Beiträge von Valeria Maximilla

    "Ach, liebe Iulia Stella!", spontan umarmte Maximilla die Freundin: "Du hast für jeden und jede ein gutes Wort! Ich glaube, wenn du einmal Kinder hast, dass sie dich sehr lieben werden!"

    Sie ließ sie los:

    "Ich wünsche Dir gute Nachrichten, wenn Du nach Hause kommst! Ich wünsche Dir das Beste! Deine Familie wirst du schon jetzt mit Stolz erfüllen!"

    Der Gedanke an Caesoninus und Phoebe, die über Iulia Stella wachten, war versöhnlich. Er ließ das unwägsame, unbarmherzige Schicksal etwas von seinem Schrecken verlieren. Maximilla war froh, dass Stella gekommen war.

    Etwas erwachsener fühlte sie sich, und die Zukunft erschien ihr nun weniger furchteinflößend. Sie alle waren nur Glieder einer langen Kette, die aus der Vergangenheit stammte und in die Ferne führte; Stella von der Iulia, sie selbst von der Valeria.

    "Ich mag Annaeus Florus jetzt schon gerne, weil er dich so glücklich macht, obwohl ich ihn nicht kenne.", sagte Maximilla:

    "Grüß ihn schön von mir, ich hoffe ihn, bald kennen zu lernen."

    Bei sich dachte sie, wie seltsam dieses Gespräch war. Vom Tod ging es zu einer Hochzeit. War denn so das Leben? Menschen

    wurden geboren, heirateten und starben? Wieder focht die Valeria eine innere Kälte an. Sie spürte ganz deutlich im Angesicht diese glücklichen, zukunftseligen Freundin, dass sie, Valeria Maximilla, ihren eigenen Weg nicht gefunden hatte.

    Und wenn sie den Valeriern Schande machte? Wenn sie irgendwie nicht normal war?

    Iulia Stella schien ihr mit ihrem Florus fast schon eine erwachsene Matrona zu sein.

    Und so fragte sie (Stella musste das sehr aus dem Zusammenhang gerissen erscheinen, denn Maximilla dachte ständig um irgendwelche Ecken herum):

    "Stella, wo siehst du mich denn in der Zukunft? Glaubst du, ich finde auch noch einen Platz?"

    "Och, ich möchte dir gar keinen Namen geben.", sagte Valeria Maximilla in ihrer atemlosen Art: "Ich persönlich stelle mir das furchtbar verwirrend vor, immer auf einen anderen Namen zu hören. Ich habe mit meinem genug zu tun, um ihn zu behalten, auch wenn ich noch einen geheimen Namen habe, den aber niemand benutzt, sonst wäre er freilich nicht mehr geheim. Kalypso ist ein sehr hübscher Name! Bitte steck ihn vorsichtig in den Korb zurück. Remigius, ich meine, Kersas nicht den Namen!"

    Sie machte eine Kopfbewegung zu dem jugendlichen Sklaven hin, der die Hundeleine zwischen die Zähne nahm und den Korb verschnürte. Nicht auszudenken, wenn ihnen der kleine Kater hier in den Traiansmärkten ausbüxte.

    "Da du mir geholfen hast, Kalypso, hast du natürlich eine kleine Belohnung verdient.", meinte Maximilla weiter:

    "Ich hätte gesagt, such dir etwas Schönes hier in den Traiansmärkten aus. Aber leider habe ich keine Zeit, weil ich muss Kersas nach Hause bringen, denn in einem dunklen Korb zu sitzen, der obendrein verschnürt ist, macht ihm bestimmt keine Freude. Also nimm bitte das von mir an."

    Remigius, immer noch die Hundeleine zwischen den Zähnen und nun den Katzenkorb an einem Arm, suchte mit einer Hand aus Valeria Maximillas Geldbeutel einen Sesterz, gab ihn seiner Domina, und die streckte die Münze Kalypso hin.

    Valeria Maximilla presste eine Hand auf den Mund: "Entschuldige, das war mein Fehler.", sagte sie: "Man fragt Gäste niemals am ersten Abend aus." Sie öffnete die Tür des Vogelkäfigs.

    Graius kam heraus, flatterte eine Runde und ließ sich dann auf Tiberia Stellas Schulter nieder. Mit schief gelegtem Kopf beäugte er sie.

    "Oh, das macht er sonst nur bei mir!", rief die Valeria erstaunt aus und dann: "Du erinnerst mich an jemanden, Stella, weißt du das. Du siehst ganz anders aus, aber du hast etwas an dir wie - Adalheidis, meine germanische Ziehmutter. Sie stand manchmal nur so da, und Graius saß auf ihrer Schulter, und sie tat überhaupt nichts, aber ich hatte den Eindruck, die ganze Welt drehe sich um sie und mit einer Handbewegung könnte sie allem Einhalt gebieten...jetzt rede ich wieder verqueres Zeug...."

    Sie hielt inne und erneut die Hand vor den Mund. Das tat sie oft, als könne sie unbedachte Worte zurückholen. Dann zeigte sie ihrer neuen Freundin das Gästecubiculum.

    Die Freude der Tiberia über das zwar bequeme, aber schlichte Zimmer rührte sie.

    Und so sprach sie die Worte, die man schon von altersher gesprochen hatte, als man sich nicht sicher sein konnte, ob der Gast nicht doch die Gottheit wäre, und ihn daher mit göttlichen Ehren empfing:

    "Mein Haus ist dein Haus, Tiberia Stella. Du bist willkommen. Bleib solange du möchtest."

    Maximilla sah Kalypso nachdenklich an: "kérša ", wiederholte sie mühesam das fremdländische Wort: "kérša ... kérša ", und ihre Zunge stolperte: "Das ist schwierig, besonders dieses komische s", gab sie zu: "Könnte man das nicht ....lateinischer sagen?

    Wie findest du Kersa? Und damit es klingt wie ein Junge, vielleicht ein s anhängen, dann Kersas....Kersas... Kersas....", sie lutschte an dem Wort herum, als wäre es eine gefüllte Dattel, dann strahlte sie:

    "Gestatten: Der Kater Kersas, der Name kommt von kérša, und das bedeutet gefleckt auf Thrakisch! Welch großartiger Name! Du hast mir so geholfen, liebe Kalypso, das glaubst du gar nicht! Magst du Katzen?Möchtest du Kersas mal halten?"

    Sie streckte der octavischen Sklavin den Korb hin:

    "Wie ist eigentlich DEIN Name in deiner Muttersprache?"

    "Ich glaube, mein Hund hat eher unbefragt dich berührt!", platzte Valeria Maximilla heraus und dachte gleichzeitig, oh, das war wieder nicht sehr damenhaft. Da das andere Mädchen sie als Domina ansprach, war es wohl eine Sklavin. An der Kleidung konnte man das nicht umbedingt sehen hier in Rom, nur am Verhalten.

    Remigius nahm schließlich Wölfchen etwas kurz und steckte ihm ein Stückchen wurst zu, das der große Hund geräuschvoll kaute.


    Aber dann sagte die Sklavin, dass sie aus Thrakien stammte, und die Valeria spitzte die Ohren:

    "Thrakien? Wie heißt du? Ich bin Valeria Maximilla, und möchte so gerne einen thrakischen Namen für meinen Kater. Weil ihn mir ein Thraker geschenkt hat. Aber ich weiß keinen. Hättest du eine Idee?"

    "Du sprichst ja Germanisch!", sagte Maximilla begeistert. Sie wusste zwar, dass es kein wirkliches Germanisch gab, sondern die Stämme verschiedene Dialekte sprachen, aber sie meinte die Lingua Franca, in der sich alle verständigen konnten.
    "Ich wusste doch, dass du keine wirkliche Römerin bist! Ich kann auch ein wenig, aber nur so etwas wie Moyen dag oder Wo geiht dit?*
    Welchen Dialekt sprichst du, Stella? Ich habe nur etwas von "Kluger Vogel gibt..." verstanden!
    Du magst Graius, meinen Raben? Hier mag ihn niemand wirklich, weil er zu viel Unfug anstellt. Also lass ich ihn meistens im Käfig. Ihm geht es wie mir."
    , sie seufzte:
    "Wenn du es erlaubst, lass ich ihn raus. Er wird dich mögen, wo du doch eine Aurinia bist, Odins heiliger Vogel."

    Als die Tiberia sich bedankte und sie anlächelte, lächelte Maximilla zurück:
    "Bleib so lange wie du möchtest.", sagte sie: "Ich zeige dir gleich dein Cubiculum. **Ich hoffe, es sagt dir zu."


    Sim-Off:

    * Maxi spricht abgewandeltes Platt ;)
    ** Tiberia Stella darf hier auch alleine posten, bis die Casa Tiberia wieder bezugsfertig ist :)

    "Das ist Wölfchen, er ist nur groß, aber er tut nichts.", erwiderte Maximilla. Wölfchen hatte Kalypso entdeckt, fand sie interessant und begann zu winseln, weil er sie beschnuppern wollte.
    "Platz, Wolf, du machst Kater Angst!", sagte Maximilla streng, was den Hund nicht juckte; er fiepte weiter.


    Die Valeria schaute Kalypso an. Eigentlich sollte sie es sich abgewöhnen, mit jedermann zu reden, sie war nicht mehr in der Provinz, wo jeder jeden kannte. Aber Kalypso sah mit ihren Pluderhosen und ihrem Lederoberteil
    gar zu exotisch aus. Als Schmuck trug sie Lederbänder um die Arme. Das verlieh der jungen Frau ein etwas martialisches Aussehen.
    "Kommst du aus Persien?", platzte Maximilla neugierig heraus.

    Maximilla war sehr froh, dass der Meister sie ob ihres Hanges zu weichgepolsterten Sänften und Geld nicht verachtete. Das alles hatte sie als Mädchen vom Lande auch erst so wirklich in Roma kennen gelernt. In der Villa Rustica wurde niemand mit Sänften getragen. Die Landarbeiter hätten sich über so viel Schnöseligkeit schief gelacht, und die Sänftensklaven wären mit ihrer Last wohl andauernd über irgendwelche Wurzeln gestolpert oder im allgegenwärtigen germanischen Morast ausgerutscht.
    Aber der Mensch gewöhnte sich an alles, selbst an Luxus.


    "Wir haben sogar eine hervorragende Bibliothek.", sagte sie stolz:" Mein Cousin ist doch der Pontifex minor und Rechtsgelehrte Tiberius Valerius Flaccus. Sein eigenes Werk "Institutiones - Eine kurze Einführung in das überlieferte Recht" kann man in der Buchhandlung Taberna liberum rarorum erwerben. Ich bin die einzige Valeria, die nicht klug ist. Oh, du wirst aber froh sein, wenn du mit einem gebildeten Mann über Philosophie reden kannst! Tiberius hat da keine Standesdünkel, glaube ich. Ich werde euch beiden auch nur ganz still zuhören und nicht stören!"


    Maximilla strahlte, da sie Awidanos solch glänzende Möglichkeiten eröffnen konnte.
    "Vale bene", sagte sie: "Ich hoffe, dass sich dein Dominus bald bei mir meldet."


    Nachdem der kleine Kater von seiner Mutter entwöhnt worden und von ihr alles gelernt hatte, was eine Katze wissen musste, war der Tag gekommen, an dem Maximilla ihn abholen durfte.
    Das Tierchen aus Aegyptus war ein wertvolles Geschenk von Virodomarus. Der Thraker war aber dann ohne auch nur die kleinste persönliche Nachricht an sie auf eine lange Reise von mindestens zwei, drei Jährchen gegangen, und alle verwegenen Pläne, die in Maximillas Hirn gereift waren, waren geplatzt.
    Viridomarus machte sich nichts aus ihr ( Das er sich generell aus niemandem etwas machte, konnte sie nicht ahnen)
    Die Valeria hatte einen Korb mitgebracht, in den sie das Katerchen bettete. Sie hatte es so oft besucht, dass sie hoffte, es würde ihren Geruch und ihre Stimme erkennen. Für Wölfchen, den großen grauen Wolfshund genoss
    das Tierlein ohnehin Welpenschutz, er war ganz brav und klopfte nur sachte mit seinem Schwanz auf den Boden.
    Maximilla hatte dem Katerchen immer einen thrakischen Namen geben wollen, gemeinsam mit Viridomarus.
    Da sie das immer noch wollte, doch keine thrakischen Namen kannte, beschloss sie ihn erst einmal Kater zu rufen, bis sie einen Thraker treffen würde, der ihr weiterhelfen konnte.

    Maximilla errötete bis unter die Haarwurzeln, als Stella vom Küssen sprach, und sah mit großen glänzenden Augen die Freundin an:
    "Ooooo, wie romantisch.", sagte sie: "Wenn das Wiedersehen auf dem Forum stattfindet, musst du einfach nur vier Sklaven dabei haben, die sich mit den Rücken zu den Leuten stellen, um euch abzuschirmen. So habe ich es damals, als eure Iduna in Ruhe Aislin stillen wollte, auch gemacht."
    Die Vorstellung fand sie lustig:
    "Oder ein Sonnensegel aufspannen. Oder ich komme vorbei und rufe: Feuer! Feuer!, dann sehen alle Menschen zu mir hin, und du kannst ganz in Ruhe deinen Florus küssen."
    Sie wurde nachdenklich:
    "Wie ist es wohl, jemanden küssen zu wollen? Ich hatte noch nie den Drang, meine Lippen auf andere zu drücken. Ist das was Schönes?"


    Dies war eines der zweckmäßig eingerichteten Gästezimmer der Casa Valeria. Darin standen ein Bett, dessen Gestell wie üblich so hoch war, dass man mit Hilfe eines Schemels hineinklettern musste, eine Truhe für Habseligkeiten, zwei noch zusammengeklappte Klappstühle und ein runder Tisch. Das Fenster ging auf den Hortus hinaus und bot Aussicht ins Grüne.
    Etwas bequemer und wohnlicher wurde das Cubiculum durch eine Anzahl bunter Kissen, deren Bezüge und die Bettüberdecke Maximilla nach einem komplizierten germanischen Muster an ihrem Webstuhl selbst gewebt hatte.
    Eine Waschschüssel und ein Krug Wasser sowie Handtücher und ein Stapel Gästetunikas rundeten die Einrichtung ab.

    Vestibulum>>>


    Da Maximillas Cubiculum recht klein war und mit zwei Personen schon mehr als genug ausgefüllt sein würde, verzichtete sie auf einen Sklaven zur Bedienung.
    Zwei Klappstühle mit weichen Kissen (die Bezüge hatte Maximilla in Brettchenweberei selbst gewebt) standen da und auf einem kleinen runden Tisch befand sich eine Platte mit Brot, Käse, Oliven und einigen mit Pistazien gefüllten Datteln. Dazu gab es einen Krug Wasser und einen anderen mit Wein zum Mischen.
    Graius, der zahme Rabe, den Maximilla aus Germanien mitgebracht hatte, saß in seinem Käfig und krächzte Cave Canem, was ihm die Valeria beigebracht hatte, weil sie es irgendwie lustig fand. Zumindest früher war es so gewesen; mittlerweile hatte sie viel von ihrer Kindlichkeit eingebüßt.
    "Setz dich doch bitte.", sagte Maximilla und wies auf die Stühle.

    Tiberia Stella schien es noch immer nicht wirklich gut zu gehen. Maximilla sprach ein bißchen mit ihr, wie sie mit Wölfchen, ihrem Hund, sprach, als er krank gewesen war: sanft und langsam:
    "Casa Valeria. Wir können in meinem Zimmer etwas essen und dann bekommst du ein eigenes Zimmer zum Ausruhen. In Ordnung?"
    Sie hoffte sehr, dass Remigius daran gedacht hatte, den Hund in eines der vielen leerstehenden Cubicula zu sperren. Wölfchen war nicht bösartig, aber vermutlich würde er den Gast überschwenglich begrüßen wollen.
    Stella sah nicht so aus, als konnte sie gerade ertragen, dass ein sehr großes graues zotteliges Tier sie ansprang und ihr über das Gesicht leckte.
    "Komm mit mir."


    >>>Cubiculum Valeria Maximilla

    “Polydermos aus Delos war ja auch absolut nicht-existent unter dem Name der Vielhäutige bekannt.", wiederholte Valeria Maximilla ehrfürchtig:
    "Der Kern seine Lehre besagt, dass wenn Dinge so aussehen, als würden sie etwas sein, dann genüge nur ein etwas weiterer Gedankengang, um sie stets und immer als Luft zu entlarven? O, das sagt mir etwas, das spricht mich an! Ich bekomme eine Gänsehaut!“
    Sie hob ihren Arm, um Awidan das Phänomen zu zeigen:
    "Ich meine gerade, dass ich schon die heiße Luft spüre, um die es in der Lehre deines Meisters geht."
    Sie schaute sich nach Remigius um, der gerade seinen Apfel mit Gehäuse und Stiel verzehrt hatte, sie nun aufmerksam anguckte und dabei Wölfchen fest an seinem Strick hielt. Der große Wolfshund hatte sich in den Staub gelegt, die Schnauze zwischen den Pfoten. Wenn seine Herrin sprach, wedelte er ab und zu mit dem Schwanz:
    "Ich hoffe, ich habe dich mit meinem Ansinnen, dass du zu mir in die Sänfte steigst, nicht beleidigt.", fuhr Maximilla fort: "Ich verstehe schon, dass du ein einfaches Leben voller Entsagungen führst. Doch wenn du mein Sklave werden solltest, muss ich darauf bestehen, dass du dich ordentlich kleidest und ordentlich isst, sonst bringt das Schande über die valerische Familia. Und...."
    letzteres hauchte sie, denn sie wußte ja nun, dass Meister Awidanos in der Welt reinen Geistes lebte:
    "Ich muss darauf bestehen, dass du ein Peculium annimmst. doch, doch, doch. Bitte keine Widerrede. Auch wenn du Geld verachtest; alle unsere Sklaven bekommen ein Taschengeld, und da kann ich keine Ausnahme machen.
    Und nun bitte sag deinem Dominus, wenn er wieder zuhause ist, dass Valeria Maximilla aus der Gens Valeria dich zu kaufen wünscht. Ich erwarte sein freundliches Angebot an die Casa Valeria."

    Thermen des Agrippa>>>


    Valeria Maximilla hatte ihre neue Bekannte Tiberia Stella als Gastfreundin zu sich nach Hause eingeladen, und Remigius, ihren Sklaven, vorausgeschickt, damit er in ihrem eigenen Zimmer einen kleinen Tisch deckte und ein Gästecubiculum herrichten ließ.
    Als ihre Sänfte ankam, stand Remigius schon mit einer Fackel auf der Straße. Es dämmerte schon leicht, ein heftiger Wind drohte das Feuer auszublasen.
    "Hier sind wir.", sagte Maximilla: "Willkommen in der Casa Valeria."

    Maximilla schaute Iulia Graecina fragend an. Sie kannte sich in Religionslehre nicht so sehr aus, aber etwas an dem, was die Iulia sagte, klang so ganz anders als alles, was man sie gelehrt hatte:
    „Wer nimmt ein Opfer auf für uns?“, fragte sie: „Ein Gott? Es ist doch genau umgekehrt: Wir Menschen müssen den Göttern opfern, damit sie etwas für uns tun. So hat Iuppiter Rom groß gemacht, zumindest hat man mir das beigebracht! Aber dieses Licht in der Finsternis, wer ist das?
    Die despotischen Priester in ihren Tempeln machen mir Angst, ich traue mich nicht, hinzugehen, um sie zu befragen? Darf ich dich etwas fragen, Iulia Graecina:
    Hast du das Licht gefunden? Du siehst so… in dir ruhend aus. Deine Augen leuchten in einem wunderschönen Glanz. Ich will das Licht auch finden und endlich wieder ruhig schlafen können! Wo muss ich suchen?“


    Maximilla setzte eine entschlossene Miene auf. Wenn sie ihren Wolfshund und ihren Sklaven Remigius mitnehmen durfte, würde sie nichts und niemanden fürchten und selbst in der Subura nach dem Licht suchen. Oder meinte Iulia Graecina am Ende gar keinen realen Ort, sondern so etwas wie die Lehren der Vorväter oder das eigene Herz. Nur - da hatte sie schon gesucht. Da hatte die Valeria keine Antwort gefunden. Sie brauchte ein Gegenüber.

    „Remi, hol Domina Stella etwas warmen Mulsum aus der Küche.“, befahl Maximilla, und der Junge lief los.
    Die Valeria fächelte indessen mit ihrer Stoffserviette der Sitzenden Luft zu:
    „Geht es wieder?“, fragte sie: „Oder möchtest du dich etwas hinlegen?“
    Ein wenig machte sie sich Vorwürfe, dass der Rabe Graius die Iulia erschreckt hatte. Aber dann sagte sie sich, dass auch eine positive Nachricht Blässe und Ohnmacht auslösen konnte, wenn sie nur unerwartet genug kam.
    Remigius kam mit einem Becher heißen Gewürzweines zurück und stellte ihn vor Iulia Stella hin. Maximilla beschloss, Iulia Stella mit angenehmen Geplauder von ihrem Unwohlsein abzulenken:
    "Was wirst du als Allererstes tun, wenn du deinen Annaeus Florus wieder siehst?", fragte sie.