Beiträge von Quintus Helvetius Scaeva

    Noch immer unter gestraffter Haltung schaute Scaeva dabei zu, wie der Tribun nun symbolisch die Opfertiere entkleidete. Gleich würde es weitergehen und die Gebete würden gesprochen. Dann wäre er selbst an der Reihe, den Wein anzureichen, gemeinsam mit der Patera. Beim Opfer durfte wirklich nichts dem Zufall überlassen sein, denn wenn es eine Abweichung vom Ablauf kommen würde, so würden die Götter möglicherweise ungnädig reagieren. Das wollte niemand riskieren. Also nahm der Helvetier seine Aufgabe sehr ernst, denn die Götter bedeuteten ihm viel. Besonders Mars hatte er sich neben Minerva verschrieben, sodass er hoffen konnte auf dem Lebensweg für den er sich entschieden hatte, immer auf der sicheren Seite zu sein. Bisher zumindest war ihm noch nichts geschehen, was auch kein großes Wunder war, denn er einzige größere Einsatz war bisher der Sklavenaufstand gewesen. An größere Schlachten mochte Scaeva noch gar nicht denken, denn im Laufe der Zeit hatte er festgestellt, dass aus ihm zwar ein guter Schwertkämpfer mit einer kräftigen, gesunden Kondition geworden war, er jedoch weitaus weniger robust in Bezug auf seine Gefühlswelt war, wie so manch anderer aus der Truppe. Er hatte beim Aufstand Menschen getötet und das hatte bereits ein wenig an seinem Gewissen genagt, wie er auch schon seiner Vera in einem langen Brief, mit allerlei Mängeln in Rechtschreibung und Ausdruck, mitgeteilt hatte.


    Vera! Er würde sie gerne wieder sehen, doch daran war natürlich nicht zu denken. Dennoch dachte er an sie, während der Tribun sich die Hände mit dem Wasser wusch, welches der Tiro ihm angereicht hatte. Dann hallte das Gebet über den Platz, dem Scaeva sich gerne gedanklich anschloss. Die Weihrauchdose wurde angereicht und einige Körner fanden ihren Weg ins Feuer. Eigentlich sollte nun eine gehörige Rauchfahne aufsteigen, doch wurde diese vom schlechten Wetter nieder gedrückt, genauso wie die Scaevas Stimmung. Vielleicht würde der Dank die Götter nun nicht erreichen, was ein Grund zur Besorgnis sein konnte. Der Helvetier fürchtete die Götter. Vielleicht mit zunehmendem Alter auch immer mehr und er trug auch Sorge in sich, dass er eventuell eines Tages genauso abergläubisch werden könnte wie seine Mutter, welche ihrem Kybele-Kult nachging. Nun aber war der Wein an der Reihe. Das Trankopfer musste einfach glücken. Scaeva trat mit ernster und beinahe ausdrucksloser Miene neben den Tribun und überreichte diesem den Krug mit kostbarem Wein und die silberne Patera. Danach ging er wieder einen Schritt zurück und überließ dem Petronier alles Weitere.

    Während die Streichung erfolgte und die Männer ihre Militärdiplome erhielten, fröstelte es Scaeva allmählich. Eigentlich machte ihm schlechtes Wetter oder die Kühle des Winters nicht aus, doch wenn man eine geraume Weile still stehen musste, war es doch schon etwas anderes. Dennoch bemühte er sich leidlich aufmerksam dem Geschehen zu folgen, während seine Gedanken in die Zukunft schwenkten. Noch immer fragte er sich, ob aus selbst auch irgendwann einmal ein Veteran werden würde. Bei der Legion war das immerhin nicht selbstverständlich, denn es gab vieles was geschehen konnte und war einem Mann den vorzeitigen Tod brachte. Bei dem Gedanken schauderte es ihn noch mehr, doch es war nun einmal eine Möglichkeit, die unter Betracht gezogen werden musste.


    Dann, endlich, näherte sich die Zeit des Opfers und er ließ seine Blicke über die großen Statuen schweifen. Ja, diese Götter würden sie schließlich alle beschützen und sie stets siegreich heimkehren lassen. Also war es nur natürlich, dass sie nunmehr geehrt wurden. Bald würde er an der Reihe sein und dem Tribun bei Opfer aushelfen. Also straffte er seine Haltung wieder und lauschte den Worten des Petroniers, der im Anschluss die Opfertiere weihte. Gleich würde es losgehen.

    Wie alle anderen auch hatte Scaeva Haltung angenommen, nachdem es vom Tribun befohlen worden war. Dann lauschte er den feierlichen Worten. Zwanzig Jahre im Dienst waren eine lange Zeit und obwohl er nun schon eine Weile dabei war hatte er noch nicht einmal annähernd die Hälfte der Zeit erreicht. Dabei konnte er sich gar nicht mehr vorstellen, wie das Leben als Zivilist eigentlich war. Seine Tage und Nächte waren derartig geprägt von militärischer Routine, dass die Erinnerungen an das Landgut auf dem er aufgewachsen war, vor ihr verblassten. Nur das Halstuch von Vera trug er immer noch bei sich. Vielleicht würde er sie in zwanzig Jahren ehelichen können. Doch bis dahin würden sie beide alt sein und sie würde ihre eigene Familie haben. Im Grunde genommen war es das, was Scaeva am meisten beschäftigte. Als er merkte, dass seine Gedanken abschweifen wollte, riss er sich zusammen und lauschte wieder den Worten des Tribuns und fiel dann in den allgemeinen Applaus mit ein.


    Die Liste der zu Entlassenden war lang und noch immer störte das feuchte Wetter beträchtlich, doch die angehenden Veteranen schien das nicht zu stören. Sie traten einer nach dem anderen vor bis niemand mehr aufgerufen wurde. Irgendwie wusste der junge Helvetier noch immer nicht, ob er sie beneiden oder bedauern sollte. Das würde er sich noch offen lassen. Was nun folgen würde, war die symbolische Streichung. Scaeva regte sich ein wenig und bemerkte, dass seine Tunika immer klammer saß. Verfluchter Nieselregen. Dennoch würde dieser wohl der Würdigkeit der Feierlichkeit keinen Abbruch tun.

    Das Wetter war nicht unbedingt das Beste. Irgendwie hasste Scaeva den Januar. Für gewöhnlich war es kalt, nass und es würde noch einige Zeit dauern, bis die Blumen wieder ihre Blütenkelche reckten. Gut, heute regnete es nicht stark, doch der vorhandene Nieselregen sorgte für eine unangenehme Feuchte, welche trotz des Sagums unter die Rüstung kriechen wollte. Globulus hatte noch vor dem Aufmarsch gefrotzelt, dass es genau dieses Wetter war, welches dafür sorgte, dass Gladius und die eigenen Knochen um die Wette rosten würden. Doch Scaeva hatte sich von dem Dienstälteren nicht anstecken lassen wollen. Seine Laune war noch einigermaßen gut, denn es geschah nicht alle Tage, dass man bei einem großen Opfer Kameraden in das zivile Leben entließ. Ihm selbst würde bei dieser Veranstaltung die Rolle eines Opferhelfers zukommen und darauf war er immerhin stolz. Somit marschierte er seinem Tribun, welcher sich hoch zu Ross begeben hatte, hinterdrein und hoffte, dass auch alles klappen würde, wie es angedacht gewesen war. Die Opfertiere sahen auf jeden Fall prächtig aus. Sowohl von ihrer Statur her, als auch von ihrem Schmuck. Sie würden den Göttern bestimmt gefallen. Besonders die Widder mit den vergoldeten Hörnern. Scaeva mühte sich um eine aufrechte Haltung und eine würdevolle Miene.

    Kann ich hier an dieser Stelle noch mal nach einem Accountwechser fragen?
    Habe ja nun mehr als eine Id und ich ertappe mich immer wieder damit, stets nur mit einer zu gucken, ob es was Neues gibt. Da entgehen mir immer einige PNs, die auf anderen Accounts liegen. Und wenn man so im Stress ist... joa...dann loggt man sich nicht ständig manuell um (also mal von sich selber spricht)...

    Die Tatsache, dass ein Tiro sich übergeben musste, hielt die Männer nicht auf. Im Gegenteil, sie bemerkten es kaum. Besonders Scaeva und sein Contubernium waren schon zu weit vor gerückt, um davon überhaupt noch Notiz zu nehmen. Auch, dass ein Toter seinen Weg über irgendeine Brüstung fand, blieb von ihnen im ersten Moment unentdeckt. Sie räumten und kramten was das Zeug hielt, um sich Zugang zu der Insula zu verschaffen. Inzwischen war es immer wahrscheinlicher, dass auch sie beworfen werden würden und das von den Aufständischen die sich noch immer im Haus aufhalten mussten. Zunächst war es kaum mehr als eine Vermutung, doch diese Irren mussten derartig verrückt sein, dass sie noch immer hier ausharrten. Einige Milites kamen ihnen näher und beschrimten sie schützend mit ihren Schilden. Scaeva schnaubte und riss an den Holzgegenständen, um endgültig den Weg frei zu bekommen. Inzwischen lechtzte er nach Blut und er konnte es kaum noch abwarten einen von diesen Wahnsinnigen in die Fänge zu bekommen. Schließlich, als sie es beinahe geschafft hatten, flogen Gegenstände von oben. Ein Stein traf Globulus am Kopf, der den Göttern sei Dank mit einem Helm beeckt war. Dennoch ging der Hüne mit einem letzten Gluckser zu Boden. Scaeva fluchte, doch es gab kaum etwas zu tun. Tot war sein Kumpane nicht, denn er atmete noch, wie er auf den ersten Stufen der Treppe lag. Die Männer rafften ihn zur Seite und drängten vor.


    Weitere Gegenstände folgten von oben, während die ersten Soldaten versuchten, die Stufen zu besteigen, was gar nicht so einfach war. Sie waren ölgetränkt und nun wurden Gefäße geworfen, die schmerzhaft auf den Rütungen, Helmen und Schilden zerbrachen. Noch mehr Öl! Dann kam ein Ruf nach Feuer auf. Irgendwie steckte Panik tief in Scaeva, doch sie kam nicht an die Oberfläche. Inzwischen fühlte er sich innerlich leblos, wie eine große Maschiene, die nur noch funktionierte und nur noch ein Ziel vor Augen hatte: Das Vernichten der Feinde. Mit all den anderen wühlte er sich den Weg die Stufen empor, wo die Widersacher schon warteten. Im Innenhof waren diverse Scharmützel entbrannt und wie es aussah machten die Aufständischen inzwischen keinen Unterschied mehr zwischen Freund und Feind. Die Ziegel und andere schwere Gegenstände fielen. Wie schon ein schwerer, lebloser Körper, der von einem ehemaligen treuen Bürger Roms stammte. Es hatte Cinna beinahe erwischt, doch der schwere Körper war gerade noch neben seinem Schild zu Boden gegangen. “Verdammt!“, schnauzte Scaeva, während er er sich die Stufen hinauf stemmte und beinahe ein jedes Mal ausrutschte. In diesem Moment wünschte er, er hätte sich dem Hades verschrieben. Er wünschte er wäre einer der Höllenhunde, die dem Feind grollen und ihm alles verschlingend entgegen treten könnten. Dann folgte die nächste Provokation. Die Helden Roms wollten sie also heraus fordern. Er riss den Kopf hoch und fixierte den Rufer mit einem wütenden Funkeln in den Augen. “WARTE NUR!“, schrie er. Auch andere seiner Kameraden brüllten und schrien mit hoch erhobenen Schwertern. Sie würden sich einem jeden stellen, der meinte ihren Weg kreuzen zu müssen. Schnell war Scaeva, kaum oben angekommen, in einem Gefecht mit einem der Aufständischen. Es dauerte nicht lange und der Gegner wurde nieder gestreckt. Das war für Globulus. Cinna brüllte wie am Spieß und stieß sein Schwert beinahe nach allem was sich bewegte. Andere kämpften sich noch die Stufen empor. Feuer hatte es noch nicht gegeben, doch Scaeva hatte sich auch noch nicht umgesehen. Sollte doch alles in Flammen aufgehen. Er würde einen jedes von diesen subversiven Elementen mit in die Unterwelt reißen!

    Scaevas Blicke waren auf den Eingang des Gebäudes gerichtet, doch als er flüchtig zur Seite schaute, erblickte er eine junge Frau, die sich der Insula näherte. Dass sie eine dieser Aufrührer war, schloss er aus, denn er bemerkte ihren Schmuck. Sie musste wahnsinnig sein, sich allein in solchen Zeiten in der Stadt aufzuhalten, doch das war nun nicht sein Problem. Sein Problem bestand aus massivem Holz und als der Befehl ertönte, dass sie die Tür aufbrechen sollten, schaute er Globulus und Cinna an, welche mit ihm ganz vorne standen. Die beiden waren jene, welche in seinem Contubernum am kräftigsten gebaut waren und wie geschaffen für eine solche Aufgabe schienen. Sie selbst schienen auch sogleich zu akzeptieren. Globulus ging ins Stellung und Cinna folgte ihm nach. Mit einigem Schwung und einem verständigendem Kopfnicken stürzten sie auch schon los, wobei sie alsbald mit einem lauten Krachen gegen das Holz trafen. Die Tür riss aus der oberen Angel, die untere jedoch hielt noch einen Moment stand. So lange, bis gnadenlose Tritte auch sie zum Nachgeben zwangen. Der Rest der Truppe wollte schon direkt hinter Globulus und Cinna in das Gebäude hinein strömen, doch das war nicht möglich. “Barrikaden Tribun!“, meldete Scaeva sofort mit reichlich Empörung in der Stimme. Cinna und Globulus begannen augenblick das, was sie zu fassen bekamen an die Seite zu stoßen, doch an ein schnelles Vordringen war mitnichten möglich. Die Sicht auf einige Truhen und Bettgestelle wurde frei, die sie alle nun am Eindringen hinderten. Globulus gelang es, sich gegen diese diversen Möbel zu zwängen und Cinna folgte ihm. Auch Scaeva fasste mit an, sobald es ihm möglich war und andere folgten.
    Doch es waren nicht nur die Möbel, die in dieser Insula gelitten hatten, sondern auch die Wände. Ganze Ziegel fehlten. Es war nur ein flüchtiger Blick, den Scaeva hatte erhaschen können in seiner Eile, doch es mutete merkwürdg an. Globulus stieß einen Fluch aus, als er einen Schrank beiseite wuchtete. “ALLES VOLL HIER!“, brüllte er aus voller Kehle, doch allmählich konnten die Männer nachrücken, nur um festzustellen, dass es nicht einfach sein würde die Räume zu durchsuchen oder gar die Stufen zu erklimmen. Das Chaos hatte hier gewütet und überall versperrten irgendwelche Bretter, Stühle und Holzregale den weiteren Weg.

    [...] Schnellen Schrittes war sie ihrem Befehlshaber gefolgt. Entsprechend zügig kamen sie bei der besagten Insula an. Auf dem Weg noch hatte Scaeva gedacht, dass es für zwei Centurien ein Kinderspiel sein würde, die Aufständischen zu stellen. Offenbar ging es den anderen nicht anders. In Globulus Augen um Beispiel, leuchtete schon die blanke Mordlust und auch er selbst hatte inzwischen genug. Es war die Flamme des Hasses, die sich in seinem Herzen entzündet hatte über die vielen Wirren, welche die Sklaven in der Stadt verbreitet hatten. Am liebsten hätte er sie alle selbst gestellt, doch das würde wohl nicht möglich sein. Nun standen sie hier und schauten an dem Haus empor, in welchem gelärmt und geräumt wurde. Zumindest meinte er das zu hören. Auf jeden Fall mussten die Aufständischen noch vor Ort sein. So war es auf jeden Fall zu hoffen. Scaeva, sowie auch die anderen, die von Optio Maro befehligt wurden, folgten dem Tribun zur Haustüre, um diese aufzubrechen. Am liebsten würde er sofort sein Schwert ziehen, doch noch würde er auf Befehle warten müssen.

    Scaeva hielt sich in der Nähe seines Contuberniums auf und alle zusammen arbeiteten sie verbissen an der Straßenblockade. Schließlich diente sie letzten Endes der eigenen Sicherheit und da wollte natürlich niemand nachlässig sein. Doch dann näherte sich ein Centurio, mit dem Scaeva eigetlich bisher nur herzlich wenig zu tun gehabt hatte. Man hörte den Befehl und nickte schließlich. Scaeva beschaute sich die besagte Insula, aus der sie noch mehr Material beschaffen sollten. Das Gebäude sah nicht sonderlich repräsentativ aus, verfügte über einen nachträglich aufgesetzen Aufbau, der noch mehr Wohneinheiten ermöglichte und die winzigen Balkone vor den größeren Fenstern sahen so aus, als würden sie jeden Moment abreißen. Überhaupt wirkte die Insula baufällig, was aber keineswegs eine Besonderheit in Rom war. Scaeva seufzte und sammelte sein Contubernium um sich, um dem Befehl nachzukommen. Es war der stattliche Hüne Globulus, der zuerst durch die Eingangtüre ging und dann auf eine Wohnung im Erdgeschoss zu hielt. Es war besser, sie würden mit den unteren Wohnungen beginnen, denn erfahrungsgemäß war in diesen am meisten zu holen.


    Natürlich hatten die Anwohner etwas gegen ihr Eindringen, doch die Soldaten drängten sie schnell zurück, erklärten, dass sie den Auftrag hätten, Mobiliar in ihre Gewalt zu bringen und stürmten dann in einen Raum, der so aussah wie ein Schlafzimmer. Tatsächlich fanden sie drei Betten vor. Zwei große und ein kleineres. Das dazugehörige Kind stand mit großen Augen da und starrte ihnen entgegen. Scava riss gemeinsam mit Cinna die Matrazen herunter, um gleich darauf das Gestell zu schultern. Die großen Betten konnten sie nur zu zweit tragen, doch es gelang zügig, auch unter dem Protetgeheul der eigentlichen Besitzer, die Betten auf die Straße zu tragen, um sie der Barrikade hinzu zu fügen. Vier Mann des Contuberiums gingen noch einmal in die Wohnung zurück, denn man hatte auch einen wunderschönen Tisch entdeckt, dessen Holzplatte dick genug war, um etwaigen Geschossen Einhalt zu gebieten.


    An der Blockade angekommen wurden die Möbel in die schon bestehenden eingbaut und so gut verkantet, dass sie einem Angriff standhalten konnten. Doch zunächst einmal geschah überhaupt nichts. Scaeva musste ständig ein Gähnen unterdrücken, denn er war nun schon sehr lange ohne Schlaf auf den Beinen. Also hielt er sich beschäftigt, indem er auf und ab ging, damit ihm nicht auch noch die Augen zu fielen. Dann allerdings gab es einen Alarm. So weit er mitbekommen hatte, wurde eine Insula in einer Gasse überfallen. Nun ging es also doch noch los. Da er und seine Kameraden ‚verfügbar‘ waren, rafften sie ihre Ausrüstung zusammen und setzten sich unter der Führung des Optio Octavius in Bewegung.

    Sie hatten verdammtes Glück gehabt, dass sie nicht in dieser verdammten Häuserschlucht verbrannt waren. In Scaeva gärte es noch immer, obwohl es nun einen Tag her war. Auch ließ ihn der Gedanke nicht los, den er sich während der Ermittlungen zu den seltsamen Todesfällen in der Subura gemacht hatte. Immer wieder war es ihm in den Sinn gekommen, dass die Mörderin, welche eine Tochter des Mars sein sollte, vielleicht auch die Rädelsfhrerin dieses Aufstandes sein konnte. Und das war bei Weitem noch nicht alles. Sollte sie es wirklich sein, so handelte es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um eine Sklavin aus dem Hause Helvetia. Bisher hatte er noch keine weiteren Nachforschungen angestellt. Vielleich auch aus Angst, dass es sich bewahrheiten könnte. Doch es war nicht an ihm, weitere Ermittlungen einzuleiten. Schließlich war er nur ein kleiner Miles, dem daran gelegen war, sich die ersten Sporen zu verdienen und dazu kam doch ein Aufstand gerade recht. Wie auch immer es war, es waren gemischte Gefühle, welche in Scaeva rumorten. Dazu kam auch, dass nun die ersten Toten auf sein Konto gingen.


    Es war leicht in der Ausbildung mit dem Gladius zu üben, doch es war etwas anderes, dieses in einen Angreifer zu rammen. Vielleicht würde er von nun an seine Waffe mit anderen Augen sehen. Sie war ein tödliches Instrument und keineswegs das Schmuckstück, als welches er sie bisher betrachtet hatte. Gewiss war er naiv gewesen, auch wenn der militärische Drill schon einiges davon abgeschliffen hatte. Nun war auch noch der Rest dahin und bestimmt sollte er darüber froh sein nicht mehr der Junge zu sein, der er einmal war. Er war nun ein Soldat Roms und es gab hundert Gründe, stolz darauf zu sein.


    Hier und jetzt war also eine weitere Gelegenheit gegeben, sich zu beweisen. Es sollten Barrikaden errichtet werden aus ehemaligen Möbeln, welche man sich aus den umliegenden Häusern zusammen gesucht hatte. Scaeva kannte diese Gegend noch nicht, denn hier war er noch nie gewesen. Hatte er einen freien Tag gehabt, so war er vorwiegend auf dem Forum unterwegs oder auf den anderen Märkten. Er kannte Tavernen und leichte Mädchen, von denen er sich nun fragte, ob sie noch standen. Bei einem Blick zum Tribun wurde ihm klar, dass dieser im Begriff war zu einem der Häuser hinüber zu gehen. Eine stattliche Villa war es und Optio Maro sollte ihm folgen. Scaeva selbst blieb zurück und half seinen Kameraden die ersten Barrikaden zu errichten.

    Mit einem ob der engen Gasse extrem kurzen Anlauf, gelang es schließlich Miles Globulus mittels eines kräftigen Aufpralls mit der beharnischten Schulter, eine der Türen aufzubrechen. Sie flog geradezu aus den Angeln und sogar brüchiges Holz splitterte dabei ab. Dann drangen die Milites einer nach dem anderen in das Haus hinein. Scaeva schaute sich hastig um. Hier drinnen gab es, wie es schien, wirklich nichts zu holen. Die Räume waren extrem klein und wurden von den vielen Soldaten regelrecht überflutet. Eine kleine Katze, welche wohl auf einem Schemel ein Schläfchen gehalten hatte, sprang vor Entsetzend schreiend davon und rannte in das Hintere des Hauses. Der Befehel war klar: Den Hinterausgang suchen und das schnell. So wie das Haus gebaut war, würde es in Null Komma Nichts Feuer fangen und der Vergangenheit angehören. Es blieb nur zu hoffen, dass die Löscharbeiten schnell voran kamen. “Verfluchte Drecksbande!“, schimpfte Cinna. "Diese Arschgeigen sollte man alle an Wagen nageln und zu Tode schleifen...“ Einige der Männer stimmten grollend in das folgene Fluchen mit ein. Auch Scaeva konnte es nicht unterdrücken, doch er suchte nach dem Weg, den die Katze genommen hatte. Diese würde einen guten Ausgang kennen. Durch einen schmalen Gang ging es in einen Raum, der einen Holzbottich beherbergte und einige Regale. Dahinter befand sich eine Tür. “Los, Globulus!“, spornte Scaeva seinen Kameraden an, nachdem er an der Tür geruckelt hatte. Sie war verschlossen und würde einen kräftigen Tritt brauchen, um sich zu öffnen. Globlus Fuß krachte daraufhin in das mürbe Holz und brach das Türblatt beinahe entzwei. Ein festes Drücken folgte gegen die Angeln und der Weg war endlich frei. “HIER OPTIO!“, brüllte Scaeva und trat als Erster ins Freie. Es sah so aus, als könne man durch einen schmalen Torbogen, der mit einem zerschlissenen Vorhang ausgestattet war direkt auf die Straße gehen. Das war die Rettung, sofern der marbodierende Mob, nicht auf der anderen Seite der Mauern auf sie wartete.

    Cinna und Naso gingen die Augen über, als sie das Strafmaß vernahmen und auch Scaeva lief ein eiskalter Schauer über den Rücken. Die Wirkung des Strafinstrumentes hatten sie gerade erst gesehen, denn der Furier hatte ihnen allen schließlich als Demonstrationsobjekt gedient. Zuerst waren noch Schmerzenslaute von ihm zu hören gewesen, dann war er verstummt. Nun hing er kraftlos in den Fesseln und es machte den Anschein, als hätte er das Bewusstsein verloren. Zwei andere Legionäre machten sich nun daran, ihn von dem Pfahl zu nehmen, ihn zu stützen und zum Medicus zu schaffen. Das selbste sollte nun auf sie alle zukommen. Scaeva schluckte schwer, doch er sprach kein einziges Widerwort aus, obwohl es ihm bereits im Halse steckte. Schläge und Pranger. So hatte er sich die nächste Zeit gewiss nicht vorgestellt. Sie alle legten nun ihre Rüstung ab und dann machten sich Globulus und Scaeva selbst daran, Cinna und Naso an den Pfahl zu binden. Es widerstrebte ihnen wirklich, die Schläge zu verabreichen, denn sie würden ihre Kameraden nicht schonen können. Schließlich stand der Centurio direkt neben ihnen und würde alles mit eigenen Augen begutachten. Dabei versuchten sie allerdings, es möglichst schnell hinter sich zu bringen. Scaeva hasste es, doch er schlug fest zu und in steter Folge. Insgesamt erging es Cinna und Naso nicht anders, als Cerretanuns. Nach einer Weile verstummten sie und am Ende hingen sie nur noch wie nasse Säcke am Pfosten. Dann waren sie selbst an der Reihe. Die beiden Bestraften wurden vom Pfahl genommen und nun folgten die nächsten sechs. Als Scaeva an der Reihe war, biss er fest in das Beißholz und mühte sich redlich, keinen Laut von sich zu geben. Dies allerdings gelang nicht wirklich. Sein einziger Trot war es, dass er nur zehn Schläge erhalten sollte. Diese waren vollkommen ausreichend. Sein Rücken stand in Flammen. Auch ihm lief Blut in Rinnsalen über den Rücken, doch die Gnade einer Ohnmacht erhielt er nicht.

    Einen erschrockenen Moment lang sahen Cinna und Naso ihrem Centurio noch entgegen und warteten auf das erlösende Wort. Doch es fiel noch nicht. Zuerst kam nun die Wache herein und nahm die Frau mit zurück in die Zelle, wohin sie auch wirklich gehörte. Wer konnte nur einfach so ein eine Catra marschieren und das auch noch während der Zeit eines Aufstands? Doch das war es ja gar nicht, weswegen die beiden Milites die Galle ging. Viel eher war es der Umstand, dass sie zwanzig Stockhiebe erhalten hatten wegen ihr und ihrem Verhalten. Nein, sie bräuchte ihnen wirklich nie wieder über den Weg laufen. Es wäre besser für sie alle. Doch noch bangten sie ein wenig um sich selbst und die Erleichterung wollte sich erst einstellen, als der Centurio noch ein mahnendes Wort an sie richtete. Ja, auch die Schönen konnten hinterhältig sein und einem Ärger einbrocken, wie man es ja zu spüren bekommen hatte. Und dann – endlich – die Erlösung: Wegtreten! Das taten die beiden auch umgehend und verschwanden in den Gängen, wo ihnen noch Octavius Maro entgegen kam. Diesen allerdings grüßten sie nur knapp, ehe sie weiter gingen. Was hatte er nur für eine Verrückte als Verwandte? “Ein hart verdienter Tag Erholung,“ murrte Naso vor sich hin, wobei Cinna nickte. “Besser als im Pranger zu hängen,“ gab er zurück und dann verschwanden die beiden aus dem Blickfeld.

    Sie hatten gleich gewusst, dass es wieder einmal Ärger um diese Frau gab. Was sie hier behauptete, war einfach nur empören und sie wussten sehr genau, dass es auch haarsträubende Konsequenzen für haben könnte, wenn sie weiterhin behaupten würde, dass sie ihren Dienst nicht richtig versehen hätten. Noch schlimmere als sie am heutigen Tag schon hatten erfahren müssen. In Nasos Augen spiegelte sich blanker Hass, doch er sagte nichts und verhielt sich vollkommen ruhig, während es nun Cinna war, der das Wort ergriff. “Wir waren auf unserem Posten, Centurio, und wir haben ihn nicht verlassen. Das würden wir in jedem Falle schwören! Diese Frau hat auch nicht nach dem Weg gefragt. Sie tauchte auf, als zeitgleich einige Karren passieren wollten. Wir haben sie gesehen, doch offenbar hat sie nicht gewartet, bis wir die Wagen untersucht hatten. Als wir uns wieder herum drehten, war sie verschwunden und daraufhin haben wir sogleich Alarm ausgelöst. Letzten Endes wurde sie vor den Räumen des Optios Ocatvius von zwei Männern aus unserem Contubernium gestellt.“ Nun musste er ersteinmal durchatmen. “Bei den Spielen ist sie insofern auffällig geworden, dass sie von Tiro Furius Cerretanus in einer Nische entdeckt wurde, wo sie sich offenbar versteckte mit einem verstauchten Fuß. Sie wurde von besagtem Furier im Anschluss bis zum Haus des Aedils Flavius begleitet, zu dessen Schutz wir unter der Führung von Optio Octavius Maro eingesetzt worden sind.“ Mehr wusste Cinna nicht. Er blickte zu Naso, doch dieser nickte nur. Man konnte ihm ansehen, dass er noch immer angefressen war und wenn Cinna ehrlich war, so ging es ihm nicht anders. Hier stand mehr als nur ihr Ruf auf dem Spiel. Wie er den Centurio kannte, ging es hier um mehr: Nämlich um ihr Leben.

    Cinna und Naso ging es nicht wirklich gut, denn sie hatten insgesamt zwanzig Schläge von ihren Kameraden erhalten, die mit ihnen im Contubernium waren. Es war eine harte Strafe gewesen und sie hatten für einen Fehler, den sie nicht begangen hatten geblutet. Auch Scaeva und dem Rest der Rest der Gruppe ging es nicht besonders gut, denn auch sie hatten im Zuge der ‚Sippenhaft‘, wie es beim Militär üblich war, zehn Schläge erhalten. Danach hatte man sie zum Medicus geschleppt, der sie alle nach den Regeln der Kunst zusammen geflickt hatte. Auf ihrer Stube angekommen, hatten sie sich auf die Matrazen gelegt. Natürlich mit Bedacht und auf dem Bauch, während sie sich lautstark über die Verrückte geärgert hatten, die behauptete, sich bei der Wache gemeldet zu haben. Die Strafe war nämlich noch nicht am Ende. Der nächste Tag würde den Pranger für sie bereit halten, was der ganzen Situation noch einmal mehr an Schärfe verlieh.


    Gegen Abend kam ein eiliger Miles auf die Stube, der von Cinna und Naso verlangte, sich zum Carcer zu begeben, weil der Centurio nach ihnen verlangte. Ging es etwa wieder um diese Frau? Cinna erhob sich sehr mühselig und spuckte vor der Tür auf den Boden vor der Barracke. “Verdammtes Weibstück!“, fluchte er und Cinna tat es ihm gleich. Dann setzten sie sich in Bewegung so gut es eben ging mit dem schmerzenden Rücken. Schießlich waren sie im Carcer angekommen. Der Centurio stand vor der besagten Dame, während diese auf einem Hocker saß. Wie auch immer es war, das bedeutete nichts Gutes. “Ave, Centurio!“, grüßte Cinna, “Du hast nach uns rufen lassen?“ Sein Blick wanderte zu der angeblichen Octavia.

    Nachdem er das Beißholz in den Mund des zu Betrafenden geschoben hatte, zog Scaeva sich zurück, um auf die Ankunft des Centurio zu warten. Allmählich trafen auch weitere Legionäre ein, die herbei gerufen worden waren. Als der Platz gut gefüllt war und alle Aufstellung bezogen hatten, erfolgte die Rede des Lucius Mindius, welche noch einmal eindeutig darauf hinwies, dass der Dienst in der Legion kein Zuckerschlecken war und dass, egal wohin man wollte, immer noch einen noch größeren Fisch gab. Allgemeines Schweigen hatte schon längst Einzug gehalten, sodass die Worte des Centurios ungebremst über den Platz peitschten. Dann ging es an die Bestrafung, bei der Scaeva mit ausdruckslosem Gesicht zuschaute. Er wollte sich nicht vorstellen, dass er vielleicht eines Tages in der Lage des Furiers war. Doch das sollte noch recht fern sein. Im Moment war es definitiv nicht, doch es gab keinen Grund sich sicher zu fühlen. Immerhin hatte Cinna am Tor Wache gehalten und dieser gehörte definitiv zu seinem Contubernium. Hatte Cinna also einen Ffehler gemacht, so waren Scaeva und die anderen sechs Milites definitiv mit dran. Und genauso sollte es kommen. “Verdammter Mist,“ zischte Globulus, der zuvor noch die Octavia in den Carcer gebracht hatte. Ja, auch er gehörte mit dazu. Also traten sie wie auch die anderen vor. Cinna, Naso, Globulus, die beiden Stubenältesten und Scaeva selbst. Dabei überschlug er die Möglichkeiten. Der Latrinendienst war nun schon an den Furier vergeben. Bestimmt gab es aber noch andere schöne Dinge, welche auf sie zukommen würden. An diese jedoch wollte er nicht denken.

    [...] Am Exerzierplatz angekommen, halfen Scaeva und sein Kumpane dem Delinquenten rüde dabei, sich der Rüstung zu entledigen. Dann wurde er an einem soliden Pfahl angebunden, mit den Händen weit über dem Kopf. Dann wurde die Tunika am Rücken zerrissen, sodass das Strafinstrument auch in seiner vollen Stärke wirksam werden konnte. Anschließend traten die beiden Milites zurück. “Willst du ein Beißholz?“ fragte Scaeva den Tiro. Bestimmt würde er eines brauchen, so wütend wie der Centurio war.