Beiträge von Decima Camelia

    Die Anrede ihres Onkels nahm Camelia noch einmal zum Anlass sacht über die Saiten ihres Instrumentes zu streichen bevor sie es beiseite schob und Serapio anlächelte. Alles gut und ein wundervolles Fest. Als einleitende Antwort auf die vielen Fragen erschien ihr das Lob im Augenblick am passendsten und es ließ ihr ausreichend Zeit über das Gehörte nachzudenken.


    Meine Reise war kurzfristig überlegt nachdem Mutter ewig nichts mehr von sich hören ließ und Milonia … Glucksende Laute lösten die Worte ab und perlten leise über die leicht geöffneten Lippen seiner Nichte und ein ungläubiges Kopfschütteln folgte auf das Gehörte. Nicht einmal vor Böcken hat meine Schwester Ruhe. Dabei hätte sie dringend etwas Glück verdient nach den vielen unglücklichen Zeiten. Vielleicht war es aber auch ein Zeichen und das Opfer hat die Götter besänftigt.


    Sinnierte sie kurz und wieder ernster werdend, Serapio dabei offen ansehend. Was mich betrifft … nun ja so einen Bräutigam könnte ich mir auch vorstellen. Der eigentliche Grund weshalb ich nach Rom gekommen bin, ich bin kein kleines Mädchen mehr und mir fehlt mein Vater. Würde sehr gerne bleiben wenn ich darf? Frage oder Bitte. Der Tonus des Gesagten war unmissverständlich und unterstützt von eben solchem Augenaufschlag. Für mich wird es Zeit und … Camelia zögerte kurz und sog dabei tief Luft in ihre Lungen. Ich möchte die Fehler meiner Schwester nicht wiederholen und wünsche mir, du bewahrst mich davor.


    Ein direktes Plumpsen war nicht zu vernehmen, allerdings das Entweichen von ganz viel aufgestauter Luft bevor das erleichterte Lächeln ihre Mundwinkel hob. Vater würde dir genau so vertrauen wie ich.

    Froh nicht mehr im Vordergrund zu stehen und sich an ihrem Becher und dem sie inzwischen berauschenden Wein labend wanderten ihre Blauen ziellos umher. Um sie herum war inzwischen das Stimmengewirr größer als es vorher ihr Vogelgezwitscher war. Immer noch amüsierten sie die Worte von Caius und Camelia war recht froh, nicht noch näher darauf eingegangen zu sein. Vor allem auch nicht auf die Liederauswahl von Serapio. So derbe Gesänge mit Texten, die ihr kaum über die Lippen kommen wollten, gehörten in ihrem Gefühlsbereich einfach nicht zur Stimmung einer Verlobungsfeier. Auch wenn das Lächeln von Valentina ihr zum Ende nicht entgangen war und für sie etwas gekünstelt erschien, ihre Sinne sprachen Anderes und nur darauf konzentrierte sich die junge Decima und empfand es als Glücksgefühl mit ihrer Kithara Freude zu bereiten.


    Offenbar und für sie nicht zu übersehen waren um sie herum die meisten der Gratulanten auch fröhlich oder zumindest vom guten Wein in gute Stimmung versetzt. Mehrfach gelang es ihr in den Gesprächen ihren Namen zu erhaschen. Dabei begannen ihre Mundwinkel zunehmend höher zu hüpfen und ihr Blick ruhte allemal kurzzeitig auf den Personen, die eben noch von ihr oder über die Dunkelhaarige sprachen. So entging ihr auch nicht, dass ihr Onkel über seine Nichte nachzudenken schien und ihr Interesse konzentrierte sich bis zu seinem Weggehen ausschließlich auf ihn und seine Gesprächspartner. Zu gerne hätte sie von der Bedeutung dieses sinnierende Ausdruck in seinen Augen erfahren. Doch blieb ihr vorerst nur die Neugier und das Nachsehen.


    Langsam zerteilten sich um sie herum die Ansammlungen und das Stimmengewirr wurde zunehmend leiser. Auch die Gedanken von Camelia versanken in der Leichtigkeit ihres Gemütsnebels. Ihr leerer Becher fand zurück auf das Tablett eines sich in der Nähe aufhaltenden Sklaven und sie erhob sich, ihr Instrument dieses Mal sorgsam an sich haltend. Langsam bahnte sie sich den Weg durch das restliche Publikum, sacht den einen oder den anderen der Gäste zulächelnd bis sie eine abseits stehende Bank erreichte, sich dort den Duft des Blütenflors ergebend erneut niederließ.

    Die letzten Worte von Messalina zauberten kurzzeitig ein Lächeln auf das Lippenpaar von Camelia. Nun war es wohl für sie doch an der Zeit die aufkommenden Gedanken in die Tat umzusetzen und sich die Kathara reichen zu lassen. Offenbar sah es eine sich in der Nähe aufhaltenden Sklavinnen genau so. Bevor die Dunkelhaarige ihre Bitte leise äußern konnte, wurde ihr das Instrument auch schon zugereicht. Wahrscheinlich kann ich das nicht allein ändern und ob meine Musik wirklich gut ist … sei dahingestellt. Durch kurzes Auflachen gelang Camelia die leichte Skepsis in ihren Worten zu mildern. Und noch während sie das Band des Instrumentes am Handgelenk befestigte, nahm sie auf einen der Korbsessel Platz und schlug die erste Saite mit Links. War ihre Anspannung beim ersten Vortrag noch deutlich zu spüren, gab sie sich jetzt selbstsicherer und sichtbar entspannt.
    Da mir nicht entgangen ist wie glücklich das Paar ist und sich die Gäste mit ihnen freuen, widme ich meine Verse erneut Serapio und Valentina. Suchend ging ihr Blick zu den Beiden. Vielleicht sprechen meine Verse euch aus dem Herzen und lassen den Tag mit den vielen Glückwünschen unvergessen werden.


    Noch während ihrer letzten Worte, erklangen bereits die ersten leisen Töne. Nach Erreichen der entsprechenden Melodik des Spiels und der an ihren Gesang angepassten Lautstärke begann sie, nicht ohne vorher noch einmal Messalina anzulächeln.


    Mein Leben war einsam und verlassen,
    manche Tage wollte ich einfach nur hassen.
    Stunden ohne Lachen und ohne Freuden,
    ich war dabei die Zeit zu vergeuden.


    Plötzlich kamst du in mein Leben,
    hast mir bis heute viel Schönes gegeben.
    Du bist so besorgt nahezu vollkommen,
    hast mir einfach die Sorgen genommen.


    Seit du da bist ist meine Welt wunderschön,
    es macht Spaß mit dir auf Reisen zu gehn.
    Ich möchte dich nie wieder vermissen,
    du bist wie mein weiches Ruhekissen.


    Mit dir ist meine Welt viel klarer und bunter,
    mit dir geht die Sonne noch leuchtender unter.
    Die Vögel singen lieblicher und wunderbar,
    mit dir werden die schönsten Träume wahr.


    Dein Lächeln ist wie der milde Sommerwind,
    manchmal schaust du unschuldig wie ein Kind.
    Deine Augen blitzen wie das stürmische Meer,
    besonders deine Lippen mag ich so sehr.


    Ich möcht meine Gefühle nicht unterdrücken,
    es würde mich zerteilen in tausend Stücken.
    Ich verehre dich über alles auf dieser Welt,
    gehör zu dir und wünsch, dass es für immer so hält.

    Gedankenverloren stand Camelia neben dem Korbstuhl. Stimmen drangen an ihr Ohr. Ein erneuter suchender Blick dieses Beifall Spendenden war ihr ebenfalls nicht entgangen und gab ihr erneut Rätsel auf. Zusätzlich kreisten die letzten Worte von Casca hinter ihrer Stirn und kräuselten sie sacht. Mehrmals fuhr sie sich mit einem Finger über die Nasenwurzel und lächelte versonnen. Bei ihrer Vorstellung gegenüber Messaline wurde ihr Blick dann wieder aufmerksamer und ihre Blauen richteten sich auf die junge Vestalin. Dieser ein Lächeln schenkend, bestätigte die Dunkelhaarige das Gehörte mit sachtem Nicken und glasklarer Stimme. Freut mich dich kennen zu lernen.
    In ihrer Körpersprache war dabei allerdings auch eine leichte Unsicherheit nicht zu übersehen ob der richtigen Worte einer Dienerin der Göttin Vesta gegenüber. Ihr Blick äußerte gleichermaßen Neugier als auch Bewunderung. Vorerst gab sie sich zurückhaltend und behielt ihr offenes Lächeln bei.


    Von einem in der Nähe stehenden Sklaven ließ sie sich einen Becher Wasser reichen, um den Weinnebel zwischen ihren Gedankenfetzen etwas lichten zu können. Beim Nippen sah sie sich über den Becherrand blickend die neu hinzugekommenen Gratulanten an.
    Noch einmal auf der Kithara spielen und dazu singen! Dazu war sie jetzt zu weit entfernt von ihrem Instrument. Nachdenkend wanderte ihr Blick zwischen der von ihr verlassenen Kline und einer jungen Sklavin hin und her. Vielleicht sollte sie …? Camelia zog die Nasenwurzel kurz kraus und trank einen großen Schluck. Verwarf allerdings wenig später den Gedanken vorerst wieder und konzentrierte sich erneut auf das zu erwartende Gespräch.

    Etwas gelangweilt strich Camelia über den Rahmen ihrer Kithara. Leicht träge fühlte sich ihr Kopf beim Denken an, wohl den etwas zu sehr zugesprochenen Wein geschuldet. Erst ihr Onkel rüttelte sie wieder wach und seine Worte waren auch nicht gleich wieder wegzuschieben. Im Gegenteil. Einerseits führten sie zum Hochgefühl und andererseits brachten sie innere Anspannung.


    Ihre Blauen begannen unentschlossen zu funkeln. Noch einmal das Instrument spielen oder zuerst mit Casca … ? Der nahm der Dunkelhaarigen allerdings wenig später die Entscheidung gleich ab und sie schob auf sein Ansinnen hin ihre Beine mit Schwung von der Kline. Mit Blick zu Messalina und seinen Arm nehmend gelang es ihr aufzustehen. Erst jetzt wurde ihr so richtig bewusst was Serapio eigentlich von ihr wollte.
    Auf dem Weg und untergehakt passte sich Camelia schnell seiner Plauderstimmung an. Ihre Zunge gelöst von dem guten Tropfen, dessen Name ihr entfallen war, kam die Antwort recht flüssig.


    Meine Wurzeln sind genau wie die meines Vaters und seinen Geschwistern iberisch. Geboren allerdings wurde ich als Römerin. Eine kurze Denkpause unterbrach kurzzeitig ihren Geplauder, ließ Zeit ihrem Begleiter ein Lächeln zu schenken. Damals wollte mein Vater in die Politik und meine Mutter war mit ihm nach Rom gezogen, wo auch meine Schwester zwei Jahre vor mir zur Welt kam. Leider wurde daraus nichts und wir zogen wieder zurück aufs Land, wo ich bis jetzt gelebt habe. Recht unbeschwert gelebt habe … ergänzten ihre Gedanken und ein leicht verträumter Blick. Nachdem meine Mutter wieder verheiratet ist, Vater tot und meine Schwester … sie wohnt derzeit bei Tante Drusilla. Allein war es auf Dauer zu einsam und ich hab die Entscheidung getroffen … na ja und jetzt bin ich hier und schau was Rom zu bieten hat.


    Zuletzt kamen die Worte nicht mehr so flüssig. Ihre Stimmung wirkte leicht reduziert im Vergleich zum Beginn. Camelia löste ihren Arm vorsichtig von seinem und blieb knapp neben dem Korbstuhl von Messalina stehen, um Casca als Ersten das gegenseitige Vorstellen zu überlassen.

    Gefolgt war Camelia mehr ihrem Näschen und vor allem ihrem Bauch. Einen besseren Kompass gab es nicht. Problemlos navigierte er seine hungrige Besitzerin direkt auf das Triclinium zu. Grundsätzlich nahm sie bisher ihre erste Tagesmahlzeit zur dritten Stunde ein. Hier musste sie sich auf die Gegebenheiten einstellen und noch herausfinden, wie diese für die Mitglieder der Familie im Einzelnen geregelt waren. Leicht angespannt blieb sie kurz vor der Tür stehen nicht wissend wer sie dahinter erwarten würde.


    Abgesehen von den Sklaven, die zu erwarten waren und die sie bereits vom Fest meinte zu kennen, sah sie nach dem Eintreten einen hübsch geschmückten Raum, einen gedeckten Tisch und duftende Speisen. Obwohl die Klinen einladend wirkten und Bequemlichkeit versprachen, wählte die Dunkelhaarige einen Korbstuhl. Noch bevor sie vollständig zu Sitzen kam, wurde sie bereits mit Wasser im Becher versorgt. Nach kurzer Überlegung und Kommunikation mit ihrem grummelnden Magen fiel die Wahl auf Brot, Honig und wenige Datteln. Zu gerne mochte sie am Morgen Süßes und nur selten war die Auswahl so groß wie gerade, um zu widerstehen. Brot wurde auch sogleich ungeniert tief in den goldenen Nektar gestippt und verschwand sogar mehrmals ohne zu Kleckern zwischen ihren Lippen. Durch die Datteln rundete sich der Geschmack und Wasser beendete das Mahl.
    Zu guter Letzt säuberte sie ihre Finger noch in der Wasserschale und entfernte die klebrigen Reste mit einer Serviette von den Mundwinkeln. Widererwartend war sie immer noch allein, konnte es allerdings auch verstehen nach den Feierlichkeiten am Abend. Camelia ließ sich einen weiteren Becher Wasser reichen und genoss das bekannte Gefühl.

    Langsam begann sie zu frösteln und das erinnerte Camelia - immer noch stand sie im Unterkleid herum und träumte. Sich endlich konzentrierend, begann sie wenig zielsicher ein Gewand zu wählen. Kurz strichen die Finger über jede einzelne Tunika. Helles Grau oder bastellfarbenes Grün? Noch haderte sie mit ihrer Wahl und entschied sich dann doch spontan für den hellen sehr reduzierten Grauton. Dazu wurden zur Komplettierung noch ein dunklerer Gürtel und die passenden Sandalen gewählt. Beides aus schmucklosem Ziegenleder und von angenehmer Weichheit. Schnell und mit flinken Handgriffen wurde das Ausgewählte übergestreift und die kupfernen Fibeln befestigt.


    Nicht ohne Grund stand die Schatulle noch geöffnet auf dem Tisch. Ein Griff hinein und ein kurzes Suchen. Da war sie, die Kette, das Geschenk ihres Vaters. Sehr zierlich, bestehend aus verschiedenfarbigen Glasperlen auf einer kupferfarbenen Schnur. Die Braunhaarige liebte dieses Kleinod und das war besonders deutlich in ihren Blauen zu erkennen. Mit wenigen Schritten stand sie vorm Spiegel und strahlte ihrem Spiegelbild entgegen. Mit Geschick wurden die beiden Enden um den Hals zusammen geführt und der zierliche Schmuck im Ausschnitt geordnet. Perfekt! Noch ein Zulächeln und sie war endlich bereit für ein kleines Mahl als Auftakt für einen weiteren Tag.

    Endlich gab der Deckel den Blick ins Innere frei. Fast andächtig begannen die Augen der Dunkelhaarigen zu leuchten und die Finger umschmeichelten zart das mit Intarsien verzierte Holz.
    Ihr einziger Besitz neben der Kithara lag in diesem Kästchen. Die Kette, welche sie von ihrem Vater als kleines Mädchen bekam. Ein paar selbst geschriebene Verse. Zwei paar kupferne Fibeln und ein Beutel mit Münzen. Ihr größter Schatz jedoch waren die drei kunstvoll gefasste Perlen für ihr Haar.
    Ihre Mutter gab sie ihr bevor sie den neuen Mann heiratete mit den Worten: Was du gewinnst bleibt immer nur ein Kiesel, was du verlierst immer eine Perle. Leise sinnierend wiederholte Camalia die Worte, das Gesicht ihrer Mutter vor Augen und einen leicht bitteren Geschmack auf der Zunge. Mit den Gedanken über sie würde sie sich niemals anfreunden können, sie trennten einfach Welten in ihrer Einstellung zum Leben einer Frau.


    Jetzt war es aber Zeit sich fertig anzukleiden. Dazu wurden zwei von den Spangen zum Befestigen der Tunika entnommen und danach die Schatulle noch offen auf den Tisch gestellt. Ein weitere Mal musste der Schrank seinen Inhalt präsentieren zur Auswahl eines zu ihrer Stimmung passenden Gewandes. Am liebsten trug sie reduzierte Farbtöne zur Betonung ihrer Natürlichkeit. Kaum geschminkt und das Haar weniger auffällig gesteckt gefiel sich die junge Decima am besten und unterschied sich so von den meisten Damen. Außerdem gelang es ihr eigenständig und sehr gut ohne helfende Hände. Persönliche Sklaven waren selten zur Stelle und Haussklaven meist mit anderen Dingen beschäftigt. Gedanken dazu und in Erinnerung an die Feier reizten Camelia spontan zum Lachen. Erinnerte sie sich eben einmal so an den jungen Herrn neben sich und dessen Begleitung, lenkten sie vom weiteren Ankleiden ab.

    Immer drückender wurde das Gedränge im Peristyl. Kaum noch war der Überblick zu behalten oder blieb gar die Gelegenheit, seinen Gedanken zu folgen. Geräusche überlagerten Stimmen und weniger angenehme Gerüche die Düfte des Blumenflors. Einige der Anwesenden schienen schon beachtlich dem Wein zugesprochen zu haben. Ihre Unterhaltungen wurden zunehmend lauter. Camelia, Verfechterin der sanften Töne und melodischen Stimmen krauste ein ums andere Mal ihr Näschen. Ihre Blauen irrten umher und streiften immer wieder mit Bewunderung das hübsche Paar. Valentina und Serapio wirkten auch weiterhin glücklich und genossen sichtlich das Gedränge um sie herum.


    Wieder drangen einzelne Worte an ihr Ohr und die Dunkelhaarige konzentrierte sich die Stimmen zuzuordnen. Es dauerte bis sie mitbekam, es handelte sich um den jungen Herrn neben sich und dessen Begleiter. Offenbar ging es um einen Disput gegenteiliger Meinungen, der nicht so leicht beizulegen war und schließlich in Schweigen endete.
    Beim Ausklinken aus dem Szenario streifte ihr Blick das Gesicht des Mannes, der ihr zu Beginn durch Klatschen aufgefallen war. Offensichtlich galt es doch ihr, wenn sie sein freundlich anerkennendes Lächeln richtig deutete. Bevor sie zurück lächeln konnte, war er jedoch auch wieder aus ihrem Blickwinkel verschwunden. Zurück blieb sein lauter Ruf und das unmissverständliche Brauenzucken im femininen Gesicht der jungen Decima.

    Inzwischen waren zahlreiche Leckerbissen zwischen den Lippen der Dunkelhaarigen verschwunden und einige Schlucke Wein befeuchteten ihre Kehle. Mit rötlich gefärbten Wangen saß sie bequem auf ihrer Kline und prostete in die Runde, wenn der Anstoß von irgendeinem Gast dazu gegeben wurde. Umsichtig versorgte sie ab und an auch den jungen Herrn neben sich mit Köstlichkeiten, wenn sie ihr gereicht wurden um selbst nicht all zu sehr in maßlose Völlerei zu verfallen.


    Aufmerksamkeit belebte wieder einmal die Blauen von Camelia beim Eintreffen weiterer interessanter Gäste. Zuerst fiel ihr eine junge Frau auf. Mit Begleitung gekommen trat sie zielgerichtet und allein auf Serapio zu. Mit vor Neugier leicht geöffneten Lippen und musterndem Blick lauschte Camelia. Wie sie den gehörten Worten entnehmen konnte, handelte es sich offenbar um eine Decima. Wer sonst würde den Bräutigam wohl mit Onkel ansprechen.


    Auch der stattliche Herr, der wenig später folgend seine Glückwünsche in Begleitung einer sehr hübschen Frau überbrachte, schien zur Familie zu gehören. Als seine Worte bis zu ihr drangen, färbten sich ihre Wangen noch etwas deutlicher. Mein Sohn! War zu verstehen und krausten ihre Stirn daraufhin verantwortlich. Wenn er der Vater ihres Onkels war und Serapio der Bruder ihres Vaters … Gedanken vernebelten ihre Sinne und forderten zum Grübeln. War sie dann seine Enkelin? Große forschende Augen ruhten aufmerksam und von Interesse gesteuert nun auf dem Szenario, ließen das Herz von Camelia plötzlich eine deutliche Spur schneller schlagen.

    Wenige Herzschläge später und nach mehrmaligen tiefen Atemzügen trennte sich Camelia wieder von dem berauschenden Ausblick. Es wurde Zeit sich anzukleiden und die Reisetruhe zu leeren. Zuerst sollte jedoch ein neuer Platz für die Kithara gefunden werden. Dazu sah sie sich langsam im Kreis drehenden um. Zögerlich eine Auswahl treffend schwirrten ihre Blauen wie so oft schmetterlingsartig durch den Raum. Ließen sich auf den einzelnen Möbelstücken nieder wie auf mit Nektar gefüllten Blüten. Kein Ort war ihr auf Anhieb sympathisch und die Unentschlossenheit stand bald schon deutlich als Faltenwurf auf ihrer sonst so glatten Stirn. Liebevoll nahm sie ihr Instrument in den Arm und drückte es wie eine Mutter ihr säugendes Kind an die Brust. Ein tiefer Seufzer entrann dabei ihrer Kehle und perlte über ihr leicht geöffnetes Lippenpaar.
    Mit der Entscheidung vorerst zufrieden, außerdem musste endlich die Truhe geleert werden, schob die Dunkelhaarige das Instrument von leisen Klängen begleitet vorsichtig auf den Tisch. Wenige Wimpernschläge später war Zufriedenheit in ihr Gesicht zurück gekehrt und ihre Erscheinung wirkte wieder entspannt.


    Beidhändig wurde der Deckel geöffnet und der Inhalt buhlte sogleich um die Aufmerksamkeit der jungen Decima. Zuerst entnahm sie dem Holzschrein einen Lederbeutel mit ihren wichtigsten Toilettenartikeln, der auch sogleich am Ort seiner Verwendung zu liegen kam. Als Weiteres wurde eine kleine hölzerne Schatulle hervorgekramt, offenbar von größerer Wichtigkeit und von einem sanften Lächeln begleitet. Was der Inhalt barg blieb vorerst im Verborgenen und sie widmete sich weiter dem Auspacken. Verschiedenfarbige Gewänder fein säuberlich gefaltet wurden im Schrank untergebracht. Dazu Sandalen und Unterwäsche, Passende Gürtel, Stola und Mantel.
    Übersichtlich! Wie sie fand und laut kommentierte.


    Ihr Augenmerk erneut auf das verzierte Holzkästchen gerichtet erhielten die Türen vom Schrank einen leichten Klaps, davon genötigt sich geräuschvoll zu schließen. Spitzbübisches Grinsen huschte dabei kurz sichtbar über ihre Mundwinkel, wurden jedoch genau so schnell vom sanftmütigen Lächeln wieder abgelöst. Sacht hielt Camelia die Schatulle in ihren beiden Händen, ließ sich vorsichtig und mit Bedacht auf dem Scherenstuhl nieder, den Deckel hochklappend.

    Keine Veränderung war im Raum zu erkennen als sich die Lider der jungen Decima langsam öffneten. Alles war wie am Abend zuvor. Camelia fühlte sich ausgeruht und bereit den Tag zu begrüßen. Durch das Fenster strahlte die Sonne und sie blinzelte zurück und erhob sich. Eine kurze Weile verharrte sie im Sitzen auf der Kline. Langsam stieg sie über den zur Hilfe gestellten Hocker auf den Boden und streifte die Sandalen von den Füssen. Es bot sich am Abend keine Gelegenheit mehr sich ihrer zu entledigen. Zu schnell wurde sie vom Schlaf übermannt nach dem langen aufregenden Tag. Von der Kühle des Steinbodens etwas überrascht tänzelte sie auf den Fußballen in Richtung Fenster. Dabei streifte sie die zerknitterte bodenlange Tunika von den Schultern und öffnete den Gürtel. Langsam rieselte das Linnen des sandfarbenen Gewandes zu Boden und blieb achtlos liegen. Zeit wurde es sich zu erfrischen und endlich umzukleiden.


    Über den kleinen Waschplatz befand sich ein polierter runder Bronzespiegel. Schüssel und Wasserkrug hingen in den vorgeformten Vertiefungen des dazu gehörigen Ständers. Auf seiner zweiten Ebene lagen Kamm und Bürste zur Haarpflege. Eine kleine Phiole zog das Interesse der Dunkelhaarigen sehr schnell auf sich. Nach dem Öffnen verteilte sich das intensive Aroma von sommerfrischen Rosen. Vom Duft genötigt fanden wenige Tropfen den Weg ins Nass und alsbald erfrischend in ihr Gesicht. Allein und ungeniert gab sie nicht sehr damenhafte Töne von sich, prustete und stöhnte geneckt von der Kühle auf ihrer rosig warmen Haut. Frech perlten verirrte Tropfen ihren Hals entlang und zwischen ihre hochgegürteten Brüste. Verschwanden in der Unterwäsche und hinterließen feuchte Spuren.
    Ungeachtet dessen löste Camelia den Knoten ihres dunklen Haares. Nicht ganz glatt und durch die Fülle wallend umspielte es glänzend ihre schmalen Schultern. Nicht zu übersehender Stolz schlich sich in ihre Blauen, als sie begann ihre den halben Rücken bedeckte Mähne zu bändigen. War sie sonst nicht unbedingt auf Hilfe angewiesen, sehr eigenständig mit Kleidung und deren Auswahl, nahm sie gerne doch auch einmal Hilfe beim Frisieren in Anspruch. Sicherlich fand sich dazu in Rom ein entsprechender Frisurenkünstler. Noch blieb das nur ein Gedanke der sich auftat beim erneuten Knoten etwas mehr seitlich im Nacken. Nicht ganz so streng wirkend wie bei der Anreise und ihr feminin Mädchenhaftes sehr vorteilhaft unterstreichend.
    Mit dem bereit gelegten Tuch wurden die wenigen feuchten Stellen auf ihrer Haut zu guter Letzt trocken getupft.


    Sich abwendend und weiterhin barfuß an den Boden gewöhnt, stand sie nach wenigen Schritten am Fenster und ließ das Farbenspiel des Peristylgartens auf sich wirken.

    Der erste Tag in der Casa ihrer Familie ging dem Ende zu. Ganz anders war er verlaufen als von Camelia vorgestellt. Aus der Fremden wurde Carmelita und aus dem Fest zur Verlobung im gewissen Sinne auch ihr Begrüßungsfest. Auf jeden Fall fühlte es sich für die Dunkelhaarige so an. Selbst in ihren Blauen war es als Strahlen zu sehen beim Betreten ihres cubiculum.
    Zum Leuchten in ihren Augen gesellte sich beim Anblick noch ein verzücktes Lächeln. Von einem Sklaven bis vor die Tür gebracht, stand sie jetzt allein im Raum und konnte sich in Ruhe umsehen.


    Zuerst fiel ihr die Reisetruhe auf und bot sich als Platz für ihre Kithara an. Von einem sachten Ton begleitet kam das Instrument vorerst dort zum Liegen. Beide Hände frei probierte die junge Decima als nächstes ihre Kline. Davor stand ein Hocker der ihr behilflich war beim Hochsteigen. Von einem wohligen Seufzer begleitet ließ sie sich auch gleich rücklinks fallen und räkelte sich genüsslich. Zufriedenheit lag auf ihren femininen Zügen als ihr Blick weiter durch den Raum glitt und den Scherenstuhl mit dazugehörigem Tisch streifte. Ein großes Fenster erhellte an dem ausklingenden Sommertag noch ausreichend das Zimmer, obwohl die Nacht bereits zu erahnen war. Ein zur Seite geschobener schwerer Stoff bot die Möglichkeit den Schlafplatz zu verdunkeln. In der Farbauswahl korrespondierte er genau wie die Kissen zu den Farben im Raum. Parallel zum Eingang stand an die Wand geschoben ein massiv wirkender Schrank. Alle sonst freien Flächen waren mit Wandbemalungen versehen auf bastellfarbenem Untergrund gerahmt durch grün, ocker und orange.


    Obwohl Camelia eben noch recht munter wirkend den Blick schweifen ließ, schlossen sich die Lider immer weiter und bald war nur noch ein gleichmäßiges Atemgeräusch zu hören und sie eingeschlafen.

    Dankbarkeit zeichnete sich in den Blauen der Dunkelhaarigen ab, als ihr Valentine einen Becher Wein entgegen hielt. Schnell griff sie danach und schenkte dieser ein offenes Lächeln. Ein sehr schöner Name. Valentina!
    Camelia, die Nichte dieses stürmischen Onkels und Tochter des Caius Decimus Scaurus, seinem Bruder. Sie konnte es nicht lassen ein wenig ihre sonst so gute verborgene Spitzbübigkeit an den Tag zu legen und die Situation auszukosten.
    Bin froh gerade heute hier angekommen zu sein und dich kennen zu lernen. Serapio hat eine vortreffliche Wahl getroffen und ich freue mich wirklich sehr für euch beide.


    Was danach folgte trübte gleich wieder ihre Hochstimmung und obwohl sie ihren Becher aus Höflichkeit zum Zuprosten hob, entglitt ihr das Lächeln. Vor allem konnte sie sich keinen Reim darauf machen was der Auslöser für diesen Auftritt war. Einen Schluck nehmend und die Kehle damit anfeuchtend, die durch die vielen Worte sich nun doch etwas trocken anfühlte, beobachtete sie das Szenario. Lautstark und militärisch! Zum Glück wurde ihr gerauntes Wortgut durch einen weiteren Schluck überspült. Wenn es doch zu hören war, dann ausschließlich von den Personen ganz in ihrer Nähe.


    Ein weiterer Gratulant unterbrach abrupt ihre Gedankengänge durch sein Klatschen. Er hatte wohl zugehört und trat erst jetzt in Erscheinung. Abgemagert wirkte er, wenn auch gepflegt in seiner Erscheinung. Camelia war sich nicht sicher ob der Beifall ihr gezollt wurde oder mehr dem glücklichen Paar galt. Deshalb verhielt sie sich erst einmal zurückhaltend und behielt die Situation im Auge.

    Damit konnte sie nicht rechnen und noch weniger mit dem Kosenamen. Ja natürlich! Onkel Serapio hatte sie immer so genannt. So lange war das her und aus ihren Gedanken verdrängt. Zuviel war seitdem passiert und deshalb entsprang ihrer Kehle jetzt auch ein fröhliches Glucksen.


    Seinen Überschwang nahm sie erwidernd entgegen und ließ sich wie eine kleine Carmelita von ihm herzen. All die Anspannung, die Gedanken sie sei eine Fremde waren durch seine Umarmung wie weggeblasen und so spontan wie er sie umschloss, so spontan landete ein Kuss auf seiner Wange und ein erneuter glucksender Ton folgte errötend. Jedoch auch sofort der Blick über seine Schulter zu Valentine. Dazu ein leichtes Räkeln um sich wieder aus seinen Armen zu befreien und ihn mit gespielt mahnenden Blick zuzublinzeln.


    Was soll deine Braut von dir halten wenn du eine ihr unbekannte Dame zerdrückst? Ihr Lächeln wurde dabei immer breiter und der Blick in sein Gesicht erzeugte ganz viel Wärme in ihrem aufgeregt klopfenden Herzen. Du hast mich erkannt nach so langer Zeit! Mehr Feststellung als Frage als sie wieder zu Stimme kam. Ich wollte dich überraschen und wie ich sehe ist es auch gelungen. Ein letztmaliges leises Glucksen folgte und sie war freigekämpft.

    Nun war der Augenblick gekommen, den Camelia für günstig hielt ihre Glückwünsche und ihr Geschenk zu übergeben. Darum entging ihr auch gänzlich das Zuwinkern des jungen Herrn, der nach seinen Glückwünschen in ihrer Nähe Platz fand. Eigentlich war es ja keine wirklich fassbare Gabe und sie etwas zögerlich ob es den beiden Brautleuten gefallen würde. Trotzdem wollte sie es jetzt endlich versuchen und nicht noch länger vor sich her schieben.


    Auf der Kline sich zum Sitzen aufrichtend und das Band der Kithara fest um das linke Handgelenk schlingend schlug sie die erste Saite kurz an. Damit wollte sie die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf sich ziehen und gleichzeitig sehen ob ihr Instrument die Fahrt gut überstanden hatte.
    Einige Wimpernschläge trat erneut Ruhe ein und dann begann sie mit den Fingern der rechten Hand ihren Gesang zu begleiten.


    Ein lustig Vöglein ist die Liebe
    sobald der Mensch sie leben lässt.
    In Frieden möcht sie sich ausbreiten
    möcht fliegen in des Himmels Weiten
    sich halten auch vom Wind gepresst.


    Auch Sehnsucht kann die Liebe sein,
    dann trägt sie schwer an ihrer Last.
    Zerbrechlich scheint das Herz dabei
    in Träumen, Zweifel, Tränen, Schrei
    hast du den Augenblick verpasst.


    Drum sollte Liebe ehrlich bleiben
    kräftig wachsen und gedeihn.
    Zwei Menschen können sie erleben
    sich nicht nur Zärtlichkeiten geben
    auch Fehler sollten sie verzeihn.


    Der Anfang hörte sich noch etwas weniger melodisch an bis das Spiel ganz zu ihrem wurde. Dazu ihre sehr klangvolle Stimme. Der Text ganz dem Paar gewidmet vermittelte ihr die Selbstsicherheit für die sie in Verbindung mit ihrem Instrument schon immer bekannt war. Als der Gesang sein Ende fand schlug sie zum Abschluss noch einige Töne mit Links.
    Nachdem auch diese Töne verklungen und nur noch das Herz der Dunkelhaarigen den Takt mitschlug erschien ein sachtes Lächeln auf ihren Lippen und es folgte eine kurze Pause.


    Schließlich hob sie ihre Stimme noch einmal.
    Hoffentlich hat euch mein kurzfristig ausgedachtes Geschenk gefallen und ihr behaltet es in guter Erinnerung. Es ist ganz das Eure! Von Herzen wünsche ich euch Glück. Ihr seht Beide so wunderhübsch aus und ich freue mich so sehr hier das Fest mit euch feiern zu dürfen.
    Ein wenig runter gerasselt und im Vergleich zum Gesang etwas hölzern klangen die Worte jetzt schon. Allerdings schien Camelia recht zufrieden damit und das fand sich jetzt auch spontan in ihren Blauen wieder die zu Strahlen begannen.

    Zufrieden mit der gewählten Kline und es sich halb liegend bequem gemacht, sah Camelia dem Treiben zu. Zuerst einmal jubelte ihr Herz vor Begeisterung über die göttliche Erscheinung ihres Onkels mit dem roten Oleanderkranz auf seinem dunklen Haar. Jetzt war auch er passend gekränzt zu seiner wunderhübschen Braut. Schien er doch derzeit etwas sprachlos überwältigt von der Gesamtsituation und den übergebenen Geschenken des Jünglings.


    Schlag auf Schlag ging es weiter. Schon erschienen die nächsten Gratulanten in Form doppelter Ausführung. Selbst die inzwischen entspannt wirkende Braunhaarige war genötigt sich die Augen zu reiben. Erst mit dem zweiten Blick gelang es ihr das Bild genauer zu erfassen. Tatsächlich waren es zwei überaus hübsche Mädchen. Anscheinend gut bekannt mit Valentina so herzlich wie die Begrüßung und die erhaschten Worte ausfielen.


    Langsam kam Stimmung in das Szenario. Auch die Blauen von Camelia flatterten wieder wie Schmetterlinge durch das bunte Farbenspiel. Passend zu dem Grün der Buchbaumhecken und den überaus prächtig bestückten Blumenbeeten rundeten die Anwesenden das Bild. Hatte sie sich auf dem Weg hier her noch als Fremde gefühlt, konnte sie jetzt zunehmend bemerken wie der Wohlfühlfaktor nach oben stieg. Nun wartete sie nur noch auf den Augenblick der ihr günstig erschien um sich vorzustellen und auch ihre Glückwünsche los zu werden.