Beiträge von Gaius Aemilius Lepidus

    Lepidus riskierte einen Blick durch die Vorhänge seines Cubicullums, während Antigonos an seiner Tunika herumnestelte.

    Verdammt, Tigono,...hör ´auf an mir ´rumzukratzen! murrte er.

    Wenn du dich nicht immer bekleckern, oder nach dem Essen umkleiden würdest, da du mit zunehmendem Alter...

    Lepidus hob den Zeigefinger. Du bist nicht meine Mutter!

    Was offensichtlich war, und er hatte natürlich nicht unrecht. Als Angehöriger der Oberschicht sollte man schon auf sein Äußeres achten. Antigonos hörte auf mit der Bürste an ihm herum zu fuhrwerken und inspizierte sein Werk. Grimmig nickte er.

    Sie ist viel zu früh von uns gegangen, sonst wärst du nicht so ein hoffnungsloser Fall!

    Lepidus überhörte das, die Frauen in seinem Leben verließen ihn immer viel zu früh, seine Mutter als auch seine geliebte Gemahlin Iulia ließen ihr Leben im Kindbett. Manchmal fragte er sich ob das was sie für ihr Leben gaben das zwingend Bessere war?! Er wischte einen erneuten Versuch Antigonos´ sich über eine Stelle an seiner Tunika herzumachen beiseite und trat schnell durch den Vorhang auf die Laube zu. Die Sonne blendete ihn ein wenig an diesem milden Wintertag. Sichtlich gespannt trat er auf die Laube zu.

    Lepidus ärgerte sich ein wenig. Wieder war einer der älteren Rollen beim Öffnen beschädigt worden. Er würde sie zur Abschrift an den Scriba weitergeben müssen. Die alte Rolle mit den Fragmenten würde man auf ein neues Stück Papyrus kleben und versiegeln. Es war zum Haareraufen, es war anscheinend zu trocken hier in diesem Raum. Doch mehr Feuchtigkeit förderte Schimmelbildung, besonders bei den Rollen aus Tierhaut Natürlich konnte man alles abschreiben lassen aber die Originale ging so zwangsläufig verloren. Man müsste...

    In diesen Gedanken versunken betrat Antigonos den Raum. Wie immer störte er sich an dem Weihrauchgeruch den Lepidus hier durch das verbrennen eines kleinen Klumpen hochteuren Harzes durch den Raum schleichen ließ.

    Salve Dominus,...eine junge Frau hat sich eingefunden, aus Pergamon,...sie sagt ihr Name sei Antonia,...Antonia Phoebe, du findest sie in der Laube vor deinem Cubicullum.

    Lepidus legte die Stirn in Falten, wie immer hatte Antigonos schon eine Situation geschaffen aus der er nicht so einfach herauskam. Doch der Name und die Herkunft ließ ihn aufhorchen.

    Antonia Phoebe?...aus Pergamon...das ist ja eine nette Überraschung.

    Er legte die beschädigte Rolle einstweilen zurück und meinte,

    Die Laube meiner Mutter sagst du?...gehen wir!

    Antigonos verbarg ein Grinsen. Er bat sie mit einer einladenden Geste herein und nickte einem herbeieilenden Jungen zu. Geleite die junge Frau in den Hortus zur Laube...Lepidus hatte in der Vergangenheit oft von einem Antonius in Pergamon gesprochen. Viele seiner Schriften kamen von dort. Daher schloß er, daß die junge Frau mit der ledernen Rolle nicht nur aufgrund ihres Namens mit jenem Antonius in Verbindung stand. Während Ajax die Frau geleitete machte er sich auf den Weg zu Lepidus. Er hatte eine ungefähre Vorstellung wo er ihn finden würde.

    Der junge Ajax führte Antonia Phoebe in jene Laube die vom Cubicullum des Dominus am Besten einzusehen war. Sie war alt aber wunderschön und gepflegt. Feine Marmorsessel mit dicken Kissen und bereitliegenden Decken standen mit Blick auf einen kleinen Teich und einem Wasserspiel. Die Laube war überdacht und zu den Seiten hin offen.

    Ajax bat Antonia Platz zu nehmen und entfernte sich schüchtern und mit hochrotem Kopf, erschrocken über die Gedanken und Bilder die seiner Vorstellung entsprangen.

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    Antigonos, unerschütterlicher Torwächter der Villa Aemilia öffnete die Kleine Klappe um zu sehen wer denn hinter dieser süßen Stimme steckte. Was er sah ließ ihn bedauern zu früh für sie geboren zu sein.

    Er klappte die kleine Öffnung zu, strich seine Tunika glatt und öffnete die Tür.

    Salve Antonia Phoebe aus Pergamon...hast du denn einen Termin? Der Dominus empfängt keine ungeladenen Gäste!

    Er ließ das mal so im Raum stehen, es gab ja durchaus Spielräume, aber er wollte hier keine Begehrlichkeiten wecken.

    Das Triclinum war ein großer heller Raum, der sich unmittelbar dem Atrium anschloss. Um einen niedrigen Tisch standen einige Clinen gruppiert; Schlanke Terrakotta Amphoren und verzierte Kohleschalen dienten zur schlichten Dekoration. Auch hier, wie im ganzen Haus, zog sich der Faden der minimalistischen Geradlinigkeit.

    Letter-Lararium

    Ein marmoner Schrein in welchem den Gottheiten des privaten Bereichs gehuldigt wurden.

    Das waren u. a. genius (zuständig für die Schöpfer- und Zeugungskraft vor allem des Hausherrn)

    und die weibliche Entsprechung iuno (für Geburt, Ehe und Fürsorge).

    Die lares wachten über Haus und Wege,

    die penates z. B. über die Vorräte.

    Der Raum war gut gelüftet und auf seinem Schreibtisch stand ein Becher dampfenden Kräutersuds. Lächelnd nahm Lepidus platz und atmete den würzigen, aufsteigenden Dampf ein. Der Sud war noch zu heiß zum trinken, daher widmete er sich zunächst einmal seiner Post.

    Die üblichen Rechnungen überflog er, nichts aussergewöhnliches dabei. Ablage...Dann der Klatsch und Tratsch .

    Inzwischen war der Sud ein wenig abgekühlt und er setzte sich damit auf die Sitzgruppe mit dem Blick auf den Hortuzs. Wenngleich er momentan nicht ganz so bunt und voller Leben war so spendete er ihm Ruhe und Frieden. Ein Schluck des Suds ließ seine Augenbrauen hochwandern. Es gab wieder Honig,...schön.

    Ach, sieh an,... murmelte er als er die Liste mit wichtigen Ereignissen las. Decimus Serapio hat geheiratet,...Quintilia Valentina,...es hieß sie sei ihrer Mutter wie aus dem Gesicht geschnitten.

    Er nickte. Wünschte dem jungen Paar alles Gute und viele friedliche Jahre. Dann Berichte über die ausufernden Bandentätigkeiten. Kopfschüttelnd fragte er sich warum der PU die Nester nicht ausräucherte? Man wußte doch wo sie sich befanden.

    Nero schlug ein wenig ungehalten gegen das Holztor. Kurz darauf wurde die kleine Klappe geöffnet und eine brüchige Stimme fragte nach dem Begehr. Lepidus musste in seiner Sänfte trotz der wochenlangen Reise schmunzeln. Antigonos lebte also immer noch. Jede Dekade erhielt er seine Freilassung die er jedesmal energisch abwies. Lepidus´Vater hatte den blutjungen Antigonos seinerzeit gekauft weil er hübsch war und ein herzliches Wesen hatte. Ideal als Haussklave für seine Mutter. Die beiden verbrachten oft Stunden im Hortus.

    Ein Zug der Wehmut überflog Lepidus´Gesicht als Nero den alten Antigonos aufzog. Jeder mochte Antigonos, auch wenn er inzwischen ein wenig vergrämt und buckelig war.


    Die Klappe wurde geschlossen und alle sahen sich aufatmend an. Es war geschafft. Sie waren wieder zu Hause.

    Nero half Lepidus aus der Mietsänfte und kümmerte sich um die Auflösung der Reisegesellschaft. Lepidus betrat durch die inzwischen geöffnete Türe die Villa.

    Willkommen daheim junger Domius! brummte Antigonos mit seinem stimmigem Bass. Danke alter Freund! Es wurde auch Zeit! entgegnete Lepidus und legte dem Alten liebevoll die Hand auf die Schulter.Die Haussklaven eilten herbei, begrüßten ihren Dominus und bargen die Mitbringsel, die wieder einmal reichlich waren.

    Seine persönliche Leibsklavin Maria trat auf Lepidus zu, verbeugte sich leicht und meinte mit ihrer wunderbar melodischen Stimme. Willkommen zu Hause Dominus, das Bad ist bereit.

    Lepidus nickte dankbar. Danke Maria, bring´mir bitte noch einen Becher von deinem Kräutersud,...ich habe mir in Germania irgendetwas geholt...nicht nur seine Knochenschmerzen und die übliche Erkältung.

    Eine parkähnliche ummauerte Anlage die jenen der neureichen Familien nicht nachstand.

    Jahreszeitlich blühende Sträucher und Bäume, Blumenbeete, gepflasterte Wege, Wasserspiele

    und Lauben laden zum spazieren und verweilen ein.

    Lepidus nuckelte an seinem Würzwein. Nepos hatte ja Recht. Allerdings war er hier auch in der Zwickmühle. Er musste dem Kaiser den Sohn erhalten den dieser offenkundig nicht mochte und welcher fortwährend in Opposition zu seinem Vater stand. Er hatte es schon nicht leicht der gute Nepos.

    Aber scheinbar hatte sein diabolischer Genius bereits eine Lösung parat. So glaubte Lepidus aus dem Gebaren des Bruders zu erkennen.

    Was immer du da auch ausheckst Bruder, denkst du an das Quartier für die Reiter ? Ich bin nicht gerne Botenjunge und weiß Gott kein Quartiermeister, aber ich möchte den Auftrag als erfüllt sehen!? Wobei das im Grunde egal war, er wollte ohnehin seinen alten Freund Terentius besuchen. Es war fast sicher, daß Nepos sich bereits in anderen Sphären aufhielt und solche Nichtigkeiten auch als solche schlicht übersah.


    Lepidus, noch immer amüsiert von der quickigen Stimme seines Bruders, ersparte sich eine herzliche Begrüßung. Nett hast du es hier,...so heimelig... meinte er frotzelnd. Das Verhältnis zu seinem älteren Bruder war nicht konfliktfrei. Als Ältester Sohn oblag es Nepos den gestrengen Ansprüchen des Vaters zu entsprechen, doch er war zu unstet, zu wankelmütig. Es gelang ihm zwar den Cursus honorum mit einigem Erfolg zu beschreiten, jedoch war nicht alles glanzvoll und frei von Makeln. Der Vater verstarb verbittert an seinen Söhnen, welche ihn allesamt enttäuscht hatten.

    Lepidus war dies freilich egal, als Nesthäkchen hatte er andere Privilegien. Das Vermögen der Aemilier reichte aus um Generationen damit äußerst umfangreich zu versorgen. Nepos jedoch hatte einen tragischen Hang zur Tragödie. Liebschaften, Spielsucht und Völlerei verschlangen sein Salär zusehens schneller und er musste auf seine privaten Rücklagen zugreifen. Dies machte ihn verdrießlich und launisch. Eigenschaften die den Stoiker Lepidus nahezu abstießen. Hätte ihn Bala nicht gebeten diesen Brief persönlich beim Legatus auszuliefern, wäre er wohl freiwillig nie wieder mit dem inzwischen leicht aufgeschwemmten Nepos zusammen gekommen. Der Brief, er überreichte ihn im Schein des flackernden Feuers seinem Bruder, der wie immer wenn es ihn überforderte an den Nägeln kaute.

    Hier, für dich persönlich. Wie unspektakulär die Übergabe doch im Vergleich zur Reise hierher war.



    IN NOMINE IMPERII ROMANI

    ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI


    Salve Aulus Aemilius Nepos,


    ich gedenke auf einer Inspektionsreise den Limes

    betreffend auch in Mogontiacum Station zu machen.

    Die Ankunft ist reiseabhängig, jedoch rechnen

    wir mit dem

    NON DEC DCCCLXX A.U.C. (5.12.2020/117 n.Chr.)

    in Mogontiacum einzutreffen.

    Bereite für 20 Personen

    entsprechend angemessene Unterkünfte vor.

    Der Aufenthalt ist wetterabhängig und kann,

    sollten es die Angelegenheiten erfordern,

    bis zum Frühjahr dauern.


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    Lepidus setzte sich wieder vor das Feuer und nippte an seinem Würzwein während sein Bruder das Siegel brach und näher an das Feuer herantrat um den Brief zu lesen. Nach der Lektüre reichte er ihn leichenblass seinem Bruder, welcher ihn ebenfalls las. Hiernach rollte er ihn wieder zusammen und warf ihn, wie von Bala gefordert in die Flammen des Kamins, was sein Bruder mit einer Schnappatmung wahrnahm.

    Nur die Ruhe, wenn dieses Schreiben offiziell wäre dann würde es wohl kaum derart übergeben werden. Ich denke Bala reist incognito um kein Aufsehen zu erregen. Das ganze Tamtam mit einem Staatsbesuch ist also hinfällig, ebenso die Sicherheitsmaßnahmen. Ich soll bei den Auxiliaren,...dieser Ala Numidiae für das Quartier der Reiter sorgen. Er lächelte amüsiert, war dies doch ganz und gar nicht die Aufgabe für einen Mann seines Standes. Doch der Praefectus der Ala, Terentius Nero war ein Freund aus Jugendtagen und so galt es die Pflicht mit dem angenehmen eines freudigen Wiedersehens zu verbinden. Nero war seinerzeit Trauzeuge bei seiner Hochzeit gewesen. Ein Skandal! Er war ritterlichen Standes und somit unwürdig in einer solchen Angelegenheit zu agieren. Oja, im Grunde war auch sein Verhältnis zu seinem Vater etwas schwierig gewesen. Nero wurde kurz darauf als Tribunus zur Legio IX nach Britannien versetzt. Sicherlich ein bloßer Zufall.

    Da stand er nun in Germania, einer dieser Provinzen die er wohl niemals freiwillig besucht hätte, aber es war Bala´s Wunsch gewesen und es schloß sich mit dem Wiedersehen mit Nero ein Kreis, der dem Stoiker Lepidus durchaus zusagte.