Beiträge von Selenus

    Wieder einmal war ich unterwegs mit Briefen. Dieses Mal war es allerdings einfacher. Abgeben und fertig.


    Also klopfte ich und als der Ianitor öffnete übergab ich gleich die gesiegelte Wachstafel:


    Die Gens Annaea, namentlich Lucius Annaeus Florus Minor und die Herrin des Hauses Duccia Sorana laden


    Senator Spurius Purgitius Macer mit Begleitung


    herzlich zu einer ungezwungenen Cena in die Domus Annaea ein.


    Bei Musik und Gaumenfreuden möchten wir zusammen mit euch einen vergnüglichen Abend verbringen und würden uns über eine Zusage sehr freuen.


    Datum: Am 4. Tag vor den Nonen des Mai zur neunten Stunde


    Sim-Off:

    Freitag 4.5. zur üblichen Essenszeit der alten Römer.


    Geschrieben und gesiegelt von Lucius Annaeus Florus Minor


    Diese Einladung bitte dem Senator Purgitius Macer sogleich übergeben, danke! sagte ich in meinem freundlichsten Befehlston.
    Dann stellte ich sicher, dass der Ianitor das auch verstand und verliess die Domus wieder in Richtung meines nächsten Zieles.

    Zu meiner grossen Erleichterung griff der Senator ohne zu zögern nach einer neuen Tafel und begann nach dem Lesen sofort eine kurze Antwort zu verfassen. Nachdem er mir diese gereicht hatte und ich sie äusserst vorsichtig verstaut hatte, so dass man auf einen flüchtigen Blick gar nicht erkennen konnte, dass in der Gürtelfalte meiner Tunika eine Nachricht versteckt war, erhielt ich meinen neuen Auftrag.


    Selbstverständlich Senator. Ich werde die Nachricht persönlich überbringen und deine Grüsse dazu.


    Das Angebot mich in der Küche noch kurz zu stärken nahm ich ebenfalls dankend an.


    Das ist sehr grosszügig von euch, Senator.


    Auch wenn es in der Zeit in Rom üblich war, so konnte man dies dennoch nicht von allen Bewohnern erwarten.


    Wenig später war ich frisch gestärkt wieder auf dem Weg durch die Stadt.

    Der Name meines Auftraggebers schien dem Senator bekannt zu sein, zumindest liess seine Reaktion darauf schliessen. Als er die Hand ausstreckte, zog ich die gesiegelte Wachstafel aus dem Beuten unter der Falte meiner Tunika hervor, wo ich sie sicher mit mir getragen hatte.


    Hier Senator, bitte.


    Lucius Annaeus Florus Minor grüsst den Senator Spurius Purgitius Macer


    Ich würde euch gerne besuchen, Senator, da ich nun in Rom angekommen bin, und erbitte daher einen Termin in eurem Kalender.


    Der Überbringer dieser Nachricht ist absolut vertrauenswürdig und ich würde mich freuen, wenn ihr ihm eine kurze Antwort schreiben könntet.


    Mögen die Götter euch schützen, Lucius Annaeus Florus Minor


    Nun galt es zu warten und zu sehen ob der Senator die Zeit fand eine kurze Antwort zu verfassen.

    Salve edler Senator Purgitius Macer. begrüsste ich den Hausherrn, als ich ihm zugeführt wurde und verneigte mich vor ihm. Er sass an seinem Schreibtisch, der von Schriftrollen übersäht war.


    Obwohl ich nicht jeden Tag mit einem Senator zu tun hatte, war ich es doch gewohnt mit Männern zu sprechen, welche in einem weit höheren Status standen als ich. Das war ja schliesslich auch mein tägliches Geschäft als Anführer der Bruderschaft der Kreuzweg-Laren des südlichen Esquilin.


    Senator, es ist Lucius Annaeus Florus Minor, der euch dieses Schreiben überbringen lässt. Er bittet mich darum, falls möglich, eine kurze Antwort mitzubringen.


    Ob der Name beim Senator eine Erinnerung auslösen würde oder nicht, konnte ich nicht wissen und es war ja auch egal. Ebenso war es eigentlich unwichtig, wer ich war und welchen Status ich hatte. Für den Senator reichte es zu wissen, dass ich als Bote unterwegs war.

    Ich danke dir. sagte ich zum Ianitor, trat danach mit dem rechten Fuss zuerst über die Türschwelle und folgte ihm ins Innere des Hauses.

    Salve Ianitor. Mein Name ist Selenus. Ich habe einen Brief für Senator Purgitius Macer. Ich soll ihn jedoch dem Senator persönlich abgeben und auf Antwort warten. Ist der Senator zu Hause? fragte ich freundlich.


    Dass es auch eine andere Variante gab als die persönliche Zustellung musste man ja nicht gleich von Anfang an sagen.

    Selenus hatte heute einen wichtigen Auftrag erhalten, so zumindest erschien es ihm, obwohl er keine genauen Informationen hatte. Der Brief, so wurde ihm eingeschärft, musste unbedingt den Empfänger erreichen. Er sollte ihn daher nicht einfach einem Torwächter abgeben, sondern sicherstellen, dass ihn mindestens ein direkt dem Senator dienender Sklave ihn erhielt.


    Er hatte den Brief auch unter keinen Umständen verlieren dürfen. Nicht dass dies schon einmal passiert wäre, zumindest nicht in Begleitung seiner getreuen Brüder, welche ihn auch heute durch die weniger vertrauenswürdigen Viertel der Stadt begleitet hatten.


    Nun aber war er angekommen an der Domus Purgitia und er klopfte, vorsichtig mit seinen groben Kämpferfäusten darauf bedacht nicht zu poltern.

    Der Sklave vom Eingang geleitete den neuen Gast ins Atrium und bot ihm dort vom immer bereitgestellten Wein und Obst an.


    Wartet hier, Herr, ich hole den Dominus. sagte er und verschwand.

    MARCUS
    Der Ianitor hatte noch nie von einem Titus Annaeus Trabea gehört, aber es war nicht seine Aufgabe zu beurteilen, wer zum Dominus vorgelassen wurde und wer nicht. Da der Mann alleine war schloss er den Sehschlitz und öffnete das Tor, wobei der Neuankömmling nun seine riesige und muskulöse Gestalt erkennen konnte.


    Der Dominus sollte anwesend sein. Dieser Sklave hier wird dich ins Atrium geleiten.


    Er klatschte einmal kräftig in die Hände und sogleich erschien im Hintergrund ein Sklave.


    Mit dem rechten Fuss zuerst, wenn ich bitten darf. machte Marcus den Gast noch wie üblich darauf aufmerksam, dass ein Betreten des Hauses mit dem linken Fuss Unglück bedeuten würde.

    Selenus war der Chef einer Kreuzweg-Bruderschaft. Diese halblegale Organisation lebte davon, den reichen Herren einer Umgebung gegen Bezahlung Schutz auf ihren Wegen zu bieten. Händler und andere Reisende wurden ebenso gnadenlos darauf aufmerksam gemacht, dass ihr Weg durch Rom nicht ungefährlich war, wie die Rivalen der anderen Stadtteile aus dem eigenen Viertel vertrieben wurden.


    Das offizielle Ziel jedoch war die Instandhaltung der Heiligtümer der Lares Compitales und deren "Verpflegung", so dass sie eigentlich den Schutz gewährten, den Selenus mit seinen Leuten dann lediglich ausübten. Aus diesem Grund arbeiteten seine Männer auch eng und gerne mit der Germanitas Quadrivii zusammen. Ob Selenus dort jemals Mitglied werden würde, wusste er noch nicht, doch er spielte schon lange mit dem Gedanken.


    Die Basis der Bruderschaft war in einem völlig unauffälligen Haus untergebracht. In den hinteren Räumen, mit Notfall-Ausgängen in verschiedene Richtungen, sollte es jemals notwendig sein, lag sein Büro, es wurde gespielt und Getrunken. Den grössten Respekt hatten die Männer vor den Cohortes Urbanae. Sie konnten im Zweifel richtig gefährlich werden. Die Prätorianer hingegen schreckten diese Männer nicht. Viel zu loyal gegenüber dem Kaiser und dem Senat war die Bruderschaft, dass sich die Schwarzröcke für sie interessieren würden.


    Dennoch wurde immer und überall auf absolute Geheimhaltung geachtet. Nur wenige Menschen wussten, wer das Oberhaupt der Bruderschaft war oder wie man mit ihr in Kontakt treten konnte. Das war auch gut so und trotzdem hatte die Bruderschaft Kontakte, die zwischendurch für einen schönen Nebenverdienst sorgen konnten. Senatoren und andere Bürger des Esquilin wandten sich manchmal vertrauensvoll an die Bruderschaft, wenn sie Hilfe in einer delikaten Sache benötigten, die auf keinen Fall auf sie zurückfallen durfte.


    Selenus selbst war ein Freigelassener. Doch ausser ihm und der Familie seines alten Herrn, wusste niemand wessen Familie er sich zugehörig fühlte und das würde auch auf ewig so bleiben. Er war ein ehemaliger Kämpfer, der es tatsächlich geschafft hatte ohne grössere Verstümmelungen seine Kämpfe zu absolvieren und seine Freiheit zu erkämpfen. Nicht weil er sich zurückgehalten hatte, ganz im Gegenteil, aber seine Kampfkunst konnte sich vermutlich mit fast jedem Einwohner des Imperiums messen, ohne dass er hätte Angst haben müssen, obwohl er nun schon ein älterer Mann war.


    Heute jedoch sass er im Officium, schlürfte seinen verdünnten Wein und genoss das Gelächter seiner Männer und der Kunden in den Räumen über und vor ihm.