"Zu den Löwen?! Bei Faunus, wen hast du da geholt?!"
Irgendeinen Senator aus einer mächtigen Familie, so wie es sich anhörte! Vielleicht mehrere davon! Falten gruben sich wie Ackerfurchen in seine sonst jugendglatte Stirn, während er Lurco festhielt. Dessen Herz schlug schnell vor Angst, Scato konnte an seiner Brust spüren, wie es pochte. Es wollte leben. Aber Lurco hatte sein eigenes Grab geschaufelt und seinen Fehltritt auch noch gebeichtet. So, wie er sprach, stand sein Schicksal bereits fest. Die Krähen mussten eine Bande gewesen sein, die in den höchsten gesellschaftlichen Kreisen vernetzt gewesen war und Lurco einen Tod bescherte, der sonst vor allem Kriegsgefangenen vorbehalten war. Scheinbar wollte man ihm nicht einmal eine Enthauptung gönnen, sondern ihn ad bestias schicken. So konnte es nicht enden, so durfte es nicht enden und so würde es auch nicht enden!
Scatos Blick war entschlossen. "Das kommt nicht infrage. Ich will dein Erbe nicht, schieb dir deine Häuser, Grundstücke und Sklaven in den Arsch, wenn da noch Platz ist. Dein Krempel bleibt, wo er ist - in deinem Besitz. Lass mich nachdenken ..."
Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, Daumen und Zeigefinger an die Schläfe gelegt, die er nun langsam rieb, um sich das Nachdenken zu erleichtern, während er Lurco betrachtete. Nie war ihm die Arbeit im Lazarett so hilfreich gewesen wie jetzt, denn trotz der horrenden Aussichten übermannte ihn nicht die Panik, sondern er dachte scharf nach, was zu tun sei. Aber sein wippender Fuß verriet seine Nervosität.
"Wir haben nur einen einzigen Versuch", sprach er schließlich leise. "Noch bist du nur in der Baracke arrestiert. Wenn man dich bei einem Fluchtversuch erwischt, wird es dabei nicht bleiben und du landest im Carcer, aus dem niemand dich herausholen kann außer jener, der dich hineinwerfen ließ. Dies ist die einzige Gelegenheit. Verlasse die Castra. Schnapp dir Terpander und setze dich mit ihm nach Athen ab, ich schenke ihn dir. Ich werde hierbleiben und mir etwas ausdenken ... deinen Tod inszenieren. Du warst auf der Flucht und der Subura-Dreck hat dich geholt. Die Rache der Krähen."
Wie er das ohne Leiche machen wollte, wusste er nicht, aber entscheidend war, dass Lurco erstmal aus der Gefahrenzone herauskam.
"Wofür ich dann allerdings vielleicht doch ein Testament von dir bräuchte, sonst geht dein Besitz an irgendwelche Verwandten. Terpander kennt sich in Athen aus, er ist dort als freier Mann geboren. Sicher hat er noch seine Familie in der Polis? Er wird dir mit ihrer Hilfe helfen, dort Fuß zu fassen und eine neue Identität aufzubauen. Griechisch kannst du ja hoffentlich ausreichend gut und wenn nicht, wirst du es bald lernen. Ich komme später nach. Nicht in einer Woche, nicht in einem Monat, das würde auffallen. Sondern dann, wenn es passt. Bis dahin regel ich hier alles. Wenn du mich, falls ich dich beerbe, oder Charislaus ermächtigst, deine Häuser zu verkaufen, kann er zu gegebener Zeit mit mir gemeinsam nach Griechenland reisen und dir dein Vermögen bringen. Davon kaufen wir uns eine einsame Insel, Griechenland hat ja genügend, und machen uns ein schönes Leben. Oder wir bleiben direkt in Athen, wenn es dort hübsch ist. Wir wollten unseren Altersruhesitz ohnehin im schönen Hellas einrichten. So wird es eben ein wenig früher."