Beiträge von Publius Matinius Sabaco

    Das Aufsteigen auf Gymir war wahrscheinlich das Uneleganteste, was Sabaco und Matidia bisher zustandegebracht hatten, doch es sah niemand und die beiden hatten ihren Spaß, jeder auf seine Weise. Fast schon spielerisch kamen sie einander näher. Was sonst in Sabacos Geist seine finsteren Bahnen zog, war fort. Die einzige Anspannung, die er noch spürte, rührte von der Sorge her, Matidia oder ihren zuständigen Verwandten am Ende doch nicht von sich überzeugen zu können. Umso mehr genoss er die Momente, die ihm sicher waren. Nach einigen Verrenkungen war es geschafft und Matidia saß auf der gefalteten Decke, die anstelle des Hörnchensattels über den Rücken des Grauschimmels gebunden war. Er hatte sie im vornehmen Damensitz platziert, da ihr das Gewand sonst bis über die Knie hinauf gerutscht wäre.


    "Wild könnte es durchaus werden. Aber nicht beim ersten Ritt", schnurrte Sabaco mit der gleichen Doppeldeutigkeit, die er aus Matidias Worten heraushörte. Dann schwang er sich vor Matidia aufs Pferd. Hinter ihr zu sitzen, hätte gegen jede noch so großzügig ausgelegte Etikette verstoßen. "Du kannst dich an mir festhalten. Es ist nicht weit, aber es besteht kein Grund zur Eile." Sabaco war in Kuschelstimmung und würde das Pferd so langsam gehen lassen, wie es nur ging.


    Leicht gab er Gymir die Fersen. Der muskulöse Körper des Hengstes kam unter ihnen in Bewegung und das dumpfe Klopfen seiner Hufe hallte durch die Dunkelheit.

    "Ja." Der Germanicus trug seinen großen Namen nicht zu Unrecht, wie es schien. Sabaco wanderte langsam hin und her, seine Rekruten nicht aus den Augen lassend. Er ergänzte dabei noch ein paar Worte zur Spatha: "Euer Speer - zu Pferd aufgrund seiner Reichweite oft die erste Wahl - kann brechen oder irgendwo stecken bleiben. Die Spatha kann dies nicht. Sie ist immer an eurer Seite. Zu Pferd ist die größere Länge im Vergleich zum Gladius tatsächlich das erste Argument für ihren Einsatz. Doch ihr seid ja nicht immer zu Pferd."


    Er sah die Tirones ernst an. "Die Germanen versuchen oft, anstelle der Reiter erstmal die Pferde zu Fall zu bringen. Dann wärt ihr ohne eure Spatha aufgeschmissen. In vereinzelten Zweikämpfen ist das Gladius eine denkbar schlechte Wahl. Es entfaltet seine Stärke in engen Formationen. Die Spatha aber ist dann effektiv, wenn man Platz hat. Das ist für uns die wahrscheinlichere Variante. Die Spatha hat für unseren Zweck also nur Vorteile."


    Er blieb in der Nähe der Übungspfähle stehen. "Noch eine Runde Kampfübung, diesmal mit dem Ovalschild der Kavallerie und der Spatha! Die Bewegungsabläufe sind zunächst wie beim Gladius, also stechend, aber ohne das Drehen beim Herausziehen. Ausrüsten." Heute Abend würden die Tirones wünschen, dass ihnen die schmerzenden Arme einfach abfielen, doch so war das eben.

    Sabaco packte selbst nicht mit an, er war mit Organisieren beschäftigt, während er die Situation im Auge behielt. Menschen reagierten manchmal paradox, wenn sie unter Stress standen, doch die Germanen verhielten sich vernünftig und koorperierten mit ihren Rettern. Sabaco fiel ein alter Mann mit Rauschebart auf, der das Sagen zu haben schien. Ein Weiterer kümmerte sich um den Transport der Verletzten mittels Fuhrwerken. Außerdem war da eine Germanin, die den Ton angab. Keinen der drei kannte er, doch vielleicht würden sie für ihn noch interessant sein.


    Immer wieder sah Sabaco hinüber zu dem lodernden Inferno, das an Danwarts Dorf fraß, und er liebte es. Die Löschversuche waren gut gemeint, aber mehr auch nicht. Ein solches Feuer brannte sehr viele Tage ...


    Er ritt zu der Frau, die den Ton angab. Einer seiner germanischsprachigen Männer übersetzte: "Wenn ich einen Rat geben darf ... verschwendet nicht eure Zeit mit Eimern. Das wird nichts, das Wasser verdunstet einfach bei der Hitze, und sie kommen sowieso nicht nah genug ran. Die Männer und kräftigen Frauen und älteren Kinder sollen Hacken nehmen und eine Schneise in den Boden schlagen. Vegetation weg, Holzreste weg, Gerümpel weg. Eine Sperre aus blankem Erdreich, frei von jeglichem brennbaren Material, damit die Flammen nicht übergreifen. Da ist die Energie sinnvoller eingesetzt."

    "Das ist alles richtig. Außerdem hat ein Gladius keine Hohlkehle. Das Herausziehen aus dem Körper des Gegners ist darum schwierig, wenn es im Verlauf des Schnittkanals erfolgen soll. Beim Drehen kommt Luft an die Klinge und es wird leichter. Das Problem habt ihr allerdings mit einer Spatha nicht. Waffen wechseln!"


    Er wartete bis die Tirones die Gladii und Schilde zurück in die Halterungen gelegt hatten und nun ihre hölzerne Übungsspatha und den ovalen Kavallerieschild trugen. Dabei ging er herum, erklärte und korrigierte. "Den Gladius hattet ihr an der rechten Körperseite, damit er nicht mit dem großen Schild der Legio kollidiert. Die Spatha aber tragt ihr an der linken Körperseite."


    Als alle so weit waren, ließ er sie wieder antreten. "Das ist in Zukunft eure Primärwaffe", verkündete er mit dem ihm eigenen Pathos. "Kann einer sagen, warum sie für uns besser geeignet ist als der Gladius - von der Länge abgesehen?" Die Frage war kniffelig. Mal sehen, ob einer seiner neuen Tirones die Antwort zusammenbekam. Den Tirones gaben die kurzen Gespräche zwischendurch die Möglichkeit, zu verschnaufen.

    "Das ist gut." Sabaco fand tatsächlich ein Lob. "Die meisten fuchteln mit dem Gladius erstmal rum. Aber ein Gladius ist keine Fechtwaffe, sondern dient ausschließlich zum Stechen. Das ist schließlich kein germanischer Sax. Zur Abwehr nutzt ihr nicht die Klinge, sondern den Schild. Das Wechselspiel muss euch in Fleisch und Blut übergehen. Aber alles nacheinander."


    Sabaco nahm Pilius Schwert und Schild ab und demonstrierte noch einmal den korrekten Einsatz von beidem. Dabei konnten sie nicht nur sehen, dass das die Spitze blitzartig nach vorn gerammt wurde, sondern auch, dass Sabaco beim Herausziehen die Klinge drehte. Wenn man sich vorstellte, dass sie dabei in einem Körper steckte, tat das schon vom Hinsehen weh. Die Bewegung erfolgte unwahrscheinlich schnell. Da Sabaco die längste Zeit seines Soldatenlebens in der Legio gedient hatte, beherrschte er die Bewegung immer noch hervorragend. Die Rekruten mussten die Bewegung nun einige Male gemäß seiner Anleitung durchführen, erst in die Luft und dann gegen einen der Übungspfähle. Sabaco beobachtete sie, korrigierte hier und da und freute sich, wenn sie vor Muskelschmerzen ächzten, doch im Grunde war er zufrieden.


    "Das reicht, kurze Pause! Alle zuhören." Da Pilius das Pech hatte, gerade bei Sabaco zu stehen, wurde er weiterhin malträtiert. "Zwei Fragen an dich, Tiro Germanicus Pilius: Erstens, warum dreht man das Gladius beim Herausziehen? Zweitens, was ist der Unterschied zwischen einem Gladius und einer Spatha?"

    Als Sabaco Meldung erhielt, musste er sich das Grinsen verkneifen. Wann immer ein großes Feuer loderte, erfüllte ihn der Segen des Vulcanus. Er spürte es in jeder Faser seines Körpers. Sein Herz schlug schnell, das Blut rauschte ihm in den Ohren, als er seine Männer immer näher an die Brunst heranführte.


    "Wir reiten um das Dorf herum und nähern uns von der windabgewandten Seite", informierte er seinen Unteroffizier. "Wir helfen den Bewohnern bei der Evakuierung und sehen, was sich von ihrem Hab und Gut noch retten lässt. Bleibt außerhalb der Rauchgrenze. Keine Löscharbeiten!"


    Sabaco schloss für einen Moment die Augen, um die Wärme auf seiner Haut zu genießen. Vulcanus war einer der ältesten römischen Urgötter. Im Gegensatz zu seinem griechischen Pendant Hephaistos war er nicht nur der Gott der Schmiede und Handwerker, sondern auch der Gott des zerstörerischen, unkontrollierbaren Feuers. Er war die Gottheit eines destruktiven Elements. Daher waren seine Tempel stets außerhalb der Städte gelegen. Während der Vulcanalia wurden ihm Opfer dargebracht, um ihn zu besänftigen und so die Gefahr vor Feuer zu lindern. Sabaco aber hatte seine eigene Methode entwickelt, denn niemand bändigte diesen Gott mit ein paar Fischen, die man in die Feuerschalen warf. Allein der Gedanke war lächerlich. Sabaco opferte Volcanus in ganz anderen Dimensionen, machte sich zum Komplizen seiner zerstörerischen Seite, so lange niemand ahnte, wer der Brandstifter war, der hinter den seltenen, aber regelmäßigen Großbränden steckte.

    Er vergeudete seine Zeit. Hier herumzusitzen und nachzudenken brachte ihn nicht weiter. Eigentlich gab es auch nichts, über dass er sich den Kopf zerbrechen musste. Die Dinge waren, wie sie waren. Das Heute war gestern noch Zukunft gewesen. Morgen würde das Heute Vergangenheit sein. Sabaco erhob sich. Er warf einen letzten Blick in die leere Stube, schüttelte den Kopf und kehrte zu seiner Turma Secunda zurück.

    Sabaco trat in die Stube von Ocella. Verstohlen blickte er sich um, dann schloss er hinter sich die Tür. Wieder einmal wohnten hier nur Stille, Leere und Dunkelheit. Sabaco wischte mit dem Finger über die Fensterbank. Wenn er Staub fand, würden Köpfe rollen. Doch da war kein Staub. Wer auch immer für die Unterkünfte der Turma Prima zuständig war, wenn diese auf ihren Missionen unterwegs war, kam dieser Aufgabe vernünftig nach. Sabaco ließ sich auf dem Bett nieder und starrte düster in den kalten Ofen, der Ocella wärmen sollte, wenn er ausnahmsweise mal da war. Man hatte sogar die Asche entfernt und die Penaten verjagt. So sollte kein Ofen aussehen. So sollte sich kein Raum anfühlen. Ein lautes Schnaufen entfuhr Sabaco, während er in sich hineinspürte. Es war, als würde er über ein Feld aus Steinen marschieren.

    "Gut", stellte Sabaco fest, als es keine Fragen gab. "Dann beginnen wir heute mit den Grundlagen des Kampftrainings." Er wies auf den Bereich des Campus', der dafür vorbereitet war. "Was ihr da seht, sind Baumstämme, die zur Hälfte vertikal im Boden vergraben sind. An diesen Pfählen erlernt ihr die Technik mit Holzschwertern, die einen Eisenkern besitzen. Dazu tragt ihr einen Schild aus Weidengeflecht. Beides wiegt das Doppelte dessen, was ihr im Kampf tragen müsst. Ihr werdet also gut vorbereitet sein. Wir gehen jetzt gemeinsam da rüber. Schweigend und ordentlich."


    Als sie die Pfähle erreicht hatten, ließ Sabaco die hölzernen Übungswaffen und die Weidenschilde ausgeben. Das war ein ordentliches Gewicht und mit einem gewissen Sadismus beobachtete er ihre Gesichter. Das Gewicht zu heben fiel den meisten nicht schwer, doch es die ganze Zeit in Position zu halten und effektiv damit zu arbeiten brachte die meisten früh an ihre Schmerzgrenzen.


    "Wie ihr seht, sind diese Waffen Replikate von Gladii* und den Scuti** der Legio. Während der Grundausbildung lernt ihr den Umgang mit allen Waffengattungen. Tiro Germanicus Pilus. Tritt vor und demonstriere deinen Kameraden, wie du angreifen würdest." Der Blick von Sabaco war lauernd.


    Sim-Off:

    *Gladius: Römisches Kurzschwert

    Sim-Off:

    **Scutum: Rechteckiger Schild

    Körperliche Ertüchtigung

    Die Grundausbildung der Rekruten verlief bei allen Einheiten gleich. Egal, ob jemand in der Ala diente, in der Legio oder bei den Hilfstruppen, jeder durchlief am Anfang das gleiche Programm. Erst, wenn diese Grundlagen saßen, ging es an die Spezialisierung. Zu Enttäuschung der neuen Tirones begann die Ausbildung bei der Ala daher nicht mit dem Reiten, wie viele erhofft hatten, sondern mit dem Marschieren. Fortan wanderten die Tirones, bis ihnen die Sandalen qualmten, und zwar täglich, bis die Ausdauer jedes Einzelnen dem Standard des römischen Militärs entsprach. Wer das nicht packte, drehte eine Ehrenrunde, so oft, bis er das Pensum schaffte. Allein die Angst, dass dieser verhasste Part der Ausbildung wiederholt werden könnte, war für die meisten ausreichender Ansporn, alles zu geben.


    Marschieren konnten sie auch ganz gut ohne Sabaco - die Aufsicht führte Alwin, ein erfahrener Eques, der gut zu Fuß war und sich wegen seiner umgänglichen Art bei den Tirones einer gewissen Beliebtheit erfreute. Er benannte den Neuen die Etappenziele dieses Trainings und gab Acht, dass nicht gemogelt wurde:


    Ausbildungsziele Marschieren

    1. 20 römische Meilen (30km) in 5 Stunden ohne Ausrüstung - Bei Erfolg, weiter mit 2.
    2. 40 römische Meilen in 12 Stunden ohne Ausrüstung - Bei Erfolg, weiter mit 3.
    3. 20 römische Meilen in 5 Stunden mit voller Ausrüstung - Bei Erfolg, weiter mit 4.
    4. 40 römische Meilen in 12 Stunden mit voller Ausrüstung


    Die meisten waren nach wenigen Wochen atlethisch genug, dieses Pensum zu schaffen. Auch, weil üblicherweise die Waschlappen vom Rekrutierungsoffizier bereits aussortiert worden waren.


    Sim-Off:

    Dieses Ausbildungsziel soll bitte eigenständig erarbeitet werden, indem man hier im Thread circa vier Beiträge postet - mindestens einen Beitrag je Ausbildungsziel.

    Sabaco sah dem Präfekten nach. Der Mann war kein Unsympath gewesen, was man nicht von jedem Stabsoffizier behaupten konnte. Mit ihm würde sich zusammenarbeiten lassen. Wenn Sabaco nur wüsste, was sie da im stillen Kämmerlein ohne ihn besprachen ...


    Er wandte sich ab und während seine Männer sich weiterhin um die Sicherheit der Castra kümmerten, widmete er sich einem dienstlichen Gespräch mit seinem Unteroffizier.

    Sabaco war mit der Reaktion seiner neuen Rekruten zufrieden, was sich daran zeigte, dass er nichts dazu sagte.


    "Movemini.* Ich bin Decurio Publius Matinius Sabaco und ich habe das Kommando über die Turma II. Außerdem übernehme ich eure praktische Ausbildung." Er sah mal dem einen, mal dem anderen in die Augen, während er sprach.


    "Ab sofort wird euer Tagesablauf wie folgt aussehen:


    Aufstehen mit dem Weckruf. Euch bleibt eine halbe Stunde, dann ist Dienstantritt hier auf dem Campus. Hier findet die Tagesbefehlsbesprechung statt, danach folgt der Frühsport. Gelegentlich kann eine spontane Stubenkontrolle stattfinden, ihr solltet also stets auf Ordnung achten, um euch unangenehme Überraschungen zu ersparen. Nach dem Frühsport beginnt die eigentliche Ausbildung. Was genau an welchem Tag stattfindet, obliegt euren Ausbildern.


    Es gibt eine kurze Pause am Vormittag und Mittags eine lange, in der ihr etwas essen könnt. Am frühen Abend ist euer Dienstschluss. Es kommt nur selten vor, dass ihr mal früher Schluss habt, diese Hoffnung muss ich euch nehmen. Wahrscheinlicher ist, dass überzogen werden muss.


    Danach müsst ihr noch eure Ausrüstung nachbereiten und die Einsatzbereitschaft vollständig wieder herstellen. In der Regel habt ihr eine Stunde Freizeit, welche ihr für eure Körperpflege in den Thermen und das Zubereiten der Abendmahlzeit nutzen solltet, dann ertönt meist schon das Signal, das den Beginn der Nachtruhe ankündigt. Ab dato ist vollständige Ruhe und keiner verlässt mehr das Quartier. Dieser strengen Regelung unterliegt ihr während der gesamten Grundausbildung. Ausgang, Nachtausgang oder gar Urlaub gibt es für keinen Tiro.


    Am Ende eurer Grundausbildung werdet ihr Equites sein, Reiter Roms. Es wird hart werden, aber es lohnt sich. Danach werdet ihr euren Einheiten zugewiesen und wer weiß, vielleicht sehen wir uns dann wieder. Ich wünsche euch allen viel Erfolg." Er ließ eine kurze Pause, um diesem Wunsch Gewicht zu verleihen.


    "Habt ihr bis hierhin Fragen? Ansonsten beginnen wir mit der Praxis."



    Sim-Off:

    *Rührt euch.

    Sim-Off:

    Bei den Signaturen ist was durcheinander gekommen ... Ticket liegt vor, das wird bald korrigiert.

    Sabaco blieb, bis auch der letzte Tiro das Fahnenheiligtum verlassen hatte. Dann wandte er sich den Bildnissen selbst zu. Er versank in stille Zwiesprache mit seinen Göttern. Er hatte Weihrauch für sie dabei und ließ die harten Harzkörner nun langsam aus seiner Faust in die Feuerschale rieseln.


    ... gönnt mir diesmal Tirones, die bis zum Ende durchhalten. Entschlossene Männer, hart in Körper und Geist, die nicht fallen und von keinem Fieber dahingerafft werden. Die nicht vor dem ersten Gefecht kneifen oder wegen Untauglichkeit aussortiert werden müssen. Gönnt mir Tirones, aus denen ich Soldaten machen kann.


    All seine privaten Wünsche unterdrückte er mit der gleichen Härte und Brutalität, mit der er auch die manchmal naiven Vorstellungen seiner Tirones zu zertreten pflegte. Er schonte sich selbst nicht, gönnte sich nichts, was er nicht auch ihnen gönnte. Alles, was er fühlte, war ein kurzer, scharfer Schmerz, doch er nahm keine Gesichter an, keine Gestalten und keine Erinnerungen. All seine Fürbitten galten heute nicht ihm, sondern der Ala.


    Sein Mund zuckte, als er in die Flammen starrte. Vulcanus, ich habe dir mehr geopfert, als jeder andere es tut. Ich weiß um deinen Hunger, denn ich spüre ihn auch, und ich werde ihn für dich stillen. Ich verspreche dir weitere Opfer, wenn du mir nur hilfst. Die Barbaren müssen zahlen für jeden Tropfen römisches Blut, den sie vergossen haben. Pflanze das Feuer des Ehrgeizes in die Herzen meiner neuen Rekruten und nähre die wachsende Flamme meiner Turma Secunda. Die Barbaren aber verschlinge und friss dich satt an ihnen. Lass mich das Werkzeug der Rache sein!


    Der letzte Weihrauch fiel auf die knisternden Kohlen. Sabaco blickte auf, grüßte die Banner und die Bildnisse und verließ das Heiligtum.



    Die Tirones waren pünktlich. Dass sie anfangs unordentlich herumstanden und plauderten, war für Sabaco in Ordnung - noch. Langsam wie ein aufziehendes Gewitter bewegte sich Sabaco über den Campus, bis er vor den Tirones stand. Er ließ seinen kalten Blick über sie schweifen und schaute, was nun in Gegenwart eines Offiziers geschehen würde. Nebenbei kontrollierte er auch, in welcher Ausrüstung sie aufgekreuzt waren. Er hoffte für sie, dass es bei allen die Rüstung war und keiner bloß in kuscheliger Wintertunika und Kapuzenmantel vor ihm stand.

    Eine kurze Pause entstand, weil Sabaco mit sich selbst rang. Obwohl er als Decurio diente und diese Aufgabe gut und gern machte, ließ man ihm als Mitglied des Ordo Equester mehr Freiheit als anderen und bezog ihn in die Planungen des Stabes mit ein. Sabaco hoffte, dass dies mit dem Hintergedanken geschah, ihn eines Tages für die Ritterkarriere zu empfehlen. Das hatte allerdings den Nebeneffekt, dass er sofort nervös wurde, wenn der Stab mal etwas ohne ihn zu besprechen hatte, wie heute. Stets fürchtete er, es könnte um die Operation Sommergewitter gehen, und irgendjemand ihm ins Handwerk pfuschen oder an seinem Thron sägen. Doch er konnte sich schlecht selbst einladen.


    Die Narben um seinen Mund, gut sichtbar in den tiefschwarzen Bartstoppeln, spannten sich, als er kurz den Mund anspannte und die Lippen zusammenkniff. Dann aber sagte er nur: "Na, dann rein mit dir und deinen Männern, Praefectus." Der Mann war zwar nicht angemeldet, doch einen Stabsoffizier würde man nicht abweisen. Es konnte dennoch sein, dass Iulius Antonius eine Weile warten musste, bis der Praefectus Alae ihn empfangen konnte.


    Sabaco verzichtete darauf, jemanden mitzuschicken. Da die Militärlager im Grunde alle gleich aufgebaut waren, war die Principia mitsamt des Officiums nicht schwer zu finden. Lucius Iulius Antoninus hatte auch genügend Personal bei sich, das sich um seine Angelegenheiten kümmern würde, und konnte sich selbst im Vorzimmer des Praefectus Alae anmelden.

    Sabaco musterte den Mann, der gerade seinen Eid geleistet hatte. Das Auftreten von Quintus Germanicus Pilius war selbstbewusst und entschlossen, was Sabaco gefiel. Dann rief er den Nächsten auf. Der Reihe nach leisteten alle Rekruten ihren Eid.


    "Ihr seid jetzt Tirones der Ala I Aquila Singularis", verkündete Sabaco. "Die nächsten 12 Wochen werden zeigen ob ihr dem Namen eurer Einheit würdig seid. Nach Abschluss der Grundausbildung werdet ihr in die Gemeinschaft der Equites aufgenommen. Dann seid ihr Reiter Roms, Kämpfer und Hüter, Vorbild für andere. Für die nächsten 25 Jahre wird euer Leben dem Schutz und der Sicherheit Roms gewidmet sein, dem Ruhm des Kaisers, dem Ruhm eurer Einheit. Und eurem eigenen Ruhm. Begebt euch jetzt in die Unterkünfte der Ausbildungsturma, lernt einander kennen. Euer Dienst beginnt, morgen früh auf dem Campus. Abite!"

    Stippvisite eines Offiziers. Eines Soldaten größter Albtraum. Doch Sabaco war nicht für das Armamentarium verantwortlich, so dass eventuelle Sorgen unbegründet waren. Er wartete auf den Gruß des ranghöchsten Anwesenden, und verlangte nach Fango, der eigentlich zu seiner Turma Secunda gehörte und heute hier aushalf.