen Syrer. „Halt,“ rief ich ihn zurück, als er bereits beabsichtigte, mit den anderen zu gehen. „Du bleibst noch hier! Ich habe mit dir noch zu reden.“ Bevor ich aber begann, mit ihm zu sprechen, wartete ich noch ab, bis Naevia und die zwei Neuen verschwunden waren.
    Derweil hatte ich wieder auf meinem Stuhl Platz genommen und musterte ihn erst eine Weile. „Was denkst du, sollte ich mit dir anstellen, Onatas?“, begann ich unser Gespräch.

    [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150601/vxtyhtud.jpg] | Cnaeus Maevius Tullinus


    Cnaeus Maevius Tullinus hatte keinen Zweifel daran gehegt, dass seine Anweisungen schon bald Früchte tragen würden. Er konnte sich gut vorstellen, wie es in dem Sklaven aussehen mochte. Eben noch hatte er eine lockere Zunge riskiert und war nach der ersten Androhung von Sanktionen gleich eingeknickt und gefügig geworden. Ohne weiteres hätte der Sklave nun wirklich alles getan, was man von ihm verlangte. Selbst vor der Denunzierung seiner Mitsklaven schrak er nun nicht mehr zurück. Ganz eifrig , wohl getrieben durch seinen Verbitterung über seinen Verlust und den Hass auf den Sklaven, der nicht wie er das gleiche Schicksal erdulden musste, teilte er ihm nun mit, wo sich im gleichen Augenblick der Orientale befand – nämlich im Cubiculum der jungen Claudia!
    Diese Information ließ den Maevier äußerlich kalt. In seinem Inneren glühte er jedoch vor Zorn. Dieses dumme naive Mädchen! Keiner seiner Anweisungen leistete sie Folge! In Augenblicken wie diesen hasste er seine Aufgabe. Auch noch Babysitter für dieses verwöhnte Gör zu spielen, lag ganz gewiss nicht in seinen Absichten.


    „Wie ich sehe, hast du verstanden, was ich von dir erwarte,“ meinte er lobend, Und tatsächlich! Es zeichnete sich ein minimales Lächeln auf seinen Lippen ab. Doch im nächsten Moment wurden seine Worte wieder scharf, wie Messer. „Aber wage es ja nicht, noch einmal meine Entscheidungen oder die einer dir höher gestellten Person anzuzweifeln, sonst wirst du mich kennenlernen! Und glaube mir, dann ist das, was du heute erlebt hast, nur ein blasser Abklatsch von dem, was dich erwarten wird!“ Tatsächlich hatte der Maevius seine Stimme erhoben, so dass man kurzzeitig seine Emotionen
    erahnen konnte.


    „Gut, dann wirst du dich morgen früh zur dritten Stunde zu deiner Domina begeben und mit dem Unterricht beginnen. Morgen Abend wirst du mir dann berichten. So wird von nun an dein Tagesablauf sein. Doch nun darfst du dich zurückziehen, falls du keine Fragen mehr hast. Ich denke, du hattest heute einen schweren Tag.“

    [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150529/57qfgm58.gif] | Naevia


    Langsam schien Naevia etwas ungeduldig zu werden, was nicht zuletzt an dem vorlauten Syrer lag. Noch fehlte ihr in ihrer Rolle als neue Leibsklavin das gewisse Quäntchen Selbstsicherheit, so dass es dem Sklaven beinahe gelungen war, sie aus ihrer Bahn zu werfen. Doch nun hatte sie wieder die Oberhand gewonnen. Und wie man sah, doch recht erfolgreich. Denn zum einen blieben die naseweisen Fragen des Sklaven aus und zum anderen sputeten sich die vier Neuen nun.


    Die einfachen Tuniken, die für die Neuankömmlinge vorgesehen waren, saßen nun wirklich nicht sehr vorteilhaft. Mehr wie Säcke hingen sie an den Körpern der Sklaven. Allerdings war das nicht ihr Problem. Sie sollte nur dafür Sorge tragen, dass die Neuen ein Bad, frische Kleidung und etwas Essbares erhielten. Mehr nicht. Und sie war auf dem besten Weg ihren Auftrag zu vollenden.


    Als die Sklaven fast fertig waren stellte Onatas dann doch noch eine wichtige Frage. „Wie gut, dass du das ansprichst. Aristoteles, du wirst ja bereits von Dominus Maevius erwartet. Und ihr drei sollt euch bei der Domina melden, sobald ihr fertig seid. Die Domina möchte euch etwas näher kennenlernen und dann wird sie entscheiden, was eure Aufgabe in dieser Villa sein wird.“


    Als nun alle vier soweit waren, begleitete sie die Vier noch aus dem Balneum. Dann wies sie Aristoteles den Weg zum Cubiculum des Maevius brachte die anderen Drei direkt zum Cubiculum ihrer Herrin.

    [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150601/vxtyhtud.jpg] | Cnaeus Maevius Tullinus


    Der Blick des Maeviers lag auf dem Sklaven, so dass ihm keine seiner Regungen entging. So bemerkte er auch das Zucken in dessen Gesicht, als er Platz nahm. Offenbar schmerzte ihn noch die Wunde. Doch er wusste, dieser Schmerz verging. Genauso wie der Schmerz des Verlustes, den der Sklave noch umtrieb.


    „Arsitoteles, nein, ich würde sagen, der Name passt, Doch du solltest deine Zunge im Zaun halten, Sklave! Sonst sind es nicht nur deine Hoden, die du verloren hast!“ Der Klang seiner kühlen Stimme hatte sich kaum verändert. Auch ließ sich aus seinen Zügen nicht wirklich erkennen, was genau in ihm vorging. Maevius Tullinus wusste genau, dass er hier am längeren Hebel saß und zur Not würde er nicht davon zurückschrecken, die Unverschämtheiten des Sklaven mit der Peitsche und dem Brenneisen auszutreiben.


    „So ist es!“, meinte Tullinus. Zumindest besaß der Sklave die Fähigkeit, mitzudenken. Er hatte sich heute Morgen auf dem Markt also doch nicht völlig in ihm getäuscht.
    „Du wirst die junge Domina unterrichten. Aber wie ich heute Morgen bereits sagte, fehlt es ihr noch ein wenig an Etikette. Ich möchte, dass du sie lehrst, wie man sich entsprechend verhält und sie in der Kunst der Konversation lehrst. Außerdem gibt es da noch etwas, was ich von dir verlange…“ Tullinus beendete seinen Satz nicht sofort, sondern betrachtete den Sklaven forschend.
    „Ich wünsche, dass du mir regelmäßig Bericht erstattest, was die Domina tut und mit wem sie verkehrt. Du wirst mich über alles auf dem Laufenden halten. Hast du das verstanden?“

    Hallöchen,


    ja ich weiß, meine kleinen bescheidenen Fragen haben nicht direkt etwas mit der WiSim zu tun.:hmm:


    1. Wie kann mein einen Brief aus den restlichen Provinzen mit dem Cursus Publicus nach Italia schicken? Muss man da jemand via PN anhauen?


    2. Wenn man einen Brief aus den restlichen Briefen mit dem Cursus Publicus verschickt, gilt dann auch die Familienwertkarte?


    Schon mal vielen Dank für die Antworten! :)

    Natürlich war mir die Größe der Ehre bewusst, als mein Onkel mir mitgeteilt hatte, mich mitnehmen zu wollen, zu dieser Hochzeit. Für eine junge Frau, wie mich war das die Chance, Kontakte nach ganz oben zu knüpfen. Ein schöner Nebeneffekt war auch, dass der Maevius nicht mitkommen würde – nur Onkle Menecrates und meine Wenigkeit!


    Eine stundenlange Prozedur hatte ich über mich ergehen lassen. Ich hatte mich in eine smaragdgrüne Tunika aus Seide kleiden lassen. Dazu trug ich den Goldschmuck meiner Mutter, den mir mein Vater vermacht hatte. Auch meine neue Ornatrix konnte sich bei dieser Gelegenheit profilieren. und ich muss dabei gestehen, dass ihr Können jede einzelne Sesterze wert gewesen war! Das Ergebnis konnte sich sehen lassen, zumal sie ein goldenes Diadem in meine Frisur mit eingeflochten hatte. Ein absoluter Hingucker also!


    Zwei Sänften die von mehreren Custodes und sonstigem benötigten Personal begleitet wurden, bahnten sich also ihren Weg vom Esquiiin kommend, hin zur nördlichen Kuppe des Quirinals wo sich die Villa Flavia befand. Natürlich hatte ich alle meine Sklaven mitgenommen. Man konnte ja nie wissen. Außerdem schindete es jede Menge Eindruck!

    Vor der Villa herrschte bereits große Betriebsamkeit. Offenbar war unmittelbar vor uns die kaiserliche Familie eingetroffen, weswegen es einen Moment dauerte, bis mein Onkel und ich aus unseren Sänften steigen konnten.
    Doch dann war es endlich so weit, wir konnten uns den anderen eintreffenden Gäste anschließen und die Villa betreten.
    Sofort war mir natürlich die üppige Dekoration aufgefallen. Man sah nur Rot und Gold. Hier hatte jemand besonders dick auftragen wollen! Nun, für meinen Geschmack war das vielleicht alles ein bisschen übertrieben. Aber wenn es den Gastgebern gefiel…


    Schließlich gelang es mir, einen ersten Blick auf die Braut und den Bräutigam zu werfen. Die Gute war ja um einiges älter als ich! Vielleicht sogar älter als mein Bruder. Für sie wurde es also höchste Zeit, an den Mann gebracht zu werden, bevor das Verfallsdatum noch ablief. Und ihr Mann? Chic adrett gekleidet, auch noch recht jung und einigermaßen gut aussehend. Wenn man die beiden so nebeneinander stehen sah, passten sie doch eigentlich ganz gut zusammen.

    [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150601/vxtyhtud.jpg] | Cnaeus Maevius Tullinus


    Maevius Tullinus war ein bodenständiger, durch und durch sachlicher Mann, der seine Reise nach Rom als Dienstreise interpretierte. Ihm lagen lediglich die Interessen seines Patons, des jungen Claudius Maecenas am Herzen. Alles was darüber hinausging, war nebensächlich. Das gleiche galt natürlich auch für seine persönlichen Neigungen, wenn es solche überhaupt gab. Weder aus exotischen Sklavinnen in durchsichtigen Tuniken noch aus wohlgestalteten Jünglingen machte er sich etwas. Seit gut dreißig Jahren schon war er glücklich mit seiner Frau verheiratet, die ihm in dieser Zeit drei Kinder geschenkt hatte, Mehr brauchte er nicht.


    Tullinus hatte sich dazu entschlossen, zuerst mit dem Bericht an seinen Patron zu beginnen. Tatsächlich gab es schon einiges zu berichten. Etwa der Verlauf ihrer Reise und das erste Zusammentreffen mit dem Senator. Aber auch der heutige Besuch des Sklavenmarktes und das Resultat daraus, konnten durchaus aufschlussreich sein für Claudius Maecenas.
    Er war zu vertieft in seinen Brief gewesen und hatte wohl deshalb das Klopfen der Tür nicht gehört. Doch als er aufsah, stand plötzlich der neue Sklave vor ihm. Einen Moment lang besah er ihn sich. Wie es schien, hatte er den Eingriff ganz gut überstanden. Zumindest machte er nicht den Eindruck, von Fieberkrämpfen geplagt zu werden.


    „Aristoteles, nicht wahr?“, fragte er zunächst. „Ein einfaches „Du“ ist völlig ausreichend! Setz dich!“ Er wies auf einen Stuhl, der auf der gegenüberliegenden Seite des Schreibtisches stand. In Anbetracht dessen, was er heute erlebt hatte, wollte er ihn nicht auch noch die ganze Zeit stehen lassen.
    „Du weißt, warum du hier bist?“, fragte er ihn, in seinem für ihn typischen kühlen Ton.

    [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150529/57qfgm58.gif] | Naevia


    Immer wieder warf Naevia einen Blick zu Aristoteles hinüber. Der Sklave war sehr schweigsam, was man ihm nicht verübeln konnte. Dennoch musste sie sich auch um seine Belange kümmern. Nichts wäre schlimmer gewesen, wenn ihm etwas zustieß. Ob sie sich nicht doch noch einmal seine Wunde ansehen sollte? Allerdings hatte sie auch erlebt, wie unangenehm ihm das gewesen war.


    So wandte sie sich vorerst wieder Onatas zu, der es nicht müde wurde, weiter zu fragen. Die Syrerin fand das eigentlich auch gar nicht schlimm. Je besser er sich auf seine Domina vorbereitete, umso leichter hätte er es später, sich mit ihr zu arrangieren.
    „Oh ja, das hat sie!“ Da war sich Naevia sehr sicher. „Die Domina ist erst sechzehn. Und es hatte einen bestimmten Grund, warum sie euch gekauft hat. Die Domina stammt ursprünglich auch Achaia. Sie ist nach Rom gekommen, um verheiratet zu werden. Außer ihrer Amme Eleni hat sie keine Sklaven aus Achaia mitgebracht. Deshalb befindet ihr euch nun in ihrem Besitz.“


    Derweil hatte eine weitere Sklavin vier leinene graue Tuniken gebracht. Genau zur rechten Zeit, wie Naevia fand. Denn Onatas verließ bereits den Zuber.
    Die Kleidungsstücke waren recht grob gewebt, weshalb sie wohl auch nicht besonders angenehm auf der Haut zu tragen waren. Dies war die Kleidung der einfachen Sklaven, die für die niederen Dienste herangezogen wurden. Wenn es der Domina gefiel, konnte sich das natürlich auch schlagartig ändern. Doch zunächst würden sich die Neuen damit zufrieden geben müssen.


    „Wie bitte?“Onatas nächste Frage jedoch ließ die Sklavin etwas stutzen. Hatte sie wirklich „entzündet“ gesagt? Dabei hatte sie doch „erzürnt“ sagen wollen. Und sie konnte sich auch schon erklären, warum sie das getan hatte. Es war wohl wegen Aristoteles und ihrer Sorge, seine Wunde könnte sich entzünden. Ein dummer Lapsus linguae also, den man gut achtzehnhundert Jahre später einen „Freud'schen Versprecher“ nennen würde.
    „Ich meinte natürlich erzürnt!“, korrigierte sie sich schnell, nicht dass der Slave sich etwa einbildete, er hätte etwas in ihr entzündet. „Nun, sie mag keine vorlauten Sklaven, wie dich! Nun macht schon! Seht zu, dass ihr fertig werdet!“, herrschte sie nun die Vier an.

    Auch ich hatte mich mit Eleni in mein Cubiculum zurückgezogen. Nun saß ich an meiner Kommode und blickte in meinen Spiegel. Eleni hatte mir zuvor beim Auskleiden geholfen. Ich wollte diese unbequeme Tunika endlich loswerden und mich dafür in eine etwas weiter geschnittene bequemere einkleiden lassen. Da ich noch die neuen Sklaven erwartete, verzichtete ich natürlich noch auf meine Nachtkleidung.
    Eleni begann die Haarnadeln aus meiner Frisur zu entfernen, so dass Strähne für Strähne meines langen dunkelblonden Haares herabfiel. Nachdem sie auch die letzte Nadel entfernt hatte, griff sie zu einer Burste und begann nun sorgfältig mein Haar zu bürsten. Das tat sie jedes Mal mit einer solchen Hingabe, die fast schon rührend war. Ich war eben immer noch ihr liebes kleines Mädchen, für dass sie wie eine Löwenmutter kämpfen würde, wenn es sein musste. Eleni war auch die Einzige unter den Sklaven, die mich ungestraft mit meinem Namen aussprechen und auf das „Domina“ verzichten durfte.


    [Blockierte Grafik: http://fs1.directupload.net/images/150601/cc3olykt.jpg%20] | Eleni


    „Du hast so schöne Haare, mein kleiner Schatz!“ Das sagte sie immer, wenn sie dabei war, meine Mähne zu bändigen. Doch ich wusste, dass es noch etwas anderes gab, was sie beschäftigte.“Ich hoffe, du wirst hier glücklich werden, mein Kind“, sagte sie plötzlich uns seufzte dabei. Aha, da hatten wir es ja schon!
    „Aber Eleni, warum sollte ich den nicht glücklich werden? Du bist doch immer bei mir.“ Elenis Sorgenfalten verschwanden aus ihrem Gesicht und es schien, als seien ihre Sorgen für den Moment hinfort gefegt worden.
    „Ach mein kleiner Schatz, ich bin so froh, dass mich dein Bruder mit dir geschickt hat.“ Natürlich hatte Maecenas das! Er wusste doch selbst, wie sehr ich an Eleni hing. Manchmal war die alte Sklavin schon etwas sonderbar. Doch natürlich wusste ich, wovor sie sich fürchtete. Es war das, wovor sich jede Mutter fürchtete, wenn ihre Kinder flügge wurden.


    „Was hältst du eigentlich von den neuen Sklaven? Meinst du, ich habe eine gute Wahl getroffen?“ Absichtlich hatte ich unser Gespräch auf ein anderes Thema gelenkt, da ich wusste, wie sehr Eleni der Gedanke grämte, mich eines Tages loslassen zu müssen. Zum Glück ging sie auch darauf ein. Denn ich schätzte ihre Meinung sehr, auch wenn sie für mich nicht immer gut ausfiel.
    „Ach, die beiden Mädchen haben auf mich einen ganz guten Eindruck gemacht. Auch wenn man an ihren Sprachkenntnissen noch etwas feilen muss.“ So oder so ähnlich hatte ich mir das auch gedacht. Die beiden schienen nicht dumm zu sein, auch wenn sie unsere Sprache nicht ganz so perfekt sprachen. Doch mit etwas Übung, konnten diese Makel schnell aus der Welt geschafft werden.

    „Und wie findest du den Orientalen?“ Natürlich interessierte mich ihr Urteil über ihn am meisten. Schließlich jatte er mich eine ganze Stange Geld gekostet. Und erlich gesagt, wusste ich gar nicht, wozu ich ihn eigentlich gebrauchen konnte. Er hatte mir einfach gefallen. Mehr nicht.
    Eleni fing es diplomatisch an. „Ich glaube, Dominus Maevius war ganz schön sauer, als du ihn gekauft hast. Allerdings, muss ich sagen, wird er sich erst noch beweisen müssen, wozu er taugt.“ Ich nickte nachdenklich. „Ja, das wird er wohl…“

    [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150601/vxtyhtud.jpg] | Cnaeus Maevius Tullinus


    Cnaeus Maevius Tullinus hatte sich nach der Ankunft der Sklaven in sein Cubiculum zurückgezogen und saß dort an seinem Schreibtisch. Er hatte noch einiges an Korrespondenz zu erledigen. Neben dem Bericht an seinen neuen Patron, einige Schreiben an die patrizischen Häuser Roms, hatte er auch noch einige private Briefe an seine Familie zu schreiben. Jedoch wartete er auch unter anderem auf das Eintreffen des jungen Paedagogus, der sich nach dem kleinen „Eingriff“ am Morgen doch wieder ganz gut erholt zu haben schien.
    Den jungen Sklaven würde eine ganz besondere Aufgabe erwarten. Und wenn sich Tullinus nicht gänzlich in ihm getäuscht haben sollte, würde er auch seine Sache gut machen.
    Doch zunächst griff er zu einer Tabula und begann eine Nachricht in das Wachs zu ritzen…

    [Blockierte Grafik: http://fs2.directupload.net/images/150529/57qfgm58.gif] | Naevia


    Es war nicht auszuschließen, dass Naevia von dem Hintergedanken geleitet gewesen war, den Neuankömmlingen vielleicht doch ein wenig Respekt oder gar Furcht einzuflößen. Nur ein Sklave, der ehrfürchtig auf seinen Herrn sah, würde auf Dauer ein guter Sklave sein. Sobald er sich Flausen in den Kopf setzte, konnte es für ihn, aber auch für alle anderen Unfreien in seinem Umfeld gefährlich werden. Zwar entsprach Naevias Geschichte, die sie ihnen soeben aufgetischt hatte, weitestgehendst den Tatsachen. Doch Claudius Felix hätte sicher nicht alle Sklaven kreuzigen lassen. Irgendjemand musste schließlich auch noch die Arbeit machen!


    Die frischgebackene Leibsklavin legte nun ihren Blick auf die sich waschenden Sklaven. Selbst der angeschlagene Aristoteles, der einige erklärende Worte für seinen Zustand fand, wandte sich nun dem eigens für ihn organisierten Bottich zu. „Aha, ein Paedagogus, also“ echote die Syrerin nachdenklich. Weswegen man den armen Tropf aber so verstümmelt hatte, wollte sich ihr nicht erschließen. Doch der Name Maevius schien dafür die Erklärung zu bringen. Recht schnell hatte Naevia begriffen, wie sehr ihre Domina diesen Mann verabscheute. Offenbar war er in der Tat ein ganz widerlicher Kerl! „Dominus Maevius, also! Aha. Vor diesem Mann solltet ihr euch in acht nehmen!“ Normalerweise plauderte Naevia nur ungern aus dem Nähkästchen. Doch in diesem Fall erschien es ihr dennoch sinnvoll. „Die Domina mag ihn nicht sonderlich. Trotzdem solltet ihr euch nicht mit ihm anlegen, sondern stets seinen Befehlen Folge leisten.“ Das war wohl der beste Ratschlag, den sie den Neuen mit auf den Weg geben konnte.


    Der Schönling saß inzwischen, ganz einem Hahn im Korb gleich, umringt von den beiden Sklavinnen im Zuber. Noch immer war es die scheinbare Leichtigkeit, die er seiner Situation entgegenbrachte und die Naevia in gewisser Weise auch beeindruckte. Natürlich würde sie ihm das niemals ins Gesicht sagen. Sonst stieg ihm das vielleicht noch zu Kopf.
    „Es waren auch schwierige Zeiten! Besonders für Dominus Menecrates! Innerhalb weniger Monate hat er zwei seiner Enkelsöhne verloren. Bevor Dominus Felix vom Fieber dahingerafft wurde, starb einige Monate zuvor sein Bruder Dominus Centho.“ Sie ließ lieber die Umstände seines Todes einmal unerwähnt. Dieses Thema war unter den Sklaven tabu, auch wenn unterschwellig behauptet wurde, Centhos Leibsklave konnte etwas mit dem Tod seines Herrn zu tun haben.


    „Das würde ich dir auch raten! Du würdest deines Lebens nicht mehr froh werden, wenn sie dich fangen!“ warnte Naevia. Sie selbst hatte ja gehört, was man mit Morrigan angestellt hatte, nachdem sie den Sklavenfängern ins Netz gegangen war!
    Mit seiner nächsten Frage erwischte Ornatas sie natürlich eiskalt. Da Naevia die Domina kaum kannte, hätte sie eigentlich nur wenig über sie berichten können. Doch, um sich nicht diese Blöße zu geben, reagierte sie souverän. „Oh ja, das kann man wohl sagen! Sie weiß genau, was sie will. Angesichts ihres Alters ist das sehr ungewöhnlich. Aber ich glaube auch sagen zu können, dass sie ihren Sklaven gegenüber freundlich gesinnt ist, solange man sie nicht entzündet.“ Nun, wenn das nicht unverfänglich war! Doch Naevia wandte nun einen Kniff an, um sich vor weiteren unliebsamen Fragen der Neuen zu schützen.
    „Ihr solltet langsam ein Ende finden! Die Herrschaften mögen es nicht, wenn man sie warten lässt! Hier habt ihr Handtücher!“ Die Syrein deutete auf einen Stapel mit ausgewaschenen Tüchern, die für die Neuen bereit lagen.

    Ad
    Manius Claudius Maecenas
    Villa rustca Claudiana
    Eleusis, Achaea


    Liebster Mani,


    du fragst dich sicher, ob dein liebes Schwesterlein wohlbehalten in Rom angekommen ist. Ich kann dich beruhigen, sie ist es!


    ALLERDINGS muss ich mal ein ernstes Wörtchen mit dir reden! Wie konntest du mir nur diesen schrecklichen Menschen auf den Hals hetzen?! Maevius Tullinus raubt mir noch den letzten Nerv. Ständig nörgelt er an mir herum und einen Ehemann hat er auch noch nicht für mich gefunden!
    Stell dir vor, wir waren kürzlich auf dem Sklavenmarkt! Bei dieser Gelegenheit habe ich mich mit frischem Personal eigedeckt. Der Maevius musste unbedingt einen Paedagogus für mich aussuchen. Als ob ich gänzlich unbelesen wäre! Aber das war ja noch gar nicht das Schlimmste! Maevis Tullinus hat diesen armen Kerl entmannen lassen. Dabei hat man ihm irgendetwas abgeschnitten. Ich weiß aber nicht, was. Auf jeden Fall muss es sehr schmerzhaft gewesen sein.


    Kannst du den Maevius nicht unter einem Vorwand zurück beordern? Schreib ihm einfach, seine Olivenhaine seien in Flammen aufgegangen oder seine Frau sei gestorben. Schreib ihm irgendwas! Nur damit er mich endlich zufrieden lässt! Damit hättest du wieder etwa gut bei mit, lieber Mani!


    Apropos etwas gut haben, wie geht´s denn Sempronia? Sie hat sich über meine Abreise sicher gefreut. Oder? Nun hat sie dich ja ganz für sich allein.
    Also ich weiß ja nicht, du bist doch so ein flotter Kerl und entscheidest dich für das unansehnlichste Mädchen der Stadt! Versprich mir, dass du sie zu Hause lässt, wenn du mich demnächst besuchen kommst! Ja?!


    Übrigens Brüderchen, unser Verwandter, der Senator Menecrates, ist ein ganz netter Mann. Ich durfte ihn gleich am Abend unserer Ankunft kennenlernen. Und stell dir vor, in einigen Tagen werde ich ihn auf eine Hochzeit in die Villa Flavia Felix begleiten. Eine gewisse Flavia Domitilla heiratet einen gewissen Tiberius Lepidus. Ich kenne die beiden zwar nicht, doch möchte ich dieses Ereignis als Gelegenheit nutzen, meine Fühler zur feinen Gesellschaft in Rom auszustrecken. Der Maevius meinte natürlich gleich, ich könne mich bei dieser Gelegenheit schon einmal damit vertraut machen, was mir bald bevor stünde. Aus seinem Mund klang das so, als wäre die Ehe etwas Schreckliches. Naja, wenn er den Bräutigam aussucht, dann vielleicht schon.


    Vielleicht treffe ich ja auf dieser Hochzeit auch deinen Freund Flavius Scato. Wie ich dich kenne, hast du ihm bestimmt gleich einen Brief geschrieben, dass ich nach Rom komme. Stimmt´s? Hoffentlich hast du ihm nicht geschrieben, dass ich ihn angeblich früher immer umschwärmt hätte. Das stimmt nämlich nicht!! Wenn er bei uns war, habt ihr mich nämlich immer geärgert. So, jetzt weißt du´s wieder!


    Ich werde dir bald wieder schreiben, um dich auf dem Laufenden zu halten! Bitte grüße Mutter ganz herzlich von mir! Ach ja und denke an den Brief für den Maevius!


    Mögen die Unsterblichen immer bei dir sein!


    Vale bene,
    Dein Pinchen



    Sim-Off:

    Wertkarte der Gens Claudia, bitte. :)