Ravillas Augen glänzten vor Verzückung. Nach all der Zeit, die er in Roma mangels namhafter Bekanntschaften auf der Stelle getreten waren, sandten die Götter ihm nun dieses Prachtexemplar einer namhaften Gestalt!
"Damit würdest du mir einen großen Gefallen erweisen. Und Seius Ravilla vergisst nicht. Es mag noch eine Weile dauern, bis ich mich angemessen revanchieren kann, doch einstweilen tut es vielleicht auch ein guter Wein."
Er schaute nach seinem Sklaven. Anaxis besprach gerade die Bestellung mit dem Inhaber des Lokals. Sein Herr hatte zahlreiche Extrawünsche, was die Gewürze anbelangte, da er einige von ihnen im Verdacht hatte, seine gelegentlichen Kopfschmerzattacken zu begünstigen, während er meinte, dass andere ihm halfen. Dies führte zu einer etwas ungewöhnlichen Kombination von Geschmacksträgern, die zu einer schmackhaften Komposition zu verbinden den durchschnittlichen Koch vor so manche Herausforderung stellte. Die umständliche Bestellung war nach einigem Hin und Her darin begriffen, in die Tat umgesetzt zu werden.
Die Filtration des Würzweins und seine Umfüllung in geeignete Gefäße kam als Erstes zur Vollendung und Anaxis übernahm die Bedienung, wobei er Flaccus ebenso bedachte wie Ravilla. Der Wein war allerdings Weiß. Da Rotwein die Lippen und Zähne verfärbte, von der Kleidung ganz zu schweigen, trank Ravilla, außer bei besonderen Einladungen, bei welchen er einen Trunk nicht abzulehnen vermochte, ohne den Gastgeber zu brüskieren, nur Rebsaft der weißen Sorte.
"Darf ich fragen, welchen Aufgaben der Pontifex minor im Einzelnen nachgeht in seinem Collegium?"
Das Interesse war keineswegs geheuchelt. Eine ungefähre Vorstellung durften wohl die meisten ihr Eigen nennen, doch mitunter wich das Klischee vom tatsächlichen Arbeitsalltag erheblich ab, bedingt durch regionale Varianzen, gesellschaftliche Veränderungen oder schlichtweg dadurch, dass falsche Vorstellungen vorlagen. Ravilla war entschlossen, solchen Dingen auf den Grund zu gehen, um zu gegebener Zeit effektiv handeln und Konversation führen zu können, die nicht vom Gutdünken bestimmt war, sondern von Wissen.