Beiträge von Sisenna Iunius Scato

    Scato verschlug es vor Freude für einen Augenblick alle Worte. Am liebsten würde er Lurco auf ganz andere Weise begrüßen, so aber machte er es wie die anderen, man klopfte auf Lurco herum und gratulierte ihm freudig. Pullus bekam unterdessen ein umfangreicheres Dokument ins Gesicht gedrückt, was er gefälligst zu unterzeichnen hätte, ohne dass der Kamerad wusste, was das überhaupt war. Scato war es schnuppe, der würde sich schon melden, wenn was unklar war.


    "Willkommen daheim", wollte Scato sagen - aber da war Lurco schon wieder verschwunden. Ratlos und überrumpelt schauten die Kameraden sich an.


    Auch das war Scato egal - Hauptsache, Lurco ging es gut. Mit breitem Grinsen und sehr vergnügt schmiss er sich wieder ins Bett.

    "Die Taberna ist als Altersvorsorge gedacht oder für den Fall, dass einer von uns mal dienstunfähig wird."


    Wem genau das Ding gehörte - ob Lurco oder ihm - hatten sie nicht geklärt, wobei nach Scatos Dafürhalten eher Lurco der Eigentümer war, dem ja auch das Haus gehörte. Scato selbst hatte im leeren Raum nebenan eine Taberna Medica eröffnen wollen, jedoch einsehen müssen, dass ihm die Zeit selbst für eine sporadische Soldaufbesserung auf diesem Wege einfach fehlte. Anders sah das bei der Taberna aus, wo seine Anwesenheit nicht erforderlich war.


    "Die Sklaven kümmern sich hier um alles, sie sind sehr tüchtig. Wenn der Lallende Löwe zu kontrollieren wäre, dann müsste das ein Kamerad erledigen, um die Neutralität zu gewährleisten."


    Wobei er selbst nicht davon ausging, dass irgendwas zu beanstanden wäre - von den Machenschaften, mit denen Lurco und Terpander die Taberna zweckentfremdet hatten, wusste Scato nichts. So freute er sich nur, dass er die Gelegenheit hatte, dem Aedil auch einmal auf diesem Wege zu begegnen und es diesem augenscheinlich bestens mundete.


    "Charislaus, brate ein paar Globi mehr und packe sie für unseren Gast ein!"

    Asper


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    Asper holte eine tönerne Dose hervor, verschlossen mit einem ebenso tönernen Deckel, den man anheben konnte. Die Dose hatte den Durchmesser eines Eimers. Asper schob den Teller von Pullus in die Tischmitte und stellte die Dose schwer vor Pullus auf den Tisch. Mit einem verschmitzten Blick hob er den Deckel, um sie zu öffnen. Sie war randvoll mit Keksen. Er spürte den Blick von Ramnus im Nacken, der vermutlich abwog, ob es sich lohnte, ihm das Genick zu brechen, um an die Kekse zu kommen, doch sie waren nicht für ihn bestimmt.


    "Sie gehören dir, Pullus."

    Asper


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    "Herzhaft, mit Salz und Gewürzen, knusprig gebacken." Genau die Kekse, die sonst keiner wollte, weil sie nicht nach Keks schmeckten, sondern fast wie Brot. Das waren die, welche als Vogelfutter geendet waren. Er lächelte. "Dass du die süßen Kekse mit den klebrigen Früchten am meisten magst, habe ich mir irgendwie gedacht. Du schaust wie eine Naschkatze. Einverstanden, erst die Therme, dann die Taberna. Heute nach Dienstschluss. Lass uns deinen Traum zusammen erkunden. Komm mit rein, ich habe etwas für dich."


    In einem Anfall von Galanterie öffnete er für Pullus die Tür und hielt sie ihm mit einer einladenden Handbewegung auf. Der Duft von Essen, der Rauchgeruch des Ofens und die gewohnten Geräusche aus der Stube drangen Pullus und Asper durch die offene Tür entgegen. Die zwei kamen pünktlich - Ramnus schöpfte gerade für alle Puls aus dem goldenen Topf in die Teller, während er mit Tarpa diskutierte, wieso er keine Bratwürste von Asinia organsiert hatte, was dieser mit einem mürrischen Gesichtsausdruck quittierte. Die ständigen, schlecht getarnten Erkundigungen nach seiner Geliebten gingen Tarpa auf die Nerven. Ein Problem, welches weder Asper noch Pullus je haben würden.

    Asper


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    Von diesem einfühlsamen Worten musste Asper schlucken. Er fühlte sich schäbig, denn so oberflächlich, wie er gedacht hatte, tat er Pullus Unrecht. Das war nicht, was dieser Mann verdiente. "Hätte ich das gewusst, hätte ich sie nicht an jemanden vergeudet, der sie gar nicht möchte - hätte ich mich nicht an den Traum geklammert."


    Er war blind gewesen für alle anderen Menschen um ihn herum. Wobei in seinem Fall auch gekränkte Eitelkeit eine Rolle spielte, die ihn dazu gebracht hatte, zu versuchen, Lurco doch noch umzustimmen.


    "Die nächsten Kekse kaufe ich für dich. Welche Sorte magst du gerne?" Ein kurzer Blick an Pullus vorbei, nach links, nach rechts, und als freie Bahn war, eine Berührung an der Flanke. "Wir könnten uns auch in gemütlicherem Rahmen treffen. Vielleicht in den Thermen."

    Asper


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    Blieb der einfach stehen! Schade, dass dieser Ort nicht sicher war, Asper hätte Pullus´ Nervenstärke gern ein wenig mehr getestet. "Natürlich hätte ich gern jemanden. Was meinst du, warum ich versucht habe, ihn mit Keksen anzufüttern? Aber er hat sie verschmäht. Er hat nicht mal gekostet!"


    Asper, der sich für gutaussehend hielt, war es nicht gewohnt, dass man ihn abwies, was ein Grund für seine Hartnäckigkeit war. Er kannte diese geheimnisvolle Person nicht, die Lurco in Beschlag nahm, so dass er sie nicht aus seinem Leben drängen konnte. Er wüsste da schon Mittel und Wege und Asper war nicht zimperlich. Er stand auch Schmiere, wenn Ramnus sich mit Tarpas Frau vergnügte.


    "Wir sollten mal unter vier Augen reden", raunte er.

    Asper


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    Der Blick von Asper veränderte sich. "Ich weiß, dass er meine Kekse nicht will", sagte er leise. "Drum verschenkt er sie andauernd oder lässt sie so liegen, dass alle sich daran bedienen, egal, welche Sorte ich versuche. Sogar Gemüsekekse habe ich getestet, weil ich dachte, er isst vielleicht nicht gern süß! Die hat am Ende Scato für seinen Pfau mitgenommen, weil keiner sie wollte. Man hat meine Kekse an einen Vogel verfüttert!"


    Bitterkeit schwang in seiner Stimme. "Und ich weiß auch, dass er seinen persönlichen Bäcker hat, auch wenn er den geheim hält. Trotzdem hätte er ja meine Kekse essen können, oder?"


    Den stechenden Finger beantwortete Asper mit einem Anspannen seiner Bauchmuskeln. Sollte Pullus ruhig fühlen. Sein Blick wurde prüfend. Das war kein Scherz mehr, was hier lief, das war abseits der üblichen Sprüche, das spürte er. Bislang hatte er keinen Gedanken je an Pullus verschwendet, war nicht mal auf die Idee gekommen, mehr als nötig an ihn zu denken. Und nun verkündete dieser, dass er ihn vernaschen wollte. Nun, Asper war nicht schüchtern und auf einen Versuch würde er es glatt ankommen lassen.


    "Wir könnten uns mal nach Dienstschluss treffen", raunte er und machte einen winzigen Schritt nach vorn, so dass ihre Nasen sich berührten. Er neigte etwas den Kopf schräg zur Seite und nun berührte sich auch ihre Stirn.

    Asper


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    Asper begriff nicht sogleich, worauf Pullus hinauswollte, was daran lag, dass er mit allem gerechnet hatte, aber nicht damit, dass er ihn auf seine Kekse ansprach. So starrte er Pullus eine Weile schweigend in die Augen, während sein Gehirn eine Kehrtwendung vollzog und versuchte, die neue Richtung zu finden. Pullus bedrohte ihn mit nebulösen Andeutungen, die alles bedeuten konnten oder nichts. "Ich kann dir den Bäcker zeigen. Sie sind gekauft, ich kann nicht backen, das schmeckt wie Knüppel auf den Kopf." Er beobachtete genau die Mimik von Pullus. "Die Kekse sind für Lurco und ich habe versucht, seinen Geschmack damit zu treffen, aber mit wem er sie teilt, ist seine Sache. Wenn sie dir auch schmecken, passt das doch."


    Mit verkniffenem Gesicht nahm Scato wieder Platz und knusperte den zweiten Keks.


    Asper bequemte sich an seiner statt auf die Beine und grinste Scato entschuldigend zu, obwohl es ihm überhaupt nicht leidtat, im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Scatos Blick blieb eisig. Es ging ihm hundeelend. So herzlich wie er sonst auch sein mochte, wenn es ihm schlecht ging, zog er alle Barrikaden hoch und wurde grantig. Die schroffe Schale zu knacken, in die Scato sich bisweilen einigelte, war bislang nur Terpander gelungen. Allerdings gab Scato auch nicht unbedingt Anlass dazu, es überhaupt zu versuchen.


    Und Terpander war mit seinem übergroßen Ego einfach hindurch gequollen ...


    Scatos Augen wurden glasig, als er an den uralten Witz von Lurco dachte, er musste sich abwenden und kletterte in sein Bett, das Gesicht zur Wand.


    Asper hingegen spazierte leichtfüßig mit Pullus vor die Tür.

    "Das ist ein stinknormales Schwert aus dem Armamentarium", beharrte Scato. "Kein Familienerbstück. Geht es verloren, bezahlt er es von seinem Sold, bekommt ein wenig Ärger und erhält dann ein Neues."


    Natürlich wusste er, worauf Pullus hinauswollte, jedoch weigerte er sich, einer entsprechenden Argumentation zuzustimmen. Sein eigenes Schwert hatte Blut gekostet und es war notwendig, aber grauenvoll gewesen. Der Entschluss, die medizinische Laufbahn einzuschlagen, war von diesem Erlebnis zementiert worden. Scato erhob sich und nahm einen Keks zur seelischen Unterstützung mit.


    "Wir können gleich nach draußen gehen. Der Tag ist eh verdorben."


    Die anderen wussten nicht, was Lurco ihm mitgeteilt hatte, dass ihn die Hinrichtung erwartete. Scato war für jede Ablenkung dankbar.

    "Auf ihn", sagten die Kameraden im Chor, hoben ihre Becher und tranken einen Schluck auf den Mann, der heute fehlte.


    "Lurcos Waffen sind nicht im Vorraum." Tarpa, der sich für die Ordnung in der Baracke zuständig sah, behielt so etwas genau im Auge. "Er muss sie mitgenommen haben."


    "Wen interessieren seine Waffen? Er wird sich schon drum kümmern", maulte Scato. Er griff sich Aspers Kekse und knusperte einen. "Bisher sind sie nicht weggekommen. Wieso fragst du, Pullus?"