Beiträge von Appius Umbrenus Cimber

    Cimber freute sich ebenso Ferox wieder zu sehen. Gut gelaunt er griff er den Unterarm und drückte ihn ebenfalls herzlich zur Begrüßung.


    "Schön dass Du da bist. Wie ich mich eingelebt habe, kann ich Dir sogar direkt mitteilen, es wird ein sehr kurzer Bericht - gut. Tariq ebenso, ich werde einen Teil seiner Ausbildung leisten und freue mich darauf", grinste er seinen Kameraden an. Gemeinsam hatten sich Ferox, Tariq und er von Cappadocia aus auf den Weg nach Germania gemacht und nun waren sie hier, angekommen und das mehr als nur auf eine Art.


    Für heute hatten sie sich zum Pferdekauf verabredet und gab es etwas Schönes, weshalb man zusammenkommen konnte? Freundschaft, Pferde, Kameraden und ein gutes Gespräch über all das. Und zum Schluss würden hoffentlich alle glücklich un zufrieden sein.


    "Ehe ich es vergesse, wie steht es mit Nero? Er benötigt ebenfalls ein Pferd", fragte Cimber Sabaco. Dieser wusste bestimmt mehr.


    "Meinen Onkel hast Du schon kennengelernt Ferox und soweit ich weiß, bestitzt er hier kein Pferd. Ein unhaltbarer Zustand. Dunkelbraun und robust, dass wäre seine Wahl", schmunzelte Cimber.

    Cimber hielt das schwarze Tier behutsam fest und hörte sich an was Fango zu sagen hatte. Langsam schüttelte Umbrenus freundlich den Kopf.

    "Weder reiße ich Dir den Kopf ab, noch das Herz aus der Brust. Beides benötigst Du noch, auch wenn Du das im Moment weder sehen noch glauben kannst. Darüber reden wir ein anderes Mal Fango. Da gebe ich Dir Recht. Was Du brauchst ist Ruhe und einen Moment der Stille. Einen Augenblick der Dir gehört und wo Du Deine Tränen fließen lassen kannst.


    Würden wir alle nur die Dinge tun, die wir tun müssen Fango, wäre die Welt ein wesentlich finsterer Ort, als sie schon ist. Du gehörst zur Familie und dafür ist Familie da. Du brauchst Halt, ich reiche Dir die Hand. Du benötigst Führung, Du erhältst sie ebenso. Du benötigst einen Rat? Ich versuche ihn Dir zu geben.


    Bezüglich des Gesprächs, mir muss da nichts Recht sein. Du musst entscheiden, wann Du tatsächlich darüber reden kannst. Jetzt kannst Du es nicht Fango", antwortete Cimber und fühlte Fangos Stirn.


    "Wie fühlst Du Dich? Körperlich meine ich, fühlst Du Dich fiebrig?", fragte Umbrenus besorgt.

    Cimbers Blick folgte dem von Decurio Sabaco, kein Geringerer als Fango hatte sich durch seine besondere Zuverlässigkeit und seinen Fleiß hervorgetan. Im Bogenschießen war Fango erstklassig und Cimber konnte Sabaco nur beipflichten. Auch er schaute zu Fango, jedoch als alle Blicke bereits wieder von ihm abließen, schenkte Cimber seinem Mündel ein Lächeln und nickte anerkennend. Die Fähigkeiten die er schon jetzt so vortrefflich beherrschte musste Fango ausbauen und genau darauf aufbauen.


    Er hatte seine Nische gefunden, das was ihm lag. Möglicherweise wusste es Fango noch nicht einmal selbst. Aber Sabaco wusste was er gesehen hatte und Cimber auch. Umbrenus war stolz auf die Leistung von Fango.

    Cimber lächelte mit seinem Gefangenen um die Wette und löste dessen Fesseln.


    "Steh auf, es wird Zeit", sagte er schlicht und zerrte den Mann auf die Beine.


    Umbrenus schliff den Mann, der einst Sklave gewesen war und dies im Geiste immer noch zu sein schien hinter sich her. Er bekam neue Kleidung, eine saubere Tunika und Sandalen. Der Mann mutete deshalb nicht wie ein Römer an, doch wie jemand dem Rom vielleicht eine Spur zu sehr am Herzen lag, wenn man seine Herkunft bedachte. Zumindest die mentale Heimat dieses Mannes.


    Und dann auf einmal stand er genau dort, wo Cimber es vorher angekündigt hatte. Ohne dass man ihm ein Haar gekrümmt hatte, war er frei. Gut gekleidet, extrem parfümiert und derart herzlich vor die Tür gestellt worden, als wären sie alle Jahrzehnte lange Freunde. Es würde Tage dauern, bis er den Gestank des Parfüms aus der Nase hatte. Alles andere würde sich ganz anders einbrennen, dessen war sich Cimber sicher.


    Jeder konnte nun diesen Mann sehen, doch er würde nicht so einfach aus dem Gedächtnis der Umstehenden verschwinden, denn er zog seinen Duft wie eine Erinnerungsspur hinter sich her. Er war einer von ihnen, er war ein Römer.


    Wie das Parfüm wohl hieß, dass durchaus mit edlen Komponenten hergestellt wurde?

    Der Duft des Verrats.

    Cimber umschloss die Hand von Fango, sein Griff war fest aber nicht brutal.


    "Du wirst keine Waffe werden Fango und ich bin kein Schmied. Ich werde Dich nicht ins Feuer halten, um Dich danach ins eiskalte Wasser stürzen zu lassen. Genau das geschieht mit Waffen, wenn sie geschmiedet werden. Du weißt nicht was Du willst? Das ist doch eine Aussage mit der wir etwas anfangen können. Du gestehst Dir das offen ein und das ist sehr gut. Wir fangen also mit einer Suche an und zwar suchen wir Dich - Fango. Wer ist Fango? Was sind seine Wünsche und Träume? Was liebt er? Was fürchtet er? Nur wer sich selbst kennt, kann auch seine Wünsche und Bedürfnisse ergründen. Klingt hochtrabend, ist aber gar nicht so schwer wie man denkt. Alles was Du dafür brauchst ist ein freier Kopf und Ruhe. Wir suchen gemeinsam, dann wirst Du schon bald wissen wer Du wirklich bist.


    Deine Fragen sind ausgezeichnet und führen uns wieder ein Stück weiter. Warum wird der Geist vernachlässigt, wenn gerade Selbstständigkeit gefragt wird? Warum wird man dahingehend nicht geschult? Fällt Dir etwas auf? Genau dass was Dir in der Ausbildung gefehlt hat, führst Du auf. Andere sind einfach froh, alles erstmal hinter sich zu haben. Nur wer fragt Fango lernt Neues und kann etwas besser machen. Ich denke Du würdest in der Ausbildung ganz andere Themen zusätzlich aufgreifen. Vielleicht ist das Dein Platz?


    Warum man Dich auslacht, für Dinge die Du weißt und die andere nicht wissen? Weil dumme, umfähige Leute damit von ihrer eigenen Unzulänglichkeit ablenken wollen. Unfähigkeit wird sehr oft hinter Unfreundlichkeit versteckt. Anstatt von Dir zu lernen und zu sagen - schau an, dass habe ich ja noch gar nicht gewusst, lachen sie und tun so, als wärst Du der Sonderling. Dabei sind sie es, über die sie sich lieber Gedanken machen sollten.


    Zudem bedenke eines Fango, wer fragt möchte voran kommen. Er geht seinen Weg, wohin er auch führen mag. Und sehen Leute das, versuchen sie Dich aufzuhalten. Es ist der Neid der Besitzlosen. Anstatt sich auch hier ein Beispiel zu nehmen und gleichzuziehen, versuchen sie lieber Leute aufzuhalten. Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder man läuft mit oder man hält alle auf. So hast Du auch den Gleichstand gewahrt oder? Lass Dich von solchen Leuten nicht aufhalten. Im Grunde lachen sie Dich gar nicht aus, sondern sich selbst.


    Du bist nicht zu jung Fango, Du bist empfindsam. Du hast ein Herz und Dir geht nahe was geschehen ist. Daran ist überhaupt nichts verkehrt. Das glaubst Du nur, weil viele hier so tun, als wären sie hart und würden über den Dingen schweben. Aber wie ich Dir schon sagte, entweder lügen diese Leute und fühlen wie Du oder sie fühlen nichts. Heißt entweder hast Du es mit Lügnern oder Wahnsinnigen zu tun. Halte Dich von beiden fern. Das ist mein Rat.


    Freunde Fango. Schwingen wir uns auf die Pferde und reiten ein Stück, was meinst Du?", bot Cimber freundlich an.

    Cimber nahm den Brief wieder an sich und kämpfte mit seinen Gefühlen. Am liebsten hätte er diesen Fetzen zusammengeknüllt und weggeworfen. Das änderte jedoch nichts an der Botschaft, die in dem Brief stand. Nero und er waren verschieden, aber in manchen Dingen zeigte sich eindeutig, dass sie einer Familie angehörten.


    "Ich... ich... muss gehen Titus", sagte Cimber mit belegter Stimme.


    Appius stand auf und verließ das Officium fluchtartig. Er brauchte frische Luft, einen Moment für sich und jemanden den er den Hals für all das umdrehen konnte! Wer bei Neptun, war dafür verantwortlich? Und wo war er gewesen, als all das geschah? Er musste zu den Ställen, er musste zu Impetus. Nein er musste zu Fango, er musste sicherstellen, dass er sicher war.


    Mit grimmiger Miene und leblosen Blick marschierte er zurück zu den Baracken.

    "Fango wird lernen, er ist ein guter Mann. Er ist jung, er sieht Dinge die andere nicht sehen, er hat ein Herz und genau das macht ihm gerade zu schaffen. Er zweifelt an sich und seiner Entscheidung bezüglich der Legion. Seine Vorstellung vom Militär und das was er tatsächlich erleben musste, klaffen weit auseinander. Und ich weiß nicht einmal genau, was er tatsächlich alles gesehen hat. Falls es ihm möglich ist, wird er eines Tages darüber sprechen. Ebenso kann es sein, dass er mir alles sagte. Nur für mich fühlt es sich an, als wäre da mehr.


    Wir werden die Informationen aus allen Quellen beschaffen, die uns zur Verfügung stehen und die wir öffnen können. Verlass Dich auf uns. Sabaco wird seinen Weg gehen, wir werden versuchen ihm die Steine aus dem Weg zu räumen. Und Du wirst bestimmen, wohin wir sie werfen", antwortete Cimber.


    Im gleichen Moment klopfte es an der Tür. Appius war so frei, stand auf und betrachtete den Kameraden. Bevor er ein Wort sagen konnte hielt ihm der Kollege ein Schreiben hin.


    "Salve Duplicarius Umbrenus Cimber, dieser Brief ist für Dich", sagte der Mann und überreichte Cimber einen Brief. Es schien als wollte er noch etwas sagen, grüßte dann aber wie es sich gehörte, nickte zudem mit ernstem Blick knapp und verabschiedete sich.


    Cimber schaute dem Kameraden hinterher, kehrte ins Officium zurück und verschloss die Tür. Dort erst öffnete er das Schreiben.


    Aulus Umbrenus Cinna war am PRIDIE KAL MAI DCCCLXXII A.U.C. (30.4.2022/119 n.Chr.) verstorben. Cimber musste den Brief mehrfach lesen, bevor er die Information begriffen hatte. Bleich wie eine Wand setzte er sich wieder hin und reichte seinem Onkel den Brief ohne einen Ton zu sagen.

    Cimber schmunzelte seinen Onkel an.


    "Das ist fast ein Liebesgeständnis aus Deinem Mund. Sabaco werde ich als Familienmitglied betrachten, er gehört zu Dir, also zu uns. Meinungsmache? Nun ich denke wir haben einiges an Arbeit vor uns. Zuerst werde ich mich bei den Kameraden umhören, welche Informationen und Gerüchte bezüglich der Angriffe in Umlauf sind. Auch was die verschwundene Turma Prima anbelangt. Fango möchte ich als tatkräftige Unterstützung dabei an meiner Seite haben. Er ist wie gesagt jung, hat ein unschuldiges Gesicht und er muss mit sich selbst ins Reine kommen. Wir werden das gemeinsam hinbekommen. Irgendwo sitzt jemand, der bereits Fäden zieht Titus, jedenfalls sagt mir das mein Gefühl. Spinne versus Schlange.


    Vielleicht hat Fango noch einige Ideen, wie wir zusätzlich an Informationen kommen. Je mehr Möglichkeiten wir abdecken, umso besser. Ich werde mich nachher mit ihm kurzschließen, damit wir uns abstimmen können. Zudem werde ich ihm mitteilen, dass er völlig verschwiegen sein muss. Wir wissen nicht, ob wir nicht selbst schon bespitzelt werden. Ich vermute keinen Maulwurf, aber hier und dort ein unbedachtes Wort, etwas in einer Taberna erzählt und jemand der mit solchen Informationen etwas anzufangen weiß, wird sie auch nutzen.


    Dein Officium ist erstaunlich aufgeräumt", grinste Cimber freundlich.

    Cimber suchte das Officium seines Onkel Nero auf, klopfte und trat ein. Er wurde erwartet, also musste er nicht draußen warten bis er hereingebeten wurde. Möglicherweise hätte er bei einer fremden Person durchaus warten sollen, sogar müssen, aber er kannte Nero gut genug um zu wissen, dass er eintreten durfte. Cimber betrat den Raum und schloss hinter sich direkt die Tür.


    "Salve Cornicularius Umbrenus, Du hast nach mir schicken lassen und hier bin ich Onkel. Das was uns erwartet ist der Tanz der Schlange nicht wahr? Decurio Matinius hat eine weise Wahl getroffen Dich damit zu beauftragen. Nur solltest Du diesmal weniger giftig vorgehen. Es hängt viel davon ab Nero, sehr viel. Möglicherweise sogar alles. Und falls nicht, wie Du sagtest, dann waren wir vorbereitet.


    Ich muss mit Dir über einen weiteren Verwandten sprechen und zwar Fango. Binde ihn genauso mit ein wie mich. Fango ist jung und voller Selbstzweifel, er braucht eine Aufgabe an der er wachsen kann. Matinius vertraut Dir", erklärte Cimber vielsagend und nahm gegenüber von seinem Onkel Platz.

    Cimber schaute Fango ernst an, seine einzige Reaktion war, dass er eine Augenbraue hob. Er wartete einen Moment, ehe er langsam aber sicher den Kopf schüttelte.


    "Zuerst einmal solltest Du Dich fragen, weshalb Du so gut das Handbuch zitieren kannst, wenn Du hier völlig fehl am Platz bist. Und ich Fango, ich werde Dir überhaupt nichts antun. Deinen Kopf sollst Du dort behalten wo er sich gerade befindet, auf den Schultern. Aber wenn Du nicht bleiben möchtest und auch nicht gehen willst, was möchtest Du dann? Fango Du musst eine Entscheidung treffen und manchmal ist dabei ein Restrisiko. Ja sogar Dich hier einzuschreiben hat ein gewaltiges Restrisiko. Mal ehrlich was hast Du erwartet?


    Das man Dich zur Ausbildung an die Hand nimmt, Dir die Städte der Umgebung zeigt, am Nachmittag ein bisschen ausreitet und den Rest des Tages in der Taberna verbringt? Das Du alte Haudegengeschichten am abendlichen Feuer hörst, dass man Euch eine gute Nachtgeschichte erzählt und dass Ihr beschützt und behütet werdet? Fango, dass hier ist die Realität. Das Militär, dass sich die meisten so heroisch und glorreich vorstellen, das Militär gibt es nicht. Kampf ist Schweiß, Dreck, Blut und noch wesentlich mehr. Es ist Angst, es ist Pflichterfüllung, es ist sogar Langeweile. All das kommt auf Dich zu. Du kannst einen Posten erwischen, wo Dein Schwert verrostet. Oder Du kannst einen Posten erwischen, wo Du jeden Tag kämpfen musst. Niemand weiß es Fango. Du hast Dich hier eingeschrieben Fango und Du wirst Deine Gründe dafür gehabt haben.


    Was Du hast ist Angst und einen Koller, von dem was Du miterleben musstest. Das ist völlig normal Fango. Mehr als meine Hand und Freundschaft kann ich Dir nicht bieten. Ob Du sie nimmst, liegt bei Dir", antwortete Cimber ruhig.

    Cimber war genauso angereist wie Sabaco und freute sich darauf die angekündigten Pferde bewundern zu dürfen. Er wollte schauen, ob vielleicht einige Tiere für ihr eigenes Gestüt dabei waren. Dann würden sie den Verlust durch den Raub hoffentlich irgendwann wieder ausgleichen können. Cimber gesellte sich zu Matinius und hob grüßend die Hand.


    "Salve, schön Dich wieder zu sehen", sagte er freundlich.

    Der Nachwuchs musste geformt und geschliffen werden. Das Verschwinden so vieler Kameraden hatte viele nervös und mit einem mulmigen Gefühl im Magen zurückgelassen. Jeder fragte sich, was hinter all dem steckte. Ein Zufall? Ein kleiner Plan? Ein großer Plan oder gar ein ganzes Komplott? Gleich was es war, sie mussten auf den größtmöglichen Wenn-Fall vorbereitet sein. Nur wer den Sturm einplante, würde den Wind gut überstehen, so hätte es sein Onkel Nero gesagt, der direkt neben ihm saß.


    Andriscus hatte keine andere Wahl, wie sie alle keine Wahl hatten. Es lag an ihnen, die Schlacht zu wenden und die Angst in die Hütten und Häuser ihrer Feinde zu tragen. Sollten sie sich selbst fragen, was sie nun ereilte und woher der Wind wehte.

    Cimber wartete ab, bis Nero geantwortet hatte, ehe er sich zu Wort meldete.


    "Bis dato keine weiteren Fragen, diese ergeben sich möglicherweise erst im Dienst. Aufklärungsarbeit und Sabotage, verstanden. Wir werden Fronten schaffen, wo bis dato keine gewesen sind. Und jene die sich nicht auf unsere Seite schlagen wollen, denen werden wir unterstellen, es schon längst getan zu haben und zwar an richtiger Stelle.


    Für die Aufklärungsarbeit benötige ich gute Männer, mit denen ich direkt zusammenarbeite. Ein kleiner feiner Trupp, wäre ausreichend. Nicht zu klein, dann sind wir leichte Beute, aber auch nicht zu groß, da wir ansonsten sofort Aufmerksamkeit erregen. Und Danke für das in mich gesetzte Vertrauen", sagte Cimber freundlich.

    Cimber schaute Fango ernst an.

    "Du würdest für nichts und niemanden zur Waffe greifen? Nun dann bist Du wirklich falsch in der Legion. Fango ich weiß nicht ob Du im Moment gerade nur so sprichst, weil Dir alles zu viel wird. Weil Du Dinge gesehen hast, die niemand sehen möchte. Oder ob das schon immer Deine Meinung war.


    Wie gesagt, entweder Du lässt Dich drauf ein und lernst, da biete ich Dir Hilfe an. Oder Du meinst tatsächlich das was Du sagst und zwar genauso wie Du es sagst. Dann kann ich Dir nur beipflichten, dann hast Du bei der Ala oder der Legion generell überhaupt nichts verloren.


    Das kannst Du Dir aber nur allein beantworten. Solltest Du wirklich unter keinen Umständen zur Waffe greifen wollen, hast Du mit dem Einschreiben in die Legion voll in die Scheiße gegriffen. Entschuldige aber ich kann es nicht anders sagen.


    Aber auch hier ist nichts in Stein gemeißelt. Es wird sicher Möglichkeiten geben, aus der Ala auszutreten. Entweder fragst Du nach, ob Du den Dienst quittieren kannst oder musst Dir etwas einfallen lassen. Das heißt, entweder kostet es Dich eine Stange Geld oder es kostet Dich ein Körperteil.


    Die Entscheidung liegt bei Dir, was möchtest Du Fango?

    Gehen oder bleiben?

    Lernen ein Soldat zu werden, oder den Preis für die Entlassung zu zahlen?


    Die Entscheidung musst Du nicht über das Knie brechen, aber Du solltest ehrlich mit Dir selbst sein. Vielleicht wärst Du hier in einer Schreibstube besser aufgehoben, wenn Du weder bleiben noch gehen kannst. Suche Dir eine Alternative", bot Cimber an.

    Cimber lehnte sich zurück und hörte zu, was an Informationen zu Tage gebracht wurde.


    "Entschuldigt wenn ich ebenfalls etwas einwerfe. Es mag durchaus sein, dass die Stämme geschwächt sind, dennoch ist die Bedrohung für jeden einzelnen von uns sehr ernst. Ob die Stämme etwas Großes planen, um uns zu vertreiben oder ob sie sich damit zufrieden geben monatlich ihren Blutzoll von uns zu verlangen, beides ist nicht hinnehmbar. Einzeln betrachtet könnte man wirklich davon ausgehen, dass dies kleine Nadelstiche sein sollen, um dem Imperium wenigstens so ihren Unmut spüren zu lassen.


    Aber die Zusammenfassung von Decurio Matinius sprach doch eine ganz andere Sprache. Da steckt Planung hinter, ein Geist der all dies koordiniert und zu einem großen Ganzen zusammenfügt. Das alles zum Nachteil von uns. Ich persönlich würde lieber von einem großen Gesmtbild ausgehen, als von kleinen Einzelaktionen. Gehen wir von einer Großlage aus und es sind nur kleine Scharmützel, wird uns nichts geschehen. Im Umkehrfall jedoch haben wir vielleicht nicht mehr die Möglichkeit, uns zu retten oder etwas zu korrigieren. Wir sollten das Übel mit der Wurzel ausreißen", warf Cimber ruhig ein.

    "Ja Fango, die meisten sind wohl Lügner, aber was nützt ihnen dass? Oder was nützt es Dir? Ich verstehe was Du gesucht hast, Du wolltest dass man Dir die Entscheidungen abnimmt. Ein süßes Leben bei dem man Dir sagt, was Du zu tun hast. Im Grunde so, als würdest Du bei einem Vater leben, der alles für Dich plant, Dich behütet und versorgt. So ist die Ala auch.


    Weißt Du Fango es wird Dich erstaunen, aber ich bin auch nicht hier, weil ich kämpfen will. Ich bin hier, weil ich hoffe eines Tages muss nie wieder jemand kämpfen. Weder ich, noch Du, noch irgendwer. Jedoch denke ich ganz ehrlich, das werden wir beide wohl nicht miterleben. Aber einer muss die Aufgabe erledigen, einer muss die Kämpfe kämpfen. Falls Du nicht aktiv dabei bist Fango, kannst Du nur zuschauen und im schlimmsten Fall Dich nicht einmal verteidigen. Es sind immer die Zivilisten, die es zuerst trifft. Du hast wenigstens Waffen in der Hand.


    Im Kampf sterben immer Kameraden Fango, das ist etwas woran Du Dich nie gewöhnenw wirst, wenn Du keiner der Lügner oder Wahnsinnigen bist. Dir gelingt es vielleicht, es im Einsatz auf Distanz zu halten. Weil Du es musst, um den Kopf frei zu bekommen. Aber jeder der Dir ehrlich antwortet wird Dir sagen, es kommt die Nacht da kehren sie alle zurück und Du heulst in Dein Kissen.


    Du kannst nicht auf dem Schlachtfeld zusammenbrechen Fango, dann bist Du wirklich der Nächste, der stirbt. Lerne Deine Trauer aufzuschieben, aber verlerne sie nicht. Sonst wirst Du eines Tages nicht mehr wissen für was und für wen Du dort stehst. Denn dann stehst Du auf dem Feld des Wahnsinns und der Lügen. Du bist zudem nicht für immer hier, sondern nur einige Jahrzehnte. Klingt nicht gerade aufmunternd was? Aber irgendwann Fango schaust Du zurück und wirst denken, ich habe es gepackt. Du hast Angst nicht wahr? Angst zu versagen und Angst zu sterben. Das verstehe ich Fango.


    Solltest Du kämpfen müssen und eine Wahl haben, wann und wofür würdest Du zur Waffe greifen? Ich stehe Dir bei, ich kann Dir versuchen meinen Weg beizubringen. Wie gesagt, er mag nicht der Beste sein und Du wirst keine Lorbeeren ernten, aber Du wirst hoffentlich mit heiler Haut aus jeder brenzligen Situation kommen und Dich zu wehren und zu verhalten wissen", gab Cimber freundlich zurück.

    Cimber hörte Fango aufmerksam zu und hielt ihn fest. Fango brauchte mehr als körperlichen Halt, er benötige einen seelischen Anker.

    "Harte Hunde Fango? Die vermeintlichen harten Hunde teilen sich in genau zwei Kategorien ein, Lügner und Wahnsinnige. Erzählt Dir ein Kamerad oder Vorgesetzter, dass er keine Furcht verspürt, dass ihn das alles nicht trifft, dass es ihm sonst irgendwo vorbei geht und dass man mit all dem klarkommen muss, pass gut auf. Erzählt Dir ein Mann, dass er sich nicht in der Schlacht fürchtet, dass ihm der Anblick von zerhackten Körpern, eingeschlagenen Schädeln und rausgerissenen Eingeweiden völlig kalt lässt, musst Du extremer aufpassen.


    Denn wie gesagt, es gibt nur zwei Sorten von Menschen die das von sich behaupten, Lügner und Wahnsinnige.


    Der Lügner spielt Dir etwas vor, dass er nicht ist. Er behauptet dass, von dem er meint, dass alle diese Meinung vertreten. Leider gibt es so viele Lügner auf der Welt, dass Personen wie Du oder ich einst als junger Mann, davon ausgehen dieser Unsinn den sie von sich geben wäre die Wahrheit. Es ist nicht die Wahrheit Fango. Verwechsele die Mehrheit niemals mit der Wahrheit.


    Der Wahnsinnige Fango hat wirklich keine Angst auf dem Schlachtfeld. Ihm ist das Grauen egal. Oder schlimmer noch, er genießt es. Dem Wahnsinnigen ist es gleich was mit anderen geschieht, es interessiert ihn nicht, was mit seinen Kameraden geschieht und oft interessiert es ihn nicht einmal, was mit ihm geschieht. Solche Männer führen andere nur in eine Richtung und die heißt Abgrund.

    Ein wahrer Krieger Fango sieht all das was Du siehst.


    Merke Dir eines Fango. Den Tod nicht zu fürchten, weil einem das Leben nichts bedeutet, ist leicht. Es ist der Weg des Wahnsinns.


    Ein wahrer Krieger kämpft, weil er kämpfen muss, nicht weil er kämpfen möchte!

    Er kämpft um das Leben anderer und sein eigenes zu schützen, weil er das Leben liebt.

    Und manchmal gibt er dafür sein eigenes, um das anderer zu schützen.


    Es ist auch keine Frage gegen wen Du kämpfst, wenn Du kämpfen musst Fango. Die Frage die Du Dir stellen musst, ist für wen oder was kämpfst Du? Du kämpfst für Deine Familie, Dein Land, Dein Leben und Deine Werte. Kämpfst Du nicht, wird das keinen Feind davon abhalten, trotzdem den Kampf aufzunehmen. Das ist leider die traurige Wahrheit.

    Nur weil Du in Frieden leben möchtest, heißt das andere Dir dies zugestehen.


    Diplomatie Fango ist ebenso Krieg, er wird mit Worten geführt anstatt mit dem Schwert. Leider werden dabei oft ebenso reale Waffen im Hintergrund gezogen. Diplomatie ist ein Ränkespiel, das voller Worte, Gift und Dolche nur so tropft. Es ist das Schlachtfeld der Verwaltungsbeamten und Politiker. Es ist dennoch Krieg, der nur einen anderen Namen trägt.

    Deine Selbsterkenntnis ist falsch Fango. Du taugst mehr für die Armee als Du glaubst. Jemand der über seinen Tellerrand hinausschaut, der sieht und sehen möchte was geschieht, taugt sehr viel für die Armee. Du würdest Deine Männer niemals blind in den Tod schicken. Denn Du siehst, verstehst Du?


    Du bist kein Weichei und Du hältst auch niemanden auf. Bist Du als Letzter angekommen? War die Schlacht schon geschlagen? Haben Deine Kameraden auf Dich warten müssen? Hast Du einen Kameraden durch Deine Handlung oder Nicht-Handlung gefährdet? Nein? Dann hast Du auch niemanden aufgehalten.


    Ocella ist vermutlich nicht an Deinem Kuchen gestorben. Das hoffe ich jedenfalls.


    Niemand kann Dir beibringen ein Lügner oder Wahnsinniger zu sein, es sei denn Du gehst bei einem derartigen Mann in die Lehre. Und ich glaube Ocella war weder das eine, noch das andere.


    Was Du benötigst ist mehr Selbstvertrauen. Nimm das Wort mal wörtlich, vertraue in Deine eigenen Fähigkeiten. Zähle Dir einmal auf was Du kannst und sei stolz drauf. Dann zählst Du Dir auf, was Du nicht kannst. Daran arbeitest Du oder nimmst es als gegeben hin. Kenne Deine Stärken und Schwächen Fango. Jeder hat sie.


    Fango mir macht es etwas aus. Mich schmerzt jeder gefallene Kamerad, mich schmerzt jede Person die zu Unrecht niedergemacht wurde. Aber wären wir beide nicht, wäre die Legion nicht Fango, dann wären es noch viel mehr Menschen die sterben würden. Wir sind jene die genau das verhindern sollen. Daran halte ich mich fest. Das ist meine Mauer zwischen mir und dem Abgrund.


    Wie oft wollte ich schon alles hinschmeißen? Unzählige Male Fango. Hast Du schon einmal einen sterbenden Kameraden gehalten? Sein Blut rinnt zwischen Deinen Fingern hindurch, genau wie sein Leben? Was soll ich diesem Mann sagen? Es gibt keine Worte, die man ihm mit auf den Weg geben kann. Man fühlt sich hilflos, machtlos, ohnmächtig und allein.


    Aber würde ich meinen Platz räumen, würde ich wirklich gehen und all das an den Nagel hängen Fango, dann hätte der Feind ohne einen Schwertstreich gewonnen. Wieder einer weniger, der für das aufsteht, was richtig und wichtig ist.


    Und ich hätte all jene verraten, die einst an meiner Seite kämpfen. Und die Männer, die heute an meiner Seite kämpfen, denn sie verlassen sich auf mich, wie ich mich auf sie. Verwechsele Gelassenheit nicht mit Gleichgültigkeit Fango. Ich reagiere gelassen um die Kontrolle über meine Handlungen zu behalten. Wut und Hass sind keine guten Ratgeber. Oft wollen Dich Deine Feinde zu einer unüberlegten Tat verleiten. Wut und Hass führen Dich genau dorthin.


    Also gehe gelassen ein Problem an. Lass Dich nicht am Nasenring durch die Arena führen. Einmal mehr überlegt, heißt nicht, dass Dir etwas gleichgültig wäre. Du rastest nur nicht aus, Du lässt Dich nicht von Gefühlen mitreißen. Du bleibst gelassen und genauso wirst Du Deine Feinde in den Staub schicken. In aller Ruhe und Gründlichkeit. Vielleicht bist Du damit nicht der Schnellste, aber in einer Schlacht zählt nur, wer am Ende noch steht.


    Also behalte die Augen und das Herz offen Fango, sieh hin und benutze Deinen Kopf um zu erreichen was Du möchtest. Weglaufen war noch nie eine Lösung. Ich nehme Dich unter meine Fittiche, Du wirst kein Lügner und kein Wahnsinniger. Du wirst auch kein strahlender Held Fango.

    Alles was Du wirst ist ein Kavallerist, ein Mann der Ala", antwortete Cimber tröstend.


    Bei der Beschreibung der Vorkommnisse verfinsterte sich das Gesicht von Cimber. Es war an der Zeit den Kampf zum Feind zu tragen, statt zu reagieren war agieren angesagt. Sie mussten die Provinz unter ihre Kontrolle bringen, sie hatten hier für Recht und Ordnung zu sorgen. Germania war ein Teil Roms und Rom war nicht dafür bekannt, dass es derartige Ausschreitungen dulden würde. Zudem war kein Umbrenus dafür bekannt, dass er einen Angriff auf ein Mitglied seiner Gens dulden würde.


    Zuerst hatte man Cinna verletzt und nun Nero. Cimber musste seinen Arsch hochbekommen und den Schlendergang aus den Hufen von Impetus. Es war an der Zeit zu zeigen, dass er für mehr bekannt war, als für chronisches zu spät kommen oder alles gelassen zu sehen. Hier ging es um sie alle, um ihre Provinz, seine Gens und seine Familie.


    Was immer diese Besprechung ergab, ab heute wehte ein anderer Wind. Cimber würde seinen Beitrag leisten und noch wesentlich mehr. Sobald er die Besprechung verließ, würde er sich an Fango wenden. Topas und Impetus würden ihre Chance zum gestreckten Galopp erhalten und so einige Germanen würden außer Atem sein, bevor sie in den Abgrund fuhren.


    Cimber betrachtete kurz seinen Onkel, wie üblich hatte er nichts davon gesagt. Lerne leiden ohne zu klagen, war einst seine Aussage gewesen. Die Lektion würde er weitergeben. Gespannt wartete Cimber auf den Bericht von Decurio Atius Scarpus.

    Cimber trat hinter Fango und legte ihm einen Arm um die Schultern.

    "Du hast noch nie einen derartigen Einsatz erlebt nicht wahr? Du hast noch nie dem Grauen ins Gesicht geblickt und bist so gerade noch mit heiler Haut davon gekommen. Habe ich nicht Recht? Alles falsch gemacht hast Du nicht Fango, denn Du lebst, bist wohlauf und bist hier. Jedenfalls hast Du körperlich keine Schrammen davon getragen, wie es in Deinem Inneren aussieht, dass weißt nur Du allein und jene die es sehen wollen. Jene die es interessiert. Mich interessiert es.


    Möchtest Du darüber sprechen, was Du empfindest? Manchmal muss es raus. Falls Du es noch nicht aussprechen kannst, ist das in Ordnung. Dann schweigen wir gemeinsam darüber. Vielleicht möchtest Du auch in einer stillen Stunde mit Topas darüber sprechen. Pferde sind ziemlich gute Zuhörer und im Gegensatz zu manchen Menschen Fango, plaudern sie nicht aus, was man ihnen anvertraut. Das kann ich Dir aus eigener Erfahrung sagen.


    Auf der anderen Seite bin ich in der glücklichen Lage, einen besten Freund zu haben, der mehr Bruder als Freund ist. Der mehr Familie als alles andere ist und Du gehörst ebenso dazu. Wann immer Du mich brauchst Fango, ich bin da", sagte Cimber freundlich.

    "Salve Duplicarius Andriscus. Schön Dich kennenzulernen", grüßte Cimber gut gelaunt zurück und wartete weiter was sich ergeben würde.

    Nun waren sie schon zu dritt, das machte doch einen sehr guten Eindruck.


    "Bezüglich der Pferde schaue ich, was sich machen lässt Cornicularius Umbrenus, macht Dir keine Sorgen", antwortete der jüngere Umbrenus freundlich.