Beiträge von Narrator

    [Blockierte Grafik: http://img408.imageshack.us/img408/1605/hirtenmdchenda6.jpg%20| Zainab


    Zainab war zehn Jahre alt, eine magere und schmächtige kleine Hirtin mit verschrammten Knien. Gierig starrten ihre Augen auf die köstliche Frucht, die der große, gepanzerte Mann gerade aß. Ängstlich spannte sie sich an, als er sie auf einmal hochnahm. Sie fürchtete, er könnte sie töten und fressen wollen. Aber statt dessen zog er noch einen Pfirsich hervor! Sie grabschte sofort danach, packte die Frucht mit beiden Händen und grub ihre Zähne in das saftige Fruchtfleisch. Der süße Saft troff ihr über das Kinn, sie fing die kostbare Flüssigkeit mit der hohlen Hand und leckte sie ab, damit ja kein Tropfen verloren ging. Es war das beste, was sie je geschmeckt hatte, dieser Pfirsich aus Römerhand.
    Doch da kam auf einmal ein Reiter, und schrie den freundlichen Mann böse an. Zainab duckte sich in sich zusammen, auf dem Arm des Soldaten, und hielt ihren Pfirsich ganz fest. Den würde sie nicht wieder hergeben!

    [Blockierte Grafik: http://img408.imageshack.us/img408/1605/hirtenmdchenda6.jpg] | Zainab


    Als die Reiter des Satrapen gekommen waren, war Zainab unterwegs gewesen. In den Hügeln hatte sie das rotgescheckte Zicklein gesucht, das wieder einmal ausgebüxt war. Als sie das Tier gefunden hatte, und zurückkam, war von dem Dorf nicht mehr viel übrig. Die Felder waren verbrannt, und die Vorräte hatten sie mitgenommen. Die meisten Menschen waren fort, weggetrieben oder geflohen. Um die tat es Zainab nicht sehr leid, denn sie war ein unfreies Hütemädchen, und die Leute dort hatten sie nicht gut behandelt. Aber als sie sah, dass die Reiter den zottigen Hütehund erschlagen hatten, der den Pferch bewachte, da musste sie lange weinen.


    Das Wasser der Dorfbrunnen und Zisternen war vergiftet. Das Zicklein starb als es davon trank. Und Zainab, die nicht wusste wo sie hingehen sollte, hatte seit zwei Tagen nicht mehr zu trinken gehabt. Sie litt einen schrecklichen Durst. Als die Staubwolke vom Kommen der fremden Soldaten kündete, schleppte sie sich dorthin. Sie hatte ganz schlimme Geschichten über sie gehört, aber schlimmer als das Verdursten konnten die Römer nicht sein.


    Ihre Zunge klebte am ausgedörrten Gaumen. Ihre Lippen waren hart vor Trockenheit. Das schmutzige kleine Mädchen taumelte bis zum Rand der großen Strasse. Sie sah zum ersten Mal in ihrem Leben Römer, und wunderte sich wie seltsam die aussahen, und über den Lärm, den sie machten. Flehend streckte sie den Soldaten die Hände entgegen. Ihre Stimme war kraftlos.


    "Wasser! Bitte Römer, Wasser!"

    [Blockierte Grafik: http://img516.imageshack.us/img516/5176/satrap1iw7.jpg| Narseh Abgar, der Satrap von Edessa


    "Schweig! donnerte es aus dem Mund des Satrapen. Niemals würde seine Enkelin ihn so hintergehen. Sie wußte, was von ihr erwartet wurde, und er hat ihr sehr viele Freiheiten gelassen. Vielleicht zuviele, er war schon ein wenig nachsichtig geworden im Alter, das wußte er, aber sie hatte ihm auch sehr viele Freuden gebracht. "Schweig, du Hund. Du wirst sie niemals wiedersehen!"


    Doch das, was Surenas sagte, das verstand Narseh zuerst nicht. Was redete diese zu große Kakerlake da? Zeichen des Dromedars? Des Stiers? Wovon bei Ahura Mazdas weißschenkeligen Jungfrauen sprach dieser flohbesetzte Katzenknäuel da? Moment... war da eine Beleidigung im Spiel? Meinte dieser Möchtegern-Zögling vom Sháh etwa, daß der Satrap einer wäre, der im Gestern lebte? Meinte er das? Pah, dieser degenerierte Bartkräusler! Niemand würde das ungestraft aussprechen dürfen! Er fühlte sich noch frisch, fast wie zu seinen besten Zeiten! Mit seinen ihm treu ergebenen Mannen an seiner Seite, was sollte da geschehen? Gegen das parthische Manöver konnten diese Römer schon früher nichts ausrichten. "Kashtharith! Zeig diesem erblondeten Jüngling den Ausgang! Und sieh zu, dass der mir nie mehr unter die Augen tritt."

    [Blockierte Grafik: http://img516.imageshack.us/img516/5176/satrap1iw7.jpg| Narseh Abgar, der Satrap von Edessa


    Ungeduldig wetzte der Satrap auf seinem - noch immer wirklich sehr bequemen - Thron. Genießen konnte er diesen Luxus, den er seinem Glutealbereich angedeihen ließ, jedoch nur sehr marginal, war sein Innerstes so dermaßen aufgewühlt, dass er der haptischen Bequemlichkeit nur periphere Aufmerksamkeit zuteil werden ließ. Mit mißmutiger Miene winkte er den General und Liebling des Sháh-in-Sháhs vor dem Thron und mit der gleichen Handbewegung wünschte er sich einen Blitz in seiner Faust herbei, auf dass er Surenas - möge Ahriman seine Leber mit 1000 Maden spicken - ungespitzt in den Boden rammte. Doch solcherlei mörderische Rafinessen wurde ihm von Ahura Mazda nicht vergönnt.


    "Das fragst du noch, du rumhurender Straßenköter? Wie kannst du es wagen?" Jetzt hielt ihn nichts mehr an seinem Sitz, er sprang für sein Alter sehr juvenil auf und stampfte mit dem rechten Fuß auf dem Boden auf. Leider war das der etwas lädierte - er laborierte an einer kleinen Entzündung an der Ferse, nichts wirklich schlimmes, doch ziemlich schmerzhaft - was zur Folge hatte, dass der Satrap sich mit schmerzverzerrtem Gesicht hinsetzte und nur noch wütender wurde. "Sie ist verlobt! Verlobt! Meine unschuldige Enkelin! Und du fasst sie mit deinen schmutzigen Griffeln an... Wie kannst du es nur wagen?"

    [Blockierte Grafik: http://img516.imageshack.us/img516/5176/satrap1iw7.jpg| Narseh Abgar, der Satrap von Edessa


    Narseh Abgar, der alte Satrap von Edessa und Osroene, saß auf seinem - nebenbei gesagt sehr bequemen - Thron und hielt Hof. Gelangweilt war er von den ständig wiederkehrenden Audienzthemen... Hier ein Unglücksseliger, der aufgrund falscher Geschäftspartner sein Geld verlor, da ein Bauer, der "vergessen" hatte, sich Scheunen zu errichten und jetzt unter der Römer-Katastrophe litt und keine Vorsorge geleistet hatte. Aber er hatte drei hübsche Töchter, vielleicht würde Narseh sich eine als Gespielin halten. Vielleicht, das wusste er im Moment nicht so genau. Im nächsten Monat hatte er noch zwei Abende, wo er sich noch keine Frau ausgesucht hatte. In diesem größten Moment der absoluten Langeweile erlöste ihn ein Diener, der sich elegant und geschmeidig zum Satrapen bewegte. Narseh, der alte Gelangweilte, freute sich auf Abwechslung und bekundete seine Freude mit dem Neigen des Hauptes zum Diener. Dieser Diener beugte sich zum Ohr des Satrapen und flüsterte. Narseh wandte sich kurz weg, sah den Diener an. Der Ausdruck im Gesicht zeigte definitiv das, was er im nächsten Augenblick fragen sollte:


    "Was? Was hast du gesagt?" Mit einer sehr nonchalanten Handbewegung winkte er die anderen hinfort und neigte erneut sein Haupt zum Diener. Der flüsterte ebenso erneut und wiederum blickte der Satrap den Diener erstaunt, verblüfft, einfach fassungslos an. Doch dieser Ausdruck im Gesicht des Satrapen währte nicht lange, schnell verfinsterte sich dieser und mit bestimmten und unnachgiebigen Ton sagte er: "Bring mir diesen Gauner her! Sofort, bei Ahriman und dessen Schwiegermutter!"

    Zwischen kahlen Hügeln ziehen die Legionen dahin, auf ihrem Vormarsch. Kein Zeichen von Leben findet sich in dem verwüsteten Land. Die Sonne brennt vom Himmel, und die unzähligen Caligae und Hufe wirbeln hoch den Staub auf. Bei jedem Atemzug kratzt er in der Kehle. Die Asche der verbrannten Felder mischt sich hinein, und hinterlässt einen schalen Geschmack im Mund der Legionäre.
    Schon seit Tagen ist man auf keine ausreichende Wasserquelle mehr gestoßen. Die Vorräte an Trinkbarem gehen langsam aber sicher zur Neige. Zudem erreicht den Kommandostab nun die Nachricht von geballten Überfällen auf die Nachschubtransporte, die diese empfindlich gestört haben. Die Rationierung der Wasservorräte für die Männer, die Reit- und die Tragtiere lässt sich nicht mehr umgehen.
    Im Lager des Trosses, der - wenn auch seit dem Grenzübertritt sehr viel weniger zahlreich - noch immer dem Heer folgt, sind die Wasservorräte schon viel eher zusammengeschmolzen. Dort wütet schon der Durst. Man hört Gerüchte um blutige Auseinandersetzungen, die dort angeblich um das Wasser ausgebrochen sein sollen. Und immer wieder nähern sich Leute aus dem Tross den Soldaten um ihnen den Inhalt ihrer Wasserflaschen abzukaufen oder für andere Dienstleistungen zu erhalten. Oder einfach nur einen Schluck zu erbetteln, unter der unbarmherzig glühenden Sonne.

    Dieses Mal war Ardaván eher darauf vorbereitet. Dachte er zumindest, denn der Bruch des Ringfingerknochens war schon schmerzhafter als der beim kleinen Finger. Der Parther presste die Zähne zusammen, bewies sonst aber nur wenig Durchhaltevermögen. Sein Atem ging schnell, die Laute, die er bei geschlossenem Mund machte, bewiesen eindeutig den Schmerz, den er verspürte. Eben wegen jenen Schmerzes und der Angst fing er nun an gehörig zu schwitzen. Auch wurde er weiß im Gesicht und fühlte eine Ermattung in sich hochsteigen - Anzeichen des Schockes, die sein Körper nun aufgrund dieser besonderen Situation erlitt. Ardaván kannte dieses Gefühl sehr gut, konnte aber nicht sagen, ob der Schock ihm bei der weiteren Tortur helfen und die noch zu erleidenden Schmerzen lindern würde. Im Prinzip war es sinnlos, weiter zu leiden, wenn auf ihn sowieso der Tod wartete. Er seufzte fast unhörbar. Wenn, dann wollte er eigentlich auf dem Schlachtfeld sterben und nicht auf diese Weise, dem Gespött der Feinde ausgeliefert.


    "Ardaván, du eierleckendes Stinktier. Und Gotarzes ist unser Kommandeur." Wiederum spuckte er etwas Blut auf den Boden, etwas weniger als zuvor, die blutende Stelle in seinem Mund scheint wohl langsam zu gerinnen. Laut hörbar zog er den Rotz in seiner Nase hoch, gleich darauf hustete er wieder.

    Zitat

    Original von Quintus Tiberius Vitamalacus
    Kurz blickte Abdul in die Runde, besonders in die Gesichter der Gefangenen, bis er denn schliesslich im Gesicht des Parthers vor ihm stehen blieb. "Name Dein ist ?" fragte er brüchstückhaft in der der sprache des Parther, drückte fast zeitgleich mit der Zange zu, brach so den Fingerknochen.


    Ardaván stöhnte auf, als dieser komische Arzt mit den Zangen und Sägen ankam und diese in Sichtweite ausbreitete. Er war sich nicht sicher, aber er glaubte einen Ausdruck in dessen Augen zu erkennen, welches für ihn definitiv nichts Gutes heißen konnte. Der Mann vor ihm musste wohl der Folterknecht sein... oder noch schlimmer, ein Arzt. Als dieser dann in Ardaváns Mund griff und diesen fixierte, war er zu verblüfft, um dagegen zu agieren. Was wollte er hier? Etwa den Zahn ziehen? Sehr skeptisch blickte Ardaván den vermeintlichen Folterknecht an, zu einer Zahnbehandlung war er nicht hier. Dass der Arzt jedoch mitnichten eine Behandlung vorschlug, sondern eine Zertrümmerung des Zahnes ahnte Ardaván nicht. Als der Arzt ihm kurz den Rücken zuwandte, weil er die Zange holte, nutzte Ardaván die Zeit, um tief Luft zu holen. Jene Stelle, dort, wo ihn der römische Hund von Offizier getroffen hatte, fing nun an ziemlich schmerzhaft zu pochen. Wieder spuckte er das Blut aus seinem Mund. Dann bemerkte er die Zange in der Hand des Arztes und verblüfft spürte er das Metall an seinem kleinen Finger.


    "AAAAAH!" brüllte Ardaván, als ihn der Schmerz durchzuckte. Von stillem Ertragen des Schmerzes hielt er nie viel, außerdem war er viel zu überrascht und unvorbereitet. Mit offenem Mund stierte der Parther sein Gegenüber an, im nächsten Moment bekam er einen Hustenanfall. Als er sich wieder beruhigte, spie er die folgenden Worte förmlich heraus: "Vergiss es, du schwuler Ziegenmelker! Ahriman möge deine Eier von Aussatz befallen lassen!"

    Durch die Schläge des Tribuns lockerte sich ein Zahn des Parthers. Ardaván, so hieß er eigentlich, unterdrückte etwas mühsam einen Schmerzensschrei, ein Aufstöhnen konnte er freilich nicht verhindern. Ein kleiner Rinnsal Blut floss aus seiner aufgesprungenen Lippe, doch das war nur das geringste seiner Probleme. Ardaván wusste, dass er im Grunde schon tot war, die Frage war nur, wann es soweit sein würde. Durch die starke Fesselung wurden seine Finger langsam taub, ein Entkommen war daher absolut illusorisch, selbst wenn er die Fesseln abstreifen würde, nie könnte er aus dem Lager entkommen. Er hustete und spuckte dabei Blut und Schleim und durch Schläge in den Bauch war ihm so schlecht, dass ihm bald das Kotzen kam. Und dann standen lauter Römer um ihn herum, merkwürdig, er hatte sie sich größer vorgestellt, und redeten mit einer sehr komischen, sogar ziemlich hässlichen Sprache.


    "Bei Ahriman, glaubst du wirklich, ich verstehe dich, du römischer Idiot?" sagte er in Sogdisch, seiner Muttersprache. Und irgendwie schaffte er auch ein gequältes Lächeln, das aber nur eine lückenhafte Zahnreihe zum Vorschein brachte, welche zudem noch durch das Blut eine merkwürdige Färbung erhalten hatte.

    Überraschend waren die parthischen Reiter oben auf dem Kamm des Steilhanges zur linken Seite des Tales aufgetaucht, und hatten von dort oben ihre dichten Speersalven auf die Männer niedergehen lassen, die an der Spitze der ersten Kohorte am weitesten in das schmale Flusstal vorgestossen waren.
    Diese verschanzten sich hinter ihren Schilden, die das gröbste abhielten. Als die Masse der römisch-batavischen Reiterei schließlich - vorbei an der linken Flanke der drei ausgezogenen Kohorten - vorgerückt war, und sich auf der Höhe der Hügel zur linken des Tales den parthischen Reitern näherte, wichen diese ihnen aus, nur hier und dort gab es ein wenig Geplänkel, und schon hatten sie sich wieder pfeilschnell in die Nacht zurückgezogen. Leichte Reiterei war es gewesen, soviel war für die eintreffenden Eques noch zu erkennen, wie viele es waren lies sich in der Dunkelheit schwerlich sagen. Jedenfalls ließen sie sich nicht auf ein wirkliches Gefecht ein sondern waren, nach ihrem schnellen Angriff aus dem Hinterhalt, alsbald wieder von der Bildfläche verschwunden, so vollkommen als hätten die nächtlichen Hügel sie verschluckt.


    Die Kohorten traten nun den beschwerlichen Rückzug an und näherten sich, so beschirmt von der Reiterei, dem Lager ohne noch weiteren Angriffen zu begegnen. Verwundete wurden mitgeschleppt, tote Kameraden auf den Schilden getragen, und Ausschau wurde gehalten nach denen, die noch vermisst wurden.
    Die Zahl der niedergemachten Gegner, zählbar an den abgeschlagenen Köpfen, belief sich etwa auf zwei Dutzend - dazu kamen noch die vier neuen Gefangenen, denn einem von ihnen war es in einem unachtsamen Moment während des letzten Angriffes, gelungen eine Waffe zu fassen und erst den anderen drei, dann sich selbst den Tod zu geben. An Legionären waren während des Nahkampfes im Tal deutlich weniger gefallen. Allerdings waren die römischen Verluste, durch den tückischen Pfeilbeschuss, alles in allem ebenso beträchtlich. Üble Wunden blieben nach dem Entfernen der Widerhaken-Spitzen, ihre zerfetzten Ränder neigten in den Tagen darauf dazu, zu eitern und dem Wundbrand anheim zu fallen. Auch dem naivsten Rekruten musste nach dieser Nacht klar geworden sein: Dies war ein Krieg, und Menschen starben darin. Römer wie Parther.


    Der Mond versank hinter den Hügeln, und am östlichen Horizont zeigte sich ein fahler Schimmer. Der Morgen begann zu grauen. So nahm der erste Zusammenstoß mit dem Feind auf diesem Feldzug sein Ende, dieses kleine, im Vergleich zu den Ausmassen des Krieges, unbedeutende Gefecht. Andere sollten folgen.

    Der etwas übergewichtige Petronius Solinus saß auf seinem Stuhl und las den Brief, den er gerade von einem seiner officiales erhalten hatte.


    An Sextus Petronius Solinus
    Procurator a rationibus
    Roma


    Von Lucius Octavius Detritus
    Casa Octavia
    Roma - Italia


    Detritus Solino S.D.


    Beim Durchforsten der Briefe der ehemaligen Verwaltung von Italien fiel mir ein Brief von dir auf. Es handelt sich dabei um den Brief an den damaligen Comes Quintus Didius Albinus. Nun würde ich gerne erfahren ob sich Albinus bei dir gemeldet hat und eine Erklärung abgegeben hat und wenn ja welche.


    S.V.B.E.E.Q.V.


    Vale bene


    Lucius Octavius Detritus

    D. Non. Sep.- (5.9.2007/104 n.Chr.)


    ...schmatzend schob er sich noch etwas vom Geflügel in den Mund, das er sich von einer der zahlreichen Garküchen hatte bringen lassen.
    Er nickte, als er den Brief beendet hatte, und machte sich dann daran eine Antwort für den neuen curator rei publicae zu verfassen.

    Elegant und dennoch resolut würgte der Consul dem gerade zu einem minder wichtigen Thema sprechenden Senator das Wort ab, um den Praefectus Praetorio mit seiner offenbar dringlichen Nachricht nicht länger als nötig warten zu lassen.

    [Blockierte Grafik: http://img135.imageshack.us/img135/1431/krieger1sg7.jpg| Ninsun
    Keiner stellte sich ihm. Die Römer ließen sich nicht reizen, blieben kalt, diszipliniert, effizient. Alle gleichzeitig holten sie mit ihren Speeren aus, Deckung gab es hier keine und Ninsun erkannte: Das wars dann wohl. Aber wenn er doch wenigstens einen noch mitnehmen könnte! Mit einem lauten, hasserfüllten Kampfschrei, das Krummschwert hoch erhoben stürzte er auf die Römer los. Durch die Verletzung seines Fußes seltsam hinkend, versuchte er, die Distanz zu überwinden.
    Es war natürlich zu weit. Auf halber Strecke traf ihn der erste Speer in den Brustkorb, durchbohrte ihn förmlich, beinahe gleichzeitig noch ein zweiter, ein dritter traf seinen Unterleib... Ninsun brach in die Knie, das Krummschwert entglitt seinen Händen und fiel klirrend auf den Fels. Ein röchelnder Atemzug kam über seine Lippen, ein ersticktes qualvolles Keuchen, dann ein Schwall von Blut. Er kippte zur Seite weg, sah schon nicht mehr die Legionäre vor sich, nur noch Dunkelheit, spürte nicht mehr den Schmerz, und ihm war als trüge ein schnelles Pferd ihn davon, mit weichen, raumgreifenden Sprüngen über eine endlose Steppe hinweg... Als sein Körper auf dem Boden aufschlug, zu Füßen des Marcus Iulius Sparsus, war der Parther bereits tot. Das Blut strömte aus seinen Wunden, bildete eine dunkle Lache, versickerte dann schnell in den Ritzen des Felsens.


    Tiefer, da wo noch immer das Gefecht tobte, wichen die parthischen Krieger Stück für Stück weiter zurück. Herbe Verluste hatten sie schon erlitten, doch noch immer fochten sie erbittert. Im Zentrum der römischen Formation, da wo der Primus Pilus die Phalanx erfolgreich aufrechterhielt, waren die Verluste der Römer im Vergleich recht gering, doch an den Flanken, wo das Gelände so hinderlich war, dass die Schlachtreihe oft nicht gehalten werden konnte, verloren einige Legionäre in dieser Nacht ihr Leben. Und besonders ein Teil der zweiten Centurie fand sich an einem rutschigen Abhang wieder, wo es im Gedränge des Gefechtes zu so manchem Fehltritt und zu gefährlichen Stürzen kam.
    Einer der Parther, ein drahtiger kleiner Mann, dessen gekräuselte Locken wild um sein hageres Gesicht flogen, zögerte nicht, sofort in die Lücke vorzudringen, die der Sturz des Marcus Flavius Aristides für einen Moment hinterließ. Mit dem kleinen Schild an seinem Arm blockte er den Hieb eines Gladius, duckte sich wie ein Irrwisch unter einem andern hindurch und hatte schon einem Legionär die Klinge von unten in den Leib gestoßen, einem anderen die Sehnen in der Kniekehle zerhauen, bevor er zwischen den Schilden der Nachrückenden förmlich zermalmt wurde...
    Erneut dröhnte da das Hornsignal durch die Hügel, dreimal, drängend. Zwischen den Hängen des Tales hallte hohl das Echo wider. Da begann eine allgemeine Flucht. Die Parther, die noch dazu in der Lage waren, entzogen sich dem Gefecht, wichen hastig zurück, und stürzten in die Dunkelheit hinein. Wer konnte, der floh, die Zurückgeblieben verkauften ihr Leben so teuer wie möglich.


    Kaum war der Lärm etwas abgeebbt, da ertönte Hufschlag. Auf dem Kamm über dem Steilhang an der linken Seite des schmalen, tiefeingeschnittenen Flusstales zeichneten sich Reiter ab, säumten ihn dicht an dicht, als sie rasch herantrabten. Schwarze Silhouetten waren sie gegen die bleich angestrahlten Wolken, und von einem Moment auf den anderen war die Luft erfüllt von ihren Wurfspeeren. In schnellen Salven schleuderten sie die schlanken Geschosse auf die Männer am Grunde des Tales herab, die an der Spitze der Ersten Kohorte standen, und somit am weitesten in das unwegsame Gelände vorgedrungen waren. Zugleich trug der Wind, der durch das Tal strich, den Männern kalt ins Gesicht wehte, den Hall eines schmetternden Wieherns mit sich, irgendwo aus der Richtung vor ihnen. Es schien noch ein ganzes Stück entfernt zu sein, jedoch ebenfalls vom Grunde des Tales zu kommen.


    /edit: der Narrator hofft, daß jetzt einiges leichter verständlich sein möge.

    Glanzlos starrten die Augen eines Parthers, der beim Rückzug nicht schnell genug gewesen war, in die schwarze Nacht. In seinem Rücken steckte aufrecht, noch leicht hin und her federnd, der Speer eines batavischen Reiters. Im Mondlicht sah das Blut, das den Boden um ihn herum tränkte, dunkel wie Pech aus.
    Da wo die Reiterei erschienen war, waren die Hänge nun wie leergefegt, bis auf die Körper derer, die unter den Speeren gefallen waren, oder die Verletzten, die sich noch ihrer Haut erwehrten. Die vertriebenen Schützen sandten, vom Hügelkamm aus, noch ein paar letzte Pfeile zurück und flohen in die Nacht hinein.


    Im Süden, wo die Männer der beiden Centurien an der Spitze der ersten Kohorte auf den Feind gestoßen waren, war ein kleines aber erbittertes Rückzugsgefecht entbrannt. Die Parther, die den Rückzug der Schützen deckten, wurden Stück für Stück zurückgedrängt. Heftig setzten sie sich zur Wehr, und es kam ihnen auch zu Gute dass das schmale Flußtal den Römern nicht die volle Entfaltung ihrer - beträchtlichen - zahlenmäßigen Überlegenheit erlaubte. So mancher Parther wurde von römischen Gladii niedergemacht, doch auch die Legionäre machten hässliche Bekanntschaft mit den langen, gewandt gehandhabten Krummschwertern. Die dunkle Nacht und das unwegsame Gelände machten das ganze zu einem wahren Hexenkessel. An den steilen, gerölligen Hängen des Tales war die Kampfeslinie an manchen Stellen in hitzige Einzelscharmützel auseinander gebrochen.



    [Blockierte Grafik: http://img135.imageshack.us/img135/1431/krieger1sg7.jpg] | Ninsun
    Er hatte noch acht Pfeile, und den Feldherren - Camillus Matinus Plautius - genau im Visier. Ninsun zielte gründlich und hochkonzentriert, ließ Pfeil um Pfeil von der Sehne schnellen. Der erste grub sich in den metallenen Schildrand seines Zieles. Der zweite wurde von einer Bö abgetrieben, als auf einmal der Wind auffrischte, und bohrte sich harmlos in den Boden. Den dritten fing ein Legionär, den das Kampfgeschehen auf einmal vor seinen Anführer schob, er umklammerte seinen Arm und sank in das Getümmel, das da unten herrschte.
    Ninsun atmete tief die kühle Luft, und fuhr ruhig mit dem fort was er begonnen hatte. Der vierte Pfeil schnellte durch die Nacht, schien haarscharf über den Oberrand des Schildes zu gleiten, das den Feldherren beschirmte. Das sah gut aus! Hatte er ihn erwischt!?
    Blitzschnell lag schon der fünfte auf der Sehne, wieder spannte er den Bogen, wartete bis sich eine Blöße bot, begann schon die gekrümmten Finger zu öffnen, um die Sehne schnellen zu lassen, als...


    Zitat

    Original von Marcus Iulius Sparsus


    ...die Spitze eines kraftvoll geworfenen Pilums seinen linken Knöchel traf, sich durch den weichen Stiefel, durch Haut und Fleisch und Sehnen bohrte, und ein glühender Schmerz ihn durchfuhr. Ninsun keuchte auf, zuckte zusammen, der fünfte Pfeil entglitt seinen Händen und fiel über den Rand des Felsens in die Tiefe.
    Mit aufeinander gepressten Zähnen fuhr der verwundete Parther herum, und sah den Trupp der Legionäre die, während er alle Aufmerksamkeit auf das Schießen gelegt hatte, den Felsen erklommen hatten. Sieben Männer. Noch drei Pfeiles. Sowieso zu nahe. Er saß in der Falle.
    Wie ein in die Enge getriebenes Tier bleckte der Parther die Zähne - weiß blitzten sie in seinem rußgeschwärzten Gesicht auf - und funkelte die Männer voll Hass und Schmerz an. Verbissen schob er die Qual seiner Verwundung beiseite, richtete sich wieder auf ein Knie auf und hatte schon den nächsten Pfeil auf der Sehne. Zwei kamen auf ihn zu. Ninsun kniff die Augen zusammen. Sein Leben würde er teuer verkaufen.
    Die Sehne sang. Der erste Pfeil traf den vorderen der beiden Soldaten direkt ins Gesicht. Er taumelte zurück und schlug die Hände davor, riss im Fallen auch noch den Mann hinter sich mit. Der verlor auf dem zerklüfteten Felsen den Halt und rutschte scheppernd ein Stück in die Tiefe, den Abhang hinunter. Ein wahrlich glücklicher Schuß. Der zweite Pfeil ging fehl. Den dritten und letzten richtete Ninsun gegen den Mann, der den Speer geworfen hatte - Marcus Iulius Sparsus.
    Dann ließ der Parther hastig den Bogen fallen, zog sein Schwert und stemmte sich auf die Füße. Der Schmerz raubte ihm fast die Sinne, und der linke Fuß gehorchte nicht mehr seinem Willen. Zähneknirschend richtete er sich hoch auf, und vollführte mit dem Schwert spöttisch eine einladende Geste in Richtung der Legionäre.

    [Blockierte Grafik: http://img135.imageshack.us/img135/1431/krieger1sg7.jpg] | Ninsun
    Von seiner erhöhten Position aus, auf dem Felsen an der Flanke des Hügels, hatte Ninsun eine ausgezeichnete Sicht auf das Geschehen unter ihm. Und er konnte sich einer gewissen, widerwilligen Anerkennung nicht verwehren, als er sah, wie diszipliniert die römischen Kohorten ihre schützenden Wälle verließen, und ohne Zaudern auf den Ursprung des Beschusses zumarschierten. Dieser Feind mochte plump und schwerfällig sein, aber immerhin: als feige konnte man ihn nicht bezeichnen.
    Ein dichter Hagel von Pfeilen kam den Vorrückenden der ersten Kohorte entgegen, als die parthischen Schützen ihr Feuer nun auf sie konzentrierten, wie riesige Schwärme bösartiger Insekten schwirrten die stählerne Spitzen ihnen entgegen, um sich tief und tödlich in römisches Fleisch hinein zu graben. Auch Ninsun, dem seine riskante Position nicht nur eine gute Aussicht sondern auch ein exzellentes Schußfeld verschaffte, sandte seine Pfeile herab, und mit großer Treffsicherheit fällte er mehr als einen der Feinde, während sie den gut sichtbaren Bereich zwischen ihrem Lager und dem in Dunkelheit getauchten Fuße der Hügel durchquerten. Hätten sie nur nicht diese Angryamanu-gegebenen Turmschilde!
    Ninsun versuchte wiederum, einen Anführer zu erwischen - den der ganz vorne marschierte und Kommandos brüllte - traf aber nur einen der Männer neben ihm. Gerade legte er einen neuen Pfeil auf die Sehne, als brausend das Geschoß einer der Ballisten über ihn hinwegzog - er spürte den Luftzug in seinen Haaren - und am Hang hinter ihm Erde und Holzsplitter aufspritzen ließ. Knapp war das. Er schüttelte die Erdbrocken von sich, und vernahm in diesem Moment ein lautes, dröhnendes Hornsignal. Das vereinbahrte Zeichen zum Rückzug.
    Bei allen Daevas! Seine Position war zu gut, um sie schon aufzugeben. Ninsun warf einen Blick auf die in seinem Köcher verbliebenen Pfeile - acht an der Zahl. Die wollte er vorher noch sinnvoll verwenden, entschied er, rückte bis zum Rand des Felsen, und nahm wiederum konzentriert den Feldherren ganz vorne, diesen Aeshma aufs Korn....


    Bei der Speerspitze der Legio I
    Zuerst war es nur eine Ahnung von Bewegung, da im Dunkeln auf den Hängen, dann waren schemenhafte Umrisse auszumachen, und als mit einem Mal am Himmel wieder der Sichelmond zum Vorschein kam, konnten die vorrückenden Männer der Ersten Kohorte schließlich erkennen, welchem Feind sie da gegenüberstanden. Verhüllt durch dunkle Gewänder, die Haut rußgeschwärzt, gemahnten die parthischen Krieger auf den Hängen an gesichtslose Geister. Und im Gegensatz zu dem lauten metallenen Klirren und den schweren Tritten, die das Vorrücken der römischen Truppen begleiteten, bewegten die leichtgerüsteten Schützen, die gekrümmte Schwerter und bloß kleine Schilde bei sich trugen, sich leise, nur die Bögen knarrten und die Sehnen surrten, als sie den Römern eine weitere Wolke von Pfeilen entgegen schickten.
    Doch auf einen direkten Kampf schienen es die Parther nicht abgesehen zu haben. Als die Römer immer näher kamen, hallten dumpfe Hornstöße durch die Hügel, wurden an anderer Stelle aufgenommen und wiederholt, und die Schützen begannen sich zurückzuziehen. Vereinzelt wurde noch geschossen. An einer Stelle stockte jedoch der Rückzug - dort durchschnitt ein ausgetrocknetes Flussbett die Hügel, bildete ein schmales Tal gen Süden, durch das die Menge der Schützen nicht zugleich zurückweichen konnte. Dort am Eingang des Tales wandte sich nun ein Trupp den Römern zu, schien den Rückzug der anderen decken zu wollen. Ruhig zogen die parthischen Krieger ihre langen, geschwungenen Schwerter, und erwarteten im Mondlicht, schweigend, das Kommen der Römer.


    Römische und batavische Reiterei
    An anderer Stelle brausten soeben die Reiter aus den Toren. Auch ihnen kamen zuerst dichte Wolken von Pfeilen entgegen, der Beschuß forderte seinen Zoll bei Reitern und Tieren. In das Donnern der Hufe mischte sich schrilles Aufwiehern, als getroffene Rösser stürzten und Reiter aus dem Ansturm heraus krachend zu Boden geschleudert wurden. Doch als sie weiter auf die Stellungen der Bogenschützen zuhielten und die ersten Speere flogen, begannen die Parther rasch sich zurückzuziehen, bevor sie in Reichweite der Spathae und Hufe gelangten. Scharen dunkler Gestalten strömten die Hänge hinauf, um hinter den Kämmen der Hügel zu verschwinden. Einer der hinteren, von einem Wurfspeer gestreift und hinkend, blieb zurück, erwartete hinter einen Dornbusch geduckt den Ansturm der Reiter. Und just als Iulius Numerianus dort vorübersprengte, schnellte er überraschend hervor, und führte mit dem Krummschwert erbittert einen gewaltigen Streich gegen den Reiter....

    [Blockierte Grafik: http://img135.imageshack.us/img135/1431/krieger1sg7.jpg%20] | Ninsun


    Salve um Salve der Brandpfeile schickten sie auf das Lager des Feindes, in dem jetzt die Hörner schallten, Befehle gebrüllt wurden, und Soldaten aus den Zelten strömten. Mit Genugtuung sah Ninsun wie Brände aufflackerten, und, vom Wind angefacht, um sich zu greifen drohten. Der rote Schein erleuchtete das Lager, Funken stoben wie Schwärme roter Glühwürmchen in die Nacht. Die Gestalten der römischen Soldaten zeichneten sich als schwarze Silhouetten vor dem roten Schein ab, sahen aus der Ferne wie kleine Scherenschnitte aus.
    Nach und nach ebbte der Beschuß durch die Brandpfeile ab, auch Ninsun hatte seine verschossen, und legte nun, zugleich mit den anderen Schützen seines Trupps, den ersten Kriegspfeil auf die Sehne. Zuvor hatten sie die Geschosse in hohem Bogen in das Lager gesandt, möglichst weit, und vor allem auf Zelte und Geräte gerichtet - nun waren die Soldaten das Ziel.


    Kraftvoll spannte Ninsun den Hornbogen, visierte entlang des Schaftes einen der menschenförmigen Umrisse auf dem Vallum an, sandte den Pfeil geschmeidig darauf zu. Ein lautes Sirren war in der Luft, als viele Schwärme widerhakenbewehrter Pfeile auf das Lager zuschossen. Und trotz des leichten Windes fand so mancher sein Ziel. Ninsun sah wie sein Opfer herumgewirbelt wurde, dann ruckartig zu Boden ging, und er hoffte mit Ingrimm, dass er den Mann erledigt hatte. In schneller Folge schoß er weitere Pfeile ab, und weidete sich daran, wenn römische Schmerzensschreie bis zu ihm drangen. Doch dann - ein Brausen in der Luft, ein Aufblitzen von Stahl - fuhr auf einmal ein gewaltiges Ballistengeschoß auf seine Truppe herab. Blindlings warf er sich zur Seite, hörte neben sich ein nasses Bersten, und einen qualvolles Brüllen, das aber schnell erstarb. Anscheinend hatten die römischen Geschütze sich jetzt auch eingeschossen.


    Ninsun kam wieder auf die Füße, schüttelte die Benommenheit ab. Seine Gruppe war versprengt, doch von vielen anderen Stellen aus wurde das Lager noch immer mit einem ständigen Pfeilhagel bestrichen.
    Ein Reiter stach ihm ins Auge, der da unten die Hauptstraße des Lagers entlangpreschte, wohl einer der Befehlshaber war. Wenn er den erwischen könnte... Er musste näher ran. Ohne lang zu überlegen rannte Ninsun weiter nach vorne, bis zur Grenze der schützenden Dunkelheit, und sprang dort auf einen Felsen, der schroff die Flanke des Hügels durchbrach. Er ging auf ein Knie, zog flink einen neuen Pfeil aus dem Köcher. Im Spannen des Bogens sog er tief die Nachtluft ein, zielte genau, ließ den Wind und die Bewegung des Reiters mit einfließen - hielt den Atem an, und spürte Holz, Horn und Sehne unter seinen Fingern. Die Waffe war teil von ihm. Im Ausatmen ließ Ninsun den Pfeil von der Sehne schnellen. Direkt auf den Reiter Quintus Tiberius Vitamalacus zu. Und sofort sandte er noch einen zweiten und einen dritten hinterher.

    Ein dunkler Raum, in dem viele Fackeln versuchten die Finsternis zu vertreiben, war zum Ort der wichtigen Entscheidungen geworden. In jeder Ecke befanden sich zwei von ihnen und um einen Tisch zu beleuchten wurden sie in speziellen Ständern dicht um diesen gehalten. Es war der Tagungsraum in dem bald die Würfel fallen würden und viele Köpfe diese gemeinsam trafen. Surenas und Narseh Abgar hatten sich hierher zurückgezogen und scharten ihre besten Männer um sich. Sie überlegten wie man die Römer vertreiben konnte und die großen Legionen besiegen. Die Späher hatten den genauen Zug der Römer berichtet, mitgeteilt wo die Heerlager standen und wie lange es noch dauern würde bis sie Edessa erreichen würden. Alle hatten sich darauf geeinigt die Fremden Eroberer nicht zu nah an die Stadt kommen zu lassen und nun saß man da, brütete über einen Plan wie dieser umzusetzen sei. Schon so einige Pläne waren ausgearbeitet worden und auch wieder verworfen, weil hier und dort erhebliche Bedenken von einigen Seiten geäußert wurden, die einen gerade so mühevoll erdachten Plan zu nichte machten.


    Die Fackeln warfen verzerrte Schatten auf die Wand und den Boden und man hatte das Gefühl, dass selbst einhundert Fackeln es nicht vermocht hätten diesen Raum wirklich mit Licht zu füllen. Viel zu düster waren die Gedanken und die Pläne gegenüber dem Vorgehen gegen das Eindringen der Römer in ihr Land. Die beiden Satrap(e) steckten in tiefen Gedanken fest. Sie hatten eine relativ kleine Truppe damit beauftragt das Marschlager in Brand zu setzen und sich ein wenig auszutoben. Zu lange hatten sie einfach den Zug beobachtet und sehen müssen wie sie ihren Marsch immer weiter fortsetzten. Sie sollten nun endlich sehen, dass all ihre Bewegungen beobachtet wurden und man ganz genau wusste wo sie waren und wie man sie doch empfindlich treffen konnte. wenn man es schaffte Vorräte, Zelte und sicher auch den ein oder anderen Mann zu vernichten. würde das Vorankommen sicher nicht mehr so einfach sein. Das würde die Römer vielleicht ein wenig verunsichern. Aber sie wussten auch. dass sie dies von ihrem eigentlichen Ziel, die Stadt einzunehmen, nicht abbringen würde. Dafür waren es zu viele Römer und es würden andere Pläne herhalten müssen. So überlegte man was man noch tun könnte. Es gab so viele Möglichkeiten und man musste die geschickteste und beste Art herausfinden. Kein leichtes Unterfangen. Denn auch die Offiziere hatten ihre Meinungen dazu und wie so oft natürlich alles unterschiedliche Gedanken, Methoden und Formationen, die sich hier und dort schon bewährt hatten in Kämpfen mit anderen..


    Schließlich war es Surenas, der einen Vorschlag aufnahm und ihn präzisierte. Er rückte die Karte zurecht und scharrte die Männer hinter sich um ihnen zu zeigen was sein Plan war und auch klar verständlich machte wo die Ziele lagen...

    Der Consul eröffnete die heutige Sitzung mit den üblichen Formalia, einem Opfer und den neuesten Nachrichten aus dem Osten. Dann kamen die ersten Punkte der Tagesordnung.


    "Nach schriftlicher Korrespondenz mit dem Censor und Imperator Caesar Augustus gebe ich hiermit bekannt, dass Lucius Octavius Detritus, ehemaliger Quaestor Urbanus, ehemaliger Quaestor Consulum und ehemaliges Mitglied der Curia Provincialis Italia, ab heute dem Senat der Stadt Rom angehört.


    Ferner gebe ich bekannt, dass ihm der Imperator Caesar Augustus die Ernennung zum Curator Rei Publicae von Italia gewährt."

    [Blockierte Grafik: http://img135.imageshack.us/img135/1431/krieger1sg7.jpg] | Ninsun


    Wie Schatten stahlen sich die parthischen Schützen durch die Nacht. Sie überschritten den Hügel auf der Südseite des Feldlagers, und sammelten sich auf dessen Flanke. Ninsun war unter ihnen, er trug den Bogen in der Hand und Rachedurst im Herzen. Wie alle anderen war er in Schwarz gehüllt, hatte Gesicht, Hände, Klingen, ja sogar die Pfeilspitzen geschwärzt. Und die Finsternis spielte ihnen in die Hände, kein Alarmruf war bisher erklungen. Hasserfüllt sah Ninsun von der Höhe des Hanges aus auf das rechteckige, wohlverschanzte Lager des Feindes, dessen Wachfeuer rot in der Dunkelheit glommen. Wären sie, die Römer in ihrer nie zu stillenden Gier, nicht hierher gekommen, so hätte man ihm niemals befohlen Felder zu verbrennen und kostbare Quellen zu verderben. Dieser Landstrich war geschändet. Die Eindringlinge sollten das teuer bezahlen.


    Ninsun zog eine Handvoll der Kriegspfeile mit den Widerhaken aus dem Lederköcher an seiner Hüfte, steckte sie vor sich in einer Reihe in den Boden. Er fuhr mit den Fingerspitzen über das Griffstück seines doppelt geschwungenen Hornbogens - kühl, vertraut, und glatt vom langjährigen Gebrauch.
    Auf den geflüsterten Befehl ihres Anführers hin, öffnete er das Bündel mit den anderen Pfeilen: lange, stark befiederten Schäfte und Spitzen, die plump waren von den Brandsätzen, die sie trugen. Der unangenehme Geruch von Schwefel, Steinöl und Pech ging von ihnen aus, eine teuflische Mischung, der, wenn sie einmal brannte, Wasser nicht mehr anhaben konnte, einzig durch Ersticken waren die Flammen dann noch zu löschen. Je zwei der Schützen teilten sich einen irdenen Feuertopf, den sie vorsichtig zwischen sich aufstellten. Dann war es soweit.


    "Jetzt."


    Ninsun öffnete das glutgefüllte Behältnis, warf eine Handvoll Werg darauf, und entzündete den Brandpfeil. Er legte ihn auf die Sehne, spannte den Bogen weit, und ließ zugleich mit den anderen Schützen den Pfeil von der Sehne schnellen. In hohem Bogen sausten die Geschosse durch die Luft, wie feurige Schlangen stießen sie auf das Lager der Römer herab, schlugen dumpf in die Palisade ein und bohrten sich in die ledernen Planen der Zelte, die ausgedörrt von Sonne und Hitze, qualmend und stinkend Feuer fingen. Funken stoben und Flammen züngelten auf. In einem der Maultier-Pferche brannten die Heuballen auf einmal lichterloh, und panisch drängten sich die Tiere gegen die Umzäunung. Ein Wächter stürzte rücklings vom Südwall, in der Brust einen glimmenden Pfeil. Sein Todesschrei hallte gellend durch das Lager.
    Und nicht nur an der Südseite, auch an anderen Stellen leuchteten jetzt Feuer in den Hügeln auf, zogen Brandpfeile ihre Bahn. Von einem Moment auf den anderen war die Luft erfüllt von Glut und Flammen, regnete Feuer vom Himmel, Salve um Salve. Die Bögen sangen. Ninsun lächelte.