Beiträge von Sisenna Iunius Scato

    Einen Moment saß Scato einfach mit hochgezogenen Brauen da und starrte ins Nichts. In seiner Gedankenwelt versuchte er in der Castra, in der jeden Tag trainiert und exerziert wurde und in der Schweißgeruch der gegenwärtigste aller Gerüche war, Werbung für ausgerechnet Parfum zu machen. Er malte sich aus, was geschehen würde, wenn er den einzelnen Kameraden versuchte, ein Fläschlein anzudrehen. Asper würde es lustig finden - Asper fand alles lustig. Pullus würde es auf seine Blasenschwäche und häufigen Latrinengänge beziehen und zu Tode beleidigt sein. Ramnus würde sich nach den Zutaten erkundigen, um herauszufinden, ob man es nicht auch als Gewürz verwenden könnte und so weiter. Niemand, wirklich niemand in der Castra würde Interesse daran haben, Parfum aufzutragen und dafür auch noch zu bezahlen!


    "Und wenn wir ablehnen mit Verweis auf tiefergehende Nachforschungen? Wer sich einen Künstlernamen gibt, könnte auch andere Dinge verschleiern als nur seine Identität", sprach Scato lauernd.

    Scato staunte nicht schlecht, als Lurco die Schlinge zuzog - und verlangte, dass Viridomarus ihm das Haus schenkte! Dabei war er sehr nachdrücklich und die Argumente hörten sich irgendwie vollkommen überzeugend an.


    "Ah ja, womöglich sogar Identitätsdiebstahl", warf er ein. "Weiß denn der echte Appius Centenius Venox davon, was unter seinem Namen geschieht oder seine Gens? Nimmt diese Schaden dadurch? Alles Dinge, die man überprüfen könnte."


    Er schaute grimmig drein, um Lurco auf diese Weise zu unterstützen. Hin und wieder nickte er düster. Als Lurco mit dem Tonfall einer Giftschlange Viridomarus als 'Pausbäckchen' bezeichnete, musste Scato sich sehr zusammenreißen. Anschließend musste er mit Lurco unbedingt noch einmal in die Stadt um gewisse Dinge zu klären, die immer unaufschiebbarer wurden.


    Er nahm alles in allem nicht an, dass Viridomarus es ihnen einfach machen würde. Dies war sicher nicht das erste Mal, dass der findige Händler in die Ecke gedrängt wurde. Er hätte sich nicht solchen Wohlstand ergaunert, wenn er nicht wüsste, wie er ihn erhalten und mehren könnte. Scato war gespannt, wie Viridomarus auf diese unerhörte Forderung reagieren mochte.

    Was für ein ulkiger Mann. Wie traurig er seinen opulenten Bauch betrachtete, der angeblich im Vergleich zu früher geschrumpft war. Aber er schien sich gut mit der Ware, die er vertrieb, auszukennen - Sklaven. Der Preis für das Anwesen indes war gewaltig. Scato musste schlucken.


    "130.000 Sesterzen, in Ordnung. Dürfen wir die in Raten abbezahlen? Sonst wird es schwierig."


    Er versuchte, im Kopf zu überschlagen, wie lange er und Lurco mit ihrem Sold von 30 Sesterzen dafür benötigen würden, diese Summe abzubezahlen, wenn Scato auch noch Terpander durchfüttern musste.

    "Warm und glücklich", gab Scato zurück, dem der Schweiß rann, aber er war guter Dinge. In seinen Augen durfte und musste das Training durchaus hart sein, denn der Ernstfall würde das auch sein. Weniger gut ging es vermutlich Ramnus, der aufgrund seiner Größe geduckt stehen musste, damit die Schildkröte ordentlich abschloss. Dem Kameraden würde heute Abend wohl wieder das Kreuz weh tun.

    Scato schaute zum frischgebackenen Optio. Warum hatte er nur nicht den Mund gehalten. "Es ging um die Ehre von Ramnus und unserem Contubernium, Optio. Durch das Lachen von einem Kameraden auf dem Exerzierplatz wurden beide beleidigt. Und befleckte Ehre kann nur mit Blut reingewaschen werden." Tarpa, der verbeulte Sieger, versuchte wankend, Haltung zu wahren. Scato verkniff sich einen Blick in seine Richtung, auch wenn längst allen klar war, wer gelacht hatte. "Aber ich weiß nicht, ob es zählt, wenn einem der Versuch misslungen ist - oder ob das jetzt ein zweites Duell nach sich ziehen muss."


    Ramnus stöhnte, fasste sich immer wieder an den Kopf und kam ohne Hilfe nicht mal auf alle viere. Wie auch immer Tarpa das angestellt hatte, aber er hatte ihn fürs Erste vollkommen kampfunfähig gemacht. Zwei Milites zogen sich die Arme von Ramnus über die Schultern und halfen ihm, zum Valetudinarium zu gelangen. Einfach war das nicht. Scato schaute nach Lurco, dem Ramnus besonders ans Herz gewachsen war. Ramnus war ja auch ein gemütlicher Kerl - wenn er nicht gerade seine Ehre verteidigte oder sonst irgendetwas, das ihm wichtig war. Lurco indes war bereits dezent aus dem Blickfeld verschwunden.

    War der Mann früher wirklich noch beleibter gewesen und Lurco empfand ihn tatsächlich als dünn? Scato musterte die imposante Gestalt ihres Gegenübers. Was war Scato dann, ein Stock? Reflexartig schaute er auf seine Arme. Bis gerade eben war er noch stolz auf sie gewesen, nun kamen sie ihm geradezu grotesk dürr vor. Egal, jetzt mussten sie erst einmal den Kauf ihres Hauses klarmachen. Während Lurco ein Gesicht zog wie drei Tage Regenwetter, strahlte Scato den beleibten Mann also an, um Lurcos schlechte Laune wieder auszugleichen.


    "Das Haus ist zwar eine Bruchbude mit Löchern im Dach, eine regelrechte Ruine, aber aufgrund der passablen Lage wäre es dann doch zu schade, um es abzureißen. Wir möchten es kaufen. Allerdings haben wir das Geld nicht vorrätig, so als gewöhnliche Milites, wir dachten darum an eine Ratenzahlung. Würde sich da was machen lassen?"


    Zumindest ging er nicht davon aus, dass Lurco das erforderliche Sümmchen in seiner privaten Sparamphore hatte.

    Als sie in das mit allerlei Kunstwerken dekorierte Haus gebeten wurden, war die Welt noch in Ordnung. Das Haus war nicht nur nobel, sondern auch geschmackvoll eingerichtet. Alles war sauber und ordentlich. Dann verwandelte Lurcos Lächeln sich mit einem Mal in eine Fratze. Verwundert beäugte Scato seinen Freund von der Seite, der von dem korpulenten Mann in aller Vertraulichkeit an sein Herz gedrückt wurde. Dann blickte Scato dem Gastgeber an. Der Mann sah sehr freundlich aus. Des Rätsels Lösung war, dass die beiden sich kannten - zur Freude des Viridomarus, zum Verdruss des Lurco. Scato kam das Äußere des Mannes verdächtig bekannt vor. Lurco hatte ihn einst beschrieben. Es war jener, der keinen Wein erhalten sollte! Aber hieß der nicht eigentlich anders? Womöglich ein Künstlername?


    "Salve", sagte Scato steif, etwas überfordert mit der Spannung, die in der Luft zu liegen schien. Er stellte sich gleich selbst vor. "Sisenna Iunius Scato, sehr erfreut." Die Leckereien sahen köstlich aus, doch zuerst gab es einen Umtrunk. Das würde die angespannten Gemüter hoffentlich beruhigen. Scato griff nach dem Becher und hob ihn in Richtung des Gastgebers, der den Trinkspruch brachte. Gleichzeitig fragte er sich, ob es wirklich der Mann war, für den er ihn hielt. Lurcos Gesichtsausdruck nach zu urteilen, bestand daran kein Zweifel.

    "Dann kaufen wir den Wein für uns selber für den erfolgreichen Abschluss des Kaufs von Du-weißt-schon-was." Er wackelte vielsagend mit den Augenbrauen. Seine eigenen Caligae musste er nicht erst anziehen, die trug er schon. Er klopfte Lurco in allerbester Stimmung zwischen die Schulterblätter, bevor sie losmarschierten.


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    Frohen Mutes machten Lurco und Scato sich auf, um das verfallene Haus zu erwerben, das Terpander für sie ausgekundschaftet hatte. Heute sollte es ihres werden! Zwar waren mit ihren bescheidenen Mitteln keine großen Sprünge möglich, aber mit Terpanders Hilfe, viel Zeit und Geduld mochte aus der Bruchbude eines Tages ihr persönliches Elysium werden. Scato schaute noch einmal auf die Adresse, die Terpander ihnen aufgeschrieben hatte, zu der auch eine Wegbeschreibung gehörte. Der Besitzer wohnte schon längst nicht mehr in dem Haus, falls er das überhaupt je getan hatte. Nun wollte er es loswerden, bevor es aufgrund des undichten Dachs zu sehr an Wert verlor. Dies hier war demnach wohl seine Privatadresse.


    "Sind wir hier richtig?", fragte Scato und schaute die Tür an.

    "Dann sollten wir künftig auch Bacchus ehren als einen Gesinnungsgenossen des Faunus", fand Scato, der interessiert gelauscht hatte. "Er ist der Gott, dank dem die Griechen nicht ausgestorben sind, so dass sie uns weiterhin mit Säulen und anstößigen Kunstwerken erfreuen können." Er stieß Lurco mit dem Ellbogen an. "In Ordnung, kein Wein für deinen Bacchusfreund. Aber in die Stadt müssen wir trotzdem. Wir wollten noch was kaufen!"

    Die Blicke des Contuberniums hatten sich fast ausnahmslos auf Lurco gerichtet. Nur Pullus war gerade auf der Latrine, so dass er sich nicht beteiligen konnte an dem Rätsel um den merkwürdigen Teller und um die vermeintlich dummen Griechen, die vielleicht doch gar nicht so geistig umnachtet waren, wie manche hier das gern darstellten. Scato seinerseits war begeistert von Lurcos Erklärung.


    "Du hast nicht nur die Ehre von Terpander gerettet, sondern uns auch erhellt", schwärmte er überwältigt davon, dass Lurco tatsächlich aus dem Stehgreif so etwas hatte erklären können. Nicht einmal Quietus, ihr wandelndes Lexikon, hatte das gewusst. "Wo erfährt man so etwas schon, wenn man nicht gerade privat mit solchen Leuten zu tun hat? Dieser Kumpel hat dich also alles über Bacchus gelehrt, wir sollten ihm was schenken zum Dank, einen guten Wein oder so! Wir hätten ohne seine Lehrstunde niemals erfahren, was dieser Stab da bedeutet und dass er kein Xylospongium ist und außerdem müssen wir eh mal wieder in die Stadt. Da können wir das gleich mit erledigen. Aber ungeklärt ist noch immer, was die beiden Kollegen da auf dem Teller treiben." Scato tippte auf das Bild, so dass der Teller leise hallte. "Blödeln sie einfach rum oder ist das eine rituelle Handlung? Werden seine Eier gerade gesegnet, indem die Mänade mit dem Stab dagegen stupst? Für Fruchtbarkeit und Manneskraft? Dann sind das so was wie griechische Luperci!" Jetzt gefiel ihm der merkwürdige Teller langsam richtig gut.

    "Und hier haben wir einen weiteren Beweis dafür, wie dumm Griechen sind", verkündete Stilo, der kaum eine Gelegenheit ausließ, über die Hellenen herzuziehen. Bei diesen Worten knallte er etwas flaches, in Tuch eingeschlagenes, auf den Tisch.


    "Was hast du gegen Griechen?", knurrte Scato.


    "Sie sind dumm", behauptete Stilo und machte sich daran, das Päckchen auszupacken. "Nicht nur, dass sie ihre unmöglichen Sitten nach Roma schwemmen, sie sind auch zu dämlich, Kackschwämme richtig zu benutzen."


    "Hä?!" Jetzt verstand Scato gar nichts mehr.


    Merkwürdiger Teller


    Triumphierend zeigte Stilo auf den bemalten Teller, den er gerade gekauft hatte. Darauf bearbeitete eine Frau den Unterleib eines lüsternen Satyrn mit einem Gegenstand, der verblüffende Ähnlichkeit mit einem Xylospongium hatte. Scato drehte den Teller und betrachtete ihn von allen Seiten.


    Asper schaute ihm über die Schulter. "Aber ihm scheint es ja zu gefallen", sprach er diplomatisch.


    "Sie wäscht ihm damit die Eier", stellte Tarpa fassungslos fest. "Und der freut sich auch noch. Das ist barbarisch!"


    "Sag ich ja", trumpfte Stilo auf.


    Nun wollte auch Ramnus sehen, worum es ging. Der bullige Kamerad stapfte an den Tisch und schaute. "Ich finde, das sieht eher aus, als ob der Satyr die Frau wegschieben will", wandte er ein. "Außerdem schlägt sie den armen Kerl. Satyrn sind doch so was wie Faune. Scato, was sagst du als Lupercus dazu?"


    Scato hob den Teller jetzt an und schaute auf die Rückseite, als würde er dort nach des Rätsels Lösung suchen. "Nein, garantiert alles unzutreffend, viel zu absurd. Es muss eine rationale Erklärung für dieses Bild geben. Wir verstehen das bestimmt vollkommen falsch. Die Griechen können nie und nimmer so blöd sein!"


    Stilo funkelte ihn an. "Natürlich sind sie blöd. Was haben sie denn je Intelligentes gemacht?"


    "Säulen erfunden", platzte Scato heraus.


    "Und Demokratie", schnaubte Stilo. "Bescheuerte Bilder und Statuen ohne Klamotten. Nur Müll. Teller wie diesen!"


    Scato betrachtete den Teller nun von der Seite. Schließlich stellte er ihn ratlos wieder hin. "Tja."


    "Und?", hakte Asper nach. "Du kennst dich doch mit Griechen aus. Du hast selber einen."


    "Meinst du, ich würde zulassen, dass mein Grieche solches Schindluder mit einem Xylospongium treibt? Terpander ist anständig! Der macht so was nicht. Stellen wir den Teller einfach aufs Regal der ungeklärten Merkwürdigkeiten."


    Er zeigte auf ein Wandregal, das noch nicht mit Gerümpel vollgepackt worden war, woraufhin Stilo den Teller aufrecht darauf stellte, so dass alle das Bild sehen konnten beziehungsweise mussten. Ein Mahnmal an alle, was die einzig wahre und beste Kultur war - und was nicht.

    Die Milites machten ihrem Vorgesetzten respektvoll Platz, aber es ging in der Arena noch drunter und drüber. Tarpa und Ramnus lagen inzwischen am Boden und waren zu sehr miteinander beschäftigt, um den Optio zu bemerken. Das lag daran, dass Ramnus inzwischen auf Tarpas Brust saß und versuchte, ihm das Gesicht zu demolieren, aber Tarpa hatte seine Arme befreien können, griff nach oben und zerrte Ramnus an den Haaren nach unten, so dass er nicht mehr zuschlagen konnte. Plötzlich schrie er auf. Ramnus grub sein Gebiss in Tarpas Brust, so dass Tarpa mit der Faust auf Ramnus´ Schläfe eindrosch, damit er los ließ.


    Scato schaute Perplex den Optio an. Cerretanus sprach in fremden Zungen zu ihnen! Dazu zeigte er mit dem Finger von hier nach da. Scato verstand diesen Dialekt nicht oder war das sogar eine fremde Sprache? Das Wort 'festnehmen' war klar und deutlich gewesen, aber wen? Ramnus und Tarpa - oder die Zuschauer? Hilflos schaute er zu Lurco hinüber. Im Hintergrund rappelte sich Stilo auf und rieb seine Kniekehle. Irgendwer musste ihn versehentlich dorthin getreten haben. Die anfeuernden Rufe waren verstummt.


    Plötzlich sackte Ramnus auf seinem Gegner zusammen. Tarpa wurde unter ihm begraben. Mit einiger Mühe kroch er unter ihm hervor. Sein Gesicht und seine Tunika waren voller Blutflecken, Schweiß und Dreck. Verwirrt betrachtete er seinen Gegner, der noch irgendwie die Hände bewegte, ansonsten aber nichts mehr. Einen Moment herrschte Stille. Es wurde offensichtlich, dass Ramnus nicht mehr kämpfen konnte. "Ich hab gewonnen!?", rief Tarpa. Es war eine Mischung aus Feststellung und ungläubiger Frage.


    "Und ich bin reich!", rief Scato genau so fassungslos. Er war der Einzige, der mehr aus Mitleid auf Tarpa gesetzt hatte.


    Erst jetzt bemerkte Tarpa den Optio. "AH", rief er erschrocken und wich einen Schritt zurück, nur um gleich wieder vorzutreten und Haltung anzunehmen. "Optio", keuchte er in Erwartung eines Donnerwetters.

    Für Spracheingabe empfehle ich Dragon NaturallySpeaking, das kann man in jedem Eingabefeld verwenden, auch im IR. Ist auch gut für Vielschreiber, die zu Sehnenscheidenentzündung neigen. Allerdings weiß ich nicht, ob es das für Smartphones & Co gibt, ich nutze es am Rechner.

    Zitat

    Eigentlich doch eine gute Idee wieder mehr im IR zu posten.


    Das und das schöne Wetter zum Outdoorsport nutzen. Ausgangssperre haben wir hier nicht so streng wie anderswo. Gut, um den Winterspeck loszuwerden.

    Scato marschierte in der heißen Enge der Schildkröte mit. Unter den Schilden stauten sich die Wärme und die Gerüche der Soldaten, im Hochsommer wäre das eine Herausforderung für sich. Jetzt aber war es sogar recht gemütlich. Mehrmals hintereinander übten sie, die Schildkröte rasch auf- und abzubauen. Dann zogen sie in der Formation die Schwerter. Aufgrund der Enge mussten sie besonders aufpassen, niemanden zu verletzen. Der Optio stellte sich vor Gruppe 1 und gab nach einer Weile den Befehl, die Schwerter wieder wegzustecken, dem sie auch nachkamen.


    Scato hoffte noch immer, dass mal wer eine Anekdote zum Besten geben würde, was denn beim Sklavenaufstand nun alles auf die Milites herabgeregnet war. Maro hatte etwas angedeutet und Cerretanus müsste wohl auch dabei gewesen sein von der Dienstzeit her. Aber beide hielten sich bedeckt mit Plaudereien aus dem Nähkästchen vor versammelter Mannschaft. Gegebenenfalls waren die Kämpfe nicht gut verlaufen, so dass man weniger gern darüber sprach. So folgten Scato und die übrigen Milites den Kommandos und warteten, was folgen würde.

    Prügelei


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    Ramnus versus Tarpa


    Dass Tarpa seinen Kameraden Ramnus auf dem Exerzierplatz ausgelacht hatte, blieb nicht ohne Folgen. Als Scato gerade mit Tarpa auf dem Weg zum Brunnen war, flog Tarpa plötzlich mitten im Satz nach hinten weg. Sein leerer Ledereimer fiel zu Boden. Verwundert drehte Scato sich um. Ramnus, ein Koloss von einem Miles, hielt seinen Kameraden im Nacken an der Tunika und schleifte ihn in eine dunkle Gasse zwischen den Baracken, wie ein Bär, der sein Beutetier in ein sicheres Versteck schleift. Tarpa war auch kein Hänfling, doch gegen Ramnus war jeder machtlos, wenn der einen einmal in seinen Pranken hatte. Rasch hob Scato den Eimer auf und folgte den beiden.


    In der Gasse hatte sich das ganze Contubernium versammelt, ein zweites von nebenan noch dazu und noch etliche weitere Schaulustige, die zu dem kommenden Spektakel eingeladen worden waren. Sie machten Platz, so dass die Kontrahenten passieren konnten, dann schlossen sie die Reihen wieder. Tarpa war eingekesselt. Beide Enden der Gasse waren von den Zuschauern versperrt, für Tarpa gab es keinen Fluchtweg. Er wurde abgesetzt und Ramnus ging im Kreis, den Blick nach außen zu den Milites gewandt um, um sich bejubeln zu lassen. Er zog seine Tunika von den Schultern, so dass sie wie ein Lendenschurz über den Gürtel nach unten hing, damit jeder sich von seiner beträchtlichen Muskulatur überzeugen konnte, die er nun stolz durch Armverrenkungen präsentierte. Tarpa hingegen suchte die Umgebung systematisch nach Schwachstellen ab, so lange er das noch konnte. Ob er eine gefunden hatte, blieb offen, da Scato von einer schnellen Bewegung von Ramnus abgelenkt wurde.


    Der löste die Waffengurte mit Schwert und Dolch und warf das Ganze Asper zu, der ihn fing. Die andere Hand hielt Asper auffordernd Tarpa hin. "Die Waffen", forderte er. Tarpa hatte keine Wahl, als ihm ebenfalls seinen Gladius und den Pugio auszhändigen.


    Quietus kassierte derweil die Wetteinsätze. "Siebzehn zu null für Ramnus", verkündete er. "Will noch wer sein Glück versuchen?"
    Scato warf ihm fünf Sesterze zu. "Ich bin für Tarpa", rief er. Tarpa war leichter, aber er war auch flinker und wirkte momentan nur so mickerlich, weil Ramnus dermaßen bullig war. Scato räumte ihm durchaus eine Chance ein.
    "Siebzehn zu eins", aktualisierte Quietus und schaute fragend in die Runde.


    "Hör mal, Rami", versuchte Tarpa seinen Gegner zu beschwichtigen.
    Doch Ramnus wollte nicht hören und erst recht wollte er kein Rami sein für den in Ungnade Gefallenen. Ein vernichtender Faustschlag folgte als Antwort, den Tarpa nur knapp mit dem Unterarm umlenken konnte. Die zweite Faust folgte und Tarpa flog rücklings gegen die Barackenwand. Die Zuschauer johlten. Es folgten einige Minuten, in denen Tarpa von Ramnus regelrecht demontiert wurde. Es gelang ihm, seinerseits einige Treffer zu landen, doch außer dass Ramnus nur noch wütender wurde, erreichte er nichts.
    Die Zuschauer schrien außer sich, nur Pullus hielt sich die Augen zu, der das Elend nicht mit ansehen konnte. "Wir werden solchen Ärger kriegen", stöhnte er. Niemand hörte auf ihn.


    Plötzlich ging ein Ohhhhhhhhh durch die Menge, als Tarpa in Windeseile an einem Zuschauer hochkletterte, weil er gerade so schön da stand, als wäre er eine Leiter. Und einen Klimmzug später stieg Tarpa über das Dach von Baracke VII in Sicherheit. Er wirkte ein wenig zerbeult, konnte offenbar aber mehr einstecken, als die meisten vermutet hatten.


    "Komm da runter", brüllte Ramnus außer sich. In ohnmächtiger Wut ballte er seine schinkengroßen Fäuste.


    "Komm du doch hoch", schrie Tarpa zurück. Er stieg ganz hoch und setzte sich auf den Dachfirst. Dort schob er sich den Zeigefinger in den blutigen Mund und überprüfte seine Zähne. Unten tobten die Menge und Ramnus. Einige lachten, die meisten buhten - besonders jene, die auf Ramnus gesetzt hatten. Tarpa wurde nun ebenfalls wütend, weil er ausgebuht wurde. "Arschloch", brüllte er herunter. "Wegen dir ist ein Zahn locker! Ich werde das melden!"


    "Gar nichts wirst du melden!" Ramnus suchte nach irgendetwas, das er werfen konnte, fand eine Kiste mit Tonbechern und begann, Tarpa zu bombardieren. Da Tarpa sich mit seiner Aussage, petzen zu gehen, nicht gerade beliebt gemacht hatte, jubelten die Zuschauer für jeden Treffer. Tarpa musste seine Gebissinspektion unterbrechen, um die Tonbecher abzuwehren, die mit schädelbrecherischer Wucht auf ihn zurasten. Er ließ sich die andere Seite vom Dach hinabrutschen - nur um festzustellen, dass einige der Kameraden dort schon auf ihn warteten, vermutlich, um ihn zurück in die Arena zu schleifen. Als Tarpa rasch von ihnen fort kletterte, bildeten sie eine Räuberleiter.


    Vorn sah es aber nicht besser aus, denn dort lauerte unten Ramnus. Kaum schaute Tarpa wieder über das Dach, schleuderte er seine Munition. Tarpa duckte sich gegen den vorbeifliegenden Becher. Die wachsende Panik war ihm anzusehen. Er riss eine Dachschindel ab und fuhr herum. Wie mit einer Keule schaltete er damit zunächst seinen Verfolger aus, der rücklings vom Dach hinab auf seine Kameraden stürzte. Dann schleuderte er sie auf Ramnus. Einige Zuschauer hatten tatsächlich Schilde dabei und bildeten nun ein Dach damit. Allerdings nur für sich selbst - Ramnus musste draußen bleiben. Tarpa nutzte die Formation aus, indem er darauf sprang, darüber rannte und auf das Dach der Nachbarbaracke kletterte - als ihn ein Becher gegen den Hinterkopf von den Füßen holte. Er trat fehl und stürzte hinab in die Zuschauer. Einen Augenblick später war Ramnus über ihm, um zu beenden, was er begonnen hatte.


    Für Ramnus ging es um seine Ehre - für Tarpa ging es um seine Gesundheit. Beide schenkten sich nichts und auch wenn der Kampf nun weniger spektakulär zu beobachten war, war nun der Augenblick gekommen, da er sich entscheiden wurde.


    "RAMNUS, RAMNUS", donnerten die Zuschauer.
    Scato legte die Hände wie einen Trichter an den Mund. "Tarpaaa", kreischte er gegen den Lärm an.
    Aus den beiden Kontrahenten war ein schnaufendes, schlagendes, tretendes und kratzendes Knäuel geworden, das sich über den Schotter wälzte.

    Alle warteten gespannt auf die Rückmeldung oder nächste Anweisung des Optio. Die Stille, die gerade herrschte, war ein wenig unheimlich, besonders Quietus begann zu fürchten, dass er vielleicht den Mund zu voll genommen hatte und stellte sich besonders ordentlich hin, um nicht aufzufallen. Ramnus eine Reihe nebenan hingegen war es unmöglich, unsichtbar zu werden, aber er versuchte es auch gar nicht erst. Er hatte sich nicht an dem enthusiastischen Testudo-Gebrüll beteiligt. Finsteren Blickes stierte er vor sich hin. Sein Kopf war vermutlich erfüllt vom Klang von Tarpas brechenden Knochen, während er in Gewaltfantasien schwelgte. Scato schaute wieder nach vorn zu Cerretanus.

    Nun musste Ramnus auch noch sein Contubernium verlassen und in das benachbarte Wechseln. Scato hörte gedanklich schon Tarpas Knochen knacken, doch der seufzte nur erleichtert, dass er Ramnus endlich los war. Auf welche Position er gehen sollte, war ihm allerdings offensichtlich nicht ganz klar, denn er schaute sich kurz verwirrt um, ehe er genau dort stehen blieb, wo er schon war, nur etwas perfekter noch. Gruppe 2 marschierte nun einträchtig hinter die erste.


    "TESTUDO", schrien mehrere gleichzeitig, als die Frage nach einer Defensivformation kam. Das war ja auch die bekannteste Formation der Legionäre.


    "V-Formation", warf in die danach folgende Stille Quietus ein, damit man ihn auch wirklich hörte und fügte noch schnell hinzu: "Als Antwort auf den Keil."

    Das Contubernium von Scato und Lurco befand sich in der zweiten Gruppe. Langsam schien der neue Optio sich warmzubrüllen, er wurde zusehends souveräner. Auf sein Kommando ihn rückten sie seitlich näher an Truppe 1. Dann ging es los. Sie exerzierten nach besten Kräften. Scato hatte das Problem, dass hinter ihm Tarpa marschierte, der es momentan besonders eilig hatte. Einige Male bekam Scato den Schildbuckel von ihm ins Kreuz, weshalb er instinktiv noch schneller ging. Ihre Truppe hatte die wenigsten Probleme, das geforderte Tempo zu halten. Exerziert hatten sie schon lange nicht mehr, Scato machte das Ganze Spaß. Er hob den Schild wie befohlen bis unter seine Nase. Dem armen Tarpa, dem das Lachen rausgerutscht war und der den Tod im Nacken sitzen hatte und Scato vor sich her trieb, um selber schneller gehen zu können, wohl weniger. Vermutlich latschte Ramnus ihm bei jedem Schritt absichtlich mit den genagelten Sohlen der Caligae in die Hacken. Ein wenig leid tat Tarpa Scato schon, aber wie dämlich musste man auch sein, um sich mit Ramnus anzulegen!