Beiträge von Iulia Phoebe

    Mit zweifelnder Miene hörte sich Iulia an, was die Fremde zu sagen hatte. Sie hatte sie also angesprochen, weil sie traurig wirkte? Aha... und warum wusste Iulia nichts davon? "Versteh mich nicht falsch... Octavia, aber machst du das öfters? Sprichst du öfters einfach so Fremde an, die baden wollen? Und was geht es dich an, ob ich neu in Rom bin? Das ist meine Sache, oder etwa nicht?"


    Die Art wie und warum die Octavierin Iulia angesprochen hatte, gefielen ihr nicht. Außerdem mochte sie sie nicht. Bei all ihrem Verständnis und ihrer Nachsicht, so war Iulia Phoebe trotzdem immer noch eine Iulia und mütterlicherseits sogar zur Hälfte eine Servilia. Octavia hatte sie zweifelsohne mit dem falschen Fuß erwischt, so wie sie sich gegeben hatte. Diese Art Freunde oder Bekannte, die ihre Nasen so sehr offenkundig in die Angelegenheiten anderer steckten, wollte Iulia nicht. So ähnlich war ja auch ihre Mutter schon gepolt und für deren Benehmen schämte sie sich ja auch so schon oft genug. Deshalb sah sie Octavia Flora nur noch mit einem kalten Blick an, bevor sie sich mit einem "Falls es dich nicht stört, ich versuche hier zu baden, guten Tag." demonstrativ zur anderen Seite abwandte.

    Die fremde Frau wirkte sehe nett, jetzt wo sie sich einmal beruhigt hatte. Als Iulia so neben ihr herlief, hatte sie genug Zeit, um sie näher zu betrachten, während sie ihr zuhörte. Auch ihr fiel die verräterisch glänzenden Haare auf, gerade Mädchen hatten ja ein ganz besonderes Auge für das Äußerliche anderer. Und die Haare dieser Frau wirkten ihr doch ein wenig ZU sehr gepflegt. Doch andererseits, wer war Iulia schon, dass sie eine vollkommen Fremde anklagen wollte, bloß weil sie Wert auf schöne Haare legte? Durften Arme keine Schönheit besitzen? So schämte sie sich am Ende ein wenig für ihre hochmütigen Gedanken. Gerade sie, die es ja besser wissen musste, als viele anderer ihrer Standesgenossen!


    Als die Fremde betonte, dass es wichtig sei zu helfen, meinte Iulia abwesend nur: "Ja, das ist auch meine Meinung..." Sie wurde ein wenig aus ihren Gedanken geholt, als sie etwas davon mitbekam, dass die Fremde etwas über ihren Verwandten, Caesoninus, sagen wollte. Mit aufmerksamen Blick sah sie sie jetzt eine weile lang an, doch nichts. Anscheinend hatte sie es sich anders überlegt. Auch gut, dachte sie sich. So sehr interessierte sie ihr Vetter ja auch wieder nicht, dass sie anderer Leute Meinung über ihn herauspressen wollte.


    Als die Frau auf den "Kern des Römertums" zu sprechen kam, antwortete Iulia: "Ich finde es genauso wichtig, dass man einander hilft und mutig zueinander steht. Leider kennen dieses Gefühl der Hilfsbereitschaft und Solidarität die Reichen und Mächtigen unter uns nicht. Vor allem die Patrizier." gab sie unverzagt von sich. Mit Blick auf ihren Vetter sprach sie weiter: "Bestes Beispiel ist wohl mein Vetter Caesoninus da vorne. Er hat sich heute genauso verhalten, wie es ein Flavier oder Claudier getan hätte. Die Armen sollen im Staube kriechen, erst dann wird ihnen geholfen. Ich aber weiß im Gegensatz zu meinem Vetter, was Armut und Bescheidenheit bedeutet, doch...ach was mache ich hier nur, sicher hast du besseres zu tun, als dich meine ewige Litanei anzuhören!" Iulia lachte kurz auf. "Komm, ich helfe dir in die Sänfte. Siehst du und schon ist es geschafft."


    Ihrem Vetter Caesoninus schickte sie noch einmal einen giftigen Blick, der ihm sagte, dass er gegen diese Entscheidung nicht Protest einlegen sollte, zu und setzte sich dann neben die Alte und Silana.

    Ganz in ihre Gedanken vertieft begutachtete Iulia die anderen Badenden. Freunde wären schon was tolles. Zuhause in Misenum hatte es dazu leider nur bedingt Möglichkeiten gegeben. Hauptsächlich durch ihre Mutter, Servilia Gemina. Hier in Rom aber würde das anders sein. Immerhin war das hier die Hauptstadt. Nirgendwo sonst lebten im Imperium so viele junge Frauen wie hier, da musste doch die eine, oder andere Freundschaft mit ihr schließen wollen!


    Wie erschrecktt war da erst Iulia, als sie plötzlich eine Fremde ansprach. Ihre Hände hielt sie automatisch vor ihre Brüste und verkniff sich die Schenkel. Dabei spritzte sie aus Versehen zwei Frauen ganz in ihrer Nähe mit Wasser voll, als sie sich dem neuen Gesprächspartner zuwandte. Iulia entspannte sich erst wieder, als sie sah, dass es eine Gleichaltrige war. So nahm sie wieder ihre Hände herunter und öffnete ihre Beine zu einer normalen Haltung. Wie ihr Herz trotzdem noch klopfte. "Hallo..." sagte sie noch ein wenig tonlos. Woher beim Zerberus wusste die Fremde, dass sie neu in Rom war? Oder meinte sie bloß neu hier in der Therme? Aber wenn ja, was war das dann für eine überflüssige Frage, wo doch alle zuvor sehen hatten können, dass sie noch völlig trocken das becken betreten hatte? Diese Person kam Iulia schon ein wenig suspekt vor.


    "Ja, äh.. hallo. Wie meinst du das mit der Frage, ob ich neu hier bin? Warum hast du mich angesprochen?" fragte sie ganz im Gegenteil zu ihrer ursprünglichen Absicht, hier vielleicht neue Leute kennenzulernen. Doch war es verständlich, Octavia hatte sie sehr erschreckt.

    Iulia Phoebe fand, dass es langsam endlich einmal Zeit wurde für einen Thermenbesuch. Zuhause in Misenum hatte sie nie eine Therme betreten dürfen, weil ihre Mutter, Servilia Gemina, sie für zu schmutzig hielt. Diese Ausrede würde Iulia hier in Rom jedoch nicht gelten lassen, waren die Thermen hier ja von höchster Qualität und bestem Ambiente!
    Ganz aufgeregt war sie schon vor ihrem ersten Thermenbesuch. Immer wieder malte sie sich schon zuvor aus, wie sie ins lauwarme erste Becken steigen würde und dann umfangen von vollkommener wohliger Wärme des Wassers dort einmal ein oder zwei Stunden bleiben und sich des Lebens erfreuen würde. Entspannung war ein Grundbedürfnis der Frau, so wie sie einmal von einer kichernden Patrizierin beim Rundtempel der Vesta gehört hatte.


    Die erste kleine Hürde war nach dem Eingang jedoch schon das Apoditerium, der Umkleideraum der Frauen. Hier sollte sie sich vor den Augen aller anderer Frauen nackt ausziehen? Einen Moment trat Iulia verzagt von einem Bein auf das andere und beobachtete die hier anwesenden Frauen. Die meisten von ihnen zogen sich ganz natürlich aus und schritten dann selbstbewusst in Richtung der Tepidarien davon. Also faste sie sich ein Herz und entkleidete sich ebenfalls. Ein wenig kühl lag die Luft danach auf ihrer Haut. Auch war es ein eigenartiges Gefühl so ganz nackt vor so vielen Fremden. Und was das aufregendste war, weit und breit war kein Mann, der daran Anstoss nehmen konnte! Ein aufregendes Gefühl befiel Iulia. Langsam konnte sie sich mit solchen Thermenbesuchen anfreunden.


    Doch nun war es auch bei ihr daran, ins lauwarme erste Becken, das Tepidarium, zu gehen und sich dort in die angenehmen, warmen Fluten zu legen. So lief Iulia die kurze Strecke und hatte gleich darauf ihr Ziel erreicht. In dem Becken, das sie für sich ausgesucht hatte, saßen bereits eine gute Zahl von Frauen. Die einen schnatterten munter miteinander, andere hatten ihre Augen geschlossen und genossen das warme Nass. Nach kurzer Orientierung ließ sich auch die Iulierin ins Becken gleiten. Angenehme Wärme umfing sie. So ließ es sich leben!
    Beim Rande des Beckens sitzend und soweit wie möglich im Wasser drinnen (man wollte ja kein bisschen von dieser sagenhaften Wärme vergeuden!) besah sie sich dann eine Weile lang ihre Mitbadenden. Viele hier kannten sich offensichtlich nach der Art wie sie einmal mit dieser und einmal mit jener plauderten. Das erinnerte Iulia wieder daran, dass sie als Landküken aus Misenum niemanden hier in Rom kannte. Bisher hatte sie nur ihre iulische Verwandtschaft und eine alte Freundin aus der Heimat hier in der großen Stadt getroffen, doch Iulia wünschte sich auch Kontakt zu stadtrömischen Mädchen in ihrem Alter!
    Ein wenig zweifelnd ob dieses Wunsches beobachtete sie die anderen Mitbadenden. Ob sich das heute vielleicht ändern konnte?

    Aufmerksam verfolgte Iulia, wie die Sklaven die alte Frau zur Sänfte geleiteten. Dort konnte sie Platz nehmen und die alten Knochen etwas entspannen.
    So eine gute alte Frau, dachte sich Iulia mit einem Lächeln. Sie erinnerte sie an eine ähnliche Frau aus Misenum, die sie dort des öfteren auf dem örtlichen Forum gesehen hatte. Es war eine Bettlerin gewesen. Jeden Tag, wenn Iulia am Forum unterwegs gewesen war, hatte die Alte da auf den Stufen eines Tempels gesessen und hatte für ihr Tagebrot gebettelt. Und dann eines Tages war sie plötzlich nicht mehr auf den Treppen zu finden gewesen. Iulia vermutete, dass sie gestorben war, was sie hinterher sehr geschmerzt hatte. Nie war sie zu ihr hingegangen, um ihr Hilfe anzubieten. Nie war sie hingegangen, nur um sich mit ihr zu unterhalten. Und dann war es zu spät gewesen. Wo sie ja so sehr zu Iulias Forenalltag gehört hatte.


    Doch dieses Mal war sie nicht untätig gewesen. Dieses Mal hatte sie dafür gesorgt, dass einer alten Frau geholfen wurde! Iulia fühlte sich sehr gut. Ihr Vetter machte Anstalten ebenfalls in die Sänfte zu steigen. Iulia stand immer noch da, wo sie vorher auf Caesoninus losgegangen war und sah einmal von der Sänfte und dann zur fremden Frau, die vorher so gezettert hatte. Niemand achtete auf sie. Doch was war mit ihr? Gehörte sie nicht zur Alten?


    So lief sie zur verkleideten Claudia Silana hin und fragte sie freundlich: "Hallo, du. Möchtest du nicht mit uns mitkommen? Du gehörst doch zu dieser alten Frau, oder? Komm! Ich lade dich dazu ein in die Sänfte zu steigen und hab keine Angst. Ich schütze dich schon vor den Launen meines Vetters. Ich bin Iulia Phoebe und ich fand deinen Mut vorher sehr bewundernswert." Iulia lächelte sie freundlich an. Sie war eine Fremde und sie war arm. Na und? Fremd waren sie alle irgendwann einmal und das Los der Armen suchte man sich bekanntlich meistens nicht aus. Da schadete ein wenig Freundlichkeit schon nicht.

    Kopfschüttelnd sah sie diesem notgeilen Gockel hinterher und sah dann wieder zu Callista, ihrer Sklavin. "Merke dir eins Callista, lösche das Feuer deines künftigen Ehemanns sobald wie möglich, dann lebt es sich wesentlich angenehmer." Ihre Sklavin sah sie einen Moment nur fragend an, dann nickte sie bloß.


    Warum Iulia das gesagt hatte, wusste sie selbst nicht. Ihr neuer Verwandter hatte sie irgendwie auf diesen Satz gebracht. Kurz kratzte sie sich am Kopf. Wie es wohl ihrer Mutter vor ihr in der Tür mit Marcus Iulius Dives erging? Hatten sie schon eine Einigung erzielt? Neugierig spitzte sie die Ohren, um mitzubekommen, was die Erwachsenen da vor ihr über ihre künftiges Bleiberecht besprachen.

    Iulia hatte die ganze Szenerie von der Sänfte aus verfolgt. Auch die Aktivitäten bei der Brücke hatte sie im Auge behalten. Und die Menschen. Die armen Menschen am Brunnen.


    Ganz mitleidig sah sie ihnen dabei zu, wie sie sich gegenseitig verarzteten und wie die Soldaten Zivilisten zur Räumung der Brücke abkommandierten. Auch die verletzte Frau sah sie, von der die Rede war. Ein armes altes Mütterlein. Wie es röchelte und über ihre Verletzungen strich!


    Umso erstaunter verfolgte sie den Verlauf des nachfolgenden Gesprächs zwischen Caesoninus und der Fremden. Was musste sie nur hören! Caesoninus wollte nicht helfen. Offensichtlich war er in seinem Stolz beleidigt, als diese einfache Bürgerin ihm Vorschriften machte.


    Doch das Mütterchen...Iulia sah noch einmal zu ihr, wie sie immer wieder versuchte aufzustehen und zu gehen, doch es klappte nie. Mit Tränen in den Augen sprang sie aus der Sänfte und ihrem Verwandten entgegen. "Gaius, du Dummkopf, so hilf der armen Alten doch! Sieh nur wie sie da am Boden kriecht! Ich schwörs dir, wenn die Alte stirbt, erzähle ich Vetter Dives davon! Mal sehen was er dazu sagt, wenn er hört, was hier passiert ist!"

    So viele interessante Sachen waren in Iulias Leben schon lange nicht mehr in so kurzer Abfolge passiert, das musste sie dem Schicksal lassen. Nach einer wahrhaften Unendlichkeit der Langeweile hatte sie endlich wieder das Haus verlassen dürfen, um einer alten Freundin einen Besuch abzustatten und beim Heimweg desselben trafen sie auf die hässlichen Seiten der Ewigen Stadt. Verletzte Menschen, Zerstörung und Soldaten, die einfache Bürger von ihrer Sänfte abwehrten. Über Langeweile konnte sich Iulia derzeit in der Tat nicht beschweren.


    Sie war zwar eine Iulia aus der Ahnenreihe des großen römischen Ritters Tiberius Iulius Numerianuns, doch hatte sie keinesfalls ein standesgemäßes Leben mit ihrer Mutter geführt. Ihr Vater, Kaeso Iulius Iuvenalis, war ein Nichtsnutz gewesen und hatte Onkel Proximus immer nur auf der Tasche gelegen. Entsprechend bescheiden fristeten auch seine Frau Servilia Gemina und Iulia Phoebe selbst ihr Leben in der Villa des Proximus in Misenum. Somit waren ihr die hohen, volksscheuen Allüren der Patrizier und der großen senatorischen Plebejerfamilien fremd. Das war auch der Grund, warum sie in dieser wild fuchtelnden, fremden Frau auch keine Bedrohung sah, so wie der iulische Tribun, sondern bloß eine verzweifelte Frau, die um Hilfe bat.


    Leider lag es nicht an ihr zu entscheiden, was getan werden sollte, da sie eine Frau war. Fragend sah sie Caesoninus an und fragte: "Diese Frau sieht aus, als ob sie Hilfe benötigt. Was gedenkst du zu tun, Vetter?"


    Callista, Iulias Sklavin dachte da anders, als ihre Herrin. Sie zückte ihren Dolch und lauerte drohend neben der Sänfte, um ja sicherzugehen, dass ihrer Herrin nichts geschehen würde.

    Es herrschten beunruhigende Tage in Rom und das wusste Iulia. Wäre es nach ihrer Mutter Servilia Gemina oder anderen gewissen iulischen Hausbewohnern gegangen, hätte Iulia Phoebe ihre Tage solange im Haus verbracht, bis rosa gekleidete Sklaven mit Engelsflügeln durch Roms Straßen liefen und Rosen verstreuend die Pax Romana verkündet hätten (mit anderen Worten also auf ewig...). Doch das ließ sie nicht auf sich sitzen. Iulia hatte nämlich entdeckt, dass eine alte Freundin von ihr aus Kindestagen in Misenum nun ebenfalls in Rom wohnte. Seit ihrer Ankunft hatte sie sich schrecklich einsam gefühlt, ihre Mutter zankte und stritt sich mit jedem im Haus (Wonga, der iulische Torsklave hatte tatsächlich einmal die laut keifende Servilia Gemina mit einem nachdenklichen Blick angesehen, während er mit den Fingern den Griff eines Messers zum Zwiebelschneiden umspielt hatte) und immer nur in Gesellschaft von Callista, ihrer treuen Leibsklavin zu sein, langweilte sie auch auf Dauer. Bei all ihrer guten Erziehung war Iulia jung! Sie wollte mit gleichaltrigen zusammen sein, mit Freundinnen kichern und von Männern den Hof gemacht bekommen! Sie waren doch nicht mehr in den Tagen der alten Republik, zur Zeit eines Marcus Livius Drusus etwa, der seine jüngere Schwester, Livia Drusa, etwa gegen ihren Willen in ihr Zimmer einsperren und sie mit einem Widerling wie Quintus Servilius Caepio verheiraten konnte. Die Zeiten hatten sich geändert!


    So hatte Iulia endlich nach längerem Bitten und Flehen die Erlaubnis bekommen ihre Freundin nach einer neuerlichen Einladung zu besuchen (auch wenn sie quasi am anderen Ende der Stadt wohnte), doch nur wenn sie in einer von Sklaven beschützten Sänfte reise und in Begleitung ihres Verwandten und erst seit kurzem Bekannten Gaius Iulius Caesoninus. So hatte Iulia bekommen was sie sich so sehr wünschte und es war eine freudige Abwechslung im großen Rom für sie gewesen, endlich einmal wieder ein altbekanntes Gesicht zu sehen und mit Leuten zu sprechen, die sie auch wirklich kannte. Als es am späten Nachmittag dann endlich Zeit wurde nachhause zu gehen, verabschiedeten sich Iulia und Caesoninus von besagter Freundin und stiegen in die Sänfte. Schon kurz darauf setzten sich die Sklaven in Richtung Domus Iulia auf dem Esquilin in Bewegung. Ihr Weg begann südlich des Circus Maximus. Die Sklaven würden über das Forum Boarium die Richtung zur Tiberbrücke einschlagen, von da am Marcellustheater vorbei bis zum Theatrum Balbi und dann immer der Straße nach bis zur alten Porta Sanquaris, einem Stadttor der, von der Stadt inzwischen geschluckten, Servianischen Mauer. Dann dieser Straße immer nach Osten nach bis zur Casa Helvetia, um dann nochmal am Cispius links zur Domus Iulia am Esquilin einzubiegen.


    Doch weit kamen sie nicht, denn als der kleine Zug aus Personen das nur spärlich belebte Forum Boarium überquert und an der Tiberbrücke vorbei kamen, ließ Iulia plötzlich halten. Sie hatte bemerkt, dass die Tiberbrücke mit Trümmern blockiert war. Eine ganze Traube von Menschen hatte sich um einen Brunnen geschart, einige davon offensichtlich verletzt. Schreie drangen über den Tiber. Iulia Phoebe besah sich diese Szene und fragte sich bestürtzt, was nur aus dem großen Rom geworden war, von dem sie immer zuhause in Misenum bei Onkel Proximus gehört hatte. Callista begleitete die Sänfte ebenfalls neben ihr hergehend. Ihr gefiel die Situation nicht und fragte, ob es nicht besser wäre weiterzugehen. Iulia jedoch erhob eine Hand.
    "Jetzt noch nicht, bleibt da stehen wo ihr seid." sagte sie und besah sich weiterhin mit gerunzelter Stirn dieses, für sie als Wohlerzogene, vollkommen fremde Erscheinungsbild der Ewigen Stadt.

    Iulia war noch immer mit ihrer peinlichen Lage beschäftigt, als sie plötzlich Gesellschaft von einem unbekannten Jüngling erhielten, wohl in ihrem Alter. Doch leider nicht die Art Gesellschaft, wie sie sie bevorzugte, wie sie gleich darauf feststellen sollte.


    Der Kerl trat an sie heran und machte ihr zweideutige Komplimente. Tochter der Venus, ahja.. den Trick hatten andere zuhause in Misenum auch schon bei ihr versucht. Ihre Mutter plauderte immer noch mit der Bibliothekstür, dem Raum dahinter oder sogar mit Marcus Iulius, Iulia wusste es nicht, aber gut, musste sie eben diesen jungen geilen Bock alleine abwimmeln.
    Als er sich bei ihr vorstellte, wurde offenbar, dass es ein Iulier war. Schön, also sind wir Verwandte, dachte sie sich mit Genugtuung, das sollten die lästigen Avancen ziehmlich schnell beenden. Mit Triumph in den Augen ergriff sie die Hand dieses neuen Verwandten und sprach: "Angenehm, ich bin Iulia. Iulia Phoebe, Tochter des Kaeso Iulius Iuvenalis aus Misenum."

    Am Flur vor der Bibliothek begann sich die Atmossphäre schlagartig zu ändern, als der breite Schatten der Witwe Kaeso Iulius' auf die Wände geworfen wurde. Iulia sah es unausweichlich in den Augen ihrer Mutter kommen. Gequält warf sie einen Blick zu ihrer Sklavin Callista, die hinter ihr stand. Gleich würde Mater zu rufen anfangen, völlig unfraulich. Schon sah sie, wie sich Servilias Lungenflügel mit Luft füllten, nur um dann mit volltönender Stimme klopfend an der Tür zu rufen:



    Servilia Gemina, Witwe des Kaeso Iulius Iuvenalis


    "Marcus! Juhu, Marcus Iulius! Wir sinds, die Verwandten aus Misenum. Marcus, ich bitte dich, komm zu uns heraus, wir haben EWIGKEITEN schon vor deinem officium warten müssen! Meine Beine schmerzen und ich wäre den Göttern dankbar für eine Sitzgelegenheit. Juhu, Marcus, bist du alleine?"


    Und mit einem neugierigen Blick öffnete Servilia die Tür zur Bibliothek und steckte ihren Kopf hinein.
    Iulia Phoebe wollte bloß noch im Boden versinken. Wieso Nana, wieso tust du mir das an? An Callista gewandt flüsterte sie: "Ich muss so schnell wie möglich heiraten und so raus aus diesem Haus kommen. Nana und Vetter Marcus, das kann nicht gut gehen." Mit einem verständnisvollen Blick stimmte Callista stumm ihrer Herrin zu. Mit Servilia Gemina war eben immer Unglück vorprogrammiert.

    Ich freue mich über eure Spielangebote! :)


    Aber dann müssten sich all diese Freundschaften auf Besuche in Misenum gründen, denn Iulia Phoebe hat fast immer nur in Misenum gelebt und ist jetzt erst so richtig nach Rom gekommen. Könnte man das euch nach einrichten? Z.B. ärmere IDs die normalerweise nichts mit Roms Edlen zu tun haben, sind in Misenum sicher eher anzutreffen gewesen, als ein patrizischer Senator. ^^

    Servilia Gemina eilte zur Tür des Iulius Dives und schleifte ihre Tochter hinter ihr her. Bitte Mama, bitte blamier uns nicht, dachte sich Iulia immer unterwegs. Endlich kamen sie vor Dives' Officium. Servilia schritt heran und klopfte laut und pochend. "Oooh Marcus Iulius! Hallo, hallo! Wir sinds, die Verwandten aus Misenum! Marcus Iulius, hast du Zeit?! Juhu!"


    Iulia Phoebes Gesicht war zur Maske erstarrt. Fehlanzeige.. Mutter würde sie blamieren. Zum Glück war Iulia wohlerzogen genug, um die ihr angemessene Haltung zu bewahren.


    Servilia drängelte sich vor und übernahm das Wort: "Salve, Salve! Ich bin Servilia Gemina, Witwe des Kaeso Iulius Iuvenalis und Mutter der Iulia Phoebe. Wir sind bei deinem Dominus, Marcus Iulius Dives, gemeldet." flötete sie und wollte sich an dem Sklaven bereits vorbeidrängeln.


    Iulia wiederum schämte sich innerlich ein wenig für ihre Mutter.