Beiträge von Selenus

    ... Selbstverständlich waren auch einige Leibwächter mit dabei, welche die Sicherheit der Damengesellschaft garantierten. ...

    In dieser Gruppe, respektive als deren Anführer, war Selenus mit dabei. Als alter Freund der Familie, nein, des Curator Aquarum, war es logisch gewesen, dass dieser sich an ihn gerichtet hatte um seine Familie zu schützen. Dass er über ein hervorragendes Netzwerk und einige Männer verfügte, welche auch im Hintergrund und nicht für die anderen Besucher sichtbar die Gruppe im Blick behalten würden, war ein weiterer Vorteil.


    So geleitete er Iulia Stella und ihren Sohn nach der Kontrolle durch einen Urbaner zu den ihnen zugewiesenen Plätzen.

    Selenus hatte den Abend etwas weiter entfernt vom Hausherrenpaar verbracht, wie es sich für seine Stellung gehörte. Trotzdem war er am Ende nicht unbeteiligt daran, dass das Haus relativ rasch wieder leer wurde, als Stella schlussendlich signalisierte, für heute sei nun genug.


    Mit einem kurzen Nicken zu Florus und Stella verabschiedete sich Selenus und verschwand genauso unbemerkt wieder in die Nacht, wie er zu Beginn der Feier aus dem Nachmittag aufgetaucht war.

    Selenus kannte die Domus Annaea wie sein eigenes Hauptquartier, zumindest die Bereiche, welche nicht für die Privatsphäre von Florus und Stella reserviert waren. So fiel es ihm leicht, die Domus zu betreten, ohne dass draussen auf der Strasse jemand davon Kenntnis nahm. Dies war noch immer äusserst relevant für sein eigentliches Geschäft. Zu offensichtlich und zu bekannt sollten seine Beziehungen zu gewissen Menschen nicht werden.


    Trotzdem liess er es sich nicht nehmen, an diesem Abend bei seinem Freund vorbeizuschauen. Immerhin gab es etwas zu feiern.


    Der kleine Primus stürzte sich bei seinem Eintreten mit lautem Gebrüll "Onkel Selenus!" auf den Neuankömmling und Stella begrüsste ihn mit dem altmodischen Begrüssungskuss, der in der Öffentlichkeit bereits seit Augustus verboten war.

    Es war purer Zufall, dass ein Mitglied einer Kreuzwegbruderschaft genau in diesem Moment an der Szene vorbei ging. Schnell machte die Kunde die Runde, dass ein Mann gesichtet worden war, der auf die Beschreibung passte und dass dieser zugleich auch von einer Sklavin und einem Aurelius erkannt und angesprochen worden war.

    Der Beutel mit dem immensen Vermögen verschwand in den Falten des Gewandes des einen Abgeordneten. Dann standen sie auf, reichten ihrem Auftraggeber die Hand und folgten diesem dann zur Porta. Dort verabschiedete man sich und begab sich, gut geschützt durch die jeweiligen Bruderschaften, zuerst zum geheimen Stützpunkt der esquilinischen Kreuzweg Bruderschaft.

    Beide verneinten das Angebot des Auftraggebers. Sie kannten nun den Namen des Mannes, Aulus Iunius Tacitus, seinen Wohnort und hatten alle möglichen oder nötigen Angaben, um den Gesuchten, Galeo Curtius Collantinus, zu finden.


    Wir werden alles tun, was in unserer Macht steht, um den Gesuchten zu finden.

    Die Männer hatten selbstverständlich bereits mitgezählt, als ihr Auftraggeber die Stapel à je 10 Aurei ordnete. Alle Stapel waren gleich hoch, was ein klares Zeichen war, dass sie dieselbe Anzahl Münzen enthielten.


    Das wird nicht notwendig sein. Wir haben gesehen, wie du die Stapel geordnet hast. Der Betrag, welcher hier auf dem Tisch liegt, ist korrekt.

    Beide Abgeordnete liessen sich grosszügig Wasser in den Wein mischen. Vorsicht war noch immer das Motto.


    Danke. Auf eine erfolgreiche Suche!


    Es tönte wie ein doppeltes Echo.

    Die beiden Abgesandten hörten genau zu. Jeder von ihnen hatte ein gutes Gedächtnis, sonst wären sie nicht in die Position gekommen eine solche Aufgabe zu übernehmen. Auch Gesichter konnten sie sich gut merken und beschreiben. Entsprechend war es ihnen nicht unmöglich, sich eine Vorstellung des Mannes zu machen, den sie suchen sollten.


    Galeo Curtius Collantinus wiederholten beide und nickten sich zu.

    Nun befanden wir uns ausserhalb der Sicherheit unserer Brüder. Als wir die Domus Iunia betraten war Vorsicht angesagt. Hier könnte alles passieren, ohne dass jemand von der Strasse etwas wissen würde. Doch Misstrauen war nicht angebracht. Den Unterschied zwischen diesen beiden Dingen kannten wir Brüder sehr gut. Vorsicht war das vorausblickende Abschätzen von Situationen. Misstrauen war das Sehen von Gefahren wo gar keine waren. Hier war Vorsicht angebracht, nicht mehr, denn wir befanden uns nun nicht weiter auf neutralem Boden.


    Wir folgten also weiter unserem Auftraggeber.

    60 Aurei waren eine Summe, die man selten zu Hause lagern hatte, doch es gab Menschen, welche den Geldverleihern nicht trauten, obwohl es da auch solche gab, die einen tadellosen Ruf hatten und sogar für den Kaiser Geschäfte mit Schuldscheinen und Geldverleih tätigten. Daher war es zwar erstaunlich, dass dieser Mann eine solche Summe zu Hause lagerte, aber es war nicht abwegig.


    Natürlich. Die Bruderschaft des Quirinal wird unsere Sicherheit garantieren, bis die Brüder vom Esquilin übernehmen können und das Geld an seinen Bestimmungsort gelangt. Die Aufteilung auf die Bruderschaften übernehmen wir.

    Dass den beiden Kontaktmänner bei der genannten Summe nicht gleich der Mund offen stehen blieb war vermutlich bloss ihrer Erfahrung geschuldet. Sie hatten viel schon gesehen und wie alle wussten, jedoch niemand wissen konnte, waren die Bruderschaften selbstverständlich auch in diese oder jene illegale Aktion verstrickt. Ein Blick hin und her genügte, um das Angebot anzunehmen. Ausserdem liess diese Summe auch einige Rückschlüsse auf die eigentlichen Auftraggeber zu. Es gab nicht mehr als eine Handvoll Personen in Roma, ausserhalb der Kaiserfamilie und den Senatoren natürlich, welche sich solche Summen leisten konnten. Alle waren Patrizier mit beträchtlichem Vermögen, aber momentan keinem Mitglied im Senat. Der schlussendliche Auftraggeber musste sich also in den höchsten Kreisen Roms finden.


    Wir nehmen dein Angebot an. 60 Aurei für eine Suchzeit von maximal 10 Tagen. Wie gedenkst du diese Summe zu bezahlen?

    Du weisst, was du uns für deine Sicherheit in einer kurzen Zeit bezahlt hast. Nun möchtest du, dass wir uns tagelang einer Suche widmen, deren Länge unsicher ist, ja von der du uns nicht einmal sagen kannst, ob sie überhaupt jemals zu einem guten Ende kommen wird. Nehmen wir also an, dass jeder Bruder einen Denar täglich von dir erhält, so sprechen wir über eine Summe, die mehrere Aurei täglich ergeben wird. Wer auch immer am Ende diesen Betrag bezahlen wird, muss über ein beträchtliches Vermögen verfügen, um eine derartige Suche zu finanzieren.


    Die Mathematik war nicht die Stärke dieser Brüder, aber eine relativ einfache Rechnung wie diese konnten sie gerade noch einigermassen überprüfen, wenn auch nicht selbst errechnen. Ob der Mann nun also die richtigen Schlüsse ziehen würde, oder ob er eine Summe anbieten würde, die nicht den Vorstellungen der Brüder entsprach, das würden die beiden Männer durchaus nachvollziehen können.

    Die Abgeordneten der Bruderschaften Roms steckten die Köpfe zusammen. Einige waren skeptisch, fanden den ganzen Aufwand ausserordentlich verdächtig. Andere fanden es einfach, die Ohren offen zu halten. Einige diskutierten offen darüber, wie man am meisten Geld aus diesem Auftrag machen konnte. Am Ende einigte man sich jedoch darauf, den Auftrag anzunehmen und die Ohren in ganz Rom offen zu halten.


    Als Kontakt wurde die Bruderschaft des Esquilin bestimmt, da diese bereits mit dem Mann zu tun hatten. Als Sekundärkontakt sollte die Bruderschaft des Quirinal bestimmt, da diese bereits wusste, wo der Mann wohnte. Sie hatten ihn immerhin nach Hause begleitet.


    Die anderen Brüder verabschiedeten sich und ging ihrer Wege, während die beiden Kontaktpersonen sich dem Auftraggeber wieder näherten.


    Wir haben unsere Entscheidung getroffen. Die Brüder vom Quirinal werden mit uns zusammen, den Brüdern vom Esquilin, deine Kontakte sein. Zuerst der Esquilin, in zweiter Linie der Quirinal. Was wir nun von dir brauchen ist ein Name und eine möglichst genaue Beschreibung des Mannes. Falls möglich, vielleicht sogar eine Zeichnung? Auch über die Bezahlung für diese Hilfe müssen wir uns noch einige. Alle Brüder Roms werden sicherlich nicht billig sein.

    Wieder schauten sich die Abgeordneten gegenseitig an. Die Unsicherheit schien beinahe fassbar zu sein. Es schien Diskussionsbedarf zu geben.


    Wir müssen uns besprechen, Jurist. Bitte lass uns für einen Moment alleine. Ich werde dich wieder zu uns holen, wenn wir unser weiteres Vorgehen besprochen haben.


    Namen waren für die Bruderschaften Schall und Rauch. Die Anrede als Jurist war demnach nicht böse gemeint. Dies wurde auch durch die Stimmlage und die neutrale Betonung klar.

    Die Männer blickten einander an. Keiner drehte sich um und ging weg, was das einfachste Zeichen gewesen wäre, dass kein weiteres Interesse vorhanden war. Alle blickten den Abgesandten an, der bereits einmal in Kontakt mit diesem Auftraggeber gestanden hatte. Seine Reaktion würde das weitere Vorgehen wesentlich bestimmen.


    Einen Moment lang geschah nichts, bevor jener Abgesandte antwortete:

    Das ist eine ziemlich ungewöhnliche Situation, die du uns hier schilderst. Welcher Art ist denn dein Interesse an diesem Mann? Warum suchst du ihn so dringend? Wir werden uns nicht an gesetzeswidrigen Taten beteiligen und dir einen Mann ausliefern, dem du danach Schaden zufügen wirst. Wir sind keine Banden von Mördern, wie du aus deiner eigenen Erfahrung wissen solltest.

    Der Anführer wurde von dem Auftraggeber angesprochen. Das war zu erwarten gewesen. Daher antwortete er freundlich.


    Salve Bürger. Niemand kann für alle Bruderschaften Roms sprechen. Es werden daher noch andere Männer eintreffen.


    Bereits während die beiden zusammen sprachen, traten andere Männer an sie heran. Sie hatten den Anführer als den ihnen benannten Kontakt erkannt und gesellten sich nun zu der Gruppe hinzu. Freundschaftliche Handschläge unter den Abgesandten wurden ausgetauscht, denn bei aller Konkurrenz zwischen den Bruderschaften traf man sich hier doch auf neutralem Boden um gemeinsam einen möglichen Auftrag zu empfangen.