Beiträge von Sisenna Iunius Scato

    Scato merkte aus den Augenwinkeln, wie Lurco ihn mit den Blicken fixierte, als wolle er seine Gedanken lesen. Scato lächelte und schloss die Augen wieder. Da konnte Lurco lange gucken.


    "Du hast Recht, beginnen wir ganz entspannt mit einer eigenen Taberna und einem einzigen Sklaven. Wobei der Tiberios ist Scriba, den hinter die Theke zu packen wäre so was von dekadent. Na, mal abwarten, wir haben ja noch sehr viel Zeit und Luft nach oben, was unsere Spar-Amphoren angeht. Viel habe ich nicht mehr, wird Zeit, dass wieder was reinkommt! Ich bin fast pleite."


    Da es langsam heiß wurde, kletterte er wieder aus dem Becken. Er grabschte sein herumliegendes Handtuch und wickelte es um sich. Mit einem Wink bat er Lurco, ihm zu den Massageliegen zu folgen. Er legte sein Handtuch unter und machte es sich bequem. "Pflanz dich", sagte er zu Lurco, grinste und schloss die Augen. Zunächst wurden sie von fachkundigen Sklaven mit Ölen eingerieben, wobei sie eine Massage genießen durften. Danach wurde das Öl mithilfe eines Strigilis abgeschabt, wobei auch lose Hautreste entfernt wurden. Das sanfte Kratzen war ausgesprochen angenehm und es hätte nicht viel gefehlt, da wäre Scato eingeschlafen. Aus Faulheit ließ er sich auch noch rasieren, dann musste er das morgen früh nicht selbst erledigen. Das Haarezupfen an als unschön empfundenen Stellen, was ein Sklave ihm anbot, verschmähte er. Für Folter hatte er nach dem entspannenden Abend keinen Bedarf.


    Als die Massage, die Salbung, die Rasur und eine weitere Salbung beendet waren, fühlte Scato sich dermaßen warm, entspannt und müde, dass er kaum noch stehen konnte. "Ab ins Bett?", fragte er mühsam grinsend.

    "Das wäre ja schrecklich, würde ich unter dem Tisch enden statt unter dem Personal", feixte Scato. "Sei bloß nicht geizig, lieber Wirt, mix mir irgendeinen Schädelbrecher zusammen. Ich halt das ab", log er. "Und was meinen Geschmack im Lupanar angeht, das kann ich so pauschal nicht sagen. Ich muss das vor Ort sehen." Dabei hörte er sich äußerst mäklig an und blickte auch so drein.


    Er stupste den Lockenschopf unter dem Tisch mit dem Fuß an. "Was ist mit dir, Sklaven dürfen doch auch ins Lupanar? Wie heißt ihr zwei überhaupt?"

    Irgendjemand musste wohl die Diskussion über den Namen des Objekts mitbekommen haben, mit welchem die Soldaten sich den Allerwertesten zu reinigen pflegten. Denn kurz darauf fand sich eine neue Kritzelei an der Wand, welche in belehrender Manier verkündete:


    "LEUTE, die Dinger, die da in der wassergefüllten Amphore ihrer Benutzung harren, heißen nicht Arschbürste und erst recht nicht Kackschwamm. Martial schrieb in seinen Epigrammen von einem "elenden Schwamm an einem ehrlosen Stab", weil er wohl auch nicht wusste, wie so ein Ding heißt. Die korrekte Bezeichnung dafür lautet ganz simpel Xylospongium! Und könntet ihr bitte aufhören, euch damit den Hintern abzuwischen? Das ist eklig. Dafür gibt es Stofffetzen, die man nach dem Benutzen einfach in die Latrine wirft. Das Xylospongium dient ausschließlich als Reinigungsbürste für die Sitze!"


    "Klugscheißer kann niemand leiden", lautete die handschriftliche Antwort.


    Und: "Jeder sagt dazu Kackschwamm und nicht Latrinenschwamm, was den Zweck wohl klar macht."


    Eine weitere Inschrift fragte: "Quietus?!"

    Scato öffnete die Augen ein wenig, um die Dampfschwaden zu beobachten, die langsam über die Wasseroberfläche waberten. "Stimmt, hier haben wir auch eine Wohngemeinschaft und sind sogar zu acht. Zusammen zu wirtschaften hört sich gut an, falls mal einer krank ist oder Urlaub braucht. Soll ja im Alter vorkommen."


    Er gähnte nun auch, weil Lurco ihn ansteckte. Anschließend rutschte er noch ein wenig tiefer ins Wasser.


    "Oh ja, Sklaven ... der Lockenschopf aus dem Blinden Esel, der war doch zum Beispiel nett. Total gut erzogen und niedlich anzusehen. So einen hinter dem Tresen, das wäre doch was. Schien auch was in der Birne zu haben, das ist wichtig für die Rechnungen und so weiter. Dazu noch einen Großen als Rausschmeißer, vielleicht einen ausgedienten Gladiator. So was in der Art. Aber keine Wirtin, sonst zweckentfremden die unsere Taberna als Lupanar. Ich will keine rumrammelnden Leute in der Bude, in der ich auch wohne. Das soll sein wie hier, auch von der Einrichtung her, so als ob auch unsere Taberna ein Teil der Castra wäre. Eine externe Baracke mit Ausschankgenehmigung! Weißt du was? Statt Sklaven könnten wir auch Veteranen einstellen."


    Er schloss die Augen wieder. "Ist das gemütlich hier. Ich penn gleich ein. Kommst du dann mit auf die Massageliege? Ich will das mal ausprobieren. Und meine Bauchschmerzen loswerden. Mann, ich hab gar keinen Bock dann noch mal auf die eiskalte Latrine zu gehen, ich will dann gleich ins warme Bett. Ich glaube, ich lass es einfach und verkneife es mir bis morgen früh."

    Scato wollte alkoholfreie Posca haben, doch als Lurco ihn ins Lupanar schleifen wollte, hätte er sich fast an dem Rest an Spucke, der nach dem Lauf noch übrig war, verschluckt. Er hatte es geahnt! Früher oder später würde es dazu kommen müssen! "Ins Lupanar? Klar", antwortete er lässig, während eine Ecke seines Geistes panisch um Hilfe schrie, deren Stimme aber zum Glück nicht durch seine Schädeldecke zu dringen vermochte. Seinem Gesicht war seine Angst nicht zu entnehmen. Dafür hatte er inzwischen zu viel Routine im Schauspiel, zumindest, so lange sie noch sicher hier saßen.


    "Salve auch", grüßte er den Wirt zurück. "Für mich irgendwas Großes mit sehr vielen Umdrehungen, bitte", bat er. Sah doch ganz nett aus, der Wirt, der würde ihm schon was Passendes zurechtmixen.


    "Eine Haussklavin, aha." Darauf konnte er leider nicht viel antworten. Trotzdem guckte er aufmerksam, falls sie doch noch was hinterherschieben würde. Die Dame wirkte etwas verschüchtert. Das lag vermutlich am fast nackten Lurco, der die Taverne mit seinem blutverkrusteten Adoniskörper erfreute. Na klar, die Ärmste traute sich nicht mal, aufzusehen. Es war ein Jammer. Der Lockenschopf hatte es da besser, der hatte nur Scato vor sich und dessen Anwesenheit verursachte eher Nervenzusammenbrüche.

    "Ich freue mich sehr, Lurco", sagte Scato und zur Abwechslung lag keinerlei aufgesetzter Humor in seiner Stimme. Etwas, das man nicht so oft zu hören bekam, den puren Scato ohne seine ständigen Witzeleien. Dann aber war der kurze Augenblick schon wieder verflogen, denn diese Seite von Scato hatte keinen Raum hier. Sie hatte nirgends einen Raum. Scato pflanzte seinen Hintern grinsend neben Lurco gegenüber des Lockenschopfes. Er entdeckte, wie die zwei Sklaven Händchen hielten.


    "Huch, wir stören doch hoffentlich nicht?", rief er so laut, dass er garantiert störte. Während der männliche Sklave versuchte, nicht so aufdringlich auf die Luperci zu schauen, glotzte Scato ihn und seine Begleiterin hemmungslos an. "Danke für das Lob, wir haben uns auch extra Mühe gegeben. Der Segen zeigt auch schon Wirkung, wie ich sehe. Das freut mich! Lurco, schau, unser Verdienst. Sind sie nicht süß? Das gibt in ein paar Monaten den ersten winzigen fleißigen ... ehm ... was macht ihr überhaupt? Also was seid ihr für Sklaven?"


    Während der kurzen Pause, die er auf eine Antwort wartete, machte er einen langen Hals und blickte in Richtung des Tresens. "Also ich nehme Posca! Und du, Lurco?"

    << Die Latrinen der CU


    Die Lagertherme war kleiner als das öffentliche Bad in Rom. Dennoch war hier ausreichend Platz, um alle Centurien der Cohortes Urbanae und Praetoriae täglich den notwendigen Raum zur Körperhygiene zu bieten. Im großen Becken fanden jedoch auch Schwimmübungen statt, ein lebensnotwendiges Unterfangen. Das gesamte Gebäude, mit Ausnahme des Kaltwasserbeckens, war von einer unterirdischen Fußbodenheizung bezeizt. So waren der Boden und das Wasser stets warm. Nachdem sie ihre Kleidung im Umkleideraum in den Wandregalen untergebracht und sich in ein Handtuch gehüllt hatten, durchquerten Lurco und Scato ein Fußbecken, ehe es in die eigentlichen Räume ging. Neben den badenden und auf den Sitzbänken entspannenden Soldaten liefen hier auch Sklaven herum, die sich um alles kümmerten und einen auch massierten oder rasierten, wenn man wollte.


    Scato führte Lurco am großen Becken vorbei zum Warmwasserbecken, das sich in einem Nebenraum befand. Hier war es klein, dunkel und gemütlich. Aufgrund der beträchtlichen Wärme und der aromatisierten Dämpfe hielten die meisten es hier nicht lange aus. Das Gegenstück dazu auf der anderen Seite des großen Beckens war das Kaltwasserbecken, das nur wenige Grad warm war, da es aus unbeheiztem Wasser gespeist wurde. Es war am weitesten von der Heizquelle entfernt.


    Scato warf sein Handtuch irgendwo hin und ließ sich ins warme Wasser rutschen. Er legte beide Arme rücklings auf den Beckenrand und legte mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken. Das warme, fast schon heiße Wasser tat seinem schmerzenden Bauch gut.


    "Wo waren wir stehen geblieben? Ach ja ... die Zukunftsplanung. Ich habe mit meinem Sold exakt gar nichts vor, außer, davon vor mich hinzuleben. Es gibt keinen Plan B außer einem Leben in der Castra Praetoria, ich bleibe hier bis zum Tod. Oder bis man mich gewaltsam rausprügelt, weil ich nur noch ein Bein und einen Arm und ein Auge habe. Für den Fall wäre eine Taberna doch gar nicht schlecht. Das Gegenstück zum Blinden Esel, der gegenüber der neuen Station steht. Unsere Taberna würde hier stehen, in unmittelbarer Nähe zur originalen und einzig wahren Castra. Dann könnten wir trotzdem die Kameraden sehen und ihnen was Gutes tun, indem wir uns um ihren Feierabend kümmern. Und oben drüber ... da wohnen wir. Mann, wir kennen uns erst seit kurzem und reden schon davon, zusammen zu ziehen!" Er lachte leise. "Aber besser als allein zu sterben."

    "Sagte ich Taberna? Wir gehen in die Lagerthermen", entschied Scato. Ihm tat nach dem dank Lurco verpatzten Geschäft ein wenig der Bauch weh und das warme Wasser würde Linderung verschaffen. Dort konnten sie auch ihr Gespräch über die Zukunft in würdigerer Umgebung fortsetzen.


    Lagerthermen >>

    << Lupercal - nach den Lupercalia


    "SALVETE", kreischte eine unangenehme Stimme durch quer durch die Taverne, als die Tür aufging. Mit einem Schwall frischer Luft, die von schwerem Blut- und Schweißgeruch verunreinigt wurde, traten zwei Luperci ein. Der Kleinere und Schmächtigere hob zum Gruß seine blutige und inzwischen ziemlich traurig aussehende Geißel. Beide trugen noch immer ihren Schurz aus frisch abgezogener Tierhaut. "Kameraden", ergänzte er den Gruß gut gelaunt, als er feststellte, dass hier alles voller Urbaner war.


    "Wie schööön, ein externes Stück zu Hause", gurrte er nun leise seinem Kumpel Lurco zu, griff scheinbar freundlich hinter dessen Rücken und schob ihn dann unvermittelt vor sich. "Du darfst uns einen Platz organisieren." Die Taverne war ziemlich voll an einem Festtag wie diesem.

    "Von Faunus? Was für eine nette Geste, er verteilt Schmuckstücke für seine Jünger! Ein Jammer, dass er dich vergessen zu haben scheint."


    Scato blinzelte und schloss die Finger um den Anhänger, der nun auf seiner Brust ruhte. Er hing recht weit oben, fast am Hals. So baumelte die Kette nicht nervig herum. Lurco hatte genau die richtige Länge gewählt. Scato freute sich über die kleine Aufmerksamkeit, auch wenn er keine Ahnung hatte, was das Amulett symbolisieren sollte. Da gleich zwei Phalli abgebildet waren, ein schlapper und ein tatkräftiger und dazu eine Feigenhand, vermutlich Fruchtbarkeit, eine Erinnerung an ihren ersten Luperci-Lauf.


    "Bitte richte Faunus meinen dankbaren Gruß aus! Weißt du was? Wir verschieben die Therme. Wir bleiben exakt so schmuddelig, wie wir gerade sind und schauen uns mal die Taverne gegenüber der neuen Urbanerstation an, bevor es zurück in die Castra geht. Ich lade dich ein. So ein Tag muss doch gefeiert werden."


    Taverne zum Blinden Esel >>

    "Für den Erhalt der Linie kann mein kleiner Bruder sorgen." Scato winkte gelangweilt ab. "Oder ein anderer. Die Gens Iunia ist voller fruchtbarer Leute in ihren besten Jahren. Die können sich mit den Hochzeitsverhandlungen und den anderen Unannehmlichkeiten rumplagen, während ich das Imperium beschütze. Sollen die nur mal machen, ich bin da raus."


    Ob Vermehrung Spaß machte, konnte er nicht beurteilen. Er vermutete, dass es wohl so sein müsse, da offenbar jeder die damit einhergehenden Praktiken anpries, aber er konnte nicht auf eigene Erfahrungswerte zurückblicken - was widerum peinlich war in seinem Alter, so dass er den Umstand tunlichst für sich behielt. Den Tag, wo seine Kameraden Ernst machten und ihn mit ins Lupanar schleiften, fürchtete er. Lurcos abschließende Worte waren allerdings sehr freundlich, mehr noch, die waren richtig lieb. Warum nur mussten sie dabei auf diesem verdammten Klo sitzen und nicht gemütlich mit einem Krug Wein in der Hand in einer Taberna?


    "Du trägst auch zu meinem Wohlbefinden bei", gab Scato das Kompliment zurück und musste wegen der lurcotypischen Formulierung grinsen. Vermutlich regte der sich sogar vornehm auf, allerdings hatte Scato ihn noch nie aufgebracht erlebt. Lurco war die Inkarnation der Ruhe und Perfektion.


    Scato stand auf und zupfte die Tunika zurecht. Ein Kontrollblick auf die Sitzfläche offenbarte, dass dort alles sauber und trocken geblieben war. So wusch er seine Hände und wartete auf Lurco.

    Die Tirones formten eine Reihe. Scato merkte, dass seine Schienbeinmuskulatur am rechten Bein rumkrampfte, aber es war noch nicht so schmerzhaft, dass er nicht mehr gehen könnte. Sie versuchten, eine schöne Reihe zu bilden, was an den beiden Enden am schwierigsten war, da die Tirones dazu neigten, einen Halbkreis um den Centurio formen zu wollen, letztlich sah es aber ganz in Ordnung aus, fand er. Bis ihm auffiel, dass einige offenbar eine zweite Reihe hinter ihnen bildeten. Au weia.


    Als Maro dann das Kommando "Vorwärts" gab, war Scato überfordert. Die Tirones gingen nun vorwärts, er aber hatte gedacht, dass sei nur das Kommando zum Ausführen des letzten Befehls gewesen - nämlich eine Linie zu bilden. Trotzdem folgte er der Linie nach vorn, damit es wenigstens ordentlich aussah, egal ob sie gerade verkackten oder nicht. So verkackten sie wenigstens kollektiv. Besser, als wenn er als einziger stehenblieb und derjenige war, der wieder Murks machte.

    "Jawohl", kreischte Scato, machte, dass er auf die Beine kam und raste mit einer Staubwolke los.


    Seine Kameraden mussten für seine Schwabbelarme bitter bezahlen, was besonders ausgerechnet die betraf, die ihre fünfzig Liegestütze schon so schön abgearbeitet hatten. Er würde diese verdammten Liegestütze fortan jeden Tag trainieren, früh und abends, vor und nach der Ausbildung und während dessen sowieso auch noch! Sowohl er als auch seine Kameraden konnten von Glück reden, dass er in den Beinen hatte, was ihm in den Armen fehlte. Für einen Zivilisten mochte Scato ganz gut sein, für einen Soldaten aber war er ein Nichts. Das Laufen würde er auch noch außerhalb der Dienstzeit trainieren, damit er wenigstens etwas vorweisen konnte, worin er wirklich gut war. Und er würde seinen Kameraden heute abend einen ausgeben, um sich wieder einzukratzen.


    Scato wurde zum Ende hin langsamer, aber er versuchte, sein Bestes zu geben, damit die anderen sich nicht endlos quälen mussten. Die Wiederholung der zwanzig Runden waren auch für einen passablen Läufer wie ihn hart. Immerhin aber besser als die von Maro angedrohten vierzig. Zwischendurch musste er im langsamen Lauf erholen, es war unmöglich für ihn, diese Strecke durchzusprinten. Als es schlussendlich geschafft war, sah er aus, als wäre er samt Klamotten in einen heißen Kochtopf gefallen. Seine Haut war knallrot und klatschnass, seine Tunika vollkommen durchgeweicht. Zu allem Übel dampfte er in der Kälte, wie auch die Kameraden, die sich durch die endlose Menge an Liegestützen hatten quälen müssen.


    Er nahm an seiner Ausgangsposition wieder Haltung an und wartete keuchend, schwitzend und dampfend auf den nächsten Anschiss.

    Am Ende der Lupercalia kehrten Lurco und Scato in das Heiligtum zurück.


    "Ich zeig dir eine schöne Therme", plauderte Scato vor sich hin, während er seine zusammengefaltete Tunica versuchte, so anzuheben, dass er möglichst keine Blutflecken darauf machte, was ein Ding der Unmöglichkeit war, denn er war von Kopf bis Fuß rot getränkt. "Erst baden wir und dann entspannen wir. Weißt du, Lurco, das war ein schöner Lauf, das hat Spaß gemacht. Alles hat sich richtig angefühlt, ich denke, Faunus fand es auch klasse. Die Segen werden gut wirken. Hoppla!"


    Aus dem Bündel war etwas kleines Goldenes gepurzelt und klimperte beim Aufprall auf den Grottenboden. Scato legte die Kleider ab, um das unzüchtige Schmuckstück zu betrachten. "Oh, was ist denn das?" Er schaute Lurco grinsend an. "Ist das von dir?"

    Das war wieder einmal typisch, Lurco brauchte nur irgendwo erscheinen und die Frauen besprangen ihn von allen Seiten oder fielen seufzend in Ohnmacht. Die Patrizierin war offenbar vom Anblick von Lurcos göttlichem Körper dermaßen fassungslos, dass sie kein Wort herausbrachte. Lurco löste die Situation mit einer galanten Verabschiedung und Scato folgte ihm auf dem Fuß.


    Gemeinsam umrundeten sie das Forum Romanum zum Abschluss dieses Laufes. Ziel war die Regia, vor einem halben Jahrtausend noch Königssitz und heute der Ort, an dem sich das Heiligtum des Mars befand. Auch das Heiligtum der Obs Consivia war im Inneren befindlich und dermaßen heilig, dass nur den Vestalinnen und dem Pontifex Maximus der Zutritt gestattet war. Wie genau das Finale des Laufes aussehen und wie er enden sollte, hatte Scato niemand erklärt und Verax war nirgends zu sehen. Ebenso wenig wie Caesoninus, über den Lurco sich ein wenig zu ärgern schien, während Scato selbst sich mittlerweile ernsthafte Sorgen machte.


    Die Sorge währte nur kurz, denn da wurden Scatos Gedanken unterbrochen, als er aufs Herzlichste von Lurco gedrückt wurde. Er drückte ihn nicht minder fest zurück. Der Blutfilm auf ihrer Haut ergab ein extrem schmieriges und klebriges Gefühl. "Haben wir gut gemacht", urteilte Scato, während er Lurcos Rücken klopfte. "Wir sind ein super Duo! Die Menschen hier sollten uns lieben. Ohne uns hätten sie es einfach nur schlecht." Als sie die Umarmung lösen wollten, klebten sie einen Moment am Bauch schmerzhaft aneinander, ehe sie sich mit einem schmatzenden Geräusch wieder trennen konnten. "Gemeinsames Blutvergießen verbindet", verkündete Scato weise.


    Sehr zufrieden und glücklich ging er mit Lurco zurück zum Lupercal, um seine Kleider und Sandalen abzuholen.

    Scato ließ den Kopf zwischen seine Knie hängen. Unterschiedlicher als die zwei konnte man nicht auf der Latrine sitzen. Der eine bildete mit seiner Wirbelsäule einen perfekten rechten Winkel zur Sitzfläche, der andere hing vornüber da wie besoffen, obwohl er nüchtern war. Unschwer zu erraten, wer da wer war. Allerdings war niemand hier, der raten konnte, sie beide hatten nun scheinbar wirklich Ruhe. Dabei wünschte Scato sich jetzt das Gegenteil, wo blieb Pullus, wenn man ihn brauchte? Und warum war ihm dieser bescheuerte Nebensatz rausgerutscht? Er konnte vor Lurco jetzt unmöglich sein ganzes Seelenleben ausrollen wie einen Teppich. Er hatte nicht vor, seinen neu gewonnenen Freund mit seinen Wehwehchen gleich wieder zu vergraulen.


    Ächzend angelte Scato mit der Hand nach einem Reinigungsschwamm am Spieß, von denen niemand wusste, wie die Dinger hießen. Von Arschbürste über Schwammstock und Reinigungsschwamm oder einfasch Scheißstock gab es die abenteuerlichsten Wortkonstruktionen dafür. Der Einzige, der ihren Namen kannte, war vermutlich derjenige, der Inventur führte. Er machte einen langen Arm und rührte im Sitzen mit dem Objekt in der Reinigungsrinne, als würde er es befeuchten wollen, obwohl er es gerade gar nicht mehr brauchte. Was sich da in seinem Bauch angebahnt hatte, hatte sich zurück in die Tiefen seiner Eingeweide verzogen.


    "Weil ich auf heiraten keine Lust habe", erklärte Scato. Lurco war ein netter Kerl und meinte seine Frage vermutlich lieb. Dass er bei Scato damit in ein Wespennest stach, konnte er nicht wissen. "Man heiratet sowieso nur, um Kinder in die Welt zu setzen, während man täglich ins Lupanar geht oder sich mit den eigenen Sklaven vergnügt, aber gleichzeitig seine Frau eifersüchtig hüten muss, damit sie einem keinen Kuckuck ins Nest setzt, was vermutlich eh andauernd geschieht. Dann hat man ein Kind an der Backe, was aussieht wie einer der Sklaven des Haushalts, aber alle beteuern ihre Unschuld, so dass man selber nicht mehr weiß, was man überhaupt noch glauben soll und am Ende macht man eh alles nur falsch. Man muss schon sehr speziell sein, um sich diesen Käse freiwillig anzutun."


    Damit hatte er zumindest einen Teil der Wahrheit gesagt und Lurco nicht belogen. "Und wie sieht es bei dir aus?", fragte er, um den Fokus von sich weg und auf Lurco zu verlagern.

    Hatte Scato gerade noch gedacht, dieser Centurio wäre nett? Der hatte sich getarnt, so lange sie noch nicht den Eid geschworen hatten! Dagegen war Lepta ja die Freundlichkeit in Person, was für eine Ansprache! Maro hielt eine Rede, dass den Tirones Hören und Sehen verging und manch einer um mehrere Zentimeter schrumpfte. Zum Glück waren die letzten Nasen, die noch gefehlt hatten, kurz vor dem Centurio rechtzeitig auf den Platz geschlüpft. Wer wusste schon, was er mit denen gemacht hätte. Wahrscheinlich auf die Sonnenuhr genagelt, zur Abschreckung für alle anderen.


    Keine Schwätzer, keine Schwächlinge ...


    Scato hatte das Gefühl, dass jeder dieser Titel für ihn maßgeschneidert worden war. Er straffte ein wenig seine Haltung, um sich zu motivieren. Er musste ja weder ein Schwätzer noch ein Schwächling bleiben und immerhin war er schon mal kein Penner. Den in einem Bündel verstauten Ausrüstungsberg beäugte er dann äußerst neugierig, wobei er nur die Augen in dessen Richtung drehte, um sich nicht zu viel zu bewegen. Die Lorica Segmentata würde Scato vermutlich noch hassen lernen, aber im Moment konnte er es nicht erwarten, den Schienenpanzer das erste Mal anzuprobieren.


    Als Lurco den Lauf startete, folgte ihm Scato auf dem Fuße. Diesmal überholte er ihn nicht so voreilig, wie er es beim Lauf der Luperci getan hatte, sondern hielt sich hinter ihm. Der Tag würde noch lang werden. Das Laufen bereitete Scato keine Probleme, seine Erschöpfung nach den zwanzig Runden war zwar spürbar, aber seiner Meinung nach im akzeptablen Rahmen, wenn er sich den Durchschnitt der Rekruten so ansah. Aber dann folgte sein alter Feind - der Liegestütz.


    Fünfzig. Fünfzig!


    Im Valetudinarium hatten ihn zwanzig an seine Grenzen gebracht! Es nützte nichts, er musste so viele ausführen, wie er konnte. Insgeheim hoffte er, dass es irgendwen gab, der in dieser Disziplin noch schlechter war als er. Leider tat ihm niemand den Gefallen. Die meisten waren schon weit über die Hälfte, die ersten schon fertig. Scato krebste noch bei einundzwanzig rum. Bei zweiundzwanzig zitterten seine Arme und waren viel zu weit auseinander gerutscht. Der dreiundzwanzigste Liegestütz war eine einzige Blamage. Den vierundzwanzigsten schaffte er nicht mehr. Mit einer kleinen Staubwolke landete Scato auf dem Bauch im Dreck.