Beiträge von Iulia Stella

    An diesem grossen Tag war natürlich auch Stella mit dem gemeinsamen Sohn zusammen vor Ort. Florus, oder Papa, bei der Arbeit zuzuschauen, das war erstens nicht jeden Tag möglich und zweitens würde man gleichzeitig auch den Kaiser sehen. Der kleine Primus war in der Zwischenzeit alt genug um mit seiner Mutter und natürlich weiteren Sklavinnen, welche die Aufsicht über ihn unter sich teilten, solche öffentliche Veranstaltungen zu besuchen und heute war es ihm garantiert, dass er den Kaiser zum ersten Mal sehen würde. Selbstverständlich waren auch einige Leibwächter mit dabei, welche die Sicherheit der Damengesellschaft garantierten, bis sie den abgesperrten Bereich für ihren Aufenthalt erreicht hatten.


    Als Frau des Curator Aquarum war es Stella und ihrem Sohn natürlich erlaubt, die abgesperrten Plätze für spezielle Gäste betreten zu dürfen. Diese lagen in der Nähe des Brunnens, welcher die offizielle Eröffnung des Aquäduktes symbolisierte. Ihre Begleiter und Sklaven mussten etwas nebenan in einem anderen Bereich warten, der nicht so im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen würde.


    Von weitem sah Stella ihren Mann, vermied es jedoch ihm zu winken. Er hatte jetzt ganz andere Sorgen als sich um seine Familie zu kümmern und sie wusste sehr wohl, wie sie sich in der Öffentlichkeit zu verhalten hatte. Mit hoch erhobenem Haupt und Primus an der Hand ging sie daher stolz zu den ihnen zugewiesenen Plätzen in der ersten Reihe.

    Stella war so weit, dass sie einfach nur die Glücksgefühle ihres Herzens sprechen lassen wollte.

    Ich werde mir darüber nicht länger den Kopf zerbrechen. Ich bin unglaublich froh, dass es euch allen gut geht und hoffe wirklich, dass die Domus Iulia dadurch wieder zu mehr Leben erwacht. Ich habe zwar versucht ab und zu für Ordnung zu sorgen, aber natürlich konnte ich als Domina der Domus Annaea nicht gleichzeitig zwei Haushalte führen.

    Nun war es an Stella, mit offenem Mund dazusitzen. Alle lebten noch! Die ganzen Schreckensnachrichten der letzten Jahre, welche aus dem fernen Osten zu ihnen gedrungen waren, sie waren alle falsch gewesen!


    Bei allen Göttern! Was für ein Freudentag! Wir hatten zuerst so lange keinerlei Nachrichten von euch allen und dann kam plötzlich die Nachricht, dass ihr tot seid, so dass wir dies ohne nachzudenken geglaubt haben! Als dann auch noch das Fieber die Sklaven der Iulii in der Domus ereilte, nahmen wir alle an, es handle sich um eine Strafe der Götter für etwas, von dem ich keine Ahnung hatte. Daher sei ich vermutlich verschont geblieben. Nun bin ich natürlich umso erleichterter, dass dies nicht so ist!


    Noch dachte Stella nicht daran, dass dies auch bedeutete, den gewonnen persönlichen Wohlstand bis zu einem gewissen Grade wieder abgeben zu müssen, da die geerbten Grundstücke natürlich an ihre rechtmässigen Besitzer zurückgegeben werden sollten.

    Stella bemerkte das Unbehagen des Senators, erkannte jedoch nicht den Grund dahinter. Sie vermutete vielmehr, dass es mit seiner Aussage zu tun hätte, dass weitere Iulii verstorben waren, oder als verstorben galten. Entsprechend stand sie auf und rückte ihren Stuhl so nahe an den des Senators heran, wie es für enge Verwandte schicklich war. Nun sassen sie sich praktisch schräg gegenüber, beinahe schon nebeneinander.


    Nun ja, ich glaube den Tod von Iulia Graecina hast du noch gerade so knapp mitbekommen, bevor du deine Reise angetreten hast. Danach wurden Stück für Stück auch Caius Iulius Spurinus, Manius Iulius Avianus, Lucius Iulius Antoninus und Iulia Aviana Minor zuerst als vermisst und dann als tot gemeldet. Ich selbst habe beim Decemvir litibus iudicandis die Übertragung der Erbschaften beantragt.


    In diesem Moment überkam Stella eine Erkenntnis und sie schlug sich vor Aufregung die Hand vor den Mund.


    Bei allen Göttern, Iulius Centho, wenn du noch lebst, dann könnte es ja sein, dass dies auch auf deine Kinder zutrifft! Bitte sag mir, dass auch Avianus und Aviana Minor noch leben!!


    Während sie dies sagte, fasste Stella mit beiden Händen nach dem Arm des Iulius Centho.

    Nun fiel Stella ein Stein vom Herzen. Die Beweise waren erdrückend. Vor ihr sass in der Tat ihr Verwandter! Sie entspannte sich merklich und tat diese Entspannung ihrem Gast auch kund:


    Nun denn, mein lieber Iulius Centho, es scheint, als wärst du in der Tat derjenige, den du zu sein vorgibst. Geister lassen sich bestimmt nicht die Füsse waschen, nur die engsten Freunde wissen, was du den Tag hindurch zu trinken gewohnt bist und niemand, aber auch wirklich niemand würde annehmen, dass ein einflussreicher Senator Roms seiner Cousine gar nichts zu ihrer Hochzeit mit einem anderen Senator aus befreundeter Familie schenken würde, egal ob bereits auf Reise oder nicht. Würde es dein Stand und meine Position als Domina dieses Hauses nicht verbieten, würde ich dich nun umarmen! Du glaubst nicht, mit welcher Trauer wir die Nachrichten aufgenommen haben, dass das einst grosse Haus der Iulii nur noch aus mir und Iulius Dives bestehen sollte!

    Stella stellte mit etwas Erleichterung fest, dass der ihr gegenüber sitzende Mann dieselbe ungewöhnliche Trinkgewohnheit hatte, wie der ihr bekannte Iulius Centho, oder diese zumindest vorspielte. Es war zwar nicht unmöglich, dass jemand sich diese Gewohnheit irgendwo abgeschaut hatte, oder sie von jemandem weitererzählt worden war, doch es war ein erster beruhigender Schritt. Als der Gast dann auch begann die Geschichte vom Tode der iulischen Sklaven zu erzählen, reihten sich Hinweise an Hinweise, dass es sich scheinbar doch um den echten Iulius Centho handeln könnte. Noch war Iulia Stella aber nicht überzeugt.


    Senator, bitte verzeih mir, aber bevor du weiter erzählst, kannst du mir bitte noch einmal in Erinnerung rufen, was du mir und meinem Gatten auf die Hochzeit geschenkt hattest? Ich möchte ganz sicher gehen, dass du es auch wirklich bist und diese Frage wird mir kein Fremder korrekt beantworten können.
    Diese Frage hatte es in sich. Erstens gestand Stella, dass sie misstrauisch war und zweitens würde wohl kein Fremder annehmen, dass sie von einem nahen Verwandten und einflussreichen Senator zu ihrer Hochzeit gar nichts geschenkt erhalten hatte, weil er sich zu dieser Zeit bereits auf seiner langen Reise befunden hatte. Die Art und Weise, wie sie die Frage gestellt hatte, liess zudem erahnen, dass es sich eher um etwas äusserst persönliches gehandelt hätte, als um gar nichts.

    Stella war schon etwas länger über das Stadium des Erschreckens hinaus, doch sie traute der Sache noch nicht ganz. Zwar hatte sie noch nie einen Geist gesehen, aber sie war sich ziemlich sicher, dass Geister sich nicht die Füsse waschen liessen, daher war es eher unwahrscheinlich, dass sie einen Geist vor sich sah. Was sie jedoch noch nicht gänzlich ausschliessen konnte, war ein Mensch, der Iulius Centho bloss wahnsinnig ähnlich sah und sich nun an das Vermögen der Iulii heranmachen wollte. Daher blieb sie vorerst einmal distanziert.


    Bitte, Senator, setz dich doch und lass dir einschenken. Ich weiss leider nicht mehr genau, was du zu trinken gewohnt warst.
    In Wirklichkeit konnte sie sich sehr gut daran erinnern, was Centho jeweils getrunken hatte und in welcher Mischung. Ein kleiner Trick, der vermutlich die meisten Betrüger entlarven würde.

    Dem soeben eingetroffenen Gast wurden in Windeseile die Füsse gewaschen und danach wurde er ins Atrium geleitet, wo die Sklaven in der Zwischenzeit alles getan hatten, damit ein entspanntes Gespräch mit der Hausherrin möglich sein sollte. Stella selbst erwartete ihren Gast ebendort, nicht wissend, wie sie auf seine plötzliche Wiederkehr von den Toten reagieren sollte.

    Zufällig war Stella gerade bei der Porta vorbeigekommen, als sie hörte, dass Ursus sich um einen Gast kümmerte. Neugierig wie sie war, blieb sie daher kurz stehen und hörte somit die Ankündigung des Sklaven, dass Iulius Centho vor dem Haus stehe. Äusserst erstaunt trat sie zu Ursus und informiert ihn über die aussergewöhnliche Situation.


    Ursus, Iulius Centho wurde mir als verstorben gemeldet. Ich habe sein Erbe angetreten. Öffne die Porta vorsichtig und lass mich einen Blick auf den Gast werfen.


    Ursus tat wie geheissen, öffnete die Porta so weit, dass die Herrin den Gast sehen konnte, blockierte sie aber gleichzeitig mit seinem Körper, so dass kein Eindringling sie hätte aufwerfen können.


    Stella blickte nach draussen und erbleichte. Da stand in der Tat ein Mann, der genau so aussah, wie es Iulius Centho getan hatte. Gekleidet war er, wie es sich für einen iulischen Senator ziemte.


    Als sich Stella wieder fasste, rasten ihre Gedanken und sie handelte schnell.


    Ursus, das IST Senator Iulius Centho! Schnell, lass ihn ein, bring Wasser um die Füsse zu waschen und Wein.
    Zu anderen Sklaven in der Domus rief sie:

    Schnell, richtet das Atrium her! Wir haben einen Senator zu Gast!


    Ursus tat wie geheissen, öffnete die Tür und liess den Gast eintreten.

    Der Hünenhafte Ianitor Ursus, welcher die Porta der Domus Annaea bewachte, lugte beim Anklopfen durch den Sehschlitz. Er sah zwei Sklaven und einen Mann, der wie ein Senator aussah, aber der Sklave, welcher geklopft hatte, schien irgendwie nicht passend gekleidet zu sein für einen Senator. Daher war Ursus vorsichtig.


    Wer begehrt Einlass in die Domus Annaea und aus welchem Grund? fragte er kurz und bündig, aber nicht grob.

    Die Feier war ungezwungen, die Konversationen während des Essens vielseitig und die organisierte Unterhaltung minimal. Dies war kein grosses Fest, es war ein Zusammenkommen von Menschen mit ähnlichen Interessen oder zumindest politischen oder persönlichen Verbindungen, mehr nicht, aber auch nicht weniger. Jedem Gast stand es komplett frei, jederzeit zu gehen oder auch neu anzukommen. Es gab keine offizielle Einladung auf eine bestimmte Zeit.


    Erst als der Abend langsam lang wurde, Primus schon längst schlief und viele Gäste von alleine bereits wieder gegangen waren, wurde die Runde aufgelöst.


    Stella sorgte dafür, das der Haushalt über Nacht in Ordnung gebracht werden würde und zog sich danach mit Florus ins Schlafgemach zurück. Sie wollte auf keinen Fall auf die dort auf ihren Ehemann wartenden Überraschungen verzichten.

    Ich nahm das Kistchen dankend an und öffnete es aus Freundlichkeit kurz, um zu sehen, was darin enthalten war. Ein leichter Hauch von Zeder und Zitrus umschloss eine Phiole, was darauf schliessen liess, dass es sich hier um ein Duftöl handelte.


    Hab Dank, Aulus Iunius Tacitus.


    Dann mit lauterer Stimme, damit alle Gäste, welche bereits anwesend waren, es hören konnten: Bitte, nehmt Platz auf den Klinen, lasst es euch gut ergehen.


    Die Sklaven hörten dies natürlich auch, was dazu führte, dass umgehend die ersten Speisen und vorallem Getränke aufgetragen wurden, damit die kleine, ungezwungene, Feier ihren Lauf nehmen konnte.

    Dass zu einem Fest auch immer Begrüssungen gehörten, war ich mir langsam gewohnt. Entsprechend war ich bereit, die Gäste zusammen mit meinem Mann zu empfangen.


    Willkommen in der Domus Annaea, Nero Aemilius Secundus, und ganz herzlichen Dank für deine Geschenke. Wie du siehst, hast du nicht nur bei mir, sondern auch bei Primus voll ins Schwarze getroffen.


    Danach überliess ich das Gespräch wieder meinem Gatten, denn dieser wurde angesprochen und es wäre nicht sittsam gewesen, selbst zu antworten, auch wenn ich als moderne römische Frau so einiges zu sagen gehabt hätte, zumindest zum Thema "braves Kind".

    Römische Frauen hatten ihre Spione überall und so kam es zuweilen vor, dass die Männer im Senat, oder sonst irgendwo, etwas besprachen oder beschlossen und die Frauen es zu Hause bereits wussten, bevor der Ehemann es am Abend erzählen konnte. So auch heute, als die Lex Annaea de matrimonio vom Senat beschlossen wurde und danach sogleich auf dem Forum veröffentlicht wurde. Über die üblichen Umwege, durch den Mund von Kindern und Alten, Sklaven und anderem Gesindel, erreichte die Erfolgsmeldung die Domus Annaea.


    Stella freute sich unheimlich über diesen Erfolg ihres Mannes. Das Gesetz hatte sie viele Monate lang auch privat beschäftigt, viele Diskussionen ausgelöst und ihren Mann auch viele Nerven gekostet. Auch die Diskussionen im Senat waren nicht immer Grund für Freude gewesen. Florus kam mehr als häufig nach Hause und verwarf die Hände auf Grund der Verbohrtheit gewisser älterer Senatoren, welche einfach nicht einsehen wollten, dass sich die Zeiten änderten.


    Schnell ging es daran, das Haus für den Erfolg zu schmücken. Ein spezielles Abendessen wurde in Auftrag gegeben, Blumen wurden zu Girlanden geflochten, welche den Speisesaal heute schmücken sollten und Stella höchstselbst sorgte dafür, dass auch im Schlafzimmer der noch immer wunderbar funktionierenden Ehe die eine oder andere Überraschung für die kommende Nacht vorbereitet war.


    Auch der kleine Primus, der in der Zwischenzeit schon ganz schön gewachsen war und das Haus in Abwesenheit seines Vaters immer mehr wie ein kleiner pater familias zu regieren schien, half seiner Mutter bei den Vorbereitungen. Vermutlich verstand er, noch eine Kleinigkeit jünger als 3 Amtszeiten alt, noch nicht wirklich, welchen Grosserfolg sein Vater heute erzielt hatte. Ein Gesetz mit dem Namen der Gens Annaea war etwas, das für die Ewigkeit wirken würde, ein Meilenstein im Leben jedes Senators, ein Türöffner für höhere Ämter und grössere Würden, doch ebendies verstand Primus sicherlich noch nicht. Er freute sich einfach darüber, dass Mama Stella und das ganze Haus Freude empfanden und einen speziellen Abend planten.

    Wie versprochen traf ich kurz nach der elften Stunde ein. Ich klopfte an und wartete darauf, dass mir geöffnet wurde.

    Ursus, der Ianitor, welcher auch die Porta bei den Salutationes bewachte, war zusätzlich zu seiner Körpergrösse und Stärke nicht dumm und auch nicht vergesslich. So erkannte er den fleissigen Klienten Aulus Iunius Tacitus sofort und öffnete die Porta.


    Aulus Iunius Tacitus, guten Abend. Der Dominus erwartet dich in seinem Officium. Mit dem rechten Fuss zuerst, wenn ich bitten darf. machte Ursus den Rückkehrer noch wie üblich darauf aufmerksam, dass ein Betreten des Hauses mit dem linken Fuss Unglück bedeuten würde. Obwohl dies der Iunier sicher wusste, gehörte es einfach zur Begrüssung dazu. Dann trat Ursus auf die Seite und gab den Eingang frei.


    Dahinter erwartete den Gast bereits ein Sklave, welcher ihn zum Officium begleiten würde.

    Als wir, beschützt von den beiden Liktoren, auf dem Forum angekommen waren, übergab mir die Amme den kleinen Primus. Gemeinsam warteten wir gespannt auf die Vereidigungen. Primus interessierte sich mehr für die vielen Leute um uns herum als für die Rostra, doch dies änderte sich, als er die Stimme seines Vaters hörte, wie er den Amtseid sprach.


    Papa, Papa! rief der Kleine und zeigte aufgeregt in Richtung der Rostra, während das Volk einen weiteren erfolgreichen Amtseid bejubelte.

    Der Wahlkampf hatte wieder einmal auch die Domus Iulia erreicht. Zwar war es nicht direkt ein Iulier, der sich dieses Mal für ein Amt zur Verfügung stellte, aber da alle politisch aktiven Iulii gerade nicht in Rom weilten, war dies auch nicht verwunderlich. Da jedoch Lucius Annaeus Florus Minor eine Iulia geheiratet hatte und selbst der Sohn einer Iulia war, war die Verbindung zwischen beiden Gentes derart stark, dass nicht lange darüber diskutiert wurde, wessen Name an den Wänden der Domus Iulia prangen sollte. So stellte Iulia Stella selbst sicher, dass die Inschrift ihren Anforderungen genügte:


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    Sim-Off:

    Lucius Annaeus Florus Minor ist ein sehr guter Curator Aquarum. Er wird ein guter Praetor sein.