"Ach, tatsächlich? Der Händler kannte meine adelige Herkunft nicht und war gleich so davon beeindruckt, dass er ganz blass wurde während du ihm die Hand geschüttelt hast?! … Ts ts meine Untertanen werden immer nachlässiger. Ich fürchte ich werde härtere Strafen verhängen müssen, für derlei Vergehen.", fasste Azita auf das Geflunker des Thraker amüsiert kichernd zusammen, denn sie beide wussten ganz genau, dass ihr aristokratischer Ursprung - salopp gesagt - kein Schwein interessierte. Mittlerweile konnte Prinzessin sogar selbst darüber Witze machen, nachdem sie sich dem Verlust ihrer Identität einigermaßen abgefunden hatte. Was blieb ihr auch anderes übrig außer, die Hoffnung niemals aufzugeben und das Beste aus ihrem Leben zu machen. Und ganz ehrlich, so schlimm war das Leben als Sklavin gar nicht, zumindest nicht heute …
Heute wollte Azita jede Minute des Tages genießen, die sie zusammen mit Lyciscus verbringen konnte und mit dem Sack voller Münzen konnten sie so einiges anstellen. Der Vorschlag, zum Forum zu gehen und Reden zu schwingen, fand Lyciscus allerdings nicht besonders berauschend und Prinzessin konnte sich schon denken, weshalb. "Pah! Du hast ja bloß Angst, dass ich uns beide mit meinem losen Mundwerk wieder in Schwierigkeiten bringe", lachte Azita den Thraker frech an, als dieser meinte sie sollten es "vielleicht vermeiden". Womit sie wohl genau ins Schwarze traf, oder? "Oder? …", wiederholte Azita mit einem fragenden Blick zu Lyciscus, als dieser sie plötzlich über eine Seitegasse zu einem kleinen Brunnen auf einem abgelegenen Platz führte. Was sollte das jetzt? Wollte Lyciscus gar an dem Punkt ansetzen, an dem sie vorhin aufgehört hatten …
Erneut standen sie einander gegenüber und seine Hände wanderten zielsicher wieder an ihre Hüften. Einen Wimpernschlag lang dachte Azita wirklich, dass Lyciscus sie sogleich an sich heran ziehen würde, Gleich passiert es! Prinzessin schluckte und gebannt starrte sie in die Augen des Thrakers, bereit … ja sie wäre bereit, bereit für … ein … Für eine Rede? Azitas Blick wechselte kurz in Verwunderung, ehe leise kichernd fest stellen musste, dass Lyciscus sie "nur" auf den Brunnenrand heben wollte, damit sie von dort zu ihm sprechen konnte.
"Oh, hier darf ich also? … Bist du dir auch ganz sicher, dass uns hier keine Gefahr droht? Hier? … Wenn ich gleich meine wundervolle Stimme für dich erklingen lasse?", rief Azita frech grinsend vom Rand des Brunnens hinüber zu Lyciscus. Mit ausgestreckten Armen balancierte Prinzessin zunächst einmal den Brunnenrand auf und ab, während sie den Blick gespielt prüfend umher schweifen ließ. "Hmm, …. Nicht, dass wir am Ende von klitzekleinen Römern belauscht werden. Römer, die so klein sind, dass wir sie am Ende völlig übersehen haben.", scherzte Azita lachend, doch außer fensterlosen Häuserwänden zu beiden Seiten und der schmalen Seitengasse als Durchgang, sowie dem kleinen Brunnen in der Mitte, war der "Platz" (sofern man den quadratischen Fleck als Platz bezeichnen konnte) absolut leer.
"So denn …", räusperte sich Azita kurz und fast hätte sie den Halt verloren, als sie mit dem linken Fuß neben den Brunnenrand tippte. Aber zum Glück bemerkte Prinzessin den Fehltrittt rechtzeitig und so konnte die Rede beginnen:
"Hört … hört! Volk von Rom, was ich zu verkünden habe und fürchtet euch, denn ich bringe schlechte Nachrichten!", rief Azita mit brustgeschwellter Stimme so laut sie konnte, dass es prompt von den Häuserwänden wieder hallte: "Ups … war das zu laut?", neckte Azita ihren Begleiter, indem sie gespielt zusammen zuckte und sich schnell umsah, so als kämen gleich von allen Seiten Leute auf sie zugestürmt. "Egal …. Also wo war ich?" Mit einem erneuten Räusperer setzte Azita wieder zum sprechen an:
"Volk von Rom, eure Tage der Herrschaft sind nun gezählt, nun, da ich … ICH! Prinzessin Azita, eure Hauptstadt und euer Volk erobert habe …Jawohl!!!", schmettere Azita los, als würde sie an der Spitze eines gewaltigen Heeres stehen und einen Ansprache an die unterworfenenen Gegner halten. … Halten, …halten war genau das Stichwort, denn Prinzessin war kaum noch zu halten, als sie weiter auf das imaginäre Publikum (inklusive Lyciscus) einredete: "Ihr werdet mir von nun an dienen und mir eure Treue schwören und wenn ihr euch weigern solltet, dann werdet ihr meinen ganzen Zorn zu spüren bekommen!! …OH ja, ich werde euch mit einem Fluch belegen, der euer Reich für tausend Jahre in absolute Finsternis tauchen wird … Ihr …ihr seid … ", mit erhoben Armen und geballten Fäusten redete sich Azita regelrecht in Rage, doch ehe sie völlig in ihrer neuen Rolle - der Rachegöttin aus dem fernen Osten - aufgehen konnte, passierte es …
… diesmal war es der rechte Fuß, mit dem Azita ins Leere trat: "Oh …oh … verdammt! …, waren ihre letzten Worte und dieses Mal gäbe es für sie kein Halten mehr. …