Beiträge von Manius Purgitius Lurco

    Mordmarathon


    Lurco hatte das Officium des Praefectus Urbi verlassen und hatte sich umgehend auf den Weg zur Baracke VII gemacht. Allein der Weg dahin beruhigte seine aufgebrachten Nerven. Was er falsch gemacht hatte, wusste er nicht genau. Vielleicht hatte der Praefectus seinen Rätselversuch auch schlicht als Klugscheißerei vor dem Kaiser gewertet. Wer wusste das schon? Und ob es dem Praefectus gefiel oder nicht, wenn jemand einen vermeintlichen Attentäter bei seinem mutmaßlichen Opfer beließ, war doch die Frage ob ihm die Situation nicht ganz gelegen kam. Kurzum, war vielleicht Menecrates selbst heimlich ein Christ und legte es darauf an, dass der Kaiser ausgeknipst wurde? Lurco schob den Gedanken beiseite. Selbst wenn es so war, was scherte es ihn? Er war nicht der Kaiser, er war nicht der Urbi, es ging ihn schlichtweg nichts an und er sollte zukünftig seine Gedanken für sich behalten. Immerhin hatte er keinen Befehl den Kaiser oder den Urbi vor irgendwem oder was zu schützen. Und sollte etwas geschehen, hatten sie wieder in einer Leichensache zu ermitteln. So hatte auch dieses Gespräch etwas Lehrendes gehabt.


    Purgitius betrat die Baracke VII und atmete erst einmal durch. Pullus schaute auf und zog fragend eine Augenbraue hoch. Er reichte Lurco seinen Becher, denn dieser sah aus als könnte er einen Schluck Posca vertragen. Manius nahm den Becher mit dankbarem Nicken entgegen und nahm einen Schluck. Dabei betrachtete er das Bild, dass sie an die Wand gemalt hatten. Die Götter und Mars sah Maro verdächtig ähnlich. So lange war das noch gar nicht her, dass sie ihre Baracke verschönert hatten, doch im Moment erschien es Lurco als wäre dies zu einer ganz anderen Zeit gewesen. Nun so war es auch.


    Lurco stellte den Becher ab und setzte sich auf sein Bett.


    "Bezüglich der Mordermittlungen habe ich den Befehl erhalten, mich an meinen Patron zu wenden, da er eines der Mordopfer kannte. Damit alles seinen ordnungsgemäßen Lauf, werdet Ihr mich begleiten. Wir verhören meinen Patron allerdings nicht, wir befragen ihn höflich und bitten ihn um seinen Beistand. Gebt mir fünf Minuten dann brechen wir auf. Das Verhör bezieht sich im weiten Kreis auf Ermittlungen bezüglich des Anschlags auf die Statio. Danach werden wir in Sachen Püppchenmord meinen Patron befragen. Hat irgendwer dazu eine Frage oder eine Anmerkung?", fragte Lurco in die Runde, stand auf und nahm sich ein Stück Brot vom Tisch.


    Er kaute darauf herum, aber es schmeckte fade.

    "Verstanden Praefectus Urbi Claudius", antwortete Lurco mit allem gebührenden Respekt aber bar jeder Emotion. So konnte man sich natürlich auch herausreden. Er hatte seinem Vorgesetzten weder etwas vorgeschrieben, noch gesagt wie er etwas zu sehen hatte. Er hatte nur mögliche Sichtweisen aufgezeigt.


    Entweder war er ein Christ, dann hätte sein Vorgesetzter ihn bei Zweifel von der Audienz entfernen und Alarm schlagen müssen, oder er war keiner.

    Oder er war schlichtweg unerwünscht, aus welchen Gründen auch immer. Einmal mehr stellte Lurco fest, dass er besser hätte schweigen sollen. Schweigen zu den Anschlägen auf die Statio, schweigen dazu was ihn bewegte, schweigen dazu was er mit den Krähen getan hatte und was die Christen betraf.


    Diesmal schwieg er und zwar was seine Vermutung und die Warnung an seinen Vorgesetzten anging.

    Er grüßte nach Dienstvorschrift und verließ das Officium.

    "Deine Nachfrage verstehe ich. Du kannst es so sehen, ein Mann weiß scheinbar etwas über Christen, sprich über diesen Fisch. Es gibt mehrere Möglichkeiten Praefectus. Der Mann könnte ein Christ sein, richtig. Oder jemand der ein bisschen griechisch versteht und Rätsel löst. Dein Einwand ist richtig, wie sähe es aus, würdest Du einen Christen losschicken, Christen aufzuspüren. Der Erfolg wäre wohl ehr gering. Das wäre ein Fauxpas.


    Ein Fauxpas wäre es allerdings ebenso, wenn Du mitten in einer Audienz beim Kaiser bemerkst, Dein Begleiter könnte ein Christ sein. Welchen Eindruck hättest Du hinterlassen, hättest Du einen Christen bis zum Kaiser geführt und er hätte sein eigenes Leben verachtend, den Kaiser gemeuchelt? Du hättest in diesem Fall sogar dem Mann Tür und Tor geöffnet und bei den Prätorianern am Tor für ihn gesprochen.


    Also entweder ist dieser Mann ein mutmaßlicher Christ und Du hättest ihn umgehend nach Verdacht entfernen müssen, allen voran aus dem Dunstkreis des Kaisers.

    Oder der Mann ist kein Christ. Nun oder Du hast Deine eigenen Gründe, warum er blieb wo er war. Ich stelle schließlich keine Befehle oder Weisungen meiner Vorgesetzten in Frage. Aber das Gedankenspiel dass dann wohl bei einigen aufkäme, wäre sehr unschön.


    Die Frage ist also nicht nur, bin ich ein Christ.

    Die Frage lautet auch, wenn Du meinst ich könnte einer sein, warum hast Du mich an Deiner Seite vor dem Kaiser belassen?


    Zudem Praefectus Urbi Claudius, Du bist eine der wenigen Personen, denen ich von meiner Vogeljagd erzählt habe. Sah das für Dich nach dem Werk eines Christen aus? Ich gebe zu, ich hätte mich nicht zu dieser Handlung hinreißen lassen sollen, aber dennoch spricht diese Tat doch wohl eine andere Sprache, als das ich ein Christ wäre. Ausgezogen bin ich im Namen von Mars, von Ultor.


    Mehr werde ich zu der Anschuldigung nicht mehr sagen. Wie gesagt, ermittelt gegen mich und überzeugt Euch selbst, alle miteinander.


    Der "Püppchenmord" wird aufgeklärt, wir müssen herausfinden wer der... die Leiche war. Ich werde mich mit meinem Patron in Verbindung setzen und ihn befragen. Meine Vermutung und meine bisherigen Ergebnisse habe ich in meiner Fallakte zusammengefasst. Bezüglich des Falles hoffe ich, dass jemand etwas zu der Puppe sagen kann. Ansonsten muss kann ich nur darüber spekulieren. Ihr Fundort zeigt jedoch eindeutig, dass jemand den Toten zum Schweigen bringen wollte. Also als der Mann noch lebte natürlich, drum ist er tot", gab Lurco nachdenklich zu bedenken.

    "Mit Verlaub Praefectus Urbi Claudius, meine Haltung gegenüber Christen habe ich bei der Sklavin Eireann verdeutlicht und werde es jederzeit erneut tun. Allerdings kann ich nur beweisen wer und was ich bin. Was ich nicht bin, dafür kann ich keine Beweise herbeischaffen. Einzig und allein die Ausschlussregelung würde hier greifen. Wer mich kennt, weiß zu wem ich bete und wie ich zu Rom stehe. Es steht jedem Urbaner frei in dieser Frage bezüglich meiner Person und den Christen zu ermitteln", antwortete Lurco sachlich und neutral.


    Purgitius hatte nichts zu verbergen, weder hatte er, noch seine Familie je mit den Christen etwas zu tun gehabt. Das Bild in der Baracke VII sprach für sich. Er war ein Luperci und er hatte die Kollegen im Namen Mars gerächt. Letzteres war im Grunde nie geschehen, aber alles andere sprach für sich. Ebenso der Bericht in dem er erwähnt hatte, das Eireann möglicherweise eine Christin war. Allerdings fand man in jeder Suppe ein Haar, wenn man lange genug den Kopf schüttelte. Wer wollte, konnte dies natürlich auch umdrehen und als falsches Alibi auslegen. Handlungen, Mitgliedschaften die er nur zur Tarnung eingegangen war. Es würde sich zeigen, ob nach der Wahrheit gesucht wurde, oder nach einem Schuldigen.


    "Verstanden Praefectus, ich werde Cornicularius Octavius mit sofortiger Wirkung die Ermittlungen in Sachen der Gens Furia übergeben. Die Einsatzberichte hierzu sollte der Kollege zu Rate ziehen. Daraus ergibt sich alles Wesentliche. Sollten noch Fragen offen sein, stehe ich Cornicularius Octavius zur Verfügung", antwortete Lurco höflich.


    Möglicherweise war es besser, dass er nicht weiter in die Ermittlungen rund um den Anschlag an der Statio und die damit verbundenen Morde beauftragt war. Er war zu nah am Geschehen. Es hatte ihn nicht nur als Urbaner getroffen, dass Kollegen ermordet wurden und ihr Leben im Dienst gelassen hatten, nein es hatte auch die Privatperson Lurco unter der Rüstung des Urbaners getroffen. Nicht umsonst hatte er privat zur Waffe gegriffen. Mit Abgabe des Falles, gab er die Altlasten ab. Frugi würde sein Bestes geben. Für ihn selbst war es Zeit sich eine professionellere Sichtweise zuzulegen und diese hieß dienstliche Distanz. Eine Leiche war dienstlich eine Leiche, keine Person mehr. Keine Person und kein Kamerad. Ermittlungen sollten neutral durchgeführt werden, ohne Ansehen der Person... oder Leichen.

    Lurco setzte sich auf und schaute Scato verstehend in die Augen. Scato verteidigte ihn hier soweit, wie er konnte. Wobei er vermutlich falsch lag und der Bruder den Namen Zwiebel zu Recht trug. Der Bursche wollte mit seinem jüngeren Bruder scheinbar alleine reden oder hatte sich einen gemütlichen Abend bei alten Geschichten versprochen. Und der "Gast Lurco" störte dabei. Dass er der Gastgeber war, hatte die Zwiebel nicht gewusst und bereute nun bitterlich. Lurco hatte nicht vor, den Mann aufgrund es exakt getroffenen Fettnäpfchens vor die Tür zu setzen. Auch wenn Scato wütend war und es ihm extrem schmeichelte, war die Zwiebel dennoch Scatos Bruder.


    "Scato hat völlig Recht, mir gehört dieses Haus und Scato wohnt bei mir. Mehr noch, er gehört nicht nur zum Haus wie das Inventar, ohne ihn wäre das Haus nur eine leere Hülle", antwortete Lurco und fügte an, `wie der Rest von meinem Leben´.


    "Wenn Du Dir eine gemütliche Zeit mit Deinem Bruder machen möchtest, nur zu. Aber nicht hier und nicht jetzt. Scato und ich haben vor, den Feierabend gemütlich ausklingen zu lassen. Das Letzte was einer von uns beiden gebrauchen kann, ist Streit. Also setz Dich dazu und rede, oder wir sehen uns morgen und ich wünsche Dir eine gute Nacht Zwiebel", antwortete Lurco und schenkte Scato ein verstecktes Lächeln.

    "Dein Bruder heißt Zwiebel? ZWIEBEL?

    Ja gut, ein etwas... sagen wir mal gewöhnungsbedürftiger Name, aber ich werde ihn mir garantiert merken.


    Du kannst mich auch später massieren, aber nur bitte tue es irgendwann. Sonst ende ich als völlig verspanntes Knäul. Dein Bruder weiß nicht, dass Du mit mir zusammen bist? Dass solltest Du ihm sagen, falls er länger bleibt. Was wir ja beide hoffen. Sonst könnte das für Verwirrung sorgen. Oder Frust bei uns, wenn wir uns nicht mehr nahe sein dürfen. Zwiebel... Deine Mutter war wirklich grausam", stöhnte Lurco.

    "Der Anhänger war ein Fisch. Was sagt er uns als Rätsel? Ein Akronym dass auf das Wort FISCH passt? Keines, jedenfalls keines das ich hier erwähnen möchte oder zu einem religiösen Kult passt. Versuchen wir es mit er Lateinischen Variante - Piscis. Gibt kein Rätsel oder Wortspiel her. Viele Worte werden von Gelehrten in griechisch verwendet. Ichthys. Akronym was zu dem Wort passt. Und genau dass passt meiner Meinung nach.


    I - Jesous, CH - Christos, TH - Theou, Y - Hyos, S - Soter. Zusammen Ichthys was auf griechisch Fisch heißt. Jesous Christos Theou Hyos Soter heißt als Satz übersetzt Jesus Christus, Gottes Sohn, unser Heiland - Helfer - Retter - Erlöser.


    Nein dazu muss man den Wortlaut nicht kennen, man muss nur versuchen einen hinein zu interpretieren. Ein Erkennungssymbol darf nicht soweit hergeholt sein, dass kein anderer das Rätsel lösen kann. Sonst wäre der versteckte Hinweis zu gut versteckt. Du könntest in jedes Wort bei Willen etwas hineininterprtieren. Lurco - Leidender Urbaner reinigt Cohortes. Ob meine Vermutung stimmt, kann ermittelt werden. Wie viele Christen tragen einen Fisch?


    Meine Unschuld kann ich ebenso beweisen. Niemand ist weniger Christ als ich, mein Gott ist Mars und in seinem Namen handele ich. Vielleicht in der Vergangenheit etwas unüberlegt, zugegeben. Es steht jedem Urbaner frei gegen mich zu ermitteln und mich und meine Handlungsweise zu hinterfragen. Ich habe nichts zu verbergen", gab Lurco offen zurück.


    Schon seltsam, dass ein Rätsel das er versucht hatte zu lösen derartige Panik auslöste. Die Handlungen hingegen von Cerretanus und seiner Sklavin hatten jeden kalt gelassen. Nun er war nicht Cerretanus und er war kein Sklave mit Narrenfreiheit. Sollten sie doch gegen ihn ermitteln, das einzige was er je öffentlich gezeichnet hatte, war das mannshohe Götterbild mit Mars in der Mitte in ihrer Baracke.


    Warum Scato ständig einen Anfall bekam, sobald er ihm etwas erzählte wurde Lurco so langsam klar. Scato fragte sich sicher täglich, was er sich da für einen Trottel angelacht hatte. Und Manius musste ihm Recht geben.

    Lurco schaute seinem Praefectus unverwandt in die Augen als er antwortete.


    "Mit Christen kenne ich mich nicht aus, dafür mit Rätseln. Der Fisch ist ein Akronym, sofern mein Verdacht stimmt. Akronyme entstehen dadurch, dass Worte auf ihre Anfangsbestandteile verkürzt werden und ein Neues bilden. Beispiel - Pup für potentiell unerwünschte Person", antwortete Lurco ernst.


    Scheinbar hatte er einen Hang zu Löwen, wie es aussah bekam er doch noch seinen eigenen. Nur auf völlig andere Weise. Die Warnung die ihm auf der Zunge gelegen hatte, schluckte er lieber herunter. Fälschlicherweise konnte sie auch als Drohung missverstanden werden. Purgitius beschloss lieber zu schweigen und selbst die Augen offen zu halten.

    Wenn das nicht Ravilla war, dachte sich Lurco und trat sofort an den Besucher heran.

    "Salve Ravilla, schön Dich zu sehen", sagte Lurco und nahm das Schreiben von dessem Sklaven entgegen.


    "Du stehst vor der Castra Praetoria, weil er unseren Praefectus Urbi besuchen möchtest. Aber Ravilla da muss ich Dich enttäuschen, Du findest unseren Praefectus ist in der Praefectura Urbis. Hier bist Du leider völlig falsch", erklärte Lurco behilflich und reichte dem Sklaven das Schreiben zurück.

    Lurco hielt inne und dachte über die Fragen von Menecrates nach. Ob er grundlos befördert worden war? Er hoffte nicht, aber sein Praefectus hatte Recht, die Eigensicht wurde vielleicht von anderen gespiegelt. Er hatte sich bezüglich der Krähen einen Schnitzer erlaubt, einen gewaltigen und er hatte ihn zu korrigieren. Möglicherweise hatte er sich falsch ausgedrückt. Hatten sie Erfolge gehabt? Ja. So manch ein Verbrechen war verhindert worden und so mancher hatte den Carcer von innen gesehen. Aber hatten sie ein Endergebnis? Nein. Das stand im Falle des Anschlages auf der Statio und im Püppchenmord noch aus. Erfolg und Ergebnis klang zwar ähnlich, bedeutete aber grundsätzlich etwas anderes.


    "Verstanden Praefectus, ich fasse mich kürzer", stimmte Lurco zu. Immerhin saß er bei seinem Praefectus im Officium und war im Dienst, sie saßen nicht bei ihm Zuhause und diskutierten. Sein Boss hatte genug um die Ohren und ganz andere Dinge zu klären. Lurco rief sich innerlich zur Ordnung.


    "Wer eine bessere Sicht von anderen erwartet, sollte zuerst an der eigenen arbeiten, damit hast Du völlig Recht. Zu Deiner Frage ob ich ohne Leistung befördert wurde, nein das wurde ich nicht. Meine Arbeit leistete ich gut und gerne. Streiche bitte das Wort Erfolg, es ist ein Endergebnis, dass ich mir wünsche. Ich würde gerne ein Ergebnis im Falle der Ermittlungen bezüglich des Anschlages der Doppelstatio und des Püppchenmordes vorweisen können. Manches braucht seine Zeit und bei der Vorgehensweise hast Du mir geholfen. Das ist alles was ich anmerken möchte", antwortete Lurco und wartete ab, was sein Praefectus als nächstes ansprechen wollte.


    Er selbst musste Menecrates bezüglich der gesamten Vorfälle warnen. Gut möglich, dass alles nur Zufälle waren, aber ein Großteil was sich ereignet hatte, fand im Umfeld des Praefectus statt. Es war also durchaus möglich, dass jemand bewusst dem Praefectus Urbi schaden wollte.

    Ihr Tribun war gut, dass musste Lurco ihm lassen. Nun grundlos war Crispus nicht in der Position, in der er sich befand. Er hielt ihnen mit seinem Pferd und Waffen die Schleuderer vom Leib und musste selbst einiges einstecken. Doch er hielt sich oben, während die anderen mit dem Gesicht im Dreck liegen blieben. Solche Gedanken waren schmeichelhaft doch waren sie in einem Gefecht auch gefährlich. Schon war einer der Angreifer zu Pullus vorgerückt und bedrängte den Kameraden.


    Mit einem Satz war Lurco bei Pullus und rammte dem Angreifer seinen Dolch in den Hals. Mit gurgelndem Keuchen ging der Mann zu Boden. Im selben Augenblick beugte sich Lurco zu ihm herab und schlitzte ihm vom einem Ohr bis zum anderen die Kehle auf. Der Kerl zuckte noch einige Male, dann blieb er in einer schnell größer werdenden Blutlache liegen.


    Irgendwie mussten sie die Formation halten, alles andere würde nur den Angreifern in die Hände spielen. Sein Blick zuckte kurz zu dem Hünen, bis jetzt blieb der ruhig, oder wollte kein Schwert in die Rippen riskieren. Die Angreifer umschwirrten sie wie Scheißhausfliegen, genauso penetrant und lästig. Erneut verteilte Lurco einige gut gezielte Tritte. Ramnus verschaffte ihnen etwas Luft, indem er er sich einen der Burschen griff und in eine Gruppe Angreifer schleuderte. Groß und grimmig reichte scheinbar schon sein Äußeres, um einige nun auf Abstand zu halten.


    Ein Messer zuckte vor in seine Richtung, Lurco drehte sich blitzartig zur Seite und stoppte den Angreifer mit einer brutalen Faust mitten ins Gesicht. Mittlerweile ging das mehr in eine Schlägerei anstatt in eine Schlacht über. Pullus war schon wieder in Bedrängnis und Lurco hatte so das Gefühl, dass er wohl lieber von Asper gerettet werden wollte. Das war nur eine kleine, gedankliche Stichelei die nicht stimmte.


    Lurco nickte Richtung Pullus und Ramnus walzte los.

    Lurco nickte zustimmend, als sein Praefectus davon sprach, dass sie aufgrund er persönlichen Beziehungen anders vorgehen mussten. Sein oberster Boss hatte da ein besseres Händchen für, als er selbst. Eine gute Beziehung war durch eine unbedachte Äußerung oder Handlung sehr schnell zerstört, dies wollte Lurco auf keinen Fall bei seinen Patron riskieren. Er schätzte den Mann sehr und hatte ihn tatkräftig beim Wahlkampf unterstützt. Zum Glück hatte Praefectus Claudius noch vor jeder Amtshandlung das mögliche Fettnäpfchen erkannt. War die Handlung auch rechtmäßig, sie hinterließ trotzdem einen üblen Beigeschmack. So konnten sie das Problem möglicherweise auf andere Weise lösen.


    "Du hast völlig Recht Praefectus, eine unbedachte Handlung den Iuliern gegenüber könnte ich meinem Patron gegenüber nicht rechtfertigen. Mag die Amtshandlung auch rechtens sein, er würde zu Recht fragen, weshalb ich mich nicht hilfesuchend an ihn gewandt habe. Eine einvernehmliche Lösung, die niemanden in Misskredit bringt, sollte zumindest versucht werden. Ich werde schnellstmöglich bei ihm vorsprechen, Danke für Deine Umsicht.


    Bezüglich des Officium haben wir hoffentlich Glück, dass auch Caesoninus seinen Schriftverkehr von Zuhause aus erledigte und dort alles notwendige aufbewahrte. Dies wäre ein immenser Vorteil. Falls dem nicht so ist, weiß möglicherweise eines der Familienmitglieder bescheid oder sogar mein Patron. Ich werde ihn danach fragen. Mehr als dass er auch nichts weiß bezogen auf das Officium kann dabei nicht geschehen", antwortete Lurco freundlich.


    "Der Mangel an Wertschätzung offenbarte sich am Anfang in Ausübung unserer täglichen Arbeit. Ich spreche offen Praefectus, kein Urbaner hat je Dankbarkeit verlangt, dafür dass wir so manchem Römer seinen Hintern gerettet haben. Allein durch unser Auftauchen, unsere Anwesenheit oder durch konkretes Eingreifen. Aber was sich zu meinem Dienstanfang auf den Straßen zugetragen hat, war purer Hohn. Sklaven pöbelten uns an, spielten sich auf und versteckten sich dann hinter den schützenden Namen ihrer Herren. Die selbst nicht gewillt waren, einzuschreiten. Bürger Roms waren nicht besser. Gefühlt waren wir die Adresse für jeden frustrierten Unmut, von dem irgendein Römer geplagt wurde.


    Natürlich war dies nicht bei jedem so. Aber wenn wir in Erscheinung treten Praefectus, dann tritt der Staat höchstpersönlich in Erscheinung, wir sind die Verkörperung von Roms Sicherheit. Wir erwarten keinen Dank, wir erwarten den uns gebührenden Respekt. Wer sich von Sklavinnen oder frustierten anderweitigen Subjekten beleidigen lässt, bringt uns alle in Verruf. Es heißt währet den Anfängen. Solch ein Verhalten muss rigoros geahndet werden, wir unterstehen ausschließlich dem Militärrecht. Wer uns beleidigt, persönlich oder durch seinen Sklaven beleidigten lässt, muss die Konsequenzen tragen.


    Leider sehen einige Kollegen genau dass sehr lasch. Auch hier muss ich auf einen Spruch zurückgreifen Praefectus. Wo das Versagen des Einzelnen den Tod aller bedeuten kann, darf es keine Gnade geben. Heute noch winkt der Kollege ab, weil eine Sklavin ihn ankeifte. Morgen steht sie mit einem ganzen Mob vor unserer Castra und zündet sie an. Hätte der Kollege richtig reagiert und ihr das Wort Staatsgewalt verdeutlicht, hätte diese Sklavin eine Lektion gelernt. Eine sehr wichtige sogar und diese Lektion hätte sich herumgesprochen.


    So hatte sich etwas ganz anderes herumgesprochen Praefectus. Urbaner sind Fallobst, mit denen kann man es ja machen. Mit denen kann man herumdiskutieren. Dass dem nicht so ist, dass haben meine Barackenbrüder und ich auf die Straßen Roms getragen. Ab dato wehte wie man so schön sagt ein anderer Wind. Für mich ist das nur eine Brise, aber ich würde gerne dafür sorgen, dass es ein Orkan wird.


    Dazu gehört ebenso, dass wir unseren Ruf auf andere Weise verteidigen und zwar mit Leistung.

    Weisen wir einen Erfolg vor, oder einen Erfolg nach dem anderen, dann wird sich dies ebenso in Rom herumsprechen Praefectus. Diese Männer verschaffen sich Respekt und er gebührt ihnen. Wer sich wie ein entschuldige "Kackschwamm" verhält, sich an der Nase herumführen lässt und sich dann in der Castra versteckt und seine Dienstzeit absitzt, der darf nicht erwarten, dass man ihn mit Respekt behandelt. Er selbst hat ja keinen vor sich.


    Genau das ist uns sauer aufgestoßen. Und aus jenem Grund möchte ich einen ersten Erfolg für uns abliefern. Einen Erfolg von dem wir sagen können, wir haben diesen Mord aufgeklärt. Etwas worauf wir mit Stolz verweisen können. Das ist mir wichtig und dahin möchte ich uns bringen", versuchte Lurco seine Gedanken in die richtigen Worte zu fassen. Scato war darin wesentlich besser als er, aber Scato war nicht hier um seinen Gedanken Ausdruck zu verleihen.


    Die Ausführungen seines Praefectus ließen Lurco einen Moment lang nachgrübeln.

    "Mit allem gebührenden Respekt Praefectus, aber sollten wir uns nicht diese Aufgabe zu eigen machen? Sollten wir nicht auf allen Ebenen für die Sicherheit Roms sorgen? Ob durch Abschreckung durch Präsenz, durch Prävention und durch aktives Handeln? Mir persönlich gefällt der Gedanke nicht, dass die Schwarzröcke einen derartigen Ruf haben. Wäre er gerechtfertigt - bitteschön. Aber was haben sie geleistet, für ihren Ruf?


    Sie fischen in unseren Gewässern Praefectus. Sie sind mit der Bewachung des Palastes betraut. Sie sind die Palastgarde. Wir sind mit der Bewachung und dem Schutze Roms betraut. Nun dass sie diesen Vorsprung benötigt scheint mir auch so, aber anstatt sich unserer Arbeit zu widmen und sich mit fremden Lorbeeren zu schmücken, sollten sie da nicht ihrer tatsächlichen Aufgabe nachkommen und den Palast bewachen? Vielleicht denke ich da auch in flaschen Bahnen, aber sie sind Palastgarde und nicht Romgarde nicht wahr", schmunzelte Lurco gut gelaunt.


    Das er die Schwarzröcke für überbewertete und überbezahlte Türsteher hielt, verschwieg Lurco lieber. Das wusste nur einer und zwar Scato.

    "Der Fisch ist ein Rätsel, ein Wortspiel. Fisch vom griechischen Ichtys. I - Jesous, CH - Christos, TH - Theou, Y - Hyos, S - Soter, Zusammen Ichthys, übersetzt Fisch. Jesous Christos Theou Hyos Soter heißt als Satz übersetzt Jesus Christus, Gottes Sohn, unser Heiland oder unser Retter, dass sagt der Fisch der Christen. Jeder einzelne Buchstabe steht für das griechische Wort. Nach der Audienz hätte ich Dich gerne einmal persönlich gesprochen Praefectus", antwortete Lurco seinem obersten Vorgesetzten leise flüsternd.


    Bezüglich seiner Vermutung, dass es vielleicht nicht um die Cohortes Urbanae, sondern um den Praefectus selbst ging, musste dieser gewarnt werden. Es war durchaus möglich, das jemand Herius Claudius Menecrates in Miskredit bringen wollte.

    "Senator Annaeus Florus Minor ist mein Patron Praefectus, ich könnte mich hilfesuchend an diesen wenden. Möglicherweise kann er uns somit über seine Ehefrau Zutritt zu der Casa Iulia verschaffen. Falls nicht, sprich falls uns niemand Einlass gewährt, dann werden wir wohl den einfachen, wenn auch weniger schmeichelhaften Weg gehen müssen. Wir werden nach Hinweisen, Beweisen und allen anderen Fakten suchen.


    Dazu fällt mir noch etwas ein, hatte Caesoninus ein Officium außerhalb seines Hauses? Wenn ja, weißt Du wo? Möglicherweise finden wir dort ebenfalls Hinweise. Es wäre auf alle Fälle wert, der Sache nachzugehen.


    Also zuerst lautet mein Vorgehen:

    1. Priorität - Durchsuchung bei den Furia, keine Kooperation zu erwarten, Gens befangen.

    2. Priorität - Zutritt zum Haus der der Iulia verschaffen, zwecks Ermittlung von Hinweisen, Beweisen, auffinden von weiteren Fakten.

    3. Priorität - alles weitere.


    Du wirst den Optio kennenlernen Praefectus, Du bist im Bilde wie er dienstlich gehandelt hat. Menschlich möchte ich nicht vorweg greifen, mache Dir selbst ein Bild von ihm und ordne ihn entsprechend ein. Alles was ich Dir gesagt und vorgelegt habe, bezog sich auf den Dienst. Auch wenn es im weiteren Rahmen mit dem Dienst zu tun hatte Praefectus", erklärte Lurco freundlich und dachte über die Frage bezüglich, seiner Strafarbeit nach.


    "Meine Disziplinarstrafe, war keine Strafe Praefectus, sondern eine Chance die mir vermutlich kaum jemand gegeben hätte. Was ich davon mitgenomme habe ist, sind mehrere Dinge. Das erste was ich gelernt habe ist, dass man mit allem zu Dir kommen kann. Am Besten bevor man selbst unüberlegt handelt. Allerdings habe ich in dem Zusammenhang auch gelernt, dass sehr viel von einem guten Vorgesetzten abhängt, zu dem man auch gehen möchte. Das heißt, sollte ich jemals in den Genuss kommen, dann werde ich es genauso handhaben. Ich werde mit dem Beispiel vorangehen, dass ich mir selbst gewünscht hätte damals. Etwas das Du geleistet hast, Du hast mir zugehört und Dich unserer Sache angenommen. Meine Strafe in dem Zusammenhang war gerechtfertig und sie fiel milde aus. Dafür danke ich Dir.


    Zudem haben wir mehr Arbeit, als mir bis dato tatsächlich bewusst gewesen ist. Sprich es greift mehr ineinander, als auf den ersten Blick ersichtlich ist und man muss die Augen und Ohren überall haben. Meine Aufgaben haben mir Freude, aber auch einiges an Kopfzerbrechen bereitet. Es war eine lehrsame und gute Zeit.


    In dem gesamten Zusammenhang ist mir allerdings auch etwas klar geworden und zwar, dass wir als gesamte Cohortes Urbanae einen Erfolg benötigen.

    Einen Erfolg der uns alle motiviert als Einheit zu fungieren und weiter daran zu arbeiten. Mehr noch, ein Erfolg wurde auch Rom und seinen Bürgern zeigen, dass wir als Urbaner wieder da sind. Zurück in neuer, besserer Form. Das wir uns zu jenen Urbanern gewandelt haben, die sie benötigen und die wir uns selbst wünschen zu sein. Eines Tages werden sich die meisten hier einschreiben, weil sie Urbaner werden und etwas bewegen möchten. In der Vergangenheit wurde den Cohortes gefühlt als Sprungbrett beigetreten.


    Und wie gesagt, dafür haben wir einen Erfolg nötig. Nicht nur dass, dieser Erfolg würde auch unsere Daseinsberechtigung untermauern.

    Und Praefectus, diesen Erfolg hätten wir offiziell schon haben können, wäre ich die Sache mit den Krähen offiziell angegangen. Den Erfolg habe ich uns verwehrt. So bleibt es auch vorrangig an mir, diesen Schnitzer wieder gut zu machen. Ein Ermittlungserflog muss her", antwortete Lurco respektvoll.


    Er überlegte einen Moment und fügte etwas an.


    "In diesem Zusammenhang habe ich eine Frage Praefectus. Ist es möglich, dass uns die Prätorianer Fälle wegschnappen? Sind sie ebenfalls mit Ermittlungsarbeiten betraut, oder nehmen diese an in einigen Fällen? Sprich greifen sie jene Fälle ab, in denen ein Erfolg schnell zu verzeichnen ist und überlassen uns jene, mit Kopfzerbrechen? Das würde mich persönlich interessieren".

    Lurco schmunzelte seinen Schatz entschuldigend an. Gleich wie mies es ihm ging, die Anwesenheit von Scato beruhigte ihn stets. Nur scheinbar seine gerade Scato nicht, oder besser gesagt, seine Argumentation.


    "Ach Stöckchen, das erzähle ich Terpander lieber auch nicht, ehe er mir den Hals umdreht. Aber ich habe in dem Moment wirklich nicht an ihn gedacht, dass gebe ich offen und ehrlich vor Dir zu. In dem Moment war ich mit den Gedanken ganz woanders. Die Sklaven aus der Casa Purgitia werden ihm gut zur Hand gehen und er wird sie anleiten und anweisen. Ich werde ihm die Erlaubnis dazu geben. Wir wohnen alle gemeinsam unter einem Dach, es ist unser Zuhause. Wieso sollten wir dort alles in Deins und meins aufteilen? Wie soll Terpander seine Arbeit ordentlich erledigen, wenn er nicht allen Sklaven etwas zu sagen hat?


    Das Terpander den Haushalt fast allein geführt hat, hat er mir nicht gesagt Scato. Mit Charislaus werde ich ein ernstes Wort reden, sobald er zurück ist. Vorab wird sich die Situation schon grundlegend ändern, wenn die anderen Sklaven hier sind. Terpander teilt ihnen dann die Arbeit zu und sie werden sie verrichten. Immerhin hat er das ganze Haus für uns einst auf Vordermann gebracht und renoviert.


    Na Stöckchen, ich hoffe nicht das Terpander einen Aufstand anzettelt, weil Charislaus eine faule Haut war. Da sollte er mit uns reden und wir helfen ihm. Nur so kann das funktionieren", antwortete Lurco und streckte sich lang aus, dass seine Gelenke knackten. Er fühlte sich gerade ausgelaugt und verspannt, am liebsten hätte er Scato fest in die Arme genommen und sich angeschmiegt.


    Zum Thema Verbitterung und Frustration nickte Lurco beipflichtend.

    "Erst mit Crispus und Menecrates haben sich die Urbaner wieder ihrer wahren Bestimmung zugewandt. Vielleicht war dem vorher bereits einmal so, aber die Zeit haben wir nicht erlebt. Du hast Recht, wir benötigen einen Erfolg. Ein Erfolg würde alle Urbaner motivieren und hätte eine entsprechende Außenwirkung. Zudem, auch da gebe ich Dir Recht, kann weder Crispus noch Menecrates das binnen Tagen, Wochen oder Monaten wieder ausbügeln, was Jahrzehnte schief gelaufen ist. Aber beide setzen alles dran, genau das zu tun und das Unrecht dass geschah aufzuarbeiten.


    Die Doppelstatio wird ein weithin sichtbares Zeichen einer neuen Zeitrechnung der Cohortes Urbanae sein und wir Scato, wir beide haben unseren Beitrag dazu geleistet. Ja die Krähen, hätte ich sie überführt anstatt zu rupfen, hätten wir unseren Erfolg gehabt. Aber in dem Moment war ich derart enttäuscht, wütend und außer mir Scato, dass ich im Namen von Mars gehandelt habe. Heute würde ich auch anders handeln, aber wem sage ich das.


    Du kennst mich vermutlich besser, als ich mich selbst kenne Stöckchen.


    Prätorianer, die Prätorianer. Ob sie die gleichen Probleme haben wie wir? Vermutlich nicht, aber das ist nur eine Spekulation meinerseits. Sie umgeben sich mit dem Nimbus der besonderen Eingreiftruppe. Man kann ihnen nicht beitreten, man kann sich nicht bewerben, man wird von ihnen erwählt. Ganz ehrlich? Die Typen kochen auch nur mit Wasser und den ganzen Tag vor dem Palast stehen und Besucher reinwinken, ist für mich nun nicht gerade eine Glanzleistung für die man in höhere Sphären gewählt werden muss.


    Ich könnte unseren Urbi mal fragen, er ist offen und zugänglich Scato. Bezogen auf die Prätis werde ich ihn einmal ansprechen. Und sie sind uns nicht übergeordnet oder gar weisungsbefugt, sie haben nur eine andere Aufgabe. Scheinbar scheinen sie die zu vergessen oder da etwas zu verwechseln. Sie sind die Palastgarde, die Palastwache. Sie sind die Türsteher des Kaisers, mehr nicht.


    Wir sind die Cohortes Urbanae. Das müssen wir den Kerlen ein für alle male klar machen", stimmte Lurco mit grimmiger Zufriedenheit zu.


    "Stöckchen, würdest Du mich massieren?", bat er mit Hundeblick.

    "Nur Kekse im Kopf könnte da glatt zum geflügelten Wort werden. Dann muss Pullus das noch nachholen, wir benötigen Deine Hilfe im Garten von Anis von Alexandria. Ich vermute dass es sich bei den Pflanzen nicht um schlichte Gartenkräuter oder Blumen handelt. Aber Du bist der Experte und kannst uns über die Pflanzen genaueres sagen. Oh ja Charislaus ist auf einer Mission. Er hat jemanden kennengelernt und dieser jemand war oder besser gesagt ist der Sklave von unserem Praefectus Urbi Claudius Menecrates. Er bat mich darum, dessen Sklaven auf dieser Mission begleiten zu dürfen. Warum sollte ich ihm das verwehren? Deshalb schrieb ich ihm eine Reiseerlaubnis und hoffe das die beiden gemeinsam gute Dienste leisten.


    Nun an Terpander habe ich nicht gedacht. Aber er könnte sich der Sklaven aus der Casa Purgitia annehmen. Hier können wir sie auch eher gebrauchen, als in einem Haus das nicht bewohnt wird. Es reicht ein Grundstock um das Gebäude in seinem Ist-Zustand zu erhalten. Es darf nicht verfallen, wer weiß wann wir es noch einmal benötigen oder wofür. Es soll nicht an Wert verlieren.


    Wie die Mission ausgeht, kann ich Dir nicht sagen aber Charislaus klang ganz zuversichtlich. Ich würde keinen Menschen mit Viridomarus dem Wendehals vergleichen. Der log bereits als er das Maul aufgemacht hat. Ich glaube der hat selbst gelogen, wenn er einem einen guten Tag gewünscht hat. Mich hat er jedenfalls nach Strich und Faden belogen, betrogen und verarscht. Und bis dato habe ich auf den Haken an diesem Haus gewartet, er war ein bisschen zu freundlich und großzügig und das von einem wie ihm. Aber wer schaut einem geschenkten Gaul ins Maul?", antwortete Lurco und wartete dann auf die Rückkehr von seinem Schatz.


    Lurco machte es sich ebenfalls auf der Kline bequem und nahm sich etwas zu essen. Auf die Fragen von Scato hin, hielt er beim Kauen inne und betrachtete ihn eindringlich wie nachdenklich.


    "Ob das so wichtig ist? Ehrliche Antwort für mich schon. Ich hätte schon gerne ein Fall aufgeklärt. Dafür sind wir doch Urbaner oder? Unsere Vorgänger haben sich für nichts interessiert und sich ihre Ärsche im Officium platt gesessen oder sich woanders die Eier geschauckelt. Hat uns das nicht angewidert? Haben wir uns nicht darüber geärgert? Hatten wir nicht einen Hals aufgrund von ihrem Verhalten? Ihr Desinteresse, daran wie sie den Dienst geschoben haben, als wäre das eine Freizeitbeschäftigung nur um den Vormittag irgendwie zu verbummeln oder in Uniform irgendwem vor der Castra hinterher zu hecheln? Unwürdig, erbärmlich, widerwärtig sie haben die Cohortes Urbanae und unseren Stand befleckt. Sie haben unsere Ehre in den Dreck getreten. Es hat sie nicht geschert, dass Kollegen gestorben sind. Hauptsache die Frisur sitzt und der eigene Arsch ist im Trockenen.


    Scato wir sind nicht so, wir sind aus einem Grund zu den Cohortes gegangen. Du hast Dir dort Deinen Wunsch des Miles Medicus erfüllt, Du bist dort um Menschen zu helfen. Um ihnen beizustehen. Du trittst für etwas ein. Möchtest Du dass die Urbaner für Rom das Gesicht von solchen Männern wie Maro oder Cerretanus tragen? Oder möchtest Du, dass sie jenes Gesicht tragen, dass wir uns selbst für ihre Verkörperung wünschen?


    Ja mir macht es was. Es ist ein Drama. Es ist eine Schande und ich ärgere mich über mich selbst. Der beste Wille nützt nichts, wenn er nicht fruchtet. Dafür kann sich keiner der toten Kollegen etwas kaufen Scato. Leider. Ich muss Ergebnisse liefern, denn sonst bin ich trotz aller Mühe nicht besser als der läufige Cerretanus oder der Platthintern Maro der vermutlich noch nie sein Officium bei Tag verlassen hat.


    Ich weiß Deine Worte zu schätzen und vielleicht ist es nicht meine Schuld, aber es ist meine Aufgabe Stöckchen.


    Zudem möchte ich allen damit draußen sagen, Du kannst zwar in Rom Verbrechen begehen, aber irgendwann... irgendwann finden wir Euch alle und dann Gnade Euch Mars, denn ich tue es nicht", antwortete Lurco und kaute sein Essen derart, als wäre es noch nicht tot.


    Bei dem Gedanken an die verfaulende Irre Eireann schlich sich ein messerdünnes, diabolisches Grinsen in Lurcos Gesicht, das mit viel Wohlwollen ehr wie eine klaffende Wunde im Gesicht aussah, als ein Grinsen.


    "Verdiente Strafe würde ich sagen, vielleicht findet sie ja dort genau den Stein, der bereit ist, mit ihr zu reden. Langweilig wird es ja nicht, bei der Anzahl an Steinen und die haben da so einiges erlebt. Vermutlich jeder Stein. Die Frage ist nur, wer schützt die Steine vor Eireanns Gesafte?", lachte Lurco und zwinkerte Scato gut gelaunt zu.


    "Zurück zur Familie Stöckchen, erzähle mir von Deinem Bruder", bat Lurco liebevoll.

    Lurco reichte die passenden Berichte oder nahm sie geschwind wieder entgegen, ganz so wie es sein Praefectus benötigte. Als das Gespräch zu den Christen wechselte, fragte sich Lurco, wen sie alles im Namen ihrer scheinbar ach so friedlichen Religion noch umbringen wollten. Für Lurco war Mars maßgeblich und so handelte er auch. Scato wusste dies und sogar sein Praefectus wusste das. Aber all dies spielte momentan keine Rolle. Der Kaiser würde entscheiden, wie sie mit den Christen umzugehen hatten. Er selbst dachte schlagartig an Löwen.

    Lurco war froh darum, dass sie die Sache noch einmal in Ruhe besprachen. Er wusste zwar wie er vorzugehen hatte, aber ab dato war da ein schwarzer Fleck auf seiner Landkarte des Vorgehens. Wie ab hier weiter? Wie ansetzen und das korrekt, um zum gewünschten Ergebnis zu kommen? Manchmal dachte es sich zu zweit leichter, als wenn man in den eigenen Gedankenmustern seine Schleifen drehte oder gefangen war.


    "Praefectus, von der Befragung mit Kyriakos hatte ich mir erhofft, dass er sich rückblickend an etwas mehr erinnert. Manchmal ist man sich allen Erinnerungen gar nicht bewusst. Er war gerade in der Situation und den Konsequenzen selbst gefangen, vermutlich hat er das eine oder andere übersehen, da er erstmal seine Existenz zu retten hatte. Nachdem sich alles gesetzt hat, dachte ich wäre es gut ihn erneut zu befragen. Mit etwas Abstand und Ruhe zurückblickend fällt ihm vielleicht noch etwas Relevantes ein. Es ist nur eine vage Hoffnung Praefectus.


    Was die Gens Furia angeht, ja da hast Du Recht. Sie sind alle befangen, selbst wenn uns jemand aus ihrer Familie helfen wollen würde, er könnte es nicht. Er würde sich selbst in Gefahr bringen, auch wenn er unschuldig ist. Eine Hausdurchsuchung? Nein wir wollten sie zuerst befragen, sie und die Gens Iulia. Aber Du hast Recht, sie werden uns nicht freiwillig einen Verwandten ausliefern. Eine Durchsuchung ist eine sehr gute Idee. Wer weiß in welchem Zusammenhang in dieser Familie noch einige mit den Krähen stehen? Möglicherweise überhaupt nicht, aber wir suchen schließlich die Wahrheit. Be- und Entlastendes werden wir sicherstellen und werten. Und auch was wir nicht finden, sagt einiges aus.


    Danke Praefectus so machen wir es. Zuerst die Durchsuchung, ich werde einige Männer aus meiner Baracke mitnehmen. Wir werden so umsichtig wie möglich vorgehen, niemand soll grundlos das Gesicht verlieren. Dennoch können wir nicht auf alles Rücksicht nehmen, falls die Familie Gegenwehr leisten sollte. Dann werden wir entsprechende Maßnahmen ergreifen.


    Bleibt die Gens Iulia. Du hast Recht, möglicherweise hat Caesoninus Schriftstücke aufbewahrt die uns weiterhelfen könnten. Ich vermutete, dass der Mann etwas Wichtiges wusste, wofür er letztendlich ermordet wurde. Das ihm selbst nicht einmal bewusst gewesen ist, welche Tragweite dieses Wissen für andere haben könnte. Ich gehe davon aus, dass die Gens ebenfalls an einer Aufklärung des Mordes interessiert ist und kooperiert.


    Heißt unsere Prioritäten lauten, zuerst die Durchsuchung bei der Gens Furia. Zweitens die Befragung der Gens Iulia. Rest hinten an", bestätigte Lurco und nahm die Tafel an sich.


    "Kennst Du die Gens Iulia? Hast Du einen Ratschlag wer am Besten als Ansprechpartner geeignet wäre?", fragte Lurco, froh darüber dass sie gemeinsam die Gedanken sortiert hatten.


    "Wann glaubst Du haben wir mit dem Erscheinen von Optio Furius zu rechnen? Meine Befürchtung ist, sollte der Mann tatsächlich schuldig sein, dass er Wind von der Sache bekommt und sich absetzt. Erscheint er tatsächlich hier, bin ich gespannt was er zu alle dem zu sagen hat. Wie er uns sein Verhalten erklären möchte oder ob er das Rückgrat hat zu gestehen", fügte Lurco grübelnd an.