Beiträge von Sisenna Iunius Scato

    Ich bitte um die Eröffnung eines Kontos. :)


    Ich möchte mir die WiSim schon einmal in Ruhe anschauen, bevor irgendwann hoffentlich der erste Sold eintrudelt.
    Würde ich als Mitglied der Luperci ebenfalls ein Gehalt bekommen oder ist die Teilnahme ehrenamtlich?

    "Wie viele in welcher Zeit? Dir macht es Spaß, Leuten ihr letztes Fünkchen Hoffnung und Selbstwert auszutreten, oder?" Er kam nicht mehr dazu, auf die Antwort zu warten, da bat der Medicus sie schon herein. Im Gegensatz zu Lepta schien er über Humor zu verfügen. Wobei man Leptas kauzige Art durchaus auch als eine eigene Art von Humor werten konnte, Scato mochte den Optio. Er reichte dem Medicus seine Wachstafel. "Es handelt sich zum Glück bloß um ein amputiertes S. Scato und Lurco melden sich zur Tauglichkeitsuntersuchung!", verkündete er.

    Eine Wolke schien ihren Schatten auf Scatos Gesicht zu werfen, seine Miene wurde immer düsterer. Verax bohrte offenbar nicht nur gern in Frauen, sondern auch gern in Wunden herum. Aber da hatte ihn Caesoninus ja schon vorgewarnt, dass mit diesem Kerl nicht gut Kirschen essen war.


    "Ich bin Zivilist, mich kennt keine Sau, auf den Rippen hab ich auch nichts und ich bin noch ganz und gar jungfräulich."


    So! Jetzt war es raus! Alles auf einmal, wie einen schmerzenden Schiefer brutal herauszureißen, anstatt ewig lange daran herumzufummeln. Würde er lügen, würde das ohnehin früher oder später jeder mitbekommen.


    "Aber", Scato hob den Finger, "diese vermeintlichen Makel sind nur Zeichen meiner Jugend. Ich bin ein Jungwolf auf der ersten Pirsch, ein Böcklein, das seine ersten Geweihspitzen erprobt! Ich gedenke mich bei den Cohortes Urbanae zu bewerben, dann werde ich all die erforderlichen Tugenden bald erlernen. Die Voraussetzungen sind blendend, ich bin kerngesund, gutaussehend und hochmotiviert!" Er versuchte sich an einem gewinnenden Lächeln, was in Anbetracht seiner Nervosität etwas schief wirkte. "Gib mir eine Chance, Verax! Rauswerfen kannst du mich notfalls immer noch, wenn ich es vermassle, hochkant und mit Arschtritt. Und dann soll niemand sagen, es wäre nicht verdient."

    Scato, der gerade vom Officium Conducendi kam, klopfte an der Tür. Obwohl er noch gar nicht hatte seine körperlichen Fähigkeiten unter Beweis stellen müsste, war sein Kopf etwas gerötet.


    "Ich fange an, damit der Unterschied zu dir nicht so mies ausfällt", überlegte er laut eine Taktik. "Vielleicht war der vor mir ja ein Lappen, dann könnte der Eindruck stimmen. Aber wenn du hier zuerst loslegst, kann ich gleich einpacken. Wie viele Liegestütze schaffst du? Ich hoffe, wir müssen keine machen!"

    Scato schmunzelte über Lurcos überbordende Höflichkeit. Klar, er wollte hier keinesfalls versagen und der gute Lepta sah nicht so aus, als ob die Rekruten sonst sonderlich freundlich waren, zumindest nach Scatos dafürhalten. Nachdem er die Tür leise geschlossen hatte, schaute er auf seine Tafel.


    "Da steht Cato! Das muss er dann noch korrigieren, ich wurde umbenannt! Ich möchte mein S zurück. Aber darum bitte ich ihn lieber erst, wenn wir die Rekrutierung in der Tasche haben."


    Sehr viel nervöser als sein künftiger Kamerad suchte der das Valetudinarium auf.

    "Faunus", antwortete Scato und kratzte sich verträumt seine verschwitzte Tunika. "Er ist der Gott, der mir am nächsten ist. Der Gott des Lebens. Und ist es nicht unsere Aufgabe als angehende Urbaner, genau das zu schützen? Das Leben all der schiefzähnigen, togatragenden oder abschaum-seienden Menschen in dieser Stadt? Auch sie sind - zumindest meistens - in irgendeiner Form wertvoll.Wenn es dich näher interessiert, dann klopfe doch mal an der Porta der Casa Lupae. Dort haben die Luperci ihren Sitz. Der eine oder andere wird dort meinen Namen kennen."


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    "Das klingt immer alles so nobel, was du sagst", stellte Scato ein wenig neidisch fest. "Wie aus einem Handbuch für die perfekte Stadtwache. Wir müssen unbedingt in das selbe Contubernium, damit du auf mich abfärben kannst. Hoffentlich geht das nach Rekrutierungsdatum, dann stehen unsere Chancen gut. Soll ich dir sagen, was ich sehe, wenn ich die Leute sehe?"


    Scato hob den Zeigefinger und tippte mehrmals hintereinander in die Luft, wobei er bei jedem Wort auf eine andere Person zeigte.


    "Dirne, hässlich, Subura-Abschaum, blöd, Togaträger, langweilig, Fremdländer, Flachbrust, schicke Rüstung, dürr, Lustknabe, Schiefzahn ... wie du siehst, bin ich völlig vorurteilsfrei." Scato lachte. "Vielleicht ist es ja von Vorteil, Leute auf den ersten Blick einschätzen zu können, wer weiß. Und eins must du zugeben, jedes Etikett, was ich gerade verteilt habe, stimmt!" Er trank noch einen Schluck und reichte Lurco dann die Flasche. "Hier, wenn es nicht zu eklig für dich ist, dass ich da schon drangesabbert habe. Weißt du, was du in deiner formvollendeten Rede vergessen hast? Die Götter! Wenn ich raten müsste..." Scato schloss die Augen und tat, als würde er mit den Händen Lurcos energetische Schwingungen erspüren. "Mars und Iuppiter!"

    Dass sein Gesprächspartner ihn mit Sisenna ansprach, gab dem Gespräch eine vertrauliche Note. Etwas Familiäres lag darin. Womöglich war es hier so üblich, dann würde er künftig sein Gegenüber mit Gaius anreden, doch das würde er zu gegebener Zeit noch erfragen können.


    "Ein Glas Wein mit Wasser verdünnt wäre freundlich", bat Scato. Er genoss den Geschmack, während seiner langen Reise hatte es nur pures Wasser gegeben, nicht einmal Tee. "Die Legio I Traiana hätte sich für mich angeboten. Mein Vater diente dort. Aber bei aller Liebe zur Natur bin ich doch als Großstadtkind in Mantua aufgewachsen. Im Feld zu dienen muss nicht unbedingt sein, wenn ich eine Alternative im Dienst innerhalb der Stadtmauern Roms oder zumindest in ihrem nahen Umfeld haben könnte.


    Dass du dem Kult auch aus rein pragmatischen Gründen beigetreten bist, finde ich gut", meinte Scato. "Das ist doch genau der Punkt, Pragmatismus! Faunus ist das Hier und Jetzt, er ist das Leben!"


    In dem Moment trat besagter Verax ein. Vielleicht hatte er die letzten Worte noch gehört. Als nun der Magister leibhaftig vor ihm stand, wurde Scato ein wenig bleich, denn der Mann sah durchaus aus wie jemand, der sich nicht die Butter vom Brot nehmen ließ. Es wäre allerdings auch etwas merkwürdig, wenn ein klappriger Tatterkreis ausgerechnet diesem Kult vorgestanden hätte.


    "Salve", erwiderte Scato den Gruß und erhob sich respektvoll. "Richtig, ich würde gern einer der Luperci werden. Ein Jünger des Faunus bin ich bereits, doch ohne dazugehörigen Kult. Dass es hier einen geben sollte, hat mich mit großer Freude erfüllt, denn in meiner alten Heimat Mantua gibt es einen solchen nicht. Dort war ich recht allein mit meinem Glauben, da die Blicke der meisten sich eher anderen Göttern zuwenden. Zu den theoretischen Hintergründen des Kults weiß ich daher bislang nicht viel, ich kann nur berichten, wie ich selbst Faunus begreife.


    Faunus ist das Leben. Und ich kann es mir nur so erklären, dass man im Rahmen des Kultes mit dem sinnlichen Spektakel daran gemahnt, im Hier und Jetzt zu leben. Denn in diesem Moment, da die Luperci durch die Straßen laufen und die Umstehenden mit Schlägen segnen, sind die Menschen doch alle vergnügt. Es tut ein wenig weh, es riecht nach Blut und es gibt viel zu sehen und zu hören. Alle Sinne werden angesprochen. Bei welch anderem Kult spürt das Volk so viel Ausgelassenheit? An jenem Tage geht ein jeder glücklich nach Hause und manch einer auf besondere Weise gesegnet. Der Grundgedanke dahinter ist alt, sehr alt. Die Menschen spüren das Leben durch ihre Adern rauschen und auf diese Weise ehren sie Faunus von ganz allein, auch wenn sie gar nicht an ihn denken mögen.


    Den Rest werde ich von euch lernen müssen, so ihr meinem Wunsch stattgebt. Auch wenn meine Vorstellung vielleicht laienhaft sein mag, so so kommt sie doch von Herzen und ich bin bereit, dazu zu lernen."


    Aufmerksam musterte er den Dunkelhaarigen, nervös auf die Antwort wartend.

    Scato kam nicht umhin, Erleichterung zu empfinden, als sein Gegenüber ein herzliches Lachen hören ließ. Er war noch zu jung und in vielen Dingen des Lebens zu unerfahren, als dass ihn die Gegenwart von potenziellen Autoritätspersonen kalt lassen würde. Sein durchaus solides Selbstvertrauen bot in dieser Situation wenig Schutz, da ihm daran gelegen war, hier alles richtig zu machen. Ein Scheitern würde zwar nicht das Ende seiner Zukunft bedeuten, aber er wäre nicht hier, würde ihm die Mitgliedschaft bei den Luperci nicht viel bedeuten. Er folgte dem freundlichen Gastgeber ins Atrium, wo sie es sich beide gemütlich machten.


    "Dafür muss ich ein wenig ausholen", warnte er Caesoninus. "Und dir über einen Ausschnitt meines Lebens berichten. Etwas so Persönliches ist nicht in einem Satz abgehandelt. Es gibt so viele Götter", begann Scato seine Antwort. "Man könnte meinen, sie müssten allein aufgrund ihrer Menge allgegenwärtig sein. Aber von ihnen habe ich am Anfang meines kurzen Lebens nicht viel gemerkt. Ich rief Mars um Schutz an, aber mein Vater fiel. Ich rief Armor an, aber meine Liebe blieb unerwidert. Als die Verzweiflung an mir riss, rief ich Apollo an, mir den Weg der Wahrheit zu zeigen, doch das Geflecht an Pfaden blieb verworren. Manche Situationen erscheinen ausweglos und wenn einem niemand die Richtung weist, ist das nicht leicht für einen Jüngling. Ich hätte meinen Vater gut gebrauchen können, aber er konnte mir keine Weisung mehr geben. Auf der Suche nach meinem Weg führten meine Schritte mich oft in die Natur, wo die Wogen meiner Gedanken sich glätteten. Bis zu einer besonderen Sommernacht!"


    Er ließ eine Pause, da ihn die Empfindungen von damals wieder einholten. Er wollte gefasst sprechen und benötigte einen Augenblick, um sich zu sammeln.


    "Ich hatte einen Moment die Augen geschlossen, um auf das Rauschen der Baumkronen zu lauschen und als ich sie wieder öffnete, stand da ein Ziegenbock. Ein wunderschönes, großes Tier mit dichter Mähne. Bemerkenswert war, dass er auf den Hinterbeinen stand, so blickte er mich an und verharrte. Als ich mich bewegte, ging er auf alle viere und sprang ins Dickicht. Ich sah ihn nie wieder, doch das brauchte ich nicht. Ich hatte verstanden. Dieser Moment war mehr als die Begegnung zweier sterblicher Wesen. Manche Dinge spürt man, Caesoninus. Der Ziegenbock trug eine wortlose Botschaft von Faunus in sich, die schwer in Worte zu übersetzen ist. Ich spürte es zuerst daran, dass der dunkle Schleier von meinen Gedanken gezogen worden war, so dass wieder Licht hinein fiel. Ich erhob mich - und plötzlich war da ein Begreifen, ein tiefes Verständnis für die Dinge, die mir verborgen geblieben waren. Ich sah.


    Die Wahrheit, die ich gesucht hatte, sie lag klar und deutlich vor mir, ich musste dem Weg nur folgen. Der Schutz, den ich für meinen Vater erfleht hatte - der hätte in meinen eigenen Händen gelegen, wäre ich ihm in die Legio gefolgt. Und meine vermeintliche Liebe war nichts als plumpes Begehren. Wie also hätten die angerufenen Götter mir helfen sollen? Sie waren mitnichten Schuld an meiner Situation, ich allein war es. Das Problem war gewesen, dass ich den Blick nach oben gerichtet hatte, hinauf zu ihnen, anstatt nach vorn zu blicken und mich auf das Leben um mich herum zu konzentrieren.


    Faun waltete seines Amtes als Gott der Lebenden, er rief mich aus den Sphären der Melancholie und der Grübelei zurück in die lebende Welt. Er verankerte mich fest hier unten. Und ich begriff: Gebete sind nur ein Teil des Ganzen, viel wichtiger sind unsere alltäglichen Taten. So ehrt man die Götter am besten. Seither bin ich wieder eins mit mir, mit meiner Natur und der Welt."


    Erneut musste er eine Pause machen, damit seine Stimme nicht an Klarheit verlor.


    "Mein Weg führte mich nach dieser Begegnung fort von Mantua mit seinen falschen Verheißungen, hierher nach Roma ins Herz des Imperiums, um das Schwert in die Hand zu nehmen, wie ich es schon längst hätte tun sollen. Ich gedenke, mich bei den Cohortes Urbanae zu bewerben, nachdem ich mich bei meinen Verwandten erfrischt, erholt und neu eingekleidet habe. Aber da mir - nicht zufällig, wie ich glaube - auf dem Forum Romanum über diesen hier ansässigen Kult berichtet wurde, der dem Faunus gewidmet ist, konnte ich nicht an mich halten, zuvor noch hier vorzusprechen.


    ... und wie kamst du hierher? Verax ist demnach der Magister, nehme ich an."

    Scato öffnete die Tür des Officium, um sie galant für Lurco aufzuhalten, so dass dieser an ihm vorbei als Erster eintreten durfte respektive musste. Da er sich bislang immer vorgedrängelt hatte, fand er, dass es Zeit war, dass auch sein neuer Kumpel Gelegenheit bekam, als Erster zu sprechen. Dass besagter Optio Lepta hinter seinem Schreibtisch etwas mürrisch anmutete, spielte bei dieser Entscheidung selbstredend keine Rolle.


    "Nach dir", gurrte Scato.

    Scato stand ein wenig hilflos vor der Tür. Die war zwar noch offen, aber man hatte ihn nicht hineingebeten. So blieb ihm nichts anderes übrig, als sich auf die Türschwelle zu setzen und auf die Rückkehr des Mannes oder die Ankunft des Magisters zu warten. Die Langeweile beim Warten hatte den Vorteil, dass seine Aufregung abflaute. Irgendwann wurde ihm der Hintern kalt. Er stand auf, reckte sich und ging ein paar Schritte hin und her. In dem Moment wollte ein weiterer Mann in das Gebäude.


    Sie beide könnten gegensätzlicher nicht aussehen. Scato war verschwitzt und abgewrackt von der langen Reise, der andere war bestens gepflegt und äußerst prunkvoll anzuschauen. Wenn Scato sich nicht alles täuschte, trug er auch noch eine Senatorentoga. Scato erwiderte den Händedruck jedoch mit einem angenehmen Maß an Festigkeit. Ein Waschlappen war er ja nicht.


    "Salve, Gaius Iulius Caesoninus, es ist mir eine Freude. Mein Name ist Sisenna Iunius Scato, ich möchte fragen, ob ich den Luperci beitreten könnte. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, drum wäre ich dankbar, wenn mir die Möglichkeit geboten werden würde." Diesmal war es ihm gelungen, sich kürzer zu fassen und er schrie dabei auch nicht mehr. Ein gewisses Maß an Langeweile tat ihm offenbar gut. "Hier empfing mich ein Mann, der den Magister holen gehen wollte. Das bist nicht zufällig du?"


    Sein Blick strich über die noble Toga, ehe er wieder auf Höhe der Augen verweilte.

    "Salve", grüßte Scato und seine Stimme klang ob der Freude, dass die Tür geöffnet worden war, noch lauter und unangenehmer als sonst. "Der Almosen bedarf ich nicht, vielmehr hoffte ich auf ein wenig Gastfreundschaft. Ich bin ein Verwandter, ein Mitglied der Gens! Mein Name lautet Sisenna Iunius Scato aus Mantua und ich würde gern mit dem Hausherrn oder der Hausherrin sprechen. Meine Beine sind müde, die Füße schmerzen und von den Sandalen ist kaum noch etwas übrig." Zum Beweis hob er einen geröteten und schmutzigen Fuß, an dem eine völlig zerlatschte Sandale herumbaumelte. "Darum wäre ich für die Gelegenheit einer Rast ausgesprochen dankbar!"

    "Danke", rief Scato dem entschwindenden Centurio hinterher. Er sah ihm kurz nach, ehe er sich wieder Lurco zuwandte. "Scheint nett zu sein, oder? Ehrlich, ich weiß gar nicht, warum ich so nervös war! Hoffentlich sind die alle so." Guter Dinge klopfte er an die Tür und lauschte, ob jemand sie hereinbitten würde. "Wegen den Luperci reden wir später noch", quasselte er vor sich hin, um sich die Zeit zu vertreiben, bis Optio Lepta geruhte, sie hineinzubitten. "Er hat nicht Nein gesagt. Aber vielleicht kommt das böse Erwachen ja noch, sobald wir uns haben einschreiben lassen!"


    Eigentlich hatte das ein Scherz sein sollen, doch wenn es es sich genau überlegte, lag er damit vielleicht gar nicht so falsch. Ihn beunruhigte nun doch ein wenig die Aussage, dass sich das noch keiner getraut hätte, zu fragen. In seinem bisherigen Leben hatte er gelernt, dass es keine dummen Fragen gäbe, nur dumme Antworten. Hier schien man das womöglich etwas anders zu sehen. Es gab vieles, was er neu lernen musste als Soldat, alte Wahrheiten hatten hier zum Teil keine Gültigkeit mehr, neue Wahrheiten kamen hinzu. Es war eine merkwürdige Parallelgesellschaft mit eigenen Werten und Normen. Allerdings waren aus Soldatensicht eher die Zivilisten merkwürdig, das hatte er zu früheren Gelegenheiten feststellen dürfen.


    "Hoffentlich gibt es hier keine Begrüßungsrituale, wo die Neulinge rohe Leber essen müssen bis sie kotzen oder den Hintern versohlt bekommen", sinnierte er lauschend weiter. "Mein Vater hatte so was erzählt."

    Scato musterte seinen Kameraden in spe von der Seite, während dieser sprach. Wie bekam der es hin, aus dem Stehgreif dermaßen wohlformuliert zu sprechen? Sein Vergleich mit der Diamanttreppe kam Scato auf einmal nicht mehr raffiniert, sondern albern vor. Sein Blick wanderte von Lurcos Kopf über seine ordentlich gefaltete Tunika hinab bis zu den sauberen Sandalen und wieder hinauf. Der Kerl sah vollkommen austrainiert aus, während er selbst sich vorkam wie ein wandelnder Schluff. Lurco schien die Ruhe selbst zu sein, als wäre er bereits als fertige Stadtwache zur Welt gekommen. Aus solchem Material waren Helden gemacht, ein fleischgewordenes Standbild, nur der Lorbeerkranz fehlte noch. Scato beschloss, dass Lurco künftig, so oft es ging, in seiner Nähe weilen würde, um mit seiner offenkundigen Perfektion auf ihn abzufärben oder zumindest von seinen Mängeln abzulenken.


    So lächelte Scato zurück. "Natürlich bin ich einverstanden, dass du mich zu den Luperci begleitest!" Er richtete seine Aufmerksamkeit wieder auf den Centurio und sein Gesicht nahm wieder den Ausdruck gebotenen Ernstes an. "Sofern dies gestattet ist, selbstredend."

    Die Antwort des Mannes kam so zögerlich, dass Scato schon überlegte, ob er vielleicht nicht überzeugend geklungen hatte und das Eine oder Andere noch vertiefen sollte. Die Rückfrage jedoch, welche so gestellt war, dass sie nur durch ein klares Ja oder Nein zu beantworten war, rettete den Mann vor dem gerade sich erneut in Scatos Hirn zusammenbrauenden Redeschwall.


    "Ja", antwortete Scato freudig. "Ich möchte einer der Luperci werden!"

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    Sie sah aus wie eine ganz normale Tür, doch der harmlose Eindruck täuschte. Dies war die Porta in die Zukunft eines Soldatenlebens, Scheidepunkt zwischen Zivilist und Soldat. Die Pforte der Wandlung und des Neubeginns! Scato vergaß seine verschwitzten Kleider und seine von der Tragestange schmerzenden Schultern. Als der Centurio erneut das Wort ergriff, fiel ihm auf, dass er mal wieder blinzeln sollte.


    "Doch, ich habe eine letzte Frage, Centurio! Sie betrifft meine Mitgliedschaft bei den Luperci. Ich möchte mich erkundigen, ob die Möglichkeit besteht, dass mein Dienst so gelegt wird, dass ich zu den wichtigsten Festtagen des Kults meinen kultischen Aufgaben nachgehen kann. Vor allem denke ich da an die Lupercalia, die in zehn Tagen stattfinden. Von einer Freistellung spreche ich damit nicht, jede einzelne Ausbildungsstunde ist unsagbar kostbar, eine glänzende Stufe auf der Diamanttreppe der militärischen Laufbahn, die kann man nicht einfach überspringen. Mir schwebte eher eine passend zurechtgeschobene Lücke im Dienstplan vor."


    Die Frage war sicher eher unüblich. Aber Scato hätte sie nicht gestellt, würde ihm der Kult nicht am Herzen liegen. Dass die Entscheidung im Zweifelsfall pro Cohortes Urbanae ausfallen würde, war sicher klar, andernfalls stünde er nicht hier, sondern würde in der Casa Lupae darum ersuchen, sein Leben dem Faunus widmen zu dürfen. Das war allerdings nicht der Weg, den Scato gehen wollte und auch nicht der Weg, von dem er meinte, dass Faunus so etwas verlangte. Er war ein Gott des Lebens und der physischen Freuden, keiner, der völlige Vergeistigung erwartete oder guthieß. Ein Nein des Centurios würde Scato daher anstandslos akzeptieren.


    Er äugte in Richtung von Lurco, ob der auch noch was sagen wollte. Irgendwie drängelte Scato sich andauernd vor.

    Salve Marcus Octavius Maro,


    irgendjemand muss deinen Posteingang mit Fragen, Anmerkungen und Lobeshymnen auf die CU geflutet haben!
    Bitte wenn möglich ein wenig Platz schaffen. :)


    Vale bene,
    Scato

    Die Porta öffnete sich! Scatos Herz tat einen Sprung. Während der Mann ihn recht lässig grüßte, stand Scato in sehr ehrfürchtiger Haltung da, die Hand auf das Herz gelegt, das unter seiner Handfläche heftig klopfte, und das Haupt leicht geneigt.


    "Salve, mein Name ist Sienna Iunius Scato. Ich ersuche um Aufnahme in den altehrwürdigen Kult der Luperci. Es ist mir eine Herzensangelegenheit, dem Bocksbeinigen auf diese Weise Ehre zu erweisen, bevor ich mich zum Dienst an der Waffe verpflichte, denn er ist mein Gott seit ich denken kann. Er war mein Begleiter auf allen Wegen und unter allen Göttern ist mir keiner so nahe wie er. Nun will ich ihm etwas zurückgeben. Diese Angelegenheit möchte ich gern erfüllt wissen, bevor ich mein Leben für die Sicherheit und Größe Romas in die Hände der Götter lege. Es mag der Tag kommen, da es zu spät dafür ist. Wenn dieser Weg in euren Reihen für einen Außenstehenden wie mich gangbar ist, so bitte ich darum, mir die Porta zu öffnen und mich zu lehren, wie ich ihn gehen kann."