Noch immer unter gestraffter Haltung schaute Scaeva dabei zu, wie der Tribun nun symbolisch die Opfertiere entkleidete. Gleich würde es weitergehen und die Gebete würden gesprochen. Dann wäre er selbst an der Reihe, den Wein anzureichen, gemeinsam mit der Patera. Beim Opfer durfte wirklich nichts dem Zufall überlassen sein, denn wenn es eine Abweichung vom Ablauf kommen würde, so würden die Götter möglicherweise ungnädig reagieren. Das wollte niemand riskieren. Also nahm der Helvetier seine Aufgabe sehr ernst, denn die Götter bedeuteten ihm viel. Besonders Mars hatte er sich neben Minerva verschrieben, sodass er hoffen konnte auf dem Lebensweg für den er sich entschieden hatte, immer auf der sicheren Seite zu sein. Bisher zumindest war ihm noch nichts geschehen, was auch kein großes Wunder war, denn er einzige größere Einsatz war bisher der Sklavenaufstand gewesen. An größere Schlachten mochte Scaeva noch gar nicht denken, denn im Laufe der Zeit hatte er festgestellt, dass aus ihm zwar ein guter Schwertkämpfer mit einer kräftigen, gesunden Kondition geworden war, er jedoch weitaus weniger robust in Bezug auf seine Gefühlswelt war, wie so manch anderer aus der Truppe. Er hatte beim Aufstand Menschen getötet und das hatte bereits ein wenig an seinem Gewissen genagt, wie er auch schon seiner Vera in einem langen Brief, mit allerlei Mängeln in Rechtschreibung und Ausdruck, mitgeteilt hatte.
Vera! Er würde sie gerne wieder sehen, doch daran war natürlich nicht zu denken. Dennoch dachte er an sie, während der Tribun sich die Hände mit dem Wasser wusch, welches der Tiro ihm angereicht hatte. Dann hallte das Gebet über den Platz, dem Scaeva sich gerne gedanklich anschloss. Die Weihrauchdose wurde angereicht und einige Körner fanden ihren Weg ins Feuer. Eigentlich sollte nun eine gehörige Rauchfahne aufsteigen, doch wurde diese vom schlechten Wetter nieder gedrückt, genauso wie die Scaevas Stimmung. Vielleicht würde der Dank die Götter nun nicht erreichen, was ein Grund zur Besorgnis sein konnte. Der Helvetier fürchtete die Götter. Vielleicht mit zunehmendem Alter auch immer mehr und er trug auch Sorge in sich, dass er eventuell eines Tages genauso abergläubisch werden könnte wie seine Mutter, welche ihrem Kybele-Kult nachging. Nun aber war der Wein an der Reihe. Das Trankopfer musste einfach glücken. Scaeva trat mit ernster und beinahe ausdrucksloser Miene neben den Tribun und überreichte diesem den Krug mit kostbarem Wein und die silberne Patera. Danach ging er wieder einen Schritt zurück und überließ dem Petronier alles Weitere.