Beiträge von Gaius Aemilius Lepidus

    Privat - Zu Händen des Augustus!


    An T. Aquilius Severus - (Augustus)

    Palatium Augusti / Domus Augustana


    Salve Severus,


    mein guter, alter Freund.


    Ich bin über die Maßen erfreut von dir zu lesen. Mir ist tatsächlich bewußt, daß du in deinem Amt und Würden wenig Zeit und Muße findest auch einmal an dich selbst, geschweige denn an einen, inzwischen doch recht alten Geist aus einer längst vergangenen Zeit zu denken. Aber deine Zeilen zu lesen ist ein , ich möchte hiermit betonen sehr erfreulicher, Anfang.


    Sei versichert, daß ich noch pulsiere, gelegentlich etwas holprig oder gar zaghaft, im Wissen was bei Zuwiderhandlung der Anzeichen geschieht, aber durchaus noch vital genug um der Unbill eines pater familias und der quälenden Passion eines Sammlers von Wissen der Älteren zu begegnen.


    Wie jenes Manuskript, oder dem nachweislich angeblichen Manuskript des Aristophanes, dem Stück Plutos. Es war das letzte unter eigener, persönlicher Anleitung aufgeführte Werk . Besaß somit einen gewissen Wert unter Kennern. Aber es war nur eine Abschrift…naja wen wundert es. Der alte Knabe ist ja nun schon eine Weile nicht mehr unter uns.


    Ich schreibe dir gerne und entführe dich in eine Zeit in welcher wir jung, ungestüm und voller Leben waren.


    Der Daimon, von dem du schreibst ist mir bekannt, er hockt grinsend an meinem Bettende kurz bevor ich einschlafe und zuweilen entführt er mich in eine Welt die es vielleicht nicht gibt.


    Aber auch sein finsterer Kumpane, hockt dort im Halbdunkeln und macht mir feixend klar, daß mehr Tage hinter als vor mir liegen. Doch er läßt sich bisweilen leicht bannen, solltest du ihm begegnen, so sage ihm lächelnd und voller Überzeugung:


    Jetzt noch nicht!


    In ergebener Zuneigung und Freundschaft


    PS. Ich sende an die mir bekannte Adresse.


    Dein Lepi(dus)






    Mit unbewegtem Gesicht lauschte Lepidus der Erzählung. Sie könnte passen. Nero hatte ein Talent sich falsche Freunde zu suchen. Mit einer Geste aktivierte er seine Leute. In Windeseile wurde der schlafende Zwilling mitsamt Bettzeug entsorgt. Lepidus bat Tuccius Apollinaris aus dem Raum während weitere Mitarbeiter sich um Nero und das Ambiente des Raumes kümmerten. Vor dem Raum betrachtete Lepidus den jungen hellhaarigen Tuccier kurz, dann meinte er, Nun Tuccius Apollinaris, du kannst dir sicher vorstellen, daß dies ein ungeheuerlicher Affront für dieses Haus ist. Er ließ die Worte kurz wirken. Denn inzwischen war die gesamte Bewohnerschaft der Villa auf den Beinen. Ein leises Klirren zeugte davon, daß rundherum die Spuren des unerhörten Vorfalls beseitigt wurden. Bassus stand nach wie vor seitlich hinter Lepidus, seine Hand ruhte sichtbar und wie selbstverständlich auf dem Knauf seiner Spatha. Er mochte jung sein, doch sein Habitus ließ keinen anderen Schluß zu als den hier einem ausgebildeten Miles gegenüber zu stehen.

    Lepidus war froh und dankte den Laren, daß Bala sie vor diesem Radau verlassen hatte.

    Ich möchte dich also bitten dies auch innerhalb dieser Mauern zu lassen und nun in Frieden zu ziehen. Meine Sklaven werden sich um den Mitarbeiter jenes Kaufmannes kümmern, alleine um über dessen möglichen Verbleib zu recherchieren. Er nickte dem Tuccier zu, Vale bene Tuccius Apollinaris, lebe lang und in Frieden. dann wandte er sich ab und ließ Bassus und Nero, dem Anführer seiner Leibwächter das Geleit zur Türe gestalten, während er selber wieder in den Raum trat.

    Maria deckte gerade den friedlich schlummernden Filius zu. Er schläft Dominus, es scheint ihm gut zu gehen. Lepidus nickte freundlich lächelnd und meinte, Sieh jetzt nach dem Kerl, sie haben ihn in die Therme gebracht. Ich vermute erst einmal abgekühlt. Maria nickte ruhig und begab sich sofort mit ihrer Medizintasche aus dem Raum.

    Lepidus betrachtete seinen schlafenden jüngsten Sohn. Kurz war er versucht ihm eine Haarsträhne aus dem Gesicht zu streichen. Doch auf halben Wege stoppte seine Hand und ballte sich zur Faust. Selbst jetzt noch, nach fast zwei Dekaden fand er keinen Zugang zu ihm, selbst jetzt nicht, wo er einem potentiellem Attentat nur knapp entkommen war.

    Er sah sich kurz in der sauber aufgeräumten Kammer um, nickte und verließ den Raum wieder. Vor der Türe wartete noch Knut, Ludger und Sophia.

    Sophia, sei so gut und wache am Bett. Knut, Ludger ihr passt hier vor der Türe auf, vielleicht kommt ja jener Zwilling zurück.

    Die beiden knurrten entschlossen Ja Dominus... und postierten sich dann vor der Kammer. Das Fenster war vergittert, ein Eindringen von dort also unmöglich.

    Lepidus ging zurück zu seinem Raum. Die Gedanken schwer von Verlust, Ärger und ...der Stoiker in ihm hatte viel zu tun. Am nächsten Morgen würde sein Sohn ihm einiges erklären müssen.

    Vor dem Cubiculum seines Sohnes angekommen wandte sich Lepidus an seine Begleiter. Jeder Fremde wird freundlich aber bestimmt des Hauses verwiesen. Knut, Ludger, ihr haltet euch mit den Knüppeln zurück, ihr wartet alle hier... Ich hoffe, daß die Besucher mit Anstand und Würde reagieren. ...wenn nicht, gebe ich euch die Anweisung.

    Er räusperte sich, bat Bassus zu sich und nickte ihm zu. Dann öffnete er die Türe, trat ein und prallte von der schlechten Luft im Raum fast wieder zurück. Mit einer Geste wies er Bassus an Die Fenster zu öffnen.

    Lepidus suchte nach seinem Sohn. Die Kreatur in seinem Bett, in seinem Erbrochenem liegend war es nicht. Ein Mann stand vor ihm, sichtlich betreten. Da entdeckte er seinen Sohn. Er lag da wo er sich anscheinend am wohlsten fühlte im Schmutz des Bodens. Was ist hier los? fragte er mit schneidender Stimme den einzig Ansprechbaren im Raum. Während er Bassus an seiner Seite wußte.

    ...und Lepidus goß ihm ein. Wenn er es nicht besser wüßte und diese Funzeln keine Dämonenmaske aus Bala´s Gesicht zeichnen würde, dann müßte er jetzt vor Beklemmung schlucken.

    Doch der Bala den er kannte war kein Schlächter unschuldiger Seelen.

    Naja, ich denke schon, daß eine Reinigung der Seele Romas gut tun würde...er tippte an seine Nase und lächelte vielsagend. Wenn du wüsstest, aus welchem Quell die menschlichen Meinungen und Interessen fließen, du würdest aufhören, nach dem Beifall und Lob der Menschen zu streben. Aber dazu musst du niemanden umbringen, hier ist Überzeugungsarbeit, Durchsetzungsvermögen und Härte gefragt,...Charakteristika die dir durchaus zueigen sind. Lepidus legte seine Hand auf Balas Unterarm.

    Doch frage dich,...du machst all das wofür, Bala? Für dich oder für Roma? Er zog die Hand wieder zurück und lehnte sich nach hinten, sank ein in das stützende Kissen und nahm einen Schluck. Nach einer Weile meinte er. Bedenke daß du in diesem Fall kein normales Leben mehr führen kannst, deine Tage werden ausgefüllt sein mit Reden, drohen, durchgreifen und vor allem mit der Angst gemeuchelt zu werden wie weiland Iulius Caesar. Die Tumben und Widerspenstigen kannst du enteignen und verbannen, ...als Exempel. Es ist nicht nötig die Via Appia mit Gekreuzigten zu säumen wie weiland nach dem Spartacus -Aufstand. Gemeinhin sind wir doch inzwischen etwas zivilisierter in unseren Methoden. Doch es wird immer jemanden geben dem dein Handeln nicht passt,...weil er selber Visionen oder Ideale hat, weil er ein Anspruchsdenken führt, weil er,...weil er alles und jeden haßt.

    Er zuckte die Schultern und schloß ...wer weiß´das schon?


    Lepidus schreckte aus seinem Bett auf. Infernalische Geräusche hallten durch seinen Kopf. Es klang als würden die Griechen Troja plündern. Ein wenig ungelenk um keine schlummernden Dämonen in seinem Rücken zu wecken, richtete er sich auf und kroch aus dem Bett, schlüpfte in seine Carbatina und stemmte sich gerade hoch als es an seine Türe klopfte. Antigonos trat ein. Hinter ihm mit gezücktem Schwert Bassus. Was,...was ist den los?...Tigono...sind die Vandalen eingefallen? Antigonos kam zu ihm und legte ihm eine Decke über die Schultern.

    Nein,...es ist wohl Nero,...er hat wohl ein paar Dämonen aus der Urbs mit nach Hause gebracht. Entgegnete Antigonos genervt. Zwei sind schon raus,...ich denke es werden aber noch welche da sein! Lepidus nickte resigniert und richtete sich mit einem gehörigem Knacken auf. Er nickte Antigonos abwehrend zu, es ging ihm gut. Na dann,...wollen wir die Bude einmal ausräuchern...Bassus,...leg´dein Schwert weg, das regeln wir ohne Waffen! Lepidus klopfte seinem Neffen auf die Schulter und trat aus seinem Cubiculum. Vor diesem standen Ajax, Astor, Knut und Ludger, letztere mit ordentlichen Knüppeln bewaffnet. Lepidus nickte ihnen zu, lächelte fast entschuldigend und so machte sich die kleine Streitmacht, angeführt von ihrem Hausherrn auf zur Brutstätte des Unheils.

    Lepidus hörte zu und beugte sich nach Balas´Malheur nach vorn und langte nach einem Leinentuch, welches er immer bei einer Cena hatte, wegen seiner eigenen Malheurs. Er reichte es dem Caesar und schaute zu wie er sich die Hände von Öl befreite.

    Ich denke du solltest dich von deinen Vorurteilen losmachen, der Schein ist ein gefährlicher Betrüger. Gerade wenn du glaubst mit ernsten und hohen Dingen beschäftigt zu sein, übt er am meisten seine täuschende Gewalt. sinnierte er so vor sich hin. Nahm einen Schluck aus seinem Pokal und sah seinem jungen Freund freundlich entgegen.

    Du lebst in einer Schlangengrube Bala, ich denke du kannst dort im Grunde was solche Dinge angeht niemandem von diesen Hofschranzen vertrauen. Die meisten haben nur den eigenen Vorteil im Sinn. Er sah, daß Balas Pokal sich gefährlich dem Leerstand näherte und goß ihm nach.

    Sieh es doch einmal so, dein Vater schickt dich an die Ostgrenze. Daß dort Steppennomaden marodieren liegt in ihrer Natur. Sie stehlen alles was blinkt und nicht schnell genug auf dem Baum ist. Wenn es dir gelingt, und daran habe ich keinen Zweifel! Er hob den rechten Zeigefinger und nickte bedächtig ...in Cappadocia deine eigene Pax romana zu etablieren wird das deinem Vater nicht entgehen...und ich kenne den Mann hinter dem Kaiser, du bist der Sohn seiner großen Liebe,...dann wird dein Vater dir weitere Kompetenzen einräumen und die dürften weiter südöstlich liegen, in den Handelswegen der Seidenstrasse. Naja, das war sicher weit hergeholt, aber der Warenstrom aus Indien und China war recht üppig und wer ihn kontrollierte ein mächtiger Mann. Das Problem ist nicht dein Vater Bala, das Problem ist seine neue Augusta und dein Halbbruder...

    Lepidus hörte aus dieser Ansage zwei Dinge heraus, Bala würde Roma verlassen und das nicht freiwillig. Er mümmelte an einer Brotscheibe herum und meinte, Naja, du bist Caesar,...ist es nicht Sinn der Sache, daß du deinen Vater an anderer Stelle, möglichst kritischer Stelle unterstützt?

    Es stand nicht zum Besten mit den beiden, besonders nicht nach der Geburt seines Halbbruders. Lepidus verstand das. Er konnte die Bedenken des Bala nachvollziehen und beneidete ihn nicht. Einer der Gründe warum er sich vor langer Zeit von der Politik abgewandt , aber nie aus den Augen gelassen hatte.

    Als Lepidus seinen unerwarteten Besucher erkannte wollte er sich erheben, doch nicht nur die Worte des jungen Caesar vereitelten das. Ein heftiger Stich in seinen Rücken ließ ihn seufzend wieder in den Sessel sinken.


    Er wartete also bis Bala sich gesetzt hatte und sah ihn freundlich an, seine rechte Hand berührte vertraulich die Schulter des Caesaren.


    Ach, frag´besser nicht! Ich bin inzwischen so lahm daß mich Antigonos beim gehen überholt und der ist 20 Jahre älter.


    Erwiederte er scherzhaft. Nein, diesen Winter war es besonders schlimm. Seine Arthrose und sein Rücken machten ihm immer mehr zu schaffen. Er freute sich schon fast wieder auf seinen Landsitz, weit weg von hier. Die Seeluft tat ihm gut.


    Was führt dich denn um diese Uhrzeit hierher? Ich dachte immer nur alte Männer können nicht schlafen?!


    Er legte die Schriftrolle beiseite und füllte seinem Gast umständlich einen Becher von Phoebes Falerner ein, ein ausgezeichneter Tropfen, er würde sie nach dem Winzer fragen müssen. Lächelnd reichte er Bala den funkelnden Glaspokal.

    Antigonos saß gerade bei einer Schale Oliven, etwas Schafskäse und einem Schluck von dem aussortiertem Falerner al es an der Porta rummste. Sich selbst bedauernd sah er auf seine Cena und erhob sich ächzend und langsam. Schlürfend ging er zu seiner Türe, öffnete sie und es rummste erneut und eine Stimme nannte seinen Namen.

    Ein Lächeln huschte über sein Gesicht. Er brauchte seinen Guckklappe gar nicht erst zu öffnen. Stattdessen öffnete er die Porta und sah einen großen Mann, eingewickelt in einem sehr vornehmen Mantel....was weißt du schon von Iupiters Eiern, du Jungspund? Lächelnd trat er zur Seite und ließ den hohen Gast eintreten.

    Ich nehme an du möchtest du Lepidus?...du kannst dir ja denken wo er ist...wenn es dir nichts ausmacht gehst du alleine? ...ich habe mir vorhin eine kleine Cena gemacht...

    Antigonos lächelte den großen Gast freundlich an, er hatte ihn schon in den Armen als er noch ein kleines Baby war. Groß war er geworden, groß und stattlich.

    Dann machte er sich langsam wieder auf zu seinem Cubicullum. Die Geschwindigkeit ließ erahnen, daß es dem guten Bala sicher zu lange gedauert hätte ihn zu begleiten.

    Lepidus kam in die Bibliotheca und ging, zugegeben ein wenig aufgeregt zu seinem Schreibtisch. Er legte die darauf herumiegenden Schriftrollen und Manuscripte vorsichtig beiseite und öffnete dann, ein wenig zittrig, die Lederrolle. Vorsichtig entnahm er ihr das offenbar aus Pergament...er beugte sich im Lichte einer Takllampe darüber und begutachtete das Stück. Bald war er sich sicher es war ein Palimpsest... Doch so wie es aussah nicht von Karttipos selbst sondern von Marcus Tullius Cicero Minor,...Lepidus richtete sich mühsam wieder auf und drückte sein Kreuz durch. Dann nahm er sich einen Becher des geschenkten Falerners und setzte sich hin um sich den Worten des Karttipos hinzugeben. Sie handelten, wie üblich von Träumen und dem Umgang damit. Die Tatsache, daß die Worte von Marcus Tullius Cicero Minor geschrieben worden waren und direkten Bezug auf Krattipos nahmen schmälerten keineswegs den Wert des Stückes, Marcus Tullius Cicero Minor hatte wenig schriftliches hinterlassen.

    Lepidus wippte nach der Lektüre in seinem Stuhl, genoß den fabelhaften Falerner, den er doch ein wenig verdünnt hatte und dachte über das Träumen nach. Wann hatte er das letzte Mal geträumt und sich daran erinnert?

    Lepidus stand mit der Rolle unter dem Arm und lugte zwischen einem Spalt des Vorhangs nach draußen zur Laube. Es ärgerte ihn, daß seine Weitsicht immer verwaschener wurde. Er nahm zwei Gestalten wahr, die sich gegenüber standen. Mit einem resigniertem Seufzer ließ er den Vorhang zufallen und machte sich auf zur Bibliothek. Seine Gedanken kreisten dabei um die Rolle, seinen Neffen und ob sie tatsächlich noch ein Cubicullum für Phoebe frei hatten. Er hatte sich da einfach einmal aus dem Fenster gelehnt.

    Lepidus bedachte Phoebes Einlassungen größtenteils mit einem wissenden Lächeln. Aus ihr sprach die Jugend und das Ungestüm derselben. Er nahm den Falernen dankend entgegen und reichte ihn an Ajax weiter, der inzwischen zu ihnen gestoßen war.

    In die Bibliothek mein Junge,...in den Ständer neben der Sitzgruppe, den der dort ist gibst du in die Cusina,...Sophia soll ihn unter euch verteilen. Ajax nickte befliessen und verschwand in Richtung Villa, nur um von Antigonos abgefangen zu werden. Enttäuscht und mit leeren Händen kam Ajax wieder zur Laube und hielt sich fortan im Hintergrund.

    Mit einem ungläubigen Blick nahm er die Rolle entgegen und hielt sie an seine Brust gedrückt. Sollte es ein Original sein, war es unbezahlbar, sollte es die Abschrift eines Schüler sein, am besten vor seiner Zeit als bestellter Lehrer in Athen. Angeblich solles Ciceros Sohn und gar Brutus, den Caesarenmörder unterrichtet haben.

    Ich vermag kaum in Worte zu fassen was mir dein Geschenk bedeutet. Ich werde es in einem angemessenem Rahmen und in Ruhe studieren. Die Laube war mit Sicherheit nicht dazu geeignet. Er sah sie freundlich an und bemerkte eine Bewegung hinter ihr. Sein Neffe näherte sich. Listig dachte er sich, daß dieser sich nun Phoebe annehmen könnte damit er selbst sich in Ruhe der Rolle widmen konnte. Er wartete bis Bassus in Blickweite kam und winkte ihn zu sich.

    Phoebe, dies ist mein Neffe Marcus Aemilius Bassus, er wird in Bälde nach Germania aufbrechen um als Subpraefectus Alae unter der Fuchtel seines Vaters Nepos.Er lächelte diesmal ein wenig frivol. Bassus dies ist Antonia Phoebe, eine alte Freundin von mir aus Pergamon,...sie wird für eine Weile hier bei uns wohnen, selbstverständlich möglichst weit weg von deiner Räuberhöhle,...sei so gut und kümmere dich ein wenig um sie, ich,...mir ist nicht wohl, ich sollte ins Haus gehen.

    Er nickte Phoebe zu und wandte sich mit einem Augenzwinkern an Bassus. Sie ist wirklich eine alte Freundin, Bassus,...sie liegt mir am Herzen. Sein Lächeln wurde zu einem Grinsen als er die beiden jungen Leute verließ und mit Ajax, dessen Hilfe er künstlich erbost ablehnte auf die Villa zustrebte.

    Lepidus wußte um die Leidenschaft die auch noch in seinem hohen Alter in Antigonos´ Lenden brannte. Nun, das war wohl auch seine Absicht, dir diesen Eindruck zu vermitteln, er ist ein Schlawiner mußt du wissen. Er selbst hingegen hatte sämtlichen amourösen Ambitionen entsagt. Nach dem Tode seiner geliebten Frau Iulia hatte er keine andere mehr angesehen, wenngleich auffällig viele in den ersten Monaten ihre Aufwartung machten. Doch er zog stattdessen in den Krieg, kam schwer verletzt zurück und rang monatelang mit sich selbst wieder aus dem Bett zu kommen. Einzig die Liebe zu seiner verstorbenen Frau die ihm zwei Söhne geschenkt hatte zwang ihn um deretwillen wieder auf die Füße.

    Oh,...meine Liebe man mitnichten nichts ändern! Diese Haltung kommt einer Resignation gleich. Du kannst vielleicht wenig am Fluß der Ereignisse ändern, aber du kannst dich so positionieren, daß du nicht weggerissen wirst, dich irgendwo verhedderst oder unkontrolliert auf Stromschnellen zurast. Die Analogie mit dem Fluss war ihm lieb, denn er sah im Leben einen Fluss der stetig seinem Ziel folgte bis er am Ende in das große Ganze überging. Er war ein wenig unschlüssig über die Nähe die sie zu ihm aufbaute, waren das seine Worte, war es der erbarmungswürdige Zustand? ...oder ...Nein, ...sicher nicht. Sie kam aus guten Hause und brauchte keine Almosen oder ähnliches. Vermutlich hatte er ihr nur einen Weg gewiesen, unbewußt...Sie riss ihn aus seinen trüben Gedanken und er mußte lachen. Oh, ...weißt du, ich bin ja nicht alt geboren,...ich habe das Leben in vollen Zügen genossen, zu nahezu allem Ja gesagt...und das ist einer der Gründe warum ich heute die Dinge eben anders betrachte...das hat nichts mit Schlauheit zu tun! Wäre ich früher schlau gewesen, wären mir viele unangenehme Erlebnisse erspart geblieben,...aber ich hätte auch beileibe nicht soviel Spaß gehabt! Sein Gesicht leuchtete auf als er die Freunde aus vergangenen Tagen Revue passieren ließ. Nur wenige waren ihm geblieben, die meisten waren inzwischen kränker als er selbst oder bereits im Elysium. Es gab nur eine Handvoll die das Leben bisher gemeistert hatten.

    Ihre Runde durch den Hortus näherte sich dem Ende und als sie ihm ein Mitbringsel offerierte tauchte die Laube bereits wieder auf.

    Das ist lieb von dir,...da bin ich aber mal gespannt! Er hatte erfahren, daß die meisten Menschen sich Gedanken machten wenn sie etwas schenkten, dies mit der Floskel "Das wäre doch nicht nötig gewesen" zu entwerten lag ihm nicht. Er ahnte bereits, was es ein könnte, denn sie stand im Grunde in einem Zusammenhang mit seiner Passion. Er freute sich und konnte es kaum abwarten die Laube zu erreichen.

    Lepidus genoß den Spaziergang mit der jungen Phoebe. Er genoß den gepflegten Hortus. Nun wenn du möchtest kannst du dich gerne hier einquartieren, wir haben sicher noch einen Platz für dich. Auf die Regeln angesprochen zuckte er nur die Schultern. Oh, ich denke da wird Antigonos, jener alte Griesgram von vorhin dich explizit instruieren. Er tätschelte ihr beruhigend die Hand auf seinem Arm. Ich denke es geht in Richtung Ruhe, nur angemeldete Besucher, keine Feiern, Beteiligung am Haushalt...da ist wohl in der Vergangenheit einiges schief gelaufen, weiland hatte mein Vater Antigonos mit einem Regelwerk betraut, in welchem die jungen Wilden, darunter auch ich...er schmunzelte ein wenig in der Erinnerung an die Zeiten bevor er zu den Stoikern stieß.

    ...zumindest hier im Haus Anstand und Würde wahren sollten...seither gibt es diese Regeln und ich halte sie ein.

    Er wies auf einen Bereich des Gartens in welchem Beete und eine geschnittene Buschanlage in Form des Familienwappens, des Einhorns den Mittelpunkt des Hortus markierten.

    Lepidus lauschte wieder dem Bericht über die Familienverhältnisse und schüttelte nur seinen Kopf.

    Naja, weißt du,...wer immer glücklich sein will, der muss bereit sein sich stetig zu ändern. Er lächelte sie warm an. Du bist noch jung und wenn es dir nicht gegeben ist Kinder zu gebären so hast du eine andere Aufgabe in dieser Welt. Aber noch ist nicht aller Tage Abend. Genieße dein Leben, irgendwo wartet der Mann der dir die Sterne vom Himmel holt. Und wenn es Iuno so will, dann werden die Dinge ihren Lauf nehmen. Dann nahmen sie ihren Gang wieder auf, stets mit einigen Schritten, außerhalb der Hörweite, gefolgt von Ajax der mit Argusaugen beobachtete ob Lepidus wieder stürzte, was in letzter Zeit häufiger vorkam.




    Lepidus lauschte den Ausführungen, nippte an seinem Würzwein. Lächelnd entgegnete er, Nein, nein, das währe dann doch wirklich sehr dekadent oder grenzenlos verschwenderisch...Die Villa ist ein Refugium der Aemilier, sie,...naja,...sie bietet allen Aemiliern Obdach, Rückzugsort, Heimstatt und ein Stück heile Welt , weißt du?

    Er machte mit seiner rechten Hand dabei eine hinweisende Bewegung. Alleine der Hortus lud schon zum bleiben und verweilen ein. Gelegentlich haben wir auch Gäste, illustre Gäste auf die du im Leben nicht kommen würdest, aber auch Bekannte aus den Provinzen des Imperiums. Wenn du willst, kannst du gerne auch hierlogieren,...wenn du damit niemanden vor den Kopf stößt.

    Dann hob er kurz den Zeigefinger ...aber es gibt Regeln, junge Frau. rezitierte er Antigonos, dem er gerne die Ausführung über dieses, größtenteils von ihm entworfene Regelwerk überließ.

    Es freute ihn, daß es den Eltern gut ging und sah verwundert auf, als sie von Enkelkindern erzählte. Soweit er es noch zusammenbekam hatten die beiden zwei Kinder, Phoebe und einen Jungen, Scato oder Scarus. Wobei der Junge der jüngere der Geschwister war. Wäre es sehr indiskret zu fragen ob die Enkelkinder deinem Leib oder den Lenden deines Bruders entspringen?

    Natürlich war es indiskret, aber so war er nun einmal. er ging den Dingen gerne auf den Grund.

    Er bemerkte ihre Befangenheit und erhob sich langsam. Komm, begleite mich ein Stück, ich soll nicht so lange sitzen, Bewegung tut mir gut. Er warf sich die Decke über die Schultern, bot ihr seinen Unterarm zum einhaken an und sie machten sich auf den Hortus zu durchwandern, dessen verschlungene Wegen eine Länge von fast 2 Meilen vorbrachte.

    Lepidus winkte ab. Er bemerkte die Bestürzung in ihrem Gesicht,...er wußte, daß er im Moment ziemlich desolat aussah. In seinem Alter steckte man eine Reise nach und von Germania hierher nicht mehr so ohne weiteres weg.

    Nein, nein...sie stellt im Gegenteil eine schöne Anekdote dar... er nahm eine der Decken und legte sie sich über die Beine. Lächelnd sah er sie an. Oh, mir geht es im Moment nicht wirklich schlecht,...das jahreszeitlich bedingte Dilemma ...aber genug von mir. Du hast eine Unterkunft in Roma? fragte er ernsthaft besorgt. Es wäre mir eine Freude dir hier bei mir ein nettes Cubicullum zu geben. Ajax kam mit gewärmten Würzwein. Lepidus nickte. Da steckte doch garantiert wieder Antigonos hinter.

    Er nahm sich einen Becher und sog den würzigen Duft ein. Leicht nickend meinte er, ...erzähl mir von deinen Eltern,...wie geht es ihnen? Zuprostend hob er den Becher.

    Lepidus verließ sein Cubicullum über die Terrasse und ging gemessenen Schrittes auf die Laube zu. Er warf einen Blick über die Schulter und grinste sich diebisch freuend Antigonos zu der ihm von Weitem mit der Bürste drohte. Bald trat er der Laube näher und führte vor Überwältigung beide Hände zum Mund. Bei den Göttern,...du bist deiner Mutter aus dem Gesicht geschnitten...wie lange ist das jetzt her? er vermied die üblichen Floskeln von Groß geworden, denn hier stand kein Kind vor ihm.

    Er rang seine Versuchung nieder ihr über den Schopf zu streicheln, wie er es weiland getan hatte wenn sie bei ihm und ihrem Vater für Unruhe zwischen den Schriftrollen suchte.

    Lächelnd meinte er, während er sich hinsetzte und sie bat das gleiche zu tun. Ich habe noch die Abschrift des Arrianus zusammen mit deinen Blumenmalereien und der Sonne die dem Ikarus gerade die Wachsflügel versengt. Er musste lächeln, er hatte dieses seltene Exemplar seinerzeit sehr günstig von ihrem Vater erstanden.