Beiträge von APPIUS AQUILIUS BALA

    Appius Aquilius Bala fand stets Gefallen daran, sich vom Volk bejubeln zu lassen. Gewiss, er hatte bisher nie allein im Mittelpunkt gestanden, denn bei öffentlichen Anlässen war er stets an der Seite seines Vaters, des Kaisers, zu sehen. Die Eröffnung des Ulpianum bot nun einmal wieder einen solchen Anlass und, was viel wichtiger war: Sie war Anlass genug für das Abhalten von Gladiatorenkämpfen. Der Caesar liebte Gladiatorenkämpfe. Bereits seit ganz jungen Jahren übte der manchmal blutige Wettkampf der gerüsteten Streiter in der Arena eine ungeheure Faszination auf den Thronfolger aus. Aber nicht schwere Verwundungen oder gar der Tod eines Kämpfers faszinierten den Caesar so sehr, sondern die Anspannung, dass sein Favorit siegen, jedenfalls aber überleben werde. Er hatte in dieser Hinsicht sogar eine fast barhmerzige Neigung gegenüber jenen, die im Kampf unterlagen. Solange sie sich gut schlugen. Appius Aquilius Bala hasste Schwächlinge und Feiglinge. Wenn ein Gladiator in der Arena alles gab, sein Leben aufs Spiel setzte für den Sieg, dann verdiente er Anerkennung und Respekt. Feiglinge dagegen verdienten den Tod, wenigstens aber das Karriereende.


    Und das Volk liebte Gladiatorenkämpfe. Man sah es den Menschen an, dass sie sich auf das Spektakel freuten. Der Caesar winkte dem Pöbel auf den Rängen gönnerhaft, während er auf der Quadriga die Runde durch die Arena drehte. Er fühlte sich in diesen Momenten immer wunderbar emporgehoben über die einfachen Römer, die in ihren jämmerlichen Existenzen die kaiserliche Familie verehrten. Ein Seitenblick auf seinen Vater verriet dem Caesar, dass der Kaiser wie so häufig seine Gefühle zu verbergen wusste. Ganz staatsmännisch nahm er den Jubel des Volkes an, ließ sich von ihnen würdigen. Die Fanfaren jagten dem Caesar eine Gänsehaut ein.


    Doch nicht nur der Kaiser und sein Sohn waren Gegenstand der Begeisterung der Römer, denn auch die Kämpfer dieses Tages zogen ihre Aufmerksamkeit auf sich. Appius Aquilius Bala hegte selbst große Begeisterung für einige der heute antretenden Gladiatoren und so konnte er des Volkes Freude gut nachvollziehen.


    Die Pompa Circensis vollendete ihre Runde durch die Arena und zog wieder durch das Tor hinaus. Nun rückte des Caesars Augenblick näher. Sie stiegen von der Quadriga und erklommen die Stufen in die Loge der Kaiserfamilie. Dort trat Bala geruhsamen Schrittes an die Ballustrade. Das Volk war nach dem Auszug der Poma Circensis etwas zur Ruhe gekommen. Kurz hielt Bala inne, atmete tief durch, konzentrierte sich. Dann hob er einen Arm zur beschwichtigenden Geste. Die Menge wurde still. Jetzt konnte der Caesar zu seiner ersten Rede vor dem römischen Volke ansetzen. Er wollte nicht viele Worte verlieren, denn die Menge ersehnte den Beginn der Spiele. So sprach er, die Stimme erhoben, in langsamer und durchdringender Rede:


    "Bürger Roms! Wahrlich, wir begehen heute einen Festtag. Mit der Einweihung des herrlichen Ulpianum ehrten wir heute vormittag große Bürger unseres Reiches. Jene, die mit ihren Taten und Werken den Ruhm der Res Publica Romana mehrten und römische Stärke und Macht in der ganzen bekannten Welt mehrten: Der Censorius Cicero Octavius Anton, der Consular Gaius Prudentius Commodus, sowie die Senatoren Tiberia Livia und Lucius Annaeus Florus sind dies, die fortan einen Platz in unserem Gedächtnis innehaben. Und auch die Kaiser der ulpianischen Linie, die drei vergöttlichten Kaiser Traianus, Iulianus und Valerianus fanden im Ulpianum einen Ort der Veehrung und des Gedenkens. Ihrem Lebenswerke nachzustreben, römischen Traditionen und Werten immerdar verpflichtet, ist unser aller Pflicht und Lust!"


    Der Caesar hielt inne, ließ seinen Blick betont langsam über die Ränge schweifen und seine Worte nachhallen. Dann fuhr er fort, seine Rede im Crescendo steigernd:


    "Und wie könnte man solch ehrbare Römer besser würdigen als durch die gar herrlichste Form der Ludi?
    Seit Anbeginn Roms ist es hehre Tradition, achtbare, hochanständige römische Bürger mit Gladiatorenkämpfen zu würdigen!
    Die Gladiatores, kraftstrotzende, wehrhafte Männer des Reiches, todesmutige Streiter, ihr alle kennt sie, ihr alle liebt sie!"


    Erneut hielt Appius Aquilius Bala inne, um seine Worte im Volke sacken zu lassen, bevor er zum Schluss seiner Eröffnungsrede kam:


    "Heute fällt es diesen Streitern wiederum zu, durch ihren Wettstreit jene Größen des Reiches zu ehren und die Eröffnung des Ulpianums zu feiern. Ihre Namen habt ihr gelesen, ihre Siege wurden euch präsentiert. Wir fiebern den Duellen entgegen, deshalb will ich euch den Beginn der Ludi nicht weiter vorenthalten. Ich, Appius Aquilius Bala, gebe die Arena hiermit frei!"


    Und mit einer pathetischen Geste rief er: "Lasset die Spiele beginnen!"


    Nun war es Sache des Summa Rudis, eines in Weiß gekleideten Schiedsrichters, dem Volk die Gladiatoren nochmals einzeln vorzustellen und die Duelle einzuleiten. Der Caesar verharrte noch einen Augenblick an der Ballustrade, die Reaktion der Zuschauer abwartend, in würdevoller Pose. Er genoss die volle Aufmerksamkeit des Volkes, auch wenn ihm der Magen flau war, wie er sich nach dieser Rede selbst eingestehen musste. Selbst für einen - bereits aus seinen Tagen beim Militär öffentlichkeitserfahrenen - Kaisersohn war es keine Selbstverständlichkeit, an einem Tag wie diesem zum Volk zu sprechen. Gut nur, dass er keine allzu hochtrabenden Worte hatte verlieren müssen, sondern lediglich die Gladiatorenspiele eröffnete. Zufrieden wandte er sich schließlich um und ließ sich neben seinem Vater nieder, dessen Blick er suchte. Er hoffte, dass der Kaiser seinen Auftritt guthieß. Die Kaiserin hingegen streifte sein Blick nur flüchtig.

    "Wohl wahr, Helvetius. Aber die Ritterlaufbahn ist meines Erachtens für einen fleißigen und ehrbaren Römer ebenso erstrebenswert wie der senatorische Cursus Honorum", ging Appius Aquilius Bala auf die Worte des Primicerius ein.


    Und zu Petilius' Einwurf fügte er hinzu: "Gleichwohl stimme ich dir zu, Petilius, dass man auch als höherrangiger Eques selbstredend die Chance hat, in die Reihen der Senatoren aufgenommen zu werden. Vorausgesetzt, man hat sich stets gut mit dem Princeps gestellt." Er zwinkerte dem jungen Mann grinsend zu.


    Schließlich wollte Bala natürlich auch noch auf Sergius Plautus' Antwort eingehen. Da die Augusta sich hierzu ebenfalls einbrachte, konnte der Caesar sich bequem wieder in das Gespräch einklinken, nachdem er auf die anderen beiden Oratoren reagiert hatte. "Na, notfalls wäre es ja sicherlich auch im Sinne deines Patrons, wenn du noch ein kurzes Tirocinium Fori bei einem aktiven Senator ableisten würdest. Es sind ja in letzter Zeit wieder eine Reihe jüngerer Männer in den Senat berufen worden. Vielleicht haben die ja Interesse an einem Tiro." Der Caesar warf einen Seitenblick auf seinen Vorsagersklaven, der ihm auch sogleich etwas zuflüsterte. "Richtig, Senator Iulius und Senator Flavius. Die beiden meinte ich." Er nickte bekräftigend. Anschließend gönnte er sich erstmal wieder etwas von den Vorspeisen. Genüsslich kauend erwartete Bala Reaktionen aus der Runde.

    Appius Aquilius Bala saß ebenso wie sein Vater in den Reihen derer, die den Salii Palatini angehörten. An der heutigen Sitzung nahm er deshalb teil; freilich nahm er meist mit weit weniger Begeisterung teil als so manch einer der anderen in Kultangelegenheiten stärker engagierten Patrizier. Manius Flavius Gracchus verstand es dennoch, die Aufmerksamkeit des Caesars zu erhaschen, kündigte er doch seinen Rücktritt als Sodalis an und empfahl gleichermaßen seinen Sohn als Ablösungskandidaten. Bala zog interessiert die Augenbrauen in die Höhe und verfolgte wie nun der Magister der Salii Palatini die Kooptation seines Verwandten in die Wege leitete. Neugierig erwartete er nun die Vorstellung Minors.

    Appius Aquilius Bala rutschte gelangweilt auf seiner Richterbank hin und her. Die Befragung des iunischen Urbaners ging ihm eindeutig zu langsam vonstatten. Dann endlich wurde des Caesars Aufmerksamkeit erneut geweckt, als Atius in scharfem Ton nach dem gesammelten Beweismaterial fragte. Bala richtete sich gerade auf und erwartete neugierig die Entgegnung des Centurios.


    "Also, Centurio?", hakte er mit aufforderndem Ton nach, als dieser zögerte.

    Appius Aquilius Bala amüsierte sich über Sergius Plautus' humorvolle Art. Manch einer hätte den Kommentar für frech halten mögen, aber der Caesar war lange genug unter Soldaten gewesen. Als Tribunus Laticlavius bei der Legio XV Apollinaris in Cappadocia hatte er Gefallen an rustikalen Abenden mit entsprechenden Gesprächen gefunden. Aus diesem Grund war er froh über jede Runde bei Hofe, in der er nicht zwingend die erwartete Etikette einhalten musste. Amüsieren konnte Bala sich auch außerordentlich über die Miene seiner Stiefmutter. Er fand es einfach zu herrlich, sie mit derlei Unverschämtheiten wie seiner Verspätung auf die Palme zu bringen. Gewiss, irgendwann würde er sich damit zurückhalten müssen, aber die Zeit war noch nicht gekommen.


    Der Caesar ließ sich auf der für ihn vorgesehenen Cline nieder und ließ sich mit Wein versorgen. Während sodann die Redner ihr Gespräch fortspannen, flüsterte ihm sein Sklave deren Namen ein. Einer der Geladenen war offenbar (noch) nicht erschienen, was Bala mit einer hochgezogenen Augenbraue zur Kenntnis nahm, bevor er sich einige der Speisen reichen ließ. Die jungen Männer gelangten derweil mit ihrer Unterhaltung in interessante Fahrwasser. Zur Patronatsfrage äußerte Bala sich zunächst nicht, denn mit einem Vater wie dem seinen benötigte er einen Patron gewiss nicht. Spannender fand er da schon die Bildung eines Bundes, wie Sergius und Decimus ihn betitelten. Besonders interessant war hierbei, dass der Petilier sich hierzu nur spärlich bis gar nicht äußerte und Helvetius sich insgesamt recht wortkarg gab.
    "Auf die Oratores." Der Caesar erhob seinen Weinpokal und lächelte gönnerhaft in die Runde. Hinter der Fassade seines Lächelns arbeitete es jedoch bereits. Da bildete sich doch vor seinen Augen ein Kreis heranwachsender Senatoren und Ritter, die gemeinsame Sache machen könnten. In dieser oder jener Hinsicht. So eine Gruppe sollte man über die Jahre besser von der Garde im Blick behalten lassen. Er trank einen Schluck Wein und mit professionell aufgesetzter Heiterkeit fragte er anschließend: "Strebt ihr denn alle in den Senat? Helvetius, du hast doch eine Anstellung als Primicerius, nicht wahr? Da ist ja die Ritterlaufbahn womöglich eher dein Ziel. Und du, Sergius, bist als Aquarius tätig? Zieht es dich dennoch in die Curia Iulia?" Womöglich wiederholte nun manch einer der Anwesenden etwas, das er bereits der Augusta gegenüber geäußert hatte. Aber der Caesar hatte ja nun auch nach der Zielrichtung der Versammelten gefragt und erwartete deshalb etwas weitergehende Antworten als bloß solche über den beruflichen Ist-Zustand der Oratores.

    Der Caesar Appius Aquilius Bala erschien. Er hatte sich Zeit gelassen mit dem Ankleiden und da sein Vater sowieso etwas später zu dieser Cena erscheinen würde, wollte er erst recht nicht überpünktlich sein. Daher betrat Bala das Peristyl, als bereits die meisten Redner die Gesellschaft seiner Stiefmutter genossen. Ein Schatten folgte dabei dem Caesar; es war ein Sklave, der ihm die Namen der Anwesenden einflüstern sollte, falls sie Bala einmal entfallen sollten. Auch sonst hatte der Sklave sich im Vorhinein über die Gäste informiert.


    "Salvete", warf Appius Aquilius Bala seinen Gruß in die Runde und platzte dadurch mitten in die Gespräche. Er breitete die Arme aus und umfasste damit alle Anwesenden. "Darf ich mich in eure illustre Runde gesellen? Ich hörte, heute versammeln sich die größten Redner Roms in diesen Hallen."

    Appius Aquilius Bala hatte es sich auf der Ehrentribüne neben seinem Vater gemütlich gemacht. Zunächst hatte er es dem flavischen Consul zwar etwas übel genommen, dass er nicht als Preisrichter erwählt worden war. Jedoch war er letztlich froh darüber, dass er nun ohne Beteiligung dem Spektakel als Zuschauer beiwohnen konnte. Dies war doch im Allgemeinen weitaus angenehmer und erquicklicher, als sich zum Schluss in umfassender Würdigung gemeinsam mit den anderen Richtern Gedanken über die Preisvergabe machen zu müssen. Zudem blieb ihm nun bis zum Ende die Spannung erhalten, welcher der Redner denn den Sieg davontragen würde.


    Die erste Verteidigungsrede emfand der Caesar als gelungenen Einstieg in diesen Wettbewerb. Der Helvetier überzeugte allein durch seine Argumente. Zusätzlich wies er einen formvollendeten Stil vor, der auch vor dem hiesigen Praetor Eindruck gemacht hätte. Bala applaudierte dem jungen Mann am Ende der Rede und warf seinem Vater einen anerkennenden Seitenblick zu. Ja, der Helvetier war seiner Meinung nach auf jeden Fall Anwärter auf einen der vorderen Plätze. Ob das die Preisrichter wohl auch so sahen?


    Zitat

    Original von TIBERIUS AQUILIUS SEVERUS AUGUSTUS
    "Ob die Regeln solch ansehnliche Requisiten in der Wertung berücksichtigen?" murmelte er schließlich vergnügt seinem Sohn zu, als Decimus Scipio die Rostra mit seinem hübschen Anschauungsobjekt verließ. Ein Blick auf die Richterbank erinnerte ihn dann aber wieder, dass zumindest einer der Juroren wenig empfänglich dafür sein durfte.


    Die zweite Rede, gehalten von einem jungen Decimus, konnte ebenfalls in ihrer Argumentation überzeugen. Der Wille der Götter war nun einmal nicht zu brechen. Man konnte ihnen nicht zuwider handeln, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatten, davon war Bala fest überzeugt. Das besondere Schmankerl in Gestalt der schönen Helena ließ den Caesar breit grinsen. Er wandte sich seinem Vater zu: "Grundgütige Venus, da hat er aber auch eine Schönheit auf die Bühne geholt! Ich fürchte allerdings, dass unsere liebe Augusta nicht besonders überzeugt ist." Lachend deutete er mit einer dezenten Geste auf die Kaiserin, die missbilligend die Lippen geschürzt hatte. Bala amüsierte die ganze Szene außerordentlich. Sollte seine Stiefmutter ruhig verdrießlich dreinschauen, an der guten Show des Decimers änderte das seines Erachtens nach nichts.


    Und schließlich betrat ein Octavius das Rednerpodest und verteidigte Medea. Oh weh, dieses Unterfangen gestaltete sich nun wahrlich äußerst schwierig! Wie verteidigte man eine Kindermörderin? Zudem, wo es ja auch noch die eigenen Kinder waren! Bala verfolgte die Rede mit großer Spannung, wurde jedoch letztlich enttäuscht. Zu seinem Vater gewandt war er es nun, der kommentierte: "Naja, Iason hat er ja ganz gut in die Pfanne gehauen. Aber ob Medeas Schuld dadurch nun geringer zu bewerten ist? Also ich weiß nicht..." Er warf nochmal einen grüblerischen Blick auf den jungen Redner, der gerade das Podest verließ. Vielleicht war der Kaiser ja von der Entschuldigung der Medea überzeugt.

    "Ha ha, nein, wahrlich nicht", stimmte Appius Aquilius Bala der Medica lachend zu. Eine Karriere in der Arena war das letzte, an das der Caesar bisher gedacht hatte. Aber selbst als Kommandeur einer Legion würde er wohl nie in die Verlegenheit kommen, selbst den Gladius schwingen zu müssen, sofern er sich nicht in einen Hinterhalt locken ließe. Er nahm es deshalb hin, dass er nicht so geschmeidig war wie ein Berufssportler.


    Die folgende körperliche Untersuchung ließ Bala widerspruchslos über sich ergehen. Er war es von Ärzten bereits gewöhnt, dass sie allerlei merkwürdige Umstände kontrollierten, einen überall anfassten und komische Fragen stellten. Jedoch war er bisher nie von einer Frau untersucht worden. Neugierig beobachtete Bala die Plinia bei ihrer Arbeit. Als sie sich über seine Schulter beugte, nahm der Caesar den blumigen Duft wahr, der Chrysogona anhaftete. Er sog ihn unmerklich ein. Schließlich sollte er sich hinlegen und die Medica legte ihr Ohr auf seine Brust. Ein Schmunzeln konnte Bala sich nun nicht mehr verkneifen. Leider verflog der Moment sogleich, als Chrysogona damit begann seine Organe zu untersuchen, was Bala nicht mehr sonderlich sinnlich fand.


    Letzten Endes zählte allein das medizinische Urteil, das Plinia fällte, und das fiel sehr gut aus. Der Caesar lächelte zufrieden. Die Frage nach seiner Karriere brachte ihn dann allerdings kurz aus dem Tritt. Hatte die Plinia nicht mitbekommen, dass er der Caesar war? Eines Tages wäre er Imperator, dann kam es nicht mehr darauf an, welche Art von Karriere er verfolgen wollte. Militär, Verwaltung, das war dann doch alles Teil seiner Lebensaufgabe. Jedenfalls war das Balas Vorstellung vom Kaiserdasein. Dass er militärische sowie verwalterische Aufgaben auch delegieren konnte und musste, um nicht an Überarbeitung zu sterben, dämmerte dem Caesar erst allmählich. "Plinia", sagte er deshalb in leicht belehrendem Tonfall, "mit Mars' Willen werde ich einmal als Vorbild für die Milites an vorderster Spitze des Exercitus Romanus stehen. Ob ich dann nur Befehle gebe oder selbst mit den Männern in den Kampf ziehe, es wäre doch nur peinlich, wenn ich dabei rund wie ein Fass wäre." Er grinste schief bei dieser Vorstellung. Appius Aquilius Bala, der fette Princeps. Allseits bekannt für seine kaiserliche Wampe. "Du brauchst dich also nicht sorgen, Plinia. Ich werde stets darauf achten, mich kräftig und ausdauernd zu halten", versicherte der Caesar der Medica zuletzt, wobei er ihrem strengen Blick standhielt.

    Mit leichtem Stirnrunzeln verfolgte Appius Aquilius Bala die Befragung des Urbanercenturios. Der Flavius hielt die Befragung ziemlich kurz, befand der Caesar und warf Senator Annaeus einen Seitenblick zu. Modestus ließ jedoch keine offensichtliche Regung erkennen. Als der Flavius dann nach nur wenigen kurzen Fragen seine Zeugenvernehmung beendete, richtete Bala sich in seinem Stuhl etwas auf. Verwundert sah er den Ankläger an. Das war's schon? Auch Iudex Annaeus war offenbar verblüfft, denn er reagierte nicht gleich. Deshalb half der Caesar aus: "Nun gut. Atius, du darfst den Zeugen Iunius nun befragen." Er gab dem Verteidiger einen entsprechenden Wink.
    Daraufhin lehnte er sich möglichst unauffällig zu Kaeso Annaeus Modestus herüber und raunte diesem zu: "Das war ja etwas dünn. Ich würde gerne noch den Bericht des Centurios zu diesem Vorfall hören, sofern der Verteidiger danach nicht fragt."

    Zitat

    Original von Lucius Centho und Manius Avianus
    „Ich bin erfreut wehrte Veturia. Auch dich mal außerhalb des Senats zu sehen freut mich sehr.“ Sagte er an die Frau und den Sohn des Aquilius gerichtete.
    „Salvete. Ich bin wirklich erfreut heute Hausgast der Kaiserfamilie zu sein.“ Sagte und lächelte dabei ein Mal in die Runde.


    Der Caesar verkniff sich eine Erwiderung, als sein Vater eine Anspielung auf seine noch nicht allzu viele Jahre zurückliegende Kindheit machte. Vielmehr bemühte er sich um ein professionell ausdrucksloses Gesicht, das erst ein schmales Lächeln zeigte, als er mit selbst begrüßt wurde. "Salve Senator Iulius", erwiderte er Centhos Worte freundlich. "Schön, dass wir uns einmal näher kennen lernen." Außerhalb des Senats hatte er mit dem iulischen Senator bisher überhaupt keine Berührungspunkte gehabt. Und um bei der Wahrheit zu bleiben: Innerhalb des Senats auch noch nicht. Umso neugieriger war er auf diesen Mann, der ihm als eine durchaus streitbare Persönlichkeit aus der Senatorenschaft beschrieben worden war.


    Sohn und Tochter des Senators begrüßte Appius Aquilius Bala ebenso freundlich wie deren Vater. "Salvete ihr beiden. Herzlich willkommen im Herzen des Reiches." Glücklicherweise - Bala konnte keinen Smalltalk mit Kindern - ging der Imperator alsbald dazu über, sich auf den Clinen niederzulassen. Der Caesar folgte der Einladung bereitwillig und wartete dann erstmal ab, wie die Eröffnung der Cena vonstatten ging. Der Kaiser entschied sich für die Fortführung des Smalltalks, wobei er Interesse für die Geschäfte des Iuliers in Mantua zeigte. Der Caesar schwieg derweil und harrte mäßig neugierig einer Antwort des Senators, während seine Stiefmutter eine belanglose Plauderei mit Iulia Aviana begann.

    Appius Aquilius Bala hörte genau hin, was die Medica von seinem Weinkonsum hielt. Ihre Ankündigung, sie werde ihm keine Vorschriften machen, wenn er denn auf ein gutes Mischungsverhältnis achtete, entlockte dem Caesar ein Schmunzeln. "Nun gut. Ich werde darauf achten, mich nicht täglich zu berauschen." Diese Beteuerung musste der Plinia zunächst genügen.


    Anschließend erhob Bala sich gemäß Chrysogonas Bitte und wandte sich dem Bett zu, wo er sich setzte. Er behielt eine bewusst aufrechte Haltung bei, während er ihren Anweisungen Gehör schenkte. Er nickte daraufhin und während er sich die Tunika über den Kopf zog, versuchte er Plinias Fragen zu beantworten. "Also, ich bin nach eigener Meinung sehr beweglich. Ich führe nahezu täglich körperliche Übungen aus, Laufen, Ringen, Diskus- oder Speerwurf... im Grunde alles, was ein echter Römer auf dem Sandplatz betreibt. Immerhin habe ich auch einige Zeit bei der Legio XV Apollinaris als Tribunus verbracht, da habe ich mich sogar mit den Milites gemessen." Sein entblößter Körper bestätigte diese Angabe: Die Muskelpartien waren deutlich erkennbar und nur ein geringer Ansatz ließ sich am Bauch erkennen, der ganz offensichtlich von des Caesars Appetit und dem zuvor bezeichneten Weinkonsum herrührte. Scham vor seiner - ganz römisch enthaarten - Blöße ließ er nicht erkennen und bei der Beschreibung seiner sportlichen Aktivitäten schwang eine Spur Stolz in seiner Stimme mit. "Den Fußboden?", fragte Bala nun ersichtlich überrascht. Er warf einen Blick auf seine Füße und schien einen Augenblick darüber zu sinnieren, ob er je den Versuch gewagt hatte, die Dehnbarkeit seines Körpers auf diese Weise zu testen. Schließlich erhob er sich unvermittelt und probierte es einfach aus. Leider erfolglos. Es fehlte eine Fingerbreite. "Hm", brummte er schmallippig und sah Chrysogona stirnrunzelnd an. "Ist das ein schlechtes Zeichen?"

    Die Gegenwart des Caesars schien Plinia Chrysogona nicht zu beunruhigen. Appius Aquilius Bala war es ganz recht, dass die Ärztin keine Berührungsängste zeigte. Vermutlich hatte sie zuvor bereits seinen Vater einer Untersuchung unterzogen und fühlte sich in der Gegenwart des Sohnes deshalb nicht mehr so arg beunruhigt, wie Bala das von anderen Normalsterblichen gewohnt war.


    "Das Prandium fällt für mich meist nicht besonders umfangreich aus. Ich verlasse mich da auf den Koch", entgegnete Bala achselzuckend auf Plinias Frage hinsichtlich der anderen Mahlzeiten. "Bei der Cena darf dann allerdings ordentlich aufgetischt werden. Und der Wein... nun, ich spreche ihm gerne zu, wenn du das meinst. Warum?" Mit einem skeptischen Blick fixierte er die Medica. Er hatte keine Lust, sich seine fröhlichen Abende mit Fruchtsäften oder gar Wasser versauen zu lassen.


    Auf Plinias Erläuterungen zum weiteren Vorgehen nickte Bala zustimmend. Das gewinnende Lächeln zum Schluss erwiderte der Caesar gönnerhaft. "Dann tu, was du tun musst", sagte Bala schließlich und machte somit deutlich, dass er es nicht für nötig hielt, sich weiter mit Smalltalk aufzuhalten.

    Plinia Chrysogona war jedenfalls schonmal ein Anblick, für den es sich lohnte aufzustehen. Appius Aquilius Bala erwiderte das freundliche Lächeln der Medica, blieb ansonsten jedoch erstmal in abwartender Haltung. Er wollte erstmal sehen, was diese Ärztin ihm so alles aufbürden wollte. Aber entgegen seinen Erwartungen begann dieses Treffen nicht gleich mit einem lästigen Pflichtenkatalog, sondern mit Smalltalk. Nein, vielmehr lobte Plinia den Caesar sogar für seine Frühstückswahl, so verstand Bala es jedenfalls. Zufrieden lächelte er noch etwas breiter.


    "Plinia, sei mir willkommen. Nimm Platz", sagte Bala freundlich und lud die Leibärztin zunächst ein, sich auf einen Stuhl niederzulassen. "Ich habe wahrlich eine angenehme Nacht verbracht", beantwortete er anschließend Plinias Frage. Und weiter paraphrasierte der Caesar: "Ein Tag ohne Ientaculum ist ein schlechter Tag." Er lächelte Plinia erneut an. "Also, Medica, was hast du heute mit mir vor? Womit habe ich zu rechnen? Welchen Untersuchungen wirst du mich unterziehen?" Verschmitzt sah er die junge Frau an. Einerseits hatte er Respekt vor Ärzten, denn sie konnten Leben retten. Andererseits fand er die Situation irgendwie amüsant, denn er hatte noch nie einen weiblichen Leibarzt gehabt. Er war wirklich gespannt, wie die Medica mit der Situation umgehen würde.

    Der Stier, den der Kaiser opferte, erfüllte den Standard eines großen Opfers. Die Löwin, die daraufhin von der Augusta geopfert wurde, übertraf jedoch bereits alles, was der Caesar bisher im Rahmen eines öffentlichen Opfers gesehen hatte. Er musste sich zwingen, nicht zurückzuweichen, als die große afrikanische Wildkatze fauchend ihren Unmut kundtat. Appius Aquilius Bala hatte größten Respekt vor den exotischen Tieren, deren Gefährlichkeit er bereits an vielen Arenatagen hatte studieren können. Um seine Nervosität angesichts der Raubkatze zu verbergen, ließ Bala seinen Blick über die waffenstarrenden Reihen der Garde schweifen. Der herrliche Anblick der Milites in ihren prächtigen Harnischen ließ sein Herz höher schlagen. Balas Blick blieb kurzzeitig an Faustus Decimus Serapio hängen, der mit seltsam verklärtem Blick in die Luft starrte. Der Tribun war manchmal schon ein komischer Kauz, befand der Caesar. Seine Gedanken wurden jedoch unterbrochen vom Tod der Löwin. Fast bedauerte Bala das Ableben dieses stolzen Tieres, wäre da nicht auch die Beruhigung über die Beseitigung der latenten Gefahr, die von der Raubkatze ausgegangen war.


    Doch jetzt stieg dem Caesar erneut die Nervosität in den Hals, da er sich seiner näherrückenden Rolle in diesem Spektakel erinnerte. Alles reine Routine, dachte Bala sich und atmete tief durch. Der flavische Pontifex würde ihm helfen. Es konnte nichts schief gehen.


    Und dann brachten sie den Löwen auf das Marsfeld! Welch Ungetüm! Welch Bestie! Bala stockte der Atem. Je näher der Löwe an ihn herangeführt wurde, desto weicher wurden seine Knie. Bona dea, hoffentlich haben die Priester diesem Vieh genügend Rauschmittel eingeflößt, hoffte der Caesar inständig. Das Brüllen des Löwen fuhr ihm durch Mark und Bein. Bala riss erschrocken die Augen auf. Sein Nackenhaar stellte sich auf. Ruhig Blut, Appius, dachte er sich. Der Löwe soll geopfert werden, nicht du. Er schluckte sein Entsetzen herunter im Versuch seine Fassung zu wahren, was ihm letztlich gelang. Etwas mechanisch führte er sodann die nötigen Opferhandlungen durch. Nach der rituellen Reinigung weihte Bala, nun das Haupt mit seiner Toga bedeckt, den Löwen mit der mola salsa. Er war froh um die Unterstützung durch die Opferhelfer, denn ganz Rom sah in diesem Augenblick auf ihn. Jetzt bloß keine Fehler machen!


    Er beging keinen Fehler. Mars ist mit mir, rief Bala sich in Erinnerung und so gestärkt fasste er sich ein Herz und brachte die Zeremonie zum Ende. Mit dem Opfermesser fuhr er über den Rücken des Löwen und breitete sodann die Arme für das Opfergebet aus, das der flavische Pontifex ihm soufflierte:
    “Honos populi romani, Würde des römischen Volkes, Herr der rechtschaffenen Taten, der Du Rom zu wahrer Größe führst!
    Dieser Löwe sei Dir gegeben aus freien Stücken, Dein Wohlwollen zu erbitten, Deinen Schutz und Deine Stärke für die treuen Streiter des Imperium Romanum, eingefasst im Abbilde Roms Herrschers und seiner Familie!
    Honos divinus, Ehre und Hehrheit des römischen Staates, der du die Erhabenheit des Imperium in Deinen Händen trägst,
    Dieser Löwe sei Dir gegeben aus freien Stücken, dass Du das Abbild Roms Herrschers und seiner Familie unter Deine Gunst stellst, dass es Deinen Streitern vorangetragen Roms Söhne beschirmen mag!
    Honos exercitus, Herr des kriegerischen Ruhmes, Lenker triumphaler Siege, der Du die Herzen unserer Soldaten mit Ehrenhaftigkeit erfüllst,
    Dieser Löwe sei Dir gegeben aus freien Stücken, dass Du das Abbild Roms Herrschers und seiner Familie mit Deiner Würde und Deiner Stärke beseelst, dass es Deinen Streitern vorangetragen Roms Feinde bezwingen mag!
    Allgewaltiger Honos, nimm Du unsere Gabe für Dein Wohlwollen, Deinen Schutz und Deine Stärke!“


    Der Caesar ließ nach einem Moment der Stille die Arme wieder sinken und ließ noch einen weiteren Augenblick verstreichen, bevor er zum Minister hinübersah. Dieser fragte das obligatorische "Agone?" Appius Aquilius Bala zögerte nicht. "Age!" Mit weiterhin erhöhtem Herzschlag aber in der Gewissheit, dass Mars ihn schützte, erwartete der Caesar das Ende der Bestie.

    Der Abriss der Domus Aeiliana und der Neubau eines eigenen Prachtbaus für den Caesar dauerte - teils bedingt durch den winterlichen Baustopp - noch an. Solange die zukünftige Domus Aquiliana noch nicht fertiggestellt war, bewohnte Appius Aquilius Bala noch gemeinsam seinem Vater und seiner Stiefmutter die Domus Augustana. Der Palatin war riesig, weshalb der Caesar noch nicht das Gefühl hatte, dass man sich hier gegenseitig auf die Füße trat. Dennoch sehnte er sich nach dem Tag, an dem er in den Neubau umziehen konnte. Doch bis dahin musste der Caesar seinen Alltag in diesem vorübergehenden Cubiculum bestreiten, worüber er auch nicht unbedingt traurig war.


    Heute stand ein erstes offizielles Kennenlernen mit dem Leibarzt der kaiserlichen Familie an. Oder besser gesagt: Mit der Leibärztin. Als Appius Aquilius Bala gehört hatte, dass sein Vater sich eine Frau als Medicus Personalis engagiert hatte, konnte er sich ein Grinsen nicht verkneifen. Der Fuchs! Die Medica hatte sodann auch einen Brief an den Caesar adressiert und um ein Kennenlernen und die Möglichkeit einer ersten Untersuchung gebeten. Bala hatte achselzuckend zugesagt. Er hatte Plinia Chrysogona nach dem Ientaculum einbestellt. Mit dem Frühstück hatte er sich allerdings wie so häufig etwas Zeit gelassen, weshalb zum verabredeten Zeitpunkt noch immer einige Reste auf Balas Teller übrig waren. Brot, Olivenöl, Honig, Käse, Datteln und etwas geräucherten Fisch hatte der Caesar gefrühstückt. Jetzt pulte er sich mit einem silbernen Zahnstocher zwischen den Zähnen herum und ließ sich von einem Sklaven verdünnten Pfirsichsaft bringen. Wahrlich, als Caesar lebte es sich doch hervorragend.

    Der Caesar hatte an diesem Trauertag seine Schwierigkeiten, die angemessene Miene aufzusetzen. Natürlich war ihm bewusst, welche Bedeutung der Vestakult für Rom hatte. Ihm war auch wichtig, dass diese religiöse Tradition stets vorbildlich gepflegt wurde und war deshalb auch besorgt gewesen über die Tatsache, dass überhaupt Gerüchte über eine der Vestalinnen umgehen konnten. Letztlich machte der Tod der iulischen Vestalin ihn dennoch betroffen, wenn auch nicht übermäßig traurig.


    In dunkler Trauertunika folgte Appius Aquilius Bala deshalb heute Imperator und Augusta im kurzen Leichenzug zur Rostra, wo er ebenfalls Platz nahm. Das Lächeln, das Sergia Fausta ihm zwischenzeitlich zuwarf, irritierte den Caesar kurzzeitig zwar, ebenso wie ihr mittlerweile allzu runder Bauch, aber es war ihm möglich schnell wieder ein ernstes Gesicht zu machen. So verfolgte er denn auch die Rede des Marcus Iulius Dives, in der dieser vehement die Unbescholtenheit der Verstorbenen hervorhob. Bala fand das nicht ungewöhnlich, denn die Leute sollten Iulia Torquata ja in guter Erinnerung behalten. Dass der Iulier letztlich noch Brotspenden - für eine friedlichere Zukunft - verteilen ließ, hielt der Caesar schließlich noch für einen klugen Zug, der gewiss auch mit einem gewissen Kalkül hinsichtlich der nächsten Wahlen zum Cursus Honorum getätigt wurde.

    Neben seinem Vater ritt Appius Aquilius Bala an den unendlichen Reihen der Schaulustigen entlang. Er hatte seinen Rücken durchgedrückt und machte eine würdevolle Miene. Sein Paradepanzer stand dem des Kaisers in nichts nach. Gelegentlich ließ er sich dazu herab, dem Volk verhalten zuzuwinken. Schadenfroh hatte der Caesar außerdem zur Kenntnis genommen, dass die Augusta an diesem Tag keinen überraschenden Auftritt zu Pferde hinlegen konnte, sondern mit einer offenen Kutsche vorlieb nehmen musste. Recht so, dachte sich Bala, dem das hochtrabende Getue seiner Stiefmutter zuweilen höchst lästig war.


    Beim Anblick der aufgereihten Gardisten schüttelte der Caesar die Gedanken über seine Stiefmutter ab. Er genoss dieses Bild sehr. Waffenstarrende Milites der Cohortes Praetoriae in funkelnden Harnischen, welch ein triumphaler Aufmarsch! Bala ging das Herz auf bei dem Gedanken, dass diese Männer einst einzig und allein ihm Gefolgschaft schwören würden. Doch das war noch Zukunftsmusik und so verlangsamte er sein Pferd etwas, während sein Vater durch die Reihen der Soldaten ritt, um ihn in diesem Moment noch deutlicher hervorzuheben. Vor der Haupttribüne stiegen Vater und Sohn unter den Augen der vielen Würdenträger und Ehrengäste von ihren Pferden. Der Caesar nahm seinen Platz auf der Tribüne ein, während der Kaiser zu seiner Rede ansetzte. Andächtig lauschte Bala den Worten seines Vaters...

    Appius Aquilius Bala beteiligte sich an diesem Tag nicht so sehr an den Gesprächen, wie er es bei anderen Cenae gehandhabt hatte. Der Iulier und seine Gattin fanden auch so recht schnell ausgiebige Themenfelder, über die sie sich mit dem Imperator austauschen konnten. Insbesondere die Cura Annonae hatten es seinem Vater heute offenbar angetan, nachdem Sergia Fausta darauf zu sprechen gekommen war. Diesmal warf tatsächlich sogar die Augusta eine Postenempfehlung (oder jedenfalls die Frage nach einer freien Stelle) in den Raum, was aber nicht gleich eine Zu- oder Absage des Kaisers nach sich zog. Vielmehr kam man nicht von den Getreidespenden für die Bedürftigen Roms weg, was Bala allmählich langweilte.


    Trotz des drögen Themas blieb dem Caesar jedoch nicht verborgen, dass Sergia Fausta ihm gelegentlich lächelnd Blicke zuwarf. Die Gattin des Iuliers war wahrlich interessant. Attraktiv war sie, sowieso, aber sie hatte darüber hinaus auch eine Art an sich, die Bala irgendwie faszinierte. Da fiel es ihm gleich viel leichter, das gefühlsduselige Gerede des iulischen Senators von seiner Adoptivtochter zu ertragen. Bala erwiderte also hin und wieder das Lächeln der Sergia, um sich ihre fortbestehende Aufmerksamkeit zu sichern. Dass sie wohl nur deshalb so großes Interesse an ihm zeigte, weil er der Caesar war, darüber machte Bala sich selbstredend keinerlei Illusionen.


    Dennoch ärgerte es ihn, dass sein Vater später auf seines Sohnes Kosten zu scherzen begann. Ein Glück, dass die Cena dann auch irgendwann zu einem Ende kam.

    Interessiert verfolgte Appius Aquilius Bala, wie die Senatoren mit dem Kaiser recht schnell nach Beginn der Cena die übliche Postenklüngelei anfingen. Des Caesars Vater ließ sich bereitwillig darauf ein und Bala sah sich ganz genau an, wie der Kaiser auf die Wünsche und Vorschläge seiner beiden Gäste reagierte. Bala nahm sich vor, zu solchen Gelegenheiten stets etwas zu lernen. Ob er sich nach dem übermäßigen Weingenuss, den er sich für den Rest des Abends und der Nacht vorgenommen hatte, morgen noch an die Lehren der Cena würde erinnern können - das stand auf einem anderen Blatt.


    Die Gespräche der Frauen ignorierte der Caesar derweil zunächst gänzlich, da sie ihn schnell langweilten. Interessant wurde es für ihn erst wieder, als die Augusta Senator Purgitius über Germania Superior auszufragen begann. Auch hier hörte Bala neugierig zu, während er sich an den Speisen gütlich tat. Anders als Senator Germanicus hatte der Purgitier sogleich eine konkrete Reiseroute zu bieten. Bala gefiel das. Er mochte es, wenn Leute nicht nur vage herumredeten, sondern klare Ansagen tätigen oder konkrete Vorschläge machen konnten.
    Als die Augusta schließlich auf die Tochter des Purgitiers zu sprechen kam, schaltete Bala innerlich bereits wieder ab und wandte sich erneut verstärkt dem Essen zu.

    "Natürlich werde ich das", antwortete Appius Aquilius Bala auf die Frage seines Vaters hinsichtlich der Vertretung. Seit sein Vater zum Imperator erhoben worden war, suchte der Caesar nach der richtigen Gelegenheit, um die interessanten Provinzen des Reiches zu erkunden, die er bisher noch nicht hatte besuchen können. "Ich würde sehr gerne einmal den Limes abreiten", gab Bala daraufhin auch zu. "Mich reizen die Erzählungen über die germanischen Provinzen schon sehr." Er sah den Kaiser an, daraufhin den Senator Germanicus. "Andererseits ist ja insbesondere die Gallia Narbonensis auch ein Traum."