Beiträge von Sisenna Iunius Scato

    Im Laufen drehte Scato sich nach den hinter ihm rennenden Luperci um. Da die Zuschauer keine gerade Gasse bildten, sondern manche kreuz und quer standen, suchte er den Blondschopf von Caesoninus vergebens. Egal, er würde schon zu ihnen aufschließen. Oder vielleicht war er auch schon längst vor ihnen? Scato drehte sich wieder nach vorn und spähte. Statt des Caesoninus waren zwei Sklaven vor ihm, die regelrecht nach einer Segnung schrien, wirkten sie doch auf ihn, wie ein junges Pärchen. Irgendwie schienen es die Sklaven zu sein, welche seiner segnenden Geißel heute am meisten bedurften.


    Johlend holte er aus - nur um von einem stolpernden Lupercus an ihnen vorbeigerissen zu werden. Der Segen verfehlte Mann und Frau, von ein paar Blutsspritzern abgesehen.


    "Oh, nein!" Trotz seines Gelächters hinterließ die verfehlte Segnung ein unschönes Gefühl bei ihm. Nicht, dass er den beiden damit am Ende das Gegenteil brachte? Da Scato es aber auch unelegant gefunden hätte, in die falsche Richtung zu rennen, blieb ihm nur, rücklings mit der Hand mit der blutigen Geißel zu fuchteln und zu schreien: "Eine der nächsten Stationen dann!"


    Die Menschen standen dicht, aber nicht so dicht, dass man nirgendswo mehr durchkommen konnte. Und wenn er sich ein wenig Zeit ließ und seinen Segen noch eine Nummer spendabler verteilte, würden die zwei ebenso wie andere, die den Segen bitter nötig hatten, sich ausreichend schnell in die passende Richtung drängen können. Vielleicht fand der eine oder andere auch eine Abkürzung quer über den Mons Palatinus, dann wäre es ein leichtes, die Läufer zu überholen, die sicher früher oder später in einen Stau gerieten. Manche jener, die gesegnet werden wollten, waren ziemlich zudringlich. Eine Frau hatte sich sogar an Lurcos Arm gehängt, wenn sie das bei Scato versucht hätte, hätte sie ihn vermutlich zu Boden gerissen. Feixend bei dem Gedanken rannte er weiter und verteilte einen besonders schmerzhaften und daher wirkungsvollen Segen an einen Mann, der aussah, als ob er diesen Hieb abhalten würde.

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    Was für ein Fest! Bereits jetzt war Scato erfüllt von Euphorie, fast als hätte er zu viel des Weins zugesprochen, nur ohne dessen unangenehme Nebenwirkungen. Er lachte, was das Zeug hielt, während er die letzten fünf Stufen der Treppe auf einmal hinuntersprang. Laut klatschten seine Füße auf den Steinplatten, als er unten aufkam. "Segen des Faunus", brüllte er und rannte weiter. Doch er musste seinen Lauf etwas verlangsamen, da die Traube dichter rückte. Das drohende Schwingen der Peitsche sorgte dafür, dass sie noch näher kamen, worüber er noch mehr lachen musste.


    In der Menschenmasse fiel ihm unter hunderten Gesichtern eine blonde Sklavin aufgrund ihres durchdringenden Blickes auf. Sie war etwa in seinem Alter und blickte für seine Begriffe ziemlich neugierig auf die rennenden Luperci, die in alle Richtungen peitschten. Ihre Begleiterin hingegen schien sich in Luft auflösen zu wollen. Scatos ohnehin schon übler Lachanfall wurde durch den Anblick dieses schrägen Kontrasts noch gesteigert. Am Ende des Laufs hatte er vermutlich nicht nur in den Beinen Muskelkater, sondern vielmehr noch im Zwerchfell. Er kämpfte sich zu den beiden heran.


    "Mehrt euch", kreischte er und verpasste erst der schüchternen Sklavin, dann ihrer Begleiterin einen blutigen Hieb. Da der Streifen noch nicht benutzt worden war, ergab das eine herrlich matschige Segnung, die besonders wirkungsvoll sein würde. "Gereicht eurem Herrn zur Ehre! Flutet das Haus mit Nachkommen!" Dann rannte er weiter.


    Scato registrierte, dass Lurco extra etwas langsamer lief, damit er mit ihm Schritt halten konnte. Dabei übersah Lurco, dass sein Kumpel das in den Beinen hatte, was ihm in den Armen fehlte. Rennen konnte Scato, und wie! Er durfte dabei nur nichts Schweres schleppen. Bestens gelaunt überholte er Lurco und zeigte ihm eine lange Nase, ehe er sich wieder nach vorn drehte, die Peitsche schwingend und blutigen Segen verteilend.

    Die Augen der Bevölkerung waren auf das obere Ende der Cacustreppe gerichtet. Von dort würden die Luperci kommen. Der Tag war kühl, aber das Wetter blendend und der erste süße Hauch von Frühling lag in der Luft. Die meisten Anwesenden waren schon lange vor Beginn des Rituals eingetroffen, um sich einen Platz in der ersten Reihe zu sichern. Entsprechend dicht war das Gedränge nun. Es wurde noch dichter, als anhand des Gelächters in der Grotte das Nahen der Läufer bald zu erwarten war.


    Und tatsächlich sollte das Warten nicht mehr lange dauern. Noch bevor man sie sah, hörte man sie schon.


    Unter lautem Gelächter rannten die Luperci aus dem Inneren der Lupercal-Höhle. Scato wurde rechts und links angerempelt und rempelte zurück, während er nicht aufhören konnte, zu lachen. Nach dem Dämmerlicht der Grotte schlug ihm das Sonnenlicht gleißend hell entgegen, genau wie der Lärm der Zuschauer, welche die Luperci lautstark begrüßten. Mit langen Schritten hielten die nur mit blutigen Fellen umwickelten Männer auf die Scalae Caci zu, die blutigen Hautstreifen als Peitschen in den Händen. Noch liefen sie ihn einem dichten Pulk, erwartet von Jubelrufen jener, die den Segen erhofften.


    Scato blieb nur ein winziger Moment, um das Panorama von Hausdächern, Köpfen und bunten Tunikas zu bewundern, als er im schnellen Lauf die oberste Stufe erreichte. Wenige Augenblicke später waren die Umstehenden bereits in geeigneter Reichweite. Die ersten blutigen Schläge der Segnung sausten unter lautem Johlen nieder, als der vorderste Lupercus seiner Aufgabe nachkam. Es konnte nicht jeder gesegnet werden, der Lauf musste flüssig bleiben, so dass nur wenigen von allen der Segen zuteil wurde. Die Luperci mussten wählen. Blutspritzer trafen Scatos Gesicht und Brust, während er die Stufen der Cacustreppe hinuntersprang, als sein Vordermann ausholte. Auch er selbst hob den Arm und riss den noch körperwarmen Streifen von Tierhaut in die Luft, mit den Augen auf der Suche nach einer Person, welche den Segen im Namen des Faunus empfangen sollte.

    Wie immer, seit sie sich vor dem Tor der Castra Praetoria kennengelernt hatten, trafen Lurco und Scato zu zweit beim Lupercal ein. Sie waren Kameraden sowohl an der Waffe als auch im Glauben. Offenbar war ihnen beschieden, ihrem Schicksalspfad Seite an Seite zu folgen. Gleich nach der Ankunft begann Scato, sich zu entkleiden. Kleider und Caligae deponierte er unauffällig am Grotteneingang, wo sie nicht stören würden. Er wartete auf Lurco, dann trat er ein. Dabei rempelte er mit der Schulter leicht gegen ihn, eine freundschaftliche Geste, ehe seine Aufmerksamkeit sich ganz auf den Kult richtete.


    "Salvete, Luperci", grüßte Scato in die Runde der Anwesenden. Im Gegensatz zu sonst war seine Stimme gedämpft, um der Würde des Ortes gerecht zu werden. Seine nackten Füße klatschten leise auf dem Boden der Grotte. Ein leichter Wind fuhr über seine Haut, so dass sich seine Armhaare aufstellten, doch spätestens beim Lauf würde jedes Kältegefühl verstreichen. Die Luft im Inneren roch schwer und feucht. Das Feuer der Beleuchtung und das wenige einfallende Tageslicht wurden von der Quelle reflektiert und bildeten tanzende Lichtspiele an der Höhlendecke, als Scato in die Gruppe der wartenden Männer trat. Seine Aufgaben hatte Caesoninus ihm im Groben schon mitgeteilt.


    Scato war bester Dinge. Nach einem Gebet an Faunus war ihm Nachts ein fester und traumloser Schlaf beschieden gewesen. Heute war er entsprechend ausgeruht und freute sich darauf, das erste Mal als Lupercus den Segen des Faunus unter das Volk zu bringen. Für ihn war Faunus nicht nur ein Gott unter vielen, sondern er war sein Gott. Bessere Voraussetzungen konnte es nicht geben.

    Eine interessante und auch für Laien verständliche Dissertation zum Thema Wundballistik bei Pfeilverletzungen, die unter dem folgenden Link heruntergeladen werden kann:


    https://miami.uni-muenster.de/…35-4e3c-a251-1f1b2fc5023b


    Am Anfang der Arbeit findet sich ein historischer Abriss zur Geschichte des Bogenschießens, der lesenswert ist.


    Die Gewalt eines Pfeiltreffers wird von mit dem Thema nicht betrauten Schreibfreunden bei der Schilderung von Schlachtszenen häufig unterschätzt. Pfeilverletzungen waren nahezu immer letal, auch bei einem Treffer in die Gliedmaßen. Die (simulierten) Bilder zeigen anschaulich, warum. Interessant sind in dem Zusammenhang die schweren Trümmerbrüche, die ein Pfeil auch bei großen knöcheren Strukturen zu verursachen vermag und die Einschlagtiefen von 40 cm und mehr bis hin zu Durchschüssen.


    Vielleicht ist die Arbeit ja für den Einen oder Anderen interessant.

    'Noch nicht gestorben', korrigierte Scato gedanklich die Worte des Medicus. Als dieser auf eine Lesetafel mit kleiner werdenden Ziffern zeigte, war Scato jedoch wieder guter Dinge. Er stellte sich vernünftig hin und konzentrierte sich auf die neue Herausforderung.


    "Elf, vier, neun!", las Scato die erste Reihe vor.
    "Fünf, siebzehn", folgte die zweite.
    "Sechs, fünfzig, zehn", endete er mit der Dritten.


    Diese Übung gefiel ihm richtig gut.

    Scatos Grinsen erstarb. Die zwanzig Kniebeuge schaffte er ohne Probleme. So lange er nichts Schweres schleppen musste waren seine Beine sehr zuverlässig. Die vielen Wanderungen in der Gegend von Mantua hatten ihm da gute Dienste geleistet. Aber die Arme!


    Scato ergab sich in sein Schicksal und nahm Liegestützposition ein. Die Liegestütze waren eine Tortur. Ihm tropfte der Schweiß vom Kopf und er gab ein bedauernswertes Bild ab, wie er sich da mit seinen dünnen Puddingarmen abmühte, mit dem Kinn den Boden zu berühren. Es dauerte eine Ewigkeit, weil er zwischendurch verschnaufen musste. Es war sein geringes Körpergewicht, was ihn letztlich durch die Liegestützdemonstration rettete. Fix und fertig brach er nach dem letzten Liegestütz zusammen und blieb einige Minuten bäuchlings auf dem Boden liegen. Er flehte gedanklich, dass nun nicht noch weitere Proben der Armkraft anstand. Wenn er nun Klimmzüge demonstrieren musste, würde er vermutlich sterben.


    Er rappelte sich schließlich auf und sogar seine Mundwinkel zitterten, als er versuchte, zuversichtlich dreinzublicken. "Fertig!", verkündete er stolz.

    Über alle Maßen erfreut nahm Scato die Urkunde entgegen. Er betrachtete sie glücklich. "Das bedeutet mir wirklich viel. Danke, Verax! Du wirst nicht enttäuscht sein", versprach er. "Und wie geht es jetzt weiter?" Scato konnte es kaum erwarten, loszulegen!

    Ich bitte um die Eröffnung eines Kontos. :)


    Ich möchte mir die WiSim schon einmal in Ruhe anschauen, bevor irgendwann hoffentlich der erste Sold eintrudelt.
    Würde ich als Mitglied der Luperci ebenfalls ein Gehalt bekommen oder ist die Teilnahme ehrenamtlich?