Lepidus, noch immer amüsiert von der quickigen Stimme seines Bruders, ersparte sich eine herzliche Begrüßung. Nett hast du es hier,...so heimelig... meinte er frotzelnd. Das Verhältnis zu seinem älteren Bruder war nicht konfliktfrei. Als Ältester Sohn oblag es Nepos den gestrengen Ansprüchen des Vaters zu entsprechen, doch er war zu unstet, zu wankelmütig. Es gelang ihm zwar den Cursus honorum mit einigem Erfolg zu beschreiten, jedoch war nicht alles glanzvoll und frei von Makeln. Der Vater verstarb verbittert an seinen Söhnen, welche ihn allesamt enttäuscht hatten.
Lepidus war dies freilich egal, als Nesthäkchen hatte er andere Privilegien. Das Vermögen der Aemilier reichte aus um Generationen damit äußerst umfangreich zu versorgen. Nepos jedoch hatte einen tragischen Hang zur Tragödie. Liebschaften, Spielsucht und Völlerei verschlangen sein Salär zusehens schneller und er musste auf seine privaten Rücklagen zugreifen. Dies machte ihn verdrießlich und launisch. Eigenschaften die den Stoiker Lepidus nahezu abstießen. Hätte ihn Bala nicht gebeten diesen Brief persönlich beim Legatus auszuliefern, wäre er wohl freiwillig nie wieder mit dem inzwischen leicht aufgeschwemmten Nepos zusammen gekommen. Der Brief, er überreichte ihn im Schein des flackernden Feuers seinem Bruder, der wie immer wenn es ihn überforderte an den Nägeln kaute.
Hier, für dich persönlich. Wie unspektakulär die Übergabe doch im Vergleich zur Reise hierher war.
IN NOMINE IMPERII ROMANI
ET IMPERATORIS CAESARIS AUGUSTI
Salve Aulus Aemilius Nepos,
ich gedenke auf einer Inspektionsreise den Limes
betreffend auch in Mogontiacum Station zu machen.
Die Ankunft ist reiseabhängig, jedoch rechnen
wir mit dem
NON DEC DCCCLXX A.U.C. (5.12.2020/117 n.Chr.)
in Mogontiacum einzutreffen.
Bereite für 20 Personen
entsprechend angemessene Unterkünfte vor.
Der Aufenthalt ist wetterabhängig und kann,
sollten es die Angelegenheiten erfordern,
bis zum Frühjahr dauern.
Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.
Lepidus setzte sich wieder vor das Feuer und nippte an seinem Würzwein während sein Bruder das Siegel brach und näher an das Feuer herantrat um den Brief zu lesen. Nach der Lektüre reichte er ihn leichenblass seinem Bruder, welcher ihn ebenfalls las. Hiernach rollte er ihn wieder zusammen und warf ihn, wie von Bala gefordert in die Flammen des Kamins, was sein Bruder mit einer Schnappatmung wahrnahm.
Nur die Ruhe, wenn dieses Schreiben offiziell wäre dann würde es wohl kaum derart übergeben werden. Ich denke Bala reist incognito um kein Aufsehen zu erregen. Das ganze Tamtam mit einem Staatsbesuch ist also hinfällig, ebenso die Sicherheitsmaßnahmen. Ich soll bei den Auxiliaren,...dieser Ala Numidiae für das Quartier der Reiter sorgen. Er lächelte amüsiert, war dies doch ganz und gar nicht die Aufgabe für einen Mann seines Standes. Doch der Praefectus der Ala, Terentius Nero war ein Freund aus Jugendtagen und so galt es die Pflicht mit dem angenehmen eines freudigen Wiedersehens zu verbinden. Nero war seinerzeit Trauzeuge bei seiner Hochzeit gewesen. Ein Skandal! Er war ritterlichen Standes und somit unwürdig in einer solchen Angelegenheit zu agieren. Oja, im Grunde war auch sein Verhältnis zu seinem Vater etwas schwierig gewesen. Nero wurde kurz darauf als Tribunus zur Legio IX nach Britannien versetzt. Sicherlich ein bloßer Zufall.
Da stand er nun in Germania, einer dieser Provinzen die er wohl niemals freiwillig besucht hätte, aber es war Bala´s Wunsch gewesen und es schloß sich mit dem Wiedersehen mit Nero ein Kreis, der dem Stoiker Lepidus durchaus zusagte.