Beiträge von Tiberios

    Auch dieser Brief war ein sogenanntes Dyptychon, zwei Wachstafeln , die mit einer Schnur zusammengebunden wurden, so das nur der Adressat lesbar war.
    Tiberios gab ihn persönlich ab.
    Er wußte nun seit seinem Traum , dass ihm nur blieb, die Wahrheit zu sagen und auf Gnade zu hoffen, wenn er seinen Freunden in der Not ein guter Freund sein wollte:


    Erste Seite sichtbar:




    Ad
    optio
    Appius Furius Cerretanus
    officium
    cohortes urbanae
    Castra Praetoria




    Zweite Seite verschlossen:




    Salve, Dominus Optio Appius Cerretanus


    betrifft: Eireann serva


    ich werde ganz aufrichtig sein, obwohl das Dinge sind, die niemand gerne öffentlich macht:
    Eireann und ich haben an den NON APR DCCCLXX A.U.C. etwa um die hora duodecima miteinander geschlafen, und ich schwöre beim Genius meines dominus Gnaeus Furius Philus, dass das Mädchen noch unberührt war.


    Das Eireann nur kurz darauf die Dienste eines Lupanars oder eines Lupos in Anspruch genommen haben soll, ist in meinen Augen zumindest sehr unwahrscheinlich.
    Ich gehe eher davon aus, dass jener Kyriakos sie vermutlich als entflohene Sklavin erkannt und zum Dienst in sein Lupanar zwingen wollte.


    Ich bitte diesen Punkt zu berücksichtigen, ich sage das hiermit aus.
    Ich bitte dich um deine Gnade und dein Wohlwollen


    Tiberius
    Servus
    Casa Furia




    Dass es mal wieder die Griechen waren, die den Römern etwas Schönes beigebracht hatten, schmeichelte dem jungen Alexandriner.


    Zufrieden lächelnd trat Tiberios auf Scato zu und beugte seinen Kopf etwas herunter:
    „Was magst du lieber leiden, dominus Scato, Kassia oder telinum?“, fragte er und hielt ihm erst seine Handgelenke, dann seinen Hals so hin, dass der Römer beide Parfüms erschnuppern konnte.


    Das Telinum von Viridomarus war wesentlich hochwertiger als das, was sich Tiberios leisten konnte, und er selbst fand es genau nach seinem Geschmack.


    Dieser Gast schien ein so leutseliger, freundlicher Herr zu sein, der sogar seinen Spaß daran fand, sich mit dem Personal zu unterhalten, dass der furische Sklave sich traute, ihm eine eigene Frage zu stellen:


    „ Es wäre sehr gütig von dir, mir einen Rat zu geben, dominus Viridomarus.“, begann er:
    „ Ich suche einen Duft, der Schwermut und Müdigkeit vertreibt, jedoch die Sinne und den Verstand für das Studium anregt. Kannst du mir etwas empfehlen?“


    Tiberios dachte dabei an seine verehrte domina Furia Stella. Wenn er etwas Neues für seinen Dienst in der Bibliothek dazu lernen konnte, wollte er das sehr gerne.

    Tiberios lächelte freundlich, denn der wohlbeleibte Freund der domini Scato und Lurco erschien ihm äußerst liebenswürdig.
    Und es war sehr interessant was er über die Duftherstellung zu erzählen wußte,
    Tiberios hörte aufmerksam zu.
    Als Viridomarus ihm etwas des teuren Parfüms hinters Ohr tupfte, wurde er rot vor Verlegenheit:
    "Danke, dominus Viridomarus, tatsächlich liebe ich Telinum!", sagte er begeistert:" Und danke für die interessanten Erläuterungen. Du bist zu gütig."
    Er verbeugte sich nochmals.

    Tiberios schenkte Viridomarus Posca ein, und während er das tat, bemerkte er, dass er selbst intensiv nach Zimt roch. Dieser Terpander und sein Zimtöl!
    Dann trat er wieder zurück.
    Viridomarus hatte ihn gelobt, und insgeheim freute Tiberios sich, dass Scato das hörte.


    Aber so langsam machte sich der junge Alexandriner Sorgen um Terpander. Es sah ihm nicht ähnlich, nicht zu erscheinen und Tiberios war so weit, ihm den Gefallen zu tun, sich rumscheuchen zu lassen, als wäre der ältere Grieche tatsächlich sein Maiordomus, damit er ihm nicht mehr böse wäre.

    Tiberios und Sati erschien mit einem Korb heißer Tücher und begannen den Gästen die Hände zu säubern. Tiberios fand, so gehörte es sich in einem vornehmen Haushalt. Er fand übrigens, dass Sati es ziemlich gut machte und fragte sich, ob er so etwas früher schon einmal getan hatte.
    Tiberios trat drei Schritte zurück, verbeugte sich wieder.
    Er hätte gerne den Löwen bewundert, aber er sagte kein Wort.
    Aufmerksam wartete er, ganz bereit sofort jedem Befehl zu folgen.

    Tiberios strahlte Scato an und nickte:
    "Sofort, dominus!", sagte er, obwohl er keine Ahnung hatte, wo die Küche war:
    "Mach dir keine Sorgen, für domina Furia Stella richte ich auch Erfrischungen. Sag mir einfach, was du willst."
    Der junge Alexandriner verbeugte sich und seine Augen funkelten, ein wenig bereitete es ihm Vergnügen, vor dem fremden Gast gerade mal Scatos Sklaven zu spielen:
    "Begleitest du mich bitte, Sati ? Dann kann ich vielleicht auch schon mal fragen, welche Buchstaben du schon kennst. Manchmal ist das eine ganze Menge...."
    Die jungen Männer verschwanden.

    Tiberios verbeugte sich und hielt die Tür so auf, dass der Eingang frei blieb:
    "Tritt bitte ein, dominus Virridomarus, rechter Fuß voran!", sagte er.


    Dann rannte er zu Scato:
    "Ein dufter dominus Virridomanus, dominus Scato.", meldete er fast ohne sich zu verhaspeln:
    " Er sagt, er ist ein Freund, und die domini freuen sich, ihn zu sehen."

    Währendessen verschluckte Tiberios die Antwort, die ihm auf der Zunge lag und schaute etwas unglücklich zu Scato hinüber, als der ältere Sklave mit Lurco ziemlich plötzlich nach oben gegangen war.:


    "Habe ich Terpander gerade gekränkt?", fragte er leise: "Das wollte ich bestimmt nicht. Ich dachte, wir streiten uns ein wenig darum, wie wir dominus Sati unterrichten wollen. Eine kleine anregende Diskussion unter Pädagogen sozusagen."


    Er seufzte:
    "Doch Angst und Schmerz als Motivation überzeugen mich nicht wirklich. Sonst müssten Sklaven unter der Androhung der Peitsche am besten arbeiten. Aber das tun sie gar nicht , sondern sie arbeiten am besten, wenn sie ein peculium bekommen.
    Doch egal, ich mag Terpander gerne. Wenn ich ihn irgendwie aufmuntern kann, tu ich es mit Freude."


    Als Scato ihn zur Tür schickte, sprang Tiberios auf und öffnete. Sein Blick fiel auf einen nubischen Sklaven,
    der den Türklopfer betätigt hatte, und der junge Alexandriner sprach ganz wie ein Ianitor:
    "Salve, zu wem möchtest du und wen darf ich melden?"

    >> Bibliothek



    In dieser Nacht hatte Tiberios einen beunruhigenden Traum:


    ---------------------



    Er stand auf einem Berg, unter ihm lag die urbs aeterna.
    Es war ihm , als hätte er die Augen eines Adlers und könne jedes Detail erkennen. Er sah das Glitzern der Helme der Urbaner beim Exerzieren in der Castra, er sah die flinken Finger von Dieben, die arglose Bürger um ihre Geldbeutel erleichterten, er sah Senatoren, in Togen gewandet, würdig zum Senat schreitend, noble Römerinnen, die in den Armen ihrer Liebhaber stöhnten und Priester, die in den geheiligten Bezirken bekränzte Opfertiere zum Altar führten.
    Als sich Tiberios bewegen wollte, um alles besser zu sehen, bemerkte er, dass seine Hände an den Pfahl hinter ihm gefesselt waren, und er wunderte sich etwas, denn die Stricke waren kaum zu spüren, doch hielten sie ihn auf seinem Platz.



    Als Tiberios zur Seite sah, bemerkte er, dass jemand neben ihm stand, den er nur sehen konnte, wenn er den Kopf nicht drehte.


    Er fragte: „Wer bist du?“
    und der andere erwiderte: „Du weißt es.“
    Tiberios schaute ihn an und hatte das seltsame Gefühl, dass er es selbst war, der neben ihm stand, nur eine – nicht unbedingt an Jahren ältere, sondern an der Summe aller Lebenserfahrungen reichere – Version seiner selbst.


    -„Warum hast du mich gerufen?“, fragte der Andere.


    -„ Ich will die Wahrheit wissen.“, sagte Tiberios: „So sehr mir Eireann Kummer bereitet , ich halte sie am Brand und an den Toten des Lupanars für unschuldig. Ich wollte diesen Kyriakos bestechen, aber ich habe kein Geld, wenn ich nicht etwas tun möchte, was Böse ist. Ich habe meiner domina gelobt, nichts mehr zu unternehmen. Ich fühle mich gerade wie ein schlechter Freund meiner Freunde, ich bin machtlos und ich bin niemand.“


    -„Du bist zwar nicht niemand, aber du hast nichts und du bist machtlos.“, bestätigte der Andere: „Was bedeutet das?“


    Tiberios zuckte die Schultern: „Das ich ein Sklave bin ,dass ich auf die Gnade anderer angewiesen bin. Dass ich diesen Kyriakos nicht bestechen kann.“


    -„Und das bedeutet?“


    Tiberios wurde ungeduldig : „Das es nicht geht?“


    Der Andere schüttelte leicht den Kopf:
    -„ Was bedeutet, dass du auf die Gnade anderer angewiesen bist?“


    -„Was möchtest du hören? Dass ich um Verzeihung bitten muss? Dass ich mich anderen demütig zu Füßen werfe?“


    Der Andere lachte leise:
    „Du bist gerade kein bißchen demütig, lieber Tiberios. Weißt du denn auch, warum man dir Gnade erwiesen hat?“


    Das hatte sich Tiberios nie gefragt. Er hatte alles für eine Entscheidung der Fortuna gehalten. Er bat, und wenn Fortuna mit ihm war, wurde ihm verziehen. Wäre sie nicht mit ihm, bedeutete das bestraft zu werden.


    -„ Ich weiß es nicht.“, sagte er.: „Vielleicht weil ich zu teuer war, mich einfach zu töten?“


    -„ Du kannst dich selbst täuschen, aber bist du so hochmütig zu glauben, du kannst mich täuschen? Du kennst die Antwort. Und nun überlege, was das auf Bezug auf diesen Kyriakos bedeutet? Du kannst ihn weder bestechen noch bedrohen.“


    Tiberios seufzte:
    „Oh nein !“, sagte er:
    „Bitte verlang nicht…..“


    -„Ich habe niemals etwas von dir verlangt!“, herrschte ihn der Andere an.


    In Tiberios erwachte Zorn wie eine auflodernde Flamme und so gab er zurück: „Wenn du wirklich mein persönlicher daimon * bist, dann sag mir gefälligst etwas, was ich noch nicht weiß!“


    Jetzt wurde der Andere sehr ernst:
    „Habe ich das denn je getan? Was möchtest du gerne wissen? Deinen Todestag?“


    Tiberios schüttelte ängstlich den Kopf, sein Zorn war verraucht. Als er erneut zur Seite sah, war der Andere verschwunden.
    „Oh, bitte komm zurück!“, schrie der furische Sklave und fühlte sich einsam und verlassen.


    --------------------




    Da wachte Tiberios auf, seine Zunge klebte ihm am Gaumen und sein Herz klopfte. In ihm erwachte ein neuer Gedanke.



    Tiberios schüttelte den Kopf : "Nein, domina, ich habe nichts mehr auf dem Herzen." und griff nach dem Tablett, um es in die Küche zu bringen.


    Er würde warten, bis sich Furia Stella endgültig zurückzog und dann noch die Bibliothek aufräumen .
    Er mochte es, wenn morgens, wenn man die Räume betrat, schon alles in bester Ordnung war.


    Der junge Grieche hoffte sehr, seine domina wäre nur wegen der späten Stunde müde und nicht, weil er sie ermüdete;
    Auch das lag mithin an Eireann. Tiberios hatte zuvor weder Athenodoros noch Gnaeus Furius Philus je mit eigenen Problemen belästigen müssen. Ein Sklave sollte eine Bereicherung eines Haushalts sein, nichts anderes.


    " Hast du denn noch einen Wunsch, domina?", fragte er.

    Tiberios, der Terpanders Antwort anhand der Datteln genau verstand, schluckte, wurde rot und starrte etwas betreten auf seinen Teller.


    Er traute Terpander so etwas zu. Klar, gerade nicht, wo die domini mit am Tisch saßen. Doch Tiberios war auch zu genüge im Dienst der Furier alleine unterwegs,und außerdem stand noch eine nächtliche Verabredung mit dem älteren Griechen wegen der Sache mit den Erynnien aus.


    Aber Terpanders Erklärungen seiner Pädagogik gingen ihm gegen den Strich, und so antwortete er trotzdem:
    " Oh nein, Terpander, das sind nicht die einzigen Lernmethoden. Du hast Motivation und der Zugang über das, was dem Schüler wichtig ist, vergessen. Bei Alexandros waren es Reiterei und Pferde, und so haben wir die Zeit in den Ställen verbracht, um die Namen der Pferde zu entziffern und das erste, was er gelesen hat, war die Biographie des Lieblingspferdes von Alexander dem Großen....."


    Da es klopfte, ging Terpander zur Tür und wurde so zunächst einer Erwiderung enthoben.

    Tiberios senkte den Kopf und sagte sofort: „Nein, domina, ich würde nie wagen, etwas entgegen deinen Wünschen tun.“


    Dass sie ihn selbst aufgefordert hatte, offen zu sein und ihm gesagt hatte, er könne ihr alles sagen, entgegnete er nicht, denn das stand ihm nicht zu. Er sah es als Gelegenheit, sich in apatheia und Selbstbeherrschung zu üben.


    Tiberios teilte auch domina Furia Stella nicht mit, dass sein Plan, mit Kyriakos zu sprechen, viel weiter gegangen wäre: Tatsächlich wollte er dem Lupanarbesitzer Geld anbieten, wenn dieser seine Aussage zurücknehmen würde, so viel Geld, wie der Lump noch nie auf einem Haufen gesehen hatte. Hier würde das Geschäft mit dem Tavernenwirt Archias zu tragen kommen. )*


    Diese Tat würde Tiberios unweigerlich ins Unglück stürzen, nämlich dann wenn jemand die Bücher des Handelhauses Furii nachprüfen würde.) **
    Damals noch hatte er jedoch gedacht, die Keltin sei jedes Opfer wert.


    Nun aber zweifelte er daran. Domina Furia Stella hatte Recht: Eireann hatte allen mit ihrem Verhalten geschadet. Wenn Tiberios ihr beistehen wollte, riskierte er jedesmal viel, seine gute Stellung, das Vertrauen der domina, vielleicht sogar sein Leben.


    Was bitte riskierte denn Eireann? Sie folgte einfach nur ihren Launen und hielt sich für den Abklatsch einer Königin Boudicca. War das denn Liebe?


    Tiberios wollte weder jemanden hintergehen noch ein schlechter Diener sein. Das war nicht sein Weg, das stand gegen alles, was er glaubte und hoffte.


    „ Du hast mit allem Recht, domina, was du über Eireann sagst. Verzeih mir bitte, dass ich dich damit erneut belästigt habe. Der Urbaner, der sich durch mich beleidigt fühlte, hat meine Entschuldigung übrigens angenommen“, fügte er an:
    „ Ich werde in der Sache nichts weiter unternehmen.“


    Tiberios fühlte sich erleichtert, als er das sagte. Er hatte gar nicht gewußt, wie groß der innere Druck gewesen war.
    Jetzt war er gelöst und lächelte:
    „ Du wirst im Sommer verreisen, domina ?“, fragte er und welchselte ebenfalls das Thema.



    Tiberios war etwas unwohl dabei, von Terpander bedient zu werden; am liebsten wäre er aufgesprungen und hätte ihm geholfen, aber dominus Lurco hatte ihm gesagt, er solle sich setzen.
    Deshalb saß Tiberios auf der Stuhlkante, was er für einen Kompromiss hielt. Außerdem kam er neben dominus Scato zu sitzen, worüber er sich freute, denn so konnte er ihn ab und zu ganz leicht und verstohlen mit einer Hand streifen, wenn er über den Tisch nach dem Brot griff.


    Nun lag eine ganze Wurst auf dem Teller, die für ihn sein sollte, und Tiberios griff vorsichtig zu und kaute vergnügt.
    Er war als Jugendlicher recht kurz gehalten worden; der pingelige maiordomus seines früheren Herren war der festen Überzeugung gewesen, dass ein junger Scriba nicht so viel Nahrung wie beispielsweise ein junger Sänftenträger benötigte.


    Dann bemerkte Tiberios Terpanders Basiliskenblick, den er Satibarzanes schenkte, und er runzelte die Stirn.
    Terpander sollte den armen jungen Mann in Ruhe lassen, unter Angst hatte noch kein Mensch wirklich paideia erworben.


    Also lehnte sich der junge Grieche zurück und sagte betont fröhlich:.


    Dominus Satibarzanes, du hast doch bestimmt schon Erfahrung mit Terpanders seltsamen Humor gemacht ?
    Terpander, es ist nicht zu glauben, dass du vom griechischen Mutterland stammst, du erinnerst mich sehr an meine Leute zuhause. Bist du sicher, dass du nicht in Alexandria geboren bist?
    Vielleicht finde ich so etwas raus, wenn ich genauer nachforsche.
    Auf jeden Fall, wie gesagt, muss man sich daran gewöhnen,und dann merkt man, dass der gute Terpander gar nicht so schlimm ist wie er tut.“

    er sah Scatos Sklaven fest an, während er lächelte.


    Gerade fühlte sich der furische Sklave sehr sicher. Mit den domini Scato und Lurco am Tisch würde Terpander es nicht wagen, ihn wieder gegen irgendeine Wand zu klatschen oder ihm sonst etwas anzutun.


    Weil er es sich aber mit dem älteren Griechen auch nicht verderben wollte, fügte er an:
    „Nach dem Essen helfe ich dir aber mit dem Geschirr, und dann erbitte ich deinen weisen Rat, was dominus Satis Unterricht angeht.“

    Tiberios lächelte. Er war gerade glücklich; Lurco und Scato hatten ihm verziehen, und Scato hatte die Freuden Aphrodites mit ihm geteilt. Er fühlte sich unter Menschen, die es gut mit ihm meinten.


    Als Lurco ihn bat, den jungen Mann Sati nannte er ihn, zu unterrichten, nickte er und sagte:
    „Das tu ich gerne für dich, dominus Lurco. Immer wenn ich frei habe , will ich in die taberna kommen. Ich bin qualifiziert, ich war der Hauslehrer meines früheren jungen kyrios in Alexandreia, seit ich sechzehn war.“ *


    Er wandte sich nun direkt an Sati mit einer kleinen Verbeugung:
    Es wird mir eine Ehre sein, dominus Sati, dich Lesen und Schreiben zu lehren. Und Griechisch, wenn du möchtest., die ganze paideia, die Bildung der bewohnten Welt“


    Da Sati etwas bedrückt dreinschaute, fügte er an und seine grauen Augen leuchteten:
    Es wird dir Freude machen, dominus, und wenn nicht, kannst du deinen Lehrer ja verprügeln.“


    Tiberios wußte selbst nicht, warum er die ganze Zeit das Gefühl hatte, der junge Mann brauche seine Aufmunterung, obwohl er im Rang über ihm stand.
    Und den nächsten, den ich mir vornehme , ist Terpander, dachte Tiberios ärgerlich. Dieser Sati scheint zu Tode erschrocken zu sein.
    Schon dachte der junge Grieche wie ein Lehrer, der seinen Zögling beschützen wollte.


    Tiberios setzte sich, da dominus Lurco ihn aufforderte. Die Bratwurst roch köstlich, und ihm knurrte der Magen.



    Tiberios sah seine domina kurz bewundernd an. Sie war eine hochgebildete Herrin und hatte in der Schola Atheniensis gearbeitet, und ihre Freundin, die so nett zu ihm gewesen war, ebenso.


    „Mir fiel auf, dass domina Clara sich die Hände säuberte, bevor sie nach den Schriftrollen griff., domina“, sagte er:
    „Das macht nur jemand, der den Wert von Büchern schätzt, nicht wahr.“


    Dass Tiberios immer alle Leute genau beobachtete, hatte er seiner domina bisher nicht gezeigt.


    Als Furia Stella von der bemalten Kriegerin sprach, lächelte er einen Moment lang: Wie wäre es, wenn Eireann auch bemalt wäre? Ob die Bemalung wohl von Kopf bis Fuß ging?
    Aber nein, Eireanns Volk hieß Silurer, nicht Pikten picti bedeutete ja „Die Bemalten“.


    Dann kam die Frage, warum Tiberios denn überhaupt Bücher verkauft hatte – und die nächste Hürde:
    Dieser Kyriakos besaß ein Lupanar. Nur – wie sprach man davon zu seiner domina? Die recht freien Damen Alexandrias hätte das amüsiert, aber einer griechischen kyria vom Mutterland gegenüber wäre solch eine Andeutung sehr unschicklich gewesen - wo standen hier die Römerinnen?
    Das waren die Feinheiten, die der furische Sklave immer noch nicht kannte:


    „Domina, ich danke dir, dass ich mit dir sprechen darf ,und ich habe hier alles bestens“, begann er:
    „ Doch Aischylos hat mir berichtet, dass ein übler Mensch namens Kyriakos hier aufgetaucht ist und versucht hat, von dominus Cerretanus Geld zu erpressen. Ich denke, dieser Mann ist der Mann, der die Wahrheit über Eireann kennt. Aber ich glaube nicht, dass er mit mir spricht, wenn ich ihm seine Zeit nicht bezahle, denm Kyriakos hat ein Haus…..“


    Wie sage ich das?, dachte Tiberios: Alle reden von lupo oder lupa, aber ist das gutes Latein? pornoi auf Griechisch klingt auch nicht besser:
    „Ein gewisses Haus“, sagte Tiberios schließlich und wurde sehr verlegen.

    Tiberios verwünschte insgeheim ein wenig Terpander, der Satibarzanes ganz eindeutig als Sklaven bezeichnet hatte, aber das ließ er sich nicht anmerken.


    Er schaute Satibarzanes genauer an. Ein freier Mann also, doch zweifellos ein peregrinus und von nicht allzu hohem Rang, niemand, der einen Haussklaven in gehobener Position bei einer wichtigen römischen gens wirklich beeindrucken konnte. Aber dominus Lurco bezeichnete ihn als einen Freund, das wog schwerer.


    Daher sprach er:
    „Verzeih mein Missgeschick, dominus Satibarzanes, dich einfach so angesprochen zu haben. Es war keine böse Absicht sondern beruhte auf dem Vorliegen von falschen Informationen.“


    Dann wandte er sich an Lurco:
    „Salve, dominus Lurco“, sagte er ernst:
    „Ich bin froh, dich zu sehen, so kann ich mich noch einmal persönlich für mein Verhalten vor der Castra entschuldigen.
    Ich danke dir auch, dass du auf eine offizielle Anzeige verzichtet hast, denn das hätte Schande über meine familia gebracht.“


    - über Konsequenzen für ihn selbst sprach der furische Sklave erst gar nicht, die würden Lurco klar sein - doch nun wurde seine Stimme weicher:
    „Ich habe mich so sehr über deinen Brief gefreut und werde ihn immer aufbewahren. Du hast mir nicht nur verziehen, du hast mir geschrieben wie ein ….“
    Tiberios suchte nach Worten:
    „Ein älterer Verwandter an einen jüngeren schreibt? Deine Güte mir gegenüber ist viel mehr als ich verdiene. Ich möchte dich bitten, wenn es etwas auf der Welt gibt, was ich für dich tun kann, so lass es mich jetzt oder in der Zukunft wissen. Ich stehe in deiner Schuld, dominus Manius Purgitius Lurco.“