Beiträge von Sisenna Iunius Scato

    [Blockierte Grafik: https://www.minpic.de/t/a90r/1hus6uTarpa


    Tarpa dachte, er hätte Glück. Bevor der Optio bei ihm war, wurde er von Lurco abgelenkt. Der Übeltäter war erleichtert. Ramnus sah aber auch zu komisch aus in seinem zu engen Panzer, mit dem er versuchte, seinen Bauch flachzupressen. Beim Lauf, hoffte Tarpa, würden sich die Gemüter abkühlen und alles wäre wieder gut. Dass es das nicht war, bemerkte er, als er Ramnus`Schnauben heiß im Nacken spürte, während sie in einer Reihe standen. Tarpa schluckte.

    [Blockierte Grafik: https://www.minpic.de/t/a90a/cxken] Ramnus


    "Kommt nicht wieder vor, Optio", murrte Ramnus. Irgendjemand feixte. Ramnus´ Kopf fuhr schlagartig herum. Sein Blick brannte sich in die Visage dieses lebensmüden Kameraden, dessen Lachen nun etwas nervös klang und verstummte. Ramnus taxierte ihn noch einen Augenblick länger, um ihn sich genau einzuprägen, dann blickte er wieder nach vorn. Dann war Lurco an der Reihe, sein Fett von Cerretanus wegzukriegen. Diesmal lachte niemand.

    [Blockierte Grafik: https://www.minpic.de/t/a90a/cxken] Ramnus


    "Nein, Optio, die stammt aus dem Armamentarium der Castra", antwortete Ramnus zähneknirschend. Er war tatsächlich der Einzige, der in voller Montur hier stand und sich nicht nur blamierte, sondern auch noch umsonst abschleppte. Dabei war er schon von Natur aus kein Leichtgewicht - der Mann war ein ziemlicher Brecher und wog seine zwei Zenter. Schuld daran war nicht nur exorbitantes Muskeltraining, sondern auch hunderte Lukanerwürste, die man ihm um den Bauch herum inzwischen doch ein wenig ansah.

    "Einverstanden. Quietus, du musst", befahl Scato.


    Quietus motzte pro forma, damit man ihn noch ein wenig bettelte, ehe er schließlich mit leidendem Gesicht zustimmte. In Wahrheit freute der Hund sich über das Vertrauen, da war Scato sicher, wo Quietus doch keine Gelegenheit ausließ, seinen Intellekt herauszukehren. Hier war er an einer guten Stelle eingesetzt.


    Das ganze Contubernium stellte sich in einen Kreis und stieß mit den Bratwürsten in der Mitte an. Dann bissen sie alle gleichzeitig ab. Schmausend und plaudernd blieben sie noch eine Weile in der Nähe des Standes stehen. Die gebratenen Lukanerwürste schmeckten köstlich. Sie füllten nicht nur acht Bäuche sondern zauberten auch acht zufriedene Gesichter mehr in die Welt. Der Bratwurstmann hatte seine heutige gute Tat auf jeden Fall erfüllt. Satt und glücklich kehrten sie gemeinsam zurück in Baracke VII, um den Abend beim Würfelspiel ausklingen zu lassen.

    Die Milites nahmen Haltung an und lauschten neugierig, während der frischgebackene Optio vor ihnen auf und ab schritt, ehe er stehen blieb und eine kleine Ansprache hielt. Applaudieren durfte man nicht, aber einige der Milites nickten anerkennend oder lächelten ausnahmsweise zu diesem Anlass. Auch Scato gönnte dem Kameraden die Beförderung und war gespannt, wie er sich machen würde. Auch Disziplinierungen gehörten fortan zu seinem Aufgabengebiet, was Cerretanus sogleich demonstrierte. Wer Maßregelungen nicht vertrug, war beim Militär falsch. Für Scato waren sie selbstverständlich und er nahm sie zum Zeichen, dass sein jeweiliger Vorgesetzter wünschte, die Milites zu tüchtigen Soldaten zu formen.


    Scato gehörte zu jenen, die den Aushang gelesen und sich nicht nur auf das Hörensagen der anderen verlassen hatten. Er war in Tunika angetreten und mit Scutum und Gladius ausgerüstet. So trat er nun zwei Schritte zurück. Allerdings war er nicht sicher, ob nicht auch der Panzer vorausgesetzt wurde, auf den Ramnus lautstark bestanden hatte, der in voller Montur hier aufgekreuzt war und nun ebenfalls zwei Schritte zurücktrat, da er sich genau so im Recht wähnte.

    Da Scato die Bekanntmachung als Erster entdeckte, informierte er sein Contubernium. So fand sich also die dritte Centuria der Cohors XII urbana pünktlich auf dem Exerzierplatz ein und wartete, was es zu verkünden gab. Antreten zur sechsten Stunde auf dem Exerzierplatz hatte es gehießen - unterzeichnet mit Centurio Octavius Maro im Auftrag von Optio Furius Cerretanus. Optio war der Furier also inzwischen geworden und die Zeiten des Plaudertons ihm gegenüber waren vorbei. Scato war gespannt, wie Cerretanus sich machen würde. Als Stellvertreter des Centurios war er nun der erste Ansprechpartner für die Milites. Die Patrouille auf dem Marktplatz hatte er trotz seines merkwürdigen Spontankaufs recht souverän geleitet und Leute zum Scheiße schaufeln verurteilen konnte er schon gut. Ansonsten schien er auch ganz umgänglich zu sein. Das waren sicher nicht die schlechtesten Voraussetzungen, denn einige der Tirones hatten vor Maro regelrecht Angst gehabt. Dass der niemanden auffraß, konnte man als Neuling nicht ahnen. Da war Cerretanus sicher eine gute Ergänzung.

    "Oh, wie schön", freute sich Scato. "Ein Kind der Lupercalia! Möge es wohl gedeihen." Dass die Frau das Verlangen der beiden Luperci im Urbanerpanzer nach Bratwurst gehört hatte und darauf reagierte, freute ihn ebenfalls. Es gab doch noch nette Menschen. Er stupste mit seiner Bratwurst an die von Lurco, so dass ein Fettspritzer fortflog, und biss herzhaft ab, während sie in der Menge verschwanden, um bratwurstkauend ihrer Arbeit nachzugehen.

    Christin oder Jüdin war Eireann also auch noch. Scato schubste die grob mit dem Schild auf Abstand, dabei war er nicht zimperlich. Der Christengott war bei Scato seit jeher unten durch. Er trug maßgeblichen Anteil daran, das Scato sich als Jüngling vor sich selbst gefürchtet hatte, ehe Terpander und Faunus ihm Rettung brachten und sagten, es sei in Ordnung, so zu fühlen. Abseits von zu Hause war seine Angst wieder aufgeflammt, doch Lurco hatte sie ihm auf süße Weise wieder genommen.


    "Kommt ein Römer ins Elysium", begann er zu plaudern. "Rhadamanthys, der Herrscher der Ebene der Ankunft, begrüßt ihn und zeigt ihm alles. So wandelt er über die grünen Wiesen, erfreut sich an den Rosen und kostet aus der Quelle Lethes den süßen Nektar. Weihrauchbäume säuseln sacht im warmen Frühlingswind, Lautenspiel erklingt. Da bemerkt der Römer ein Loch im Erdboden, aus dem gequälte Schreie dringen. Als er reinguckt, sieht er dass dort unten Menschen mit glühenden Eisen und Feuer gefoltert werden. Entsetzt fragt er Rhadamanthys, was das denn sei. 'Ach das', antwortet der und zuckt mit den Schultern. 'Das ist für die Christen, die wollen das so.'"


    Scato feixte über seinen eigenen Witz. Dieser Christengott, angeblich ein Gott der Liebe, hatte etwas dagegen, dass Scato seinen Lurco mochte. Er warf alle, die den falschen Menschen liebten oder ihm sonstwie missfielen, in seine ewigen Folterkammern. Wie man einen solchen Gott für sich erwählen konnte, der seine Jünger über ein Korsett aus Grausamkeit, ewigen Ängsten vor der Nachwelt und Erpressungen diktierte, wusste Scato nicht. Er wollte es auch nicht verstehen.


    Da die Nervensäge wieder in angenehmer Entfernung stand, wandte er ihr seinen Hintern zu. Er schenkte Lurco einen zärtlichen Blick. "Bratwurst?", fragte er und begleitete ihn zu der Bekannten, die er gerade entdeckt hatte.

    "Bratwurst", wiederholte Ramnus wie im Trance, während er dankbar die Gabe entgegennahm.
    "Bratwurst", bestätigte Tarpa, der sich demonstrativ die Caligae anzog.
    In Stilos Bett kam sein Kopf hoch. "Bratwurst?"
    "Bratwurst nennt man gewolftes Fleisch im Tierdarm, verfeinert mit Gewürzen, Zwiebeln und Kräutern, anschließend gebrüht und gegebenenfalls geräuchert, bevor die Wurst auf dem Grill gebraten wird", erklärte Quietus, als wäre die Frage inhaltlicher Natur gewesen. "Oft wird hierzu die Lukanerwurst zweckentfremdet."
    "Bratwurst!", tönte Aspers Jubelruf und er warf seinen Löffel in die Luft.
    Wie zur Bestätigung knurrte Ramnus´ Magen. Rasch biss er vom Hartkäse ab. Der Löffel landete genau in der Sparamphore. Wie gut, dass die inzwischen wieder gefüllt war, sonst hätte das ein böses Erwachen dank dieses verräterischen Löffels gegeben. Die fehlenden 5 Sesterzen würde Scato hinzufügen, sobald er das Geld beisammenhatte.


    Scato wies mit dem Daumen hinter sich. "Siehst du, Lurc, man zählt auf dich. Jeder will eine. Führ uns hin!" Gedanklich merkte Scato sich die Begeisterung der Truppe. Künftig würde er verstärkt darauf achten, was sie essen wollten, damit sie später das Angebot ihrer Taberna darauf ausrichten konnten. Und gemeinsam angeln zu gehen wäre sicher auch eine gute Idee, nur nicht gerade im Tiber.

    "Doch, er ist mies", lachte Scato, machte eine Bewegung, als wolle er die Arme lockern und stieß wie zufällig mit seinen Fingern gegen die Handfläche von Lurco. Dann sagte er zu Ramnus: "Heute gibt es was Leckeres, etwas ganz Besonderes: Puls!" Oh, der war böse, wenn einer richtig Schmacht auf was anderes hatte. Scato gluckste. Über das bitter enttäuschte Gesicht von Ramnus konnte er dann allerdings nicht mehr lachen. "Wir haben noch Hartkäse", fügte er tröstend hinzu. "Sehr viel Hartkäse. Und Ei."


    "Wieder kein Fleisch", maulte Ramnus und kickte ein Steinchen weg.


    Das Herdfeuer flammte auf einmal auf, als eine brennende Flocke vom Papyrus in die Asche fiel. Wenigstens schmeckte es den Penaten.

    Gegenüber einem beliebigen Kameraden hätte Scato lachend abgewunken und behauptet, Tiberios sei eine leckere Zwischenmahlzeit gewesen, gewürzt mit einer erfundenen Anekdote, die ihn möglichst gut und den Griechen möglichst schlecht wegkommen ließ. Lurco aber verdiente eine ehrliche Antwort. Zum einen, weil er sich so aufopferungsvoll um Scatos Wohl kümmerte, zum anderen, weil er es ohnehin jedes Mal bemerkte, wenn Scato log. Scato schaute sich gründlich um, ob jemand sie hören konnte und vergaß auch nicht, nach offenen Fenstern Ausschau zu halten. Erst, als er sicher war, dass nur Lurcos Ohren seine Worte vernehmen würden, antwortete er.


    "Ich habe mich ein bisschen in ihn verguckt", räumte er leise ein. "Er ist hübsch und jung und er bereitete mir Freude mit seinen Worten. Außerdem ist er eine manipulative kleine Ratte, die ihre Fertigkeiten ausprobiert hat. Warum sonst hätte er mich für sich gewinnen sollen, nur um dann den Schlussstrich zu ziehen? Den hätte er bequem schon vorher haben können. Aber nein, vorher musste er mich noch quälen. Er wartete nicht, bis ich den Köder geschluckt hatte - sondern bis der Haken in meinem Leib hing. Er ist nicht das Lämmchen, für das er sich ausgibt, sondern ein Herzfresser, der übt. Ich hoffe, er lässt sich das von Eireann schmecken, sofern sie eins hat."


    Das alles sagte Scato auch, um sich selbst davon zu überzeugen, dass es vorbei war. Eine Schwärmerei, eine Lehrstunde und gelernt hatte er. Er faltete den Brief zusammen. Er schaute Lurco in die Augen und lächelte.


    "Den werde ich den Penaten unseres Herdfeuers zu futtern geben."

    << Lupanarbesuch-Versuch Nr. 2


    Der Tag nach dem Lupanarbesuch begann als ein Traum von einem Tag. Scato sah aus wie ein aufgequollener Frosch, weil er dermaßen übernächtigt war und trotz einer gewissen Zurückhaltung zu viel für seine Verhältnisse getrunken hatte. Trotz seines grauenhaften physischen Zustands strahlte Scato während des Diensts und war die Ruhe selbst. Dinge, die das Nervenbündel sonst rasch in Rasche versetzten, perlten heute an ihm ab wie Regen an einer gut geölten Rüstung. Da er schon immer Lurcos bester Freund gewesen war und die beiden ständig zusammen herumhingen, merkten die Kameraden an ihrem Verhalten zueinander keinen Unterschied und sie mussten sich nicht verstellen. Obendrein schien die Sonne, die Frühblüher schoben ihre Knospen aus der Erde und die Bevölkerung war brav. Keine besonderen Vorkommnisse.


    Bis Scato des Feierabends einen Brief von Tiberios überreicht bekam.


    Dazu gab es ein schweres Säckchen, das voller Münzen zu sein schien. Als er den Absender las, flüchtete er damit in eine schattige Gasse zwischen den Baracken, um ihn still für sich zu lesen. Tiberios gab ihm das Geld zurück, abzüglich einer Aufwandsentschädigung. Mit Lurcos Worten im Hinterkopf erweckte das Schreiben nicht den kaltherzigen Eindruck, den sein Autor vermutlich beabsichtigt hatte. Mit gemischten Gefühlen las Scato die Zeilen mehrmals, ehe er zurück in die Baracke kehrte. Er wartete, bis er Gelegenheit hatte, das Geld unauffällig in die Spar-Amphore klimpern zu lassen, dann schnappte er sich Lurco und zeigte ihm den Brief.

    Ich muss eine Meldung machen.


    Der sonst so gewissenhafte Sklave Tiberios war FAUL und erweckte den Unmut des edlen Bürgers Scato, dem es nicht gelang, sein Schreiben in den überfüllten Postkasten zu stopfen und daher unverrichteter Dinge wieder abziehen musste.


    Tiberios, bitte einmal Briefkasten leeren! :D

    Das Gegenteil von Lurcos Vorschlägen geschah. Als seine Hand über die Haut seines Kameraden strich und in sein feuchtes Haar fuhr, wurde Scatos Herz leicht, als würde er das Dunkel von ihm abstreichen mit segnender Hand. Bald begann Scato leise zu blödeln, ehe er Lurco in seine Arme zog und alle Worte endeten. Ganz ohne Lupo und Lupa, ganz ohne die sehenden und hörenden Wände, wiederholten sie zu zweit, was vielleicht von Anfang an zu zweit hätte stattfinden sollen. Dies war das Ritual des Lebens, das Faunus ihnen schenkte und Scato trug noch immer den unanständigen Anhänger, den Lurco ihm zugesteckt hatte und der nun im Takt schwang, als würde er mitmachen. Und vielleicht tat das heilige Schmuckstück es auch auf einer anderen Daseinsebene, wer wusste schon, was es alles zwischen Himmel und Erde gab. Als Scato erschöpft auf Lurco niedersank, war er glücklich. Diesmal blieb er auf ihm liegen und schenkte ihm die Liebkosungen, die er zuvor erhalten hatte, zurück, bis er spürte, wie sein Freund sich gänzlich entspannte. Dann rutschte er von ihm herunter, um sich von der Seite an ihn zu schmiegen.


    Auf dem Heimweg ging Scato neben Lurco aufrecht und nur mit leichtem Torkeln durch die Porta Praetoria, wo er die Kameraden dermaßen freundlich grüßte, dass sie fragend die Brauen hoben. Eine Erklärung blieb er ihnen schuldig. In Baracke VII war es still und dunkel, vom Glimmen des nie erlöschenden Herfeuers abgesehen. Ramnus schnarchte, Tarpa hatte das Kissen um seinen Kopf gewickelt, um es nicht zu hören, und schnarchte auch. Selig lächelnd kletterte Scato hoch und kuschelte sich in sein Bett, wo er lauschte, wie Lurco es sich unter ihm gemütlich machte, so dass das Doppelstockbett leicht knarrte und wackelte, ehe wieder Stille einkehrte.


    Scato war pleite, die Gruppenkasse war leer, Lurcos Geldkatze vermutlich auch und Tiberios war fort. Im Gegenzug hatte Lurco ihm etwas geschenkt, das man für Geld nicht kaufen konnte. Scato wusste nun, was das war. Und das alles war geschehen, weil er losgezogen war, um einen Kochtopf für das Contubernium zu kaufen. Er stand unscheinbar beim Herd und glitzerte im Schein der Glut. Sein Funkeln war das Letzte, was Scato sah, bevor ihm die Augen zufielen. Dieser Topf war wahrlich ein "Goldtopf".


    Baracke VII >>

    "Was ich will?" Er schaute ihn mit verquollenen roten Augen an. Ganz dicht rutschte er zu Lurco, damit er leise sprechen konnte und Lurco ihn trotz seiner inzwischen undeutlichen Aussprache verstand. "Was ich vorhin schon gesagt hatte. Ich will kuscheln, möchte, dass wir zusammen in einem Bett liegen und du mich bedauerst! Stattdessen gibst du mir Ratschläge, einer klüger als der andere und hast auch noch mit jedem Wort recht, das kotzt mich an, weil es mir zeigt, wie dumm ich war, aber gleichzeitig könnte ich dir dafür die Füße küssen, dass du dir solche Gedanken um mich machst und mir helfen möchtest."


    Nur war sein Wunsch weder hier, noch in der Castra möglich, selbst wenn Lurco das tun würde. So rollte Scato sich am Beckenrand ein und versank noch tiefer in Selbstmitleid, wenn ihn schon sonst niemand bedauerte. Eine Sekunde später hob er wieder den Kopf, die Augen auf den Jüngling gerichtet. Würde er sich eben von dem trösten lassen. So was boten viele Thermen an. Dann fiel Scato ein, dass er ja pleite war. Er hatte schon die Zeche im Lupanar geprellt und Lurco hatte die Würste bezahlen müssen. Jetzt trank Scato noch auf seine Kosten die Weinvorräte der Therme aus. Alles nur wegen dem vermaledeiten Tiberios!


    "Darf ich noch etwas Wein bringen?", erkundigte sich der Jüngling, der seinen Blick bemerkt hatte.


    "Du darfst abhauen", fauchte Scato und verscheuchte ihn mit einer unwirschen Handbewegung wie ein lästiges Insekt.

    Scato schaute weg. Lange Zeit sagte er nichts mehr. "Ich hatte gehofft, dass er mich ein bisschen mag, ja. Aber das ist jetzt auch egal. Ihn ziehen zu lassen, ist das beste für uns beide, er tröstet sich ja schon ganz gut. Na ja, mich zu ersetzen ist wohl auch nicht sonderlich schwer. Ich werde die finanzielle Sache vernünftig mit ihm klären und dann gehen wir getrennter Wege, wie es sich das gehört."


    Er zuckte missmutig mit den Schultern. Mit einem Fingerzeig rief er einen Jüngling heran und bestellte noch mehr Wein, den er auch gleich geliefert bekam. "Ich wusste nicht, ob du nach der Geschichte mit Tiberios noch mit mir ins Lupanar möchtest." Mit einem Zug war der Wein weg. Mit dem Zeigefinger schob er den Becher über den bunten Mosaikfußboden. Ein älterer Herr schaute auf eine Weise herüber, als ob er sich von dem nervigen Geräusch, dass dabei entstand, gestört fühlen würde. Scato schaute streitlustig zurück uns und ließ das Glas weiter klimpernd über die Kacheln rutschen. Der Jüngling löste die Situation, indem er in die Blickachse schritt und weiteren Wein anbot.


    "Mach voll", murrte Scato. Dann sah er wieder Lurco an und ignorierte den alten Mann. "Wann?"

    Scatos ohnehin schon dienstliches Gesicht wurde nun extrem neutral, als Lurco zufällig seine Waffen überprüfte. Das neutrale Gesicht bei Problemen aufzusetzen hatte er recht schnell in der Castra gelernt. Er kannte diese Masche bereits von Terpander, was ihn nun ein wenig misstrauisch stimmte. Wieso hatte der ehemalige delicius seiner Mutter eigentlich den gleichen Gesichtsausdruck drauf wie die Soldaten der Cohortes Urbanae? Egal, darüber konnte er sich später den Kopf zerbrechen.


    Höchst neutral also blickte er in die Richtung von Cerretanus. Eigentlich hatte er ihn begleiten wollen, weil er meinte, zu einem anderen Zeitpunkt hätte er es sicher auch gut gebrauchen können, dass Cerretanus mal ein Auge zudrückte. Aber nun musste er zu Lurco halten, da er - wie immer - Recht hatte. Und das auch aussprach und so den Finger in die Wunde drückte.


    "Wir machen hier einstweilen weiter, bis du wieder da bist, Kamerad", stimmte er zu. "Es gibt übrigens auch die Möglichkeit, Lästerzungen herauszuschneiden oder sie einfach der Länge nach zu spalten, da hat man auch seine Ruhe." Er meinte, diesen wohlgemeinten Hinweis als kleine Entschädigung hinzufügen zu müssen, wie einen Löffel Honig, den man zu bitterer Medizin servierte.

    Scato klopfte emsig, damit Lurco sich auch wirklich neben ihn setzte und nicht woanders hin. "Na, ausgeschlafen? Verpasst hast du nichts als meine wertvolle Gegenwart. Caesoninus und ich fachsimpeln gerade über Lupanare."


    Er wandte sich dem blonden Burschen wieder zu. "Also ich konnte mich weder über die Preise noch über die Leistung im Magnum Momentum beschweren. Ich war da zufrieden, du bist vielleicht einfach an eine schlechte Lupa geraten. In der Subura sind die Räume immer so klein und stickig, das versaut alles und die toten Kinder in der Latrine sind auch nicht so dolle. Im Magnum Momentum nutzen sie vermutlich Gift, um nicht schwanger zu werden, zumindest ist mir da keine Schwangere aufgefallen, was ich von anderen Lupanaren nicht behaupten kann."


    In der Gegenwart von Caesoninus fachsimpelte Scato wieder, als wäre er ein erfahrener alter Hase. Tatsächlich waren schwangere und hochschwangere Huren, die sich an den Eingängen der Lupanare herumdrückten, vollkommen normal, genau wie die Kinderleichen im Abort. Es war eine traurige Realität, dass die Früchte der Tatkraft auf diese Weise entsorgt wurden. Ein Mädchen hatte manchmal noch Glück, großgezogen zu werden, um die Kunden irgendwann an der Stelle der alternden Mutter zu versorgen, aber kleine Jungs waren totgeweiht.


    "Welcher Titus?", wollte Scato wissen, um sich von dem traurigen Gedanken abzulenken. Er kannte noch nicht die Namen aller Luperci und vermutete einen Kollegen.