Beiträge von Volusus Didius Molliculus

    Bevor diese ID sang- und klanglos von der Lectio dahingerafft wird, sollte sie ein sang- und klangloses - aber selbstbestimmtes - Ende finden.

    Nun soll sie bitte ins Elysium einziehen.


    Auch wenn Molliculus seiner Bestimmung nicht voll nachkommen konnte, hoffe ich trotzdem, dass er zu einigem Spaß beigetragen hat (denn das war von Anfang an sein Schicksal). :hallo:

    War das Ende in mir, oder war ich das Ende? Oder war ich der Anfang, war ich das Wort? War ich Wort gewordenes Leben? Dem das Schweigen, das Ende immer schon inne gewesen war?


    Ich würde euch gerne erzählen von meinem Leben, Brüder und Schwestern. Von meinem Leben das die Welt verändert hat. Von meinem Ende, das die Welt verändert hat. Doch die Wahrheit ist, dass meine Stimme verklungen ist. Verklungen in der Finsternis des grauenvollen Götzendieners. Andere werden meine Geschichte erzählen müssen. Denn die himmlischen Heerscharen warten auf mich.


    So trete ich denn vor ihn, meinen herrlichen Schöpfer. Hier bin ich, Volusus Didius Molliculus, deine vollkommene Schöpfung. Kein Bildnis steht vor mir, kein Laut dringt an mein Ohr. Und doch schließ er mich mit liebevollen Worten in seine Arme. Endlich. Endlich bin ich heimgekehrt in sein himmlisches Land.



    ~ Und so enden das Leben und die Geschichte von Volusus Didius Molliculus. ~

    War Gott in mir oder war ich in Gott? War ich im Paradies oder war das Paradies in mir? Allmählich verblasste ich. Aber Gott blieb. Die Erlösung blieb. Das Paradies blieb. Wo war Philotima? Geliebter Engel Philotima! War Philotima auch nur in mir? Vage erinnerte ich mich an eine andere Zeit. An eine andere Geschichte. Eine andere Zukunft.


    Philotima und ich hatten alle Götzentempel zerstört. Sie war der Brückenbauer geworden. Sie hatte all unsere Brüder und Schwestern gerettet. Und ins Paradies geführt. Ins Licht. Das verdorbene Rom war in Dunkelheit versunken.


    Dunkelheit. Vielleicht war das hier die Zukunft? Vielleicht war Philotima ohne mich gegangen? Hatte mich in der Dunkelheit zurückgelassen? Oh, geliebter Engel Philotima!


    Ein Licht. Eine Stimme! Ein Engel! Eine letzte Mahlzeit?


    "Also ist es an der Zeit ihr zu folgen?" Ich lächelte glückselig. "Völlerei ist eine Sünde. Genuss ist eine Sünde. Bringt mir Brot und Wein und ich will es mit euch teilen, meine lieben Brüder!"

    Im Verhörraum überkam Calvus das nackte Grauen. Er sah Apparaturen von denen er lieber nicht wissen wollte wie genau sie genutzt wurden. Er roch ein Gemisch aus Grauen, Furcht, Hölle und Verdammnis. Wie ein häufchen Elend sank er auf den Stuhl.


    Dann hatte der Herr endlich Erbarmen mit ihm! Der Praefectus Urbi Claudius war ihm natürlich bekannt. Natürlich nicht persönlich. Aber er hatte ihn schon von Weitem gesehen. Bei Götzen-Opferungen und Prozessionen! Und trotzdem, in diesem Augenblick dankte Calvus dem Herrgott für Claudius Menecrates weil der unterbrach was auch immer in diesem grauenvollen Raum hätte stattfinden sollen.

    Und Calvus kam. Wie ein Schaf zur Schlachtbank. Was sollte er auch tun? Sein Leben lang hatte er getan, was von ihm verlangt wurde. Oh ja, er hatte sich aufgeregt! Über das Götzenspiel! Die Verblendung der Massen! Die Machenschaften der Priester! Aber nie über Rom an sich. Sogar der Kaiser war seiner Meinung nach nur ein Opfer im Machtspiel der Pontifices. Und er liebte die Stadt. Den Staat. Mit all seinen Möglichkeiten und Sicherheiten. (Nur eben ohne die falschen Götzen!) Also folgte er dem Soldat. Auch wenn er nicht sicher war, ob er ein Soldat oder ein Höllenfürst war.


    Seine Frau schaute ihm mit Entsetzen nach.

    Nach dem Essen kam eine saubere Tunika. Ein Engel brachte sie mir. Ich konnte einen Blick auf ihn erhaschen als er sie in das Atrium Gottes schob. Ich sah deutlich den heiligen Schein um seinen rundlichen (kindlichen?) Kopf. Sein Gesicht blieb im Dunkeln. Unpersönlich. Ja, so war das bei Engeln!


    Die Tunika war so weiß, so strahlend wie sie nur im Paradies existieren konnte! Nach der Tunika kann ein Kissen! Ein Kissen!

    "Kissen!" entfuhr es mir dann auch. "Gepriesen seien die Heerscharen Gottes! Gelobt sei sein Reich!"

    Würdevoll zog ich meine dreckige alte Tunika aus. Wusch mir die Hände mit etwas Wasser. Bevor ich die neue Tunika berührte. Und anzog. Sie duftete. Nach Alltag. Frieden. Heiler Welt. Zufrieden schaute ich an mir herab. Es konnte jetzt nicht mehr lange dauern bis ich Gott vorgestellt werden würde.


    Ich nahm das Kissen und legte es ans Kopfende meines Strohbetts. Und mich dazu. So weich. So heimelig. So himmlisch! Als ich einschlief träumte ich von meinem Haus im Paradies, das ich mir mit Philotima teilte.

    Vielleicht war das doch nicht das Atrium. Vielleicht war es doch das Paradies! Kuchen! Feigen! Glasierte Datteln! Die Englein brachten mehr und mehr Köstlichkeiten. Würstchen am laufenden Band! "Preiset den Herrn ihr himmlischen Wächter!"


    Meine mittlerweile ziemlich schäbige Tunika war mir in den vergangenen Wochen (oder waren das schon Monate?) wie ein kleines Zelt um den Körper geschlabbert. Aber langsam füllte ich sie wieder aus. Mehr noch, sie spannte schon etwas um die Hüften.


    Macht aber nichts. Ein bisschen Bier würde das alles wieder wegspülen!

    Caecas Augen weiteten sich. Sie war hin und hergerissen zwischen Entsetzen, Empörung und Erstarrung. Am Ende gewannen Entsetzen und Erstarrung. Dieser Mann, dieser schwarze Teufel war ihr Verderben. Das spürte sie. Was natürlich nicht schwer war in ihrer Situation. Hier im dunklen Carcer. Den Prediger mit seinem unverständlichen und wirren Geschwurbel hielt sie für eine weitere Tortur der Prätorianer. Nie und nimmer hätte sie Molliculus vermutet.


    Calvus dagegen blinzelte. Ausharren. Geduld. Er wollte den Herrn um Freiheit bitten. Doch als die Tür sich öffnete stand der leibhaftige Fürst der Hölle vor ihm. Ein schwarzer Schemen inmitten von Schatten. Auch Calvus erstarrte. Er war nur ein einfacher Mann. Ein Bäcker. Nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten. Sein einziges Verbrechen war sein Glaube.

    Calvus horchte auf. Gott hatte ihn erhört und war gekommen!


    Aber Caeca war schon aufgesprungen und an die Zellentür getreten. "Wage es nicht, den Namen des Herrn zu beschmutzen!" keifte sie. Wobei es mehr ein Krächzen war. Die Luft im Carcer war nicht sehr gut und bekam ihr nicht.


    Calvus, noch halb am Boden hockend, zerrte an ihrer Tunika. Zerrte sie zurück, so weit das in dem beengten Raum ging. Zerrte sich an ihr hoch. Schob sie weg. "Schweig, Weib!" verbot er ihr den Mund. Seine Neven lagen blank. Blank und angeraut. Wie in Säure getaucht.
    "Herr! Warum quälst du deine Kinder?" Er klammerte sich an das Türgitter und ignorierte seine Frau, die leise "Gaius, nicht!" zischte.
    "Warum lässt du uns hier verrotten? Warum hast du uns von der Welt gefegt bevor wir dein Werk ausführen konnten?" Sein Tonfall war weinerlich. Weinerlich und anklagend.

    Nach dem Darben kam das große Fressen. Die himmlischen Heerscharen hatten mich erhört! Und sandten den Lohn für meine irdischen Mühen! Halleluja und hosianna! Vielleicht war ich doch schon tot und das hier eine Art Vorhof zum Himmel. Ein Warteraum. Wie wenn man in einem Haus darauf wartete, in das Tablinum des Patrons vorgelassen zu werden. Sozusagen das Atrium von Gott. Ein etwas schäbiges Atrium zugegeben. Aber die Verpflegung war gut!


    Meistens sah ich sie nicht. Die Engel. Sie schoben das Essen in die Zelle. Dann waren sie auch schon wieder weg. Verschluckt von der Dunkelheit. Den ersten Tag konnte ich gar nicht glauben, was da stand. Speck und Eier! Ausgehungert (gierig!) wie ich war fiel ich darüber her. Und verdarb mir direkt den Magen. Die ganze Nacht (oder das, was ich dafür hielt als ich versuchte zu schlafen) quälte mich das Rumoren in meinem Bauch. Was mich nicht davon abhielt, am nächsten Morgen über den Käse und Schinken her zu fallen.


    Die Stärkung meines Körpers hatte leider auch eine Stärkung meines Geistes zur Folge. Ich versuchte das zu ignorieren. Und konzentrierte mich ganz auf das Essen. Das Essen wurde nun zu meinem einzigen Lebenszweck. Gott ließ mich ziemlich lange in seinem Atrium warten. Aber dass er mich schlecht bewirtete, das konnte man ihm nun wirklich nicht vorhalten!


    Bald kam auch Bier. Kein Getränk, das mir normalerweise über die Lippen gekommen wäre. Dieser bittere Geschmack. Aber hier war jeder Geschmack besser als kein Geschmack. Und ich muss schon sagen, man gewöhnt sich doch irgendwie daran. Bald war es doch irgendwie ganz süffig. Lecker!


    Und meine Laune wurde besser. Um Gott zu zeigen, dass ich ein guter Klient war, fing ich an in seinem Atrium kleine Messen zu halten. Ich sang lauthals seine Lieder. Ziemlich schief? Ach was, nur die Lautstärke zählte! Außerdem predigte ich die Predigten, die Philotima uns erzählt hatte. Zumindest das, was ich noch zusammen brachte in meinem verwirrten Hirn (erst ausgetrocknet, dann mit Bier getränkt). Wenn meine Kehle befeuchtet war ging das besonders gut! Dann erzählte ich dem Atrium vom Kampf von David gegen Goliath und wie die Christenzwerge den römischen Zyklopen besiegen würden. Von der Gerechtigkeit des Königs Salomon, der die guten Kinder (wir!) von den schlechten (Götzendiener) teilte. Und wie der Sohn Gottes aus Wasser Bier werden ließ. Gottes Kinder waren schon ein verrückter Haufen wenn man es so betrachtete!


    "HERR, HERR, HERR" sang ich lauthals durch das Atrium des Paradieses. "Du bist der Hirte und ich bin dein Schaf! Preiset den Herrn! Preiset den Herrn! Den Heeeeeerrrrrrnnnnnn!"

    Ich hatte Hunger. Oder träumte ich das nur? War ich wach? Oder war ich tot? Ich hatte auf einmal Angst. Angst dass ich gestorben war ohne es zu merken. Vielleicht war Purgitius Lurco der Richter gewesen. Er hatte mich geprüft. Und für nicht würdig für die himmlischen Heerscharen befunden. War das hier die Hölle? Fegefeuer hatte ich mir anders vorgestellt. Heiß. Wie Feuer. Aber das war meine irdische Interpretation. Die heilige Geschichte war voll mit Bildern und Metaphern. Warum also nicht auch das Fegefeuer als solche nehmen?


    Es verzehrt einen.

    Ja, ich war verzehrt worden. Verschluckt von diesem Carcer. Außerdem hatte ich das Gefühl dass ich mich auch selbst verzehrt hatte. Also zumindest mein Magen.

    Es brennt unendlich heiß.

    Nein. Heiß war es hier nicht. Aber das war vielleicht die Metapher. Heiß wie eintönig. Heiß wie kalt. Heiß wie unbarmherzig. Heiß wie die schlimmste Empfindung. So wie hier.

    Nach dem Feuer bleibt nichts übrig.

    War ich noch? Oder war ich gar nicht mehr? Vielleicht bildete ich mir das nur ein? Bildete mir mich nur ein?


    Aber ich hatte Hunger. Oder träumte ich das nur? "Oder ist der Hunger das Feuer?" fragte ich und erschrak auf einmal vor der Stimme die da sprach.

    Wie viele Tage waren vergangen? Wie viele Stunden? Nicht einmal die Mahlzeiten konnten sie zählen! Caeca hatte geweint. Calvus hatte sie beruhigt. Dann hatte sie aufgehört. Und er war still geworden. Mit jeder Zeiteinheit (nur noch ein vages Gefühl) hatte Calvus seine Hoffnung verloren. Denn niemand kam um mit ihm zu sprechen. Kein Soldat. Kein Offizier. Kein Patron.


    Und mit jeder Zeiteinheit hatte Caeca sich ihres Glaubens besonnen. Als Calvus verstummte begann sie zu beten. Das Gebet wurde ihre neue Struktur. Sie hatte aufgehört zu zählen. Aber sie hörte nicht auf zu beten. Sie nahm Calvus Hände in ihre Hände. Und betete. Laut. Leise. Stumm. Aber unbeirrbar. Der Herr würde sie nicht vergessen. Der Herr würde es richten. Das hatte Gaius gesagt.


    Sie machte Calvus wahnsinnig. Sie verrotteten hier. Er hatte Hunger. Alle Knochen taten ihm weh. Aber es interessierte niemand. Nicht ihren Patron (wusste er es überhaupt?). Nicht die Gemeinde (Achatius hatte sie verraten und vergessen!). Und den Herrn auch nicht (wie konnte er seine Kinder hier verrotten lassen?). Sie waren keine Märtyrer. Wie würde der himmlische Richter da wohl richten (sie waren stets bemüht, aber hatten nichts für die Gemeinde getan)?


    "Herr, Herr, Herr! Wo ist Gott in unserer größten Not!?" brüllte er auf einmal seine Frau an die erschrocken zurück wich.

    Einen entsetzten Augenblick lang stockte Calvus als sie die Zelle betraten. Aber sie hatten keine Wahl. Die Prätorianer waren zwar nicht grob, aber sehr bestimmt. Außerdem musste er stark sein. Früher war immer Caeca die Starke gewesen. Sie hatte alle Schwierigkeiten in die Hand genommen. Sie hatte ihn unterstützt. Ihm den Rücken freigehalten. Ohne sie wäre das Geschäft schon längst pleite gegangen. Das Geschäft! Die Bäckerei! Wer würde sich darum kümmern? Wer würde am frühen Morgen Brote backen? Wer würde sie auf dem Markt verkaufen?


    Egal. Calvus musste sich jetzt um seine Frau kümmern. Denn Caeca war nur noch ein zitterndes Nervenbündel. Behutsam führte er sie zu dem Strohhaufen und setzte sich gemeinsam mit ihr auf den Boden. Er hielt sie fest in den Armen während sie hemmungslos schluchzte.


    "Shht" versuchte er sie zu beruhigen. "Der Herr hält noch immer seine schützende Hand über uns. Er wird nicht zulassen dass uns Leid geschieht. Denk nur an die vielen Geschichten. Die Philotima uns erzählt hat. Wie oft erschien es schon ausweglos. Doch der Herr hat es immer gerichtet!"

    Theognis fiel zurück in sein Sklavenleben. Schwieg. Sah niemanden an. Gehorchte. Trabte wie ein Opferschwein zur Schlachtbank zwischen den Prätorianern.


    Auch Calvus gehorchte. Was blieb ihm auch übrig. Er hielt seine Frau weiter fest. Caeca schaute nicht auf. Calvus suchte Achatius Blick. Suchte Eudoxus Blick. Sie waren noch immer eine Gemeinde! Brüder und Schwester im Geiste des Herrn! Er wollte dass sie wussten dass der Kampf noch nicht verloren war.

    Wenn auch vorerst schon. Denn erst mal gingen auch er und Caeca ohne Widerstand mit den Soldaten mit.


    AIs Eudoxus an der Porta vorbei kam murmelte Achatius: "Sonne, bleib stehen über Rom und du, Mond, über dem Tal vom Tiber!"


    Das war aus einer der Geschichten, die Philotima ihnen erzählt hatte.

    Damals, als der Herr die Amoriter den Israeliten preisgab, redete Josua mit dem Herrn; dann sagte er in Gegenwart der Israeliten: Sonne, bleib stehen über Gibeon und du, Mond, über dem Tal von Ajalon! Und die Sonne blieb stehen und der Mond stand still, bis das Volk an seinen Feinden Rache genommen hatte. Die Sonne blieb also mitten am Himmel stehen und ihr Untergang verzögerte sich, ungefähr einen ganzen Tag lang. Weder vorher noch nachher hat es je einen solchen Tag gegeben, an dem der Herr auf die Stimme eines Menschen gehört hätte; der Herr kämpfte nämlich für Israel.


    Eudoxus würde verstehen, dass der Kampf noch nicht vorbei war. Dass die Zeit stehen bleiben würde bis Rache an Rom genommen und es vernichtet war!

    Achatius schaute erstaunt weil er in der Casa bleiben sollte. Hielt man ihn für einen Sklaven? Der nicht Teil der Gemeinde war weil er nicht mit ihnen im Keller ausgeharrt hatte? Konnte man ihm deswegen nichts vorwerfen? Er beschloss zu schweigen. Es war nicht die Zeit den Märtyrer zu spielen. Auf freiem Fuß würde er der Gemeinde mehr nutzen.


    Calvus legte seiner Frau in einer schützenden Geste den Arm um die Schulter. Es wirkte hilflos. Auch wie er mit gesenktem Blick nickte. Er und Caeca würden ohne weitere Aufmüpfigkeit die Soldaten begleiten. Im Pläne schmieden waren sie großartig. Vielleicht wären sie es sogar in der Ausführung gewesen. Solange keine echte Gefahr drohte. Aber im Angesicht der Prätorianer waren sie verängstigt wie Kinder.


    Der ältliche Theognis zitterte immer noch. Nur seine Stimme war erstaunlich gefasst. Als wäre sein Geist schon nicht mehr Teil von seinem Körper. Gewohnheit vermutlich. Die Gewohnheit eines Geistes der jede Strafe über seinen Körper ergehen lässt. Ein Leben lang schon.

    "Theognis, Herr. Sklave im Besitz des Collegium Pontificium." antwortete er Stilo fest aber ohne ihm in die Augen zu schauen.

    Als sie alle an der Wand standen wie Verbrecher raunte Achatius leise zu seinen Brüdern und Schwestern: "Habt keine Furcht! Ihr habt nichts unrechtes getan und Gott, der gütige Vater wird seine schützende Hand über euch halten. Diese Männer können nichts für ihre Taten, sie sind nur Werkzeuge in falscher Hand." Ein Stoß in die Rippen brachte ihn zum Schweigen. Die Werkzeuge waren unerbittlich. Bei ihm fanden die Soldaten nichts weiter unter seiner Tunika als das alte Sklavenmal. Und um den Hals ein Lederband mit mit einem Holzfisch als Anhänger.


    Erst als ein Soldat Caeca unter das Kleid griff und sie wieder leise aufschrie vor Entsetzen und Empörung fuhr Calvus herum und die Soldaten an: "Genug! Ich verbitte mir diese Behandlung einer ehrbaren römischen Matrone! Mein Name ist Gaius Trebatius Calvus und dies ... ist meine ... Frau ..." Seine Worte erstarben unter dem Blick eines Skorpions, der all sein Blut gefrieren ließ. Diese Männer waren keine Urbaner, die in der Stadt für Recht und Ordnung sorgten. Und die sich an Recht und Ordnung hielten. Diese Männer waren Prätorianer. Soldaten mit ihrem eigenen Recht. Dutzende, hunderte Geschichten und Gerüchte über die schwarze Garde vermischten sich in Calvus Gedanken mit den Geschichten aus der Hölle. Und die Realität stand vor ihm. Klein wurde er unter dem stechenden Blick. Winzig klein, drehte sich um und tat nicht mehr. Die Soldaten fanden einen Beutel mit einigen Münzen. Das Abzeichen seiner Bäckergilde. Und eine Lederkette mit Fischanhänger.


    Auch bei Caeca fanden sie einen Fischanhänger. Aus dem gleichen Holz wie der von Calvus. Sonst nur einen kleinen Holzkamm.


    Und sogar Theognis trug das Lederband mit dem Fischanhänger um den Hals. An seinem Gürtel außerdem einen kleinen Stoffbeutel. Da drin bewahrte er die Kette außerhalb der Gemeinschaft auf. Als Staatsklave konnte er sie schlecht öffentlich tragen. Auf seinem Schlüsselbein prangte außerdem das Brandzeichen des Collegium Pontificum.

    Dento sträubte sich, hatte den Soldaten aber nichts entgegen zu setzen. Außer Worten. "Dein Kaiser ist nur eine Marionette des Bösen! Der Herr wird ihn richten wie er euch richten wird, verlorene Seelen, Marionetten der Marionette!"

    Dann schubste ihn ein Soldat vorwärts und Dento stolperte hinter Sufenas und Pinus her. Seine beiden Brüder (Pah, feige Verräter! Alle beide!) ließen sich ohne Widerstand abführen.

    Der alte, dürre Theognis zitterte wie Espenlaub. Niemand musste irgendeinen Griff an ihm anwenden um ihn zur Kooperation zu zwingen. Sein Körper war zwar schlaff wie ein nasser Lappen. Aber auf die Aufforderung der Soldaten folgte er dieser. Er war nur ein Sklave. Sein Leben lang schon. Er liebte die christliche Gemeinschaft weil er hier ein Bruder unter Brüdern und Schwestern war. Aber draußen war er nur ein Ding. Und folgte allen Anweisungen.


    Calvus und Caeca hielten sich an den Händen. Sie leisten stummen Widerstand. Zumindest bis ein Soldat an Caecas Unterkiefer ruckte und ihr ein Schrei entfuhr. Da war ihr Widerstand gebrochen und sie folgte bereitwillig den vorgegebenen Bewegungen.

    Auch ihr Mann fügte sich nun leichter. Blieb aber in störrisch stummem Protest. Auch wenn er die Zähne zusammen beißen musste um nicht unter den Griffen der Soldaten zu stöhnen. Er war Christ. Er war Mensch. Er war Römer. Er bewahrte sich seine Würde auch im Angesicht von Unrecht!

    Aber Dento hatte nicht genug. Er konnte nicht aufhören. Er kämpfte im Geist Philotimas. Im Namen des Herrn. Sich den Schergen des protzigen Kaisers auszuliefern stand nicht zur Debatte. Mochten seine Brüder auch schwach im Herzen sein. Er war es nicht. Er war stark wie David der sich gegen Goliath aufgelehnt hatte. Er war David. Und die Soldaten Goliath.


    Wieder versuchte Dento mit seinen Fäusten etwas auszurichten.