Beiträge von Gaius Aemilius Lepidus

    Lepidus löste den Druck auf den Unterarm und wies Menecrates einen der bequemen Sessel zu.

    Nun mein Freund, von Verlusten in unserem Leben können wir beide wahrlich tagelang erzählen...so ist das nun einmal, wenn man alt wird und die Zeit uns unsere Liebsten entreisst. Doch bleibt uns der Trost unserer Vorstellung. Ich glaube, dass wenn der Tod unsere Augen schließt, wir in einem Lichte stehen, von welchem unser Sonnenlicht nur ein Schatten ist!

    Er lächelte, ein wenig gequält, aber ehrlich.

    Je schöner und voller die Erinnerung, desto schwerer ist die Trennung. Aber die Dankbarkeit verwandelt die Qual der Erinnerung in eine stille Freude.

    Ein Sklave huschte herbei und klopfte noch kurz die Kissen aus. Lepidus schüttelte leicht den Kopf. Die Kissen waren perfekt, sicherlich sogar gelüftet und geglättet. Er ließ sich langsam in den Sessel sinken und vernichtete die Absicht des Sklaven ihm dabei zu helfen mit einem kurzen Blick. Die Kunde, daß Lepidus wieder unter starken Schmerzen litt war allen Sklaven bekannt. Sie taten wirklich alles um ihm das Leben zu erleichtern, ob er nun wollte oder nicht.

    Kurz darauf betrachtete er die junge Frau an Menecrates Seite. Eine Tiberia, sieh an. Er nickte ihr freundlich zu und meinte, Willkommen in der Villa Aemilia, Tiberia Stella.

    Dann wandte er sich wieder Menecrates zu, die Bemerkung sie eventuell für eine Mätresse zu halten überging er. Menecrates war alles aber kein Schwerenöter. Er stand zu sehr in der Öffentlichkeit um sich dem Gespött des Pöbels auszusetzen. Ausserdem war sie wirklich zu jung.

    Verschollen sagst du, ...in Germania?...nun ein vortrefflicher Ort um uns unsere Besten zu entreissen.

    Ein Sklave reichte Vinum oder frisch gepresste Säfte. Lepidus nahm einen der Säfte, ein wahrer Jungbrunnen für ihn. Sehr belebend.

    Zeit lieber Menecrates,...Zeit ist relativ. Ich hoffe nur ich habe ein Lücke hinterlassen die sich für dich nicht unvorteilhaft erwiesen hat, doch wie ich sehe und höre ist der Menecrates meiner Vergangenheit auch ohne mich zu einem der Standpfeiler der Urbs aeterna gereift,...und das im wahrsten Wortsinn.

    Lächelnd hob er den Pokal und nahm einen Schluck.

    Lepidus, einigermaßen herausgeputzt und relativ entspannt, betritt das Atrium. Sein Blick fiel auf Menec und sein Herz wurde warm. Es freute ihn ungemein, daß sein alter Freund die Zeit gefunden hatte seine Kondolenz zu überbringen.

    Menec war ein vielbeschäftigter Mann, Senator, Praefectus Urbi, und was sonst noch alles. Lepidus lehnte sich unaristrokratisch an eine Säule und betrachtete eine Weile die Szenerie.

    Menec schien angespannt, die ihm fremde junge Frau aufgekratzt. Faustina ...bei Pluto...wo war Iulia, hoffentlich hatte sie jemand angepflockt. Ihr Hang eine friedliche Weide in ein Chaos aus Panik, Unglück und Hektik zu verwandeln war unbestritten, wenngleich sie das Angerichtete stets weglachte oder schlicht ignorierte.

    Lepidus mochte sie trotzdem, sie war ein Ebenbild ihrer Großmutter, seiner verstorbenen Frau. Deshalb sah ihr Lepidus manche zerbrochene Vase, Skulptur und selbstgemalte Wandgemälde nach.

    Was er nicht akzeptierte war eine Störung seiner wenigen sozialen Kontakte.

    Er hoffte Faustina würde den Satansbraten irgendwie sedieren oder anbinden. Vielleicht hatte sie sie auch irgendwo beschäftigt zum Leidwesen des oder der Sklaven die sie bändigen mussten.

    Lepidus schüttelte den Kopf, lächelte und trat auf die Besucher zu und legte seinem alten Freund die rechte Hand auf den Unterarm. Claudius Menecrates, welch Glanz in meiner Hütte und wäre das nicht genug hast du noch einen Sonnenstrahl mitgebracht,...nun, wer ist denn die reizende junge Frau an deiner Seite? Sie kam ihm persönlich nicht bekommt vor aber irgendetwas an ihrem Habitus, ihrer Haltung,...irgendetwas kam ihm bekannt vor.

    Es war ein kühler Vormittag. Die Sonne hatte es noch nicht geschafft den Tau von den Blüten zu verdrängen. Lepidus streifte durch den Hortus, langsam, bedächtig. Es war in seinem Alter nicht sehr klug tagelang auf der Cline zu liegen. Doch war dazu Anlass genug. Der Tod Bassus´ hatte ihn sehr getroffen.

    Der Tod, so rief er sich bald zur Ordnung, gehörte zum Leben dazu, so wie die Geburt, sie sind der sich schließende Kreis...und in der Mitte wabert, wuchert und sprießt das Chaos über dem verschlungenem Pfad den einjeder von uns gehen wird. Diesen Pfad zu finden und mit Konsequenz zu gehen könnte der Sinn des Lebens sein.

    Er blieb stehen und betrachtete ein paar Blüten die bereits im warmen Strahl der Sonne standen. Ihr Duft drang bis zu ihm und er schmunzelte. War es dieser Duft, der die Bienen anlockte um sie zu bestäuben und ihr und weiteres Leben zu sichern.

    Unter einem Busch lag ein Ball,...Lepidus´Gedanken sortierten sich. Daß Faustina einen kleinen Bastard in die Gens gebracht hatte wäre unter seinem Vater ein handfester Skandal gewesen.

    Überhaupt war sein Vater ein ganz anderes Kaliber, weshalb Lepidus sich auch so bemühte gänzlich anders zu werden. Das vereinte ihn mit Bassus.

    Der Sohn seines Bruders war so gänzlich anders als Nepos, daß es eine Wohltat war.

    Doch war an ihm nichts bemühtes, nichts aufsässiges. Bassus gelang es allein durch sein freundliches Wesen die Herzen zu gewinnen. Sein Erscheinen, sein Äußeres taten ihr übriges. Es schien als hätten die Götter selbst ihre positive Kreativität an ihm gelassen.

    Lepidus hielt inne und versuchte seine Trauer nieder zu ringen, doch es gelang ihm nicht. Er blickte nach oben und zürnte den Göttern, die Bassus, den sie wohl liebten zu sich geholt hatten. Tränen liefen ihm über das Gesicht, Tränen die er nicht mehr geweint hatte seit er seine geliebte Iulia verloren hatte.

    Das Balneum war eine Wohltat. Lepidus war fast gerührt wie er von den Mitgliedern seines Haushalts umsorgt wurde. Nachdem er also gebadet, enthaart und massiert war half man ihm in eine saubere Tunica und es bedurfte mehrerer Aufforderungen ihn selbstständig in den Hortus gehen zu lassen. Er bat Antigonos nach Pius zu rufen und ihn zu ihm zu schicken.

    Lepidus blieb auf dem Weg zum Hortus oft stehen, drückte sein Kreutz durch und fragte sich wie das alles weitergehen sollte. Natürlich bemerkte er auf seinem Weg, daß ihm zwei Schatten folgten. Er musste lächeln, sollte er fallen dann wäre Hilfe da.

    Lepidus atmete gehörig aus als Faustina mit Elan seine gute Stube verließ. Die Frage woher die kleine Iulia ihre offensichtlichen Wesenszüge hatte stellten sich ihm nicht. Faustina war in Iulias Alter ein ähnlicher Wirbelwind gewesen. Er berührte mit der Hand die Stelle an seiner Wange, welche mit einem Kuss beehrt worden war. Er musste zugeben, daß es schön war und ihm die körperliche Nähe seit dem Tod seiner Frau wenig bedeutet hatte. Doch Faustinas Kuß tat ihm wohl.

    Er versank in Gedanken und wurde irgendwann Antigonos gewahr, der ihn ansah als habe er ihn bereits mehrmals ohne Erfolg angesprochen. Lepidus hob die Augenbrauen und das Kinn.

    Na was...? Komm du alter Brummbär, ich denke der Trauer ist Genüge getan...machen wir den alten Lepidus wieder gesellschaftsfähig!

    Dann hakte er sich bei seinem milde lächelnden Freund ein und sie gingen langsam in Richtung Balneum um den Worten Taten folgen zu lassen.

    Lepidus fuhr sich durch´s Haar. Müsste mal wieder geschert werden...dachte er bei sich. Wir holen Bassus heim, damit er hier seine Ruhe findet...Eine Träne fand ihren Weg. Selbst nach nun fast einer Woche ging ihm der Verlust sehr nahe. Bassus war der Sohn für ihn, der Nero hätte sein sollen. Neben Marcus war er ein Garant für den Erhalt dieser Familie.

    Traurig lächelnd sah er Faustina an. Sie war immer schon sehr eigenwillig und freidenkerisch gewesen. Wen wundert es da, daß sie nun in dieser "Situation" war. Doch Lepidus hatte seinen Frieden damit gefunden. Wem sollte er die Schuld geben? Faustina, die einen Moment schwach geworden war? Marcus wurde auf jeder Reise schwach...bei den Göttern. Der kleinen Iulia, die einem Wirbelwind gleich durchs Haus tobte und ein Abbild ihrer Mutter war?

    Lepidus erhob sich vorsichtig, ...ein wenig keuchend, ob des Ziehens in seinem Rücken. Er trat an da die Terrassentüre und sah hinaus in den Hortus.

    Eine Cena...er rang kurz mit seinem inneren Schweinehund, der ihm zuflüsterte sie solle ihn doch in Ruhe lassen.

    ...nun,...das ist eine gute Idee. Auf diese Weise können wir Marcus hoffentlich entspannt auf seine Missio schicken...was angesichts Drusilla´s Anwesenheit unwahrscheinlich erschien. Drusilla war schon als Kind eine Augenweide,...wenn sie auch nur einen kleinen Teil ihrer Mutter geerbt hatte, würde Marcus wahrscheinlich...ach was...Er wandte sich wieder Faustina zu.

    Drusilla,...? Nun, dann lass doch bitte Antigonos zu mir kommen,...ich denke so kann ich ihr wohl kaum unter die Augen treten.

    Seine Zeit der Trauer begab sich in einen neuen Abschnitt...genug ist besser als zuviel.

    Lepidus lag auf einer Cline und starrte stumpf in den Hortus. Neben ihm unzählige Rollen längst vergangener Autoren. Er hatte versucht Trost in den Erfahrungen der Altvorderen zu suchen. Doch nichts linderte die Trauer, nichts füllte das tiefe Loch. Das Leben raubte ihm die Kraft, den Antrieb.

    Müde hob er den Kopf, sah vorbei an dem unberührten Teller, den Antigonos ihm seit Tagen brachte und unverrichteter Dinge wieder mitnahm.

    Tiefe Schatten lagen unter seinen Augen, die Haut blass und fahl, ein eisgrauer Bart rahmte das eingefallene Gesicht.

    Mit krächzender Stimme raunte er, ...besser nicht mein Kind,...ich bin nicht wohl. Mühsam erhob er sich, bemüht bei der Bewegung keinen Einschlag in sein Kreutz zu riskieren. Er ließ den Kopf hängen und saß auf der Cline. Sein Blick fiel auf seine nackten Füße. Ach was soll´s, dachte er bei sich.

    Na, komm rein,... mühsam stand er auf und ging an den Beistelltisch. Er hatte Durst und goß sich ein wenig Wasser in den Pokal. Geisterhaft lächelnd sah er seine Tochter an.

    Antigonos´ Nachricht riss ihm fast den Boden unter den Füssen weg. Mit großen Augen sah er Antigonos an, nickte wie aus der Anderwelt und starrte eine Weile vor sich hin. Bassus war tot, eine Perle ihres Geschlechts.

    Vor seinem geistigen Auge sah er ihn noch vor sich. Aufgeregt über seine neue Aufgabe. Er sah den kleinen Bassus mit dunkler Wuschelmähne und schelmischen Lächeln. Alle Frauen des Haushalts mochten ihn und prophezeiten ihm einen sehr erfolgreichen Umgang mit Frauen. Beruhige dich Faustina,...Pius,...könntest du? Doch es war unnötig seinen Sohn um irgendetwas zu bitten. Er trug seinen Namen nicht umsonst. Lepidus erhob sich schwer und verließ langsam die Bibliothek. Draußen wartete Antigonos, nahm ihn am Arm und führte ihn unter stillen Tränen zu seinem Cubicullum.

    Lepidus nickte zustimmend. Oh, ja Pius,...ich muss zugeben, aus diesem Grund habe ich mich aus der Öffentlichkeit zurück gezogen. Doch das war nicht immer so. In glücklicheren Zeiten waren immer Anlässe um das Haus mit Freunden, Klienten aber auch den unvermeidlichen Persönlichkeiten zu füllen. Es waren auch die wenigen Anlässe in denen er mit seiner Iulia stritt.

    Vorher und nachher. Ein wehmütiger Zug lag auf seinem Gesicht als er nach dem Becher griff. Konnte er es bereuen? Nein, es waren die Umstände die sie streiten ließen...Iulia konnte ein ausgesprochener Sturkopf sein. Der Vinum war gut. Lächelnd sah er Antigonos an der in die Bibliothek gekommen war, doch sein Lächeln verblasste als er Antigonos´ Gesicht sah.

    Es musste etwas geschehen sein...

    Lepidus fasste sich langsam an die Stirn. Er hatte die Hochzeit vergessen. Nun waren die Aemilier nicht unbedingt die höchste und erste Adresse in Roma, aber Lepidus war sicher, man würde sich das Maul zerreissen weil sie die Hochzeit, na was? Gemieden? Vermieden hatten? Er atmete tief aus.

    Jaaa, Florus,...ach... danke Faustina,...sehr umsichtig von dir. Er zuckte mit den Schultern und sah seine beiden Sprößlinge ein wenig zerknirscht an. Hatte Antigonos ihm nicht noch davon berichtet?...mehrmals?

    Aber, ... er sah Faustina mit einer hochgezogenen Augenbraue an. ...unser Vorgehen sollte hieb und stichfest, ohne Fehl und Tadel sein. Da war es schon die richtige Entscheidung sich einer gemischten Gesellschaft zu entziehen,...wer weiß was zu später Stunde noch alles passiert ist,...nachdem das Brautpaar sich zurück gezogen hat?

    Es wäre nicht die erste Feier die in einer Orgie endet, was er sich bei Florus zwar nicht vorstellen konnte, aber man konnte den Menschen immer nur vor dem Kopf sehen.

    Du weißt doch,…zwinkerte Lepidus Menecrates zu,… lupus est homo homini, non homo, quom qualis sit non novit. Letzendlich sind wir doch alle Kreaturen die nur eines wollen,…sicher leben.

    Dazu zählt natürlich auch die Haltung. Einen Wolf artgerecht zu halten bedarf schon eines gewissen Aufwandes. Immerhin durchstreift ein Wolf täglich ein riesiges Revier, legt dutzende Meilen zurück. Der gute Ulf konnte sich schwerlich beklagen, war doch sein claudisches Revier mehr als ausreichend groß. Allein langweilig schien es ihm zu sein,…so allein. Da suchte er halt Kontakt. Alles halb so wild.


    Auf seine Leidenschaften angesprochen entgegnete er mit einem spitzbübischen Lächeln.

    Oh,…meine Kindheit endete mit 7,…ich geriet in die Fänge meiner Lehrer und Ausbilder. Noch heute denke ich daran wie schlimm und grausam es war. Das Lernen fiel mir leicht, Nepos eher nicht. Wir durften jedoch erst unserer eigenen Wege gehen wenn wir beide es verstanden oder abgeschlossen hatten.


    Nepos war der Ältere, zwar nur etwa ein Jahr älter, aber er bestand auf die Führungsrolle.

    Ich erinnere mich, daß Nepos früh zum Sadismus neigte um seine Unzulänglichkeiten beim Lernen auszugleichen.

    Lepidus hielt kurz an und warf einen verklärten Blick durch den Garten.

    Ja,… meinte er …mein Bruder war ein wahres Rectum.

    Wieso war? Es war immer noch eine eigentümliche Kälte zwischen ihnen. Nepos hatte es Lepidus nie verziehen, daß er ihn an den Vater verpetzt hatte. Was nur natürlich war, denn Lepidus schritt bei einer Vergewaltigung eines Sklavenjungen durch Nepos und seinen abartigen Freund ein und meldete dies seinem Vater. In der Konsequenz und wohl auch aus Sorge um Repressalien seines ungestümen Ältesten, zog Lepidus mit seiner Mutter in den Sommersitz nach Aenaria. Nepos verblieb unter seiner Knute im Stammsitz der Familie und man sah sich nur noch zu familiären Anlässen. Wie etwa Nepos´Eskapaden, oder der Eintragung in die Bürgerrolle.


    Kurz nachdem ich mich in die Bürgerrolle eingetragen hatte begann meine rebellische, ja,…leidenschaftliche Phase. Sie galt vor allem der Geschwindigkeit. Pferden, Wagen, aber auch Laufdisziplinen. Das war wohl auch die Zeit in der wir uns trafen…doch im Gegensatz zu dir haben sich meine Leidenschaften vom Pferd abgewandt. Ich habe die Leiden der Kreatur erkannt unter denen sie dem Menschen dient.


    Ein fast schon trauriger Zug spielte sich in seine Miene. Er dachte an die Pferde die unter ihm zusammenbrachen und starben, weil er es übertrieben hatte, seine Ziele ehrgeiziger waren als die Fähigkeiten des Pferdes. Er dachte an die Pferde die ihn in die Schlacht trugen und dort fielen. Wehmut überkam sein Herz bei dem Gedanken.


    Naja,…durch Zufall kam ich an einige Papyrusrollen die das Interesse meines Vaters erregten. So wurden wir ziemlich spät noch zu naja, sagen wir einmal Interessenkumpanen…der steife Knochen hatte Null Leidenschaft in sich, ich frage mich manchmal ob ich seinen Lenden entstamme?!


    Er knuffte Menecrates ein wenig in die Seite. Denn was das anging, so war er wesentlich leidenschaftlicher, was seine drei Kinder und vor allem seine Bastarde bezeugten. Insgesamt hatte er an die 14 davon, welche mit großzügigen Donationen zu vollwertigen Römern heranwuchsen, wenngleich er sie nicht anerkannt hatte, wie denn auch? Keine der Geburten erlebte er mit um danach sein Kind auf den Arm zu nehmen. Soviel er wusste waren bereits 8 von ihnen tot, entweder bei den Legionen gefallen oder im Kindbett gestorben. Trotz alldem hatte er nach dem Tod von Iulia keine seiner Liebschaften kontaktiert…und auch während ihrer Ehe, die immerhin 10 Jahre dauerte irgendwelche Seitensprünge gemacht.

    Iulia war die Liebe seines Lebens, so wie es jetzt die Schriften längst vergangener Menschen waren.


    ...und jetzt? Jetzt bin ich genauso ein alter Knochen wie mein Vater,...wer hätte das gedacht?


    Lepidus betrat die Bibliothek. Er sah seine beiden Kinder in einer fröhlichen Unterhaltung. Diese Sorte Männer ist selten, mein Kind,...man sagt Männer sind adäquat zu einem locus fide...entweder besetzt oder... Wie beiläufig zuckte er mit den Schultern. Desweiteren hast du auch noch eine kleine Hypothek mit unserer Iulia,...welche wir bestenfalls als Pius´Tochter aus den fernen Provinzen ausgeben könnten, pro forma natürlich, sollte es tatsächlich gelingen dir ein solches Unikum an Ehemann zuzuführen. Er setzte sich umständlich auf seinen Sessel und musterte seine beiden Sprößlinge....ich meine wo wir doch schon einmal dabei sind und eine Runde wünsch´dir was spielen.

    Er lehnte sich zurück und sah Faustina direkt an. Er sah ihre Zukunft eher weniger blumig,...etwa an der Seite eines älteren, aber noch potenten Mitglieds des Adels. Einem dem es egal war ob sie noch jungfräulich oder erstgebärend war. Natürlich hoffte er auch auf den charismatischen, jungen Recken, der sich trotz der Unvollkommenheit unsterblich in Faustina verliebte und alles in Bewegung setzte um sie zu gewinnen. Aber hey,...vielleicht waren die goldenen Ferse nicht auf Ziegenhaut sondern in Stein geritzt...wer konnte das schon sagen?

    Lepidus blickte seine Tochter an und lächelte ihr warm zu. Er hatte ihr ihren Exkurs längst vergeben, so wie er ihr immer alles vergeben hatte. Er war Pragmatiker und Lösungsorientiert. Der kleine Faux pas an ihrer Hand musste nahlos in ihre Gens überführt werden.

    Wenngleich die Aemilier nicht mehr so glanzvoll und führend in der Gesellschaft Roma´s standen, so war es doch notwendig sich und die kleinen Iulia vor den Schandmäulern der Stadt und ihren effektheischerischen, sensationslüsternen erdachten Wahrheiten zu schützen.

    Er goutierte die Information, daß Iulia Griechisch lernte mit einem Nicken und entgegnete,

    Gut,gut,...äh, nein, ich muß noch zu Menec, und habe einen straffen Tagesplan...wir sehen uns zur Cena...und dann... er sah die kleinen Iulia an die sich unter seinem Blick eher wieder an die Hand ihrer Mutter kuschelte als ihr zu entrinnen ...erzählt mir die kleine Iulia auf Griechisch etwas über Himmel Mond und Sterne...und dann... nickte er ihr verschwörerisch lächelnd zu, ...erzähle ich dir etwas über unser Wappentier, ...dem Einhorn... quid quo pro...kleine Iulia.

    Mit einem kurzen Nicken entließ er die Schar aus seinem Cubiculum...inzwischen begann sich das erste Zeitfenster seiner Tages langsam zu schließen.

    Lepidus schüttelte lächelnd den Kopf, inzwischen war Antigonos in den Raum gekommen um ihn in den Tag zu helfen.

    Nachdem er in eine neue Tunica geschlüpft war stieg er in seine Hausschuhe und meinte zu der kleinen Iulia,

    Quid quo pro, kleine Iulia,...das bedeutet, daß wenn jemand etwas leistet er das Recht auf eine gleichwertige Gegenleistung hat.

    Er warf seine Stirn in Falten und rieb sich das Kinn.

    Eine Geschichte deines Großvaters ist doch sicherlich mehr wert, als auf einem Bein zu hüpfen?!

    Lepidus tätschelte ihre volle Wange und meinte,

    ...ich denke du gehst jetzt einmal zu deiner Mutter und läßt dir erklären wie sich eine kleine Aemilia zu benehmen hat...wir sehen uns dann heute Nachmittag...Er nickte der Kleinen zu und machte sich auf um sich seinem Tagewerk zu widmen.

    Lepidus schob den kleinen heulende Quälgeist ein wenig aus dem Weg um vorsichtig und langsam seine Beine aus den Bett und seine Füsse auf den Boden zu bringen. Ein jedes Morgen enervierendes Prozedere. Diesmal ungewohnt unter den tränenverquollenen Augen eines kleinen Mädchens mit der frappierenden Ähnlichkeit der kleinen Faustina.

    Er nahm die Puppe entgegen und sah sie kritisch an. Er sah den Hoffnungsschimmer in Iulias Gesicht entschied sich jedoch mit der Erziehung der Kleinen zu beginnen. Man mußte die Weiden früh biegen, solange sie noch weich und dehnbar sind...also jetzt.

    Er reichte die Puppe zurück und fragte, Iulia,...ich bin ein Mann, ...ein alter Mann,...ich bin nicht der Richtige um mit dir zu spielen. Bevor sie wieder mit ihrem Sirenengeheul anfangen konnte meinte er...Alte Männer spielen nicht mit Puppen,...sie erzählen Geschichten...aber erst wenn du etwas neues gelernt hast,...quid quo pro...Iulia,...verstehst du was ich meine?

    Sein Blick war nicht mehr finster, und mit einem Lächeln wische er ihre tränennasse Wange trocken.

    Lepidus war durch das leise Knarren der Türe aus seinem üblicherweise leichten Schlaf geweckt worden. Er hörte nackte Füße auf dem Boden patschen...der kleine Quälgeist, der es sich zur Aufgabe gemacht hatte das Haus auf den Kopf zu stellen, mit ihrem ungestümen Aktionismus alle in der Villa entweder zum Lachen zu bringen oder in den Wahnsinn zu treiben.

    Lepidus entschloss sich toter Mann zu spielen,...sollte sie auch nur einen Funken Respekt vor ihm haben, würde sie...

    Klatschend landete etwas in seinem Gesicht, weniger schmerzhaft als aufschreckend.

    Dazu ein infernalischer Schrei...Lepidus fuhr hoch, was sein Rücken sofort schmerzhaft quittierte.

    Mit einem scheinbar tiefbösem Blick sah er auf das kleine Monster hinab.

    Erkläre mir was du hier in meinem Raum zu suchen hast? Warum du mich schlägst und vor allem warum du mir ins Ohr schreist? Hast du denn keine Manieren,...kleine Iulia?


    Lepidus nickte lächelnd als er die beiden sah,...seine Tochter und sein Enkelkind. Ich denke es ist das Beste, du bringst die kleine Iulia jetzt ins Bett,...ruht euch aus. Er sah Pius an, ...Pius, sei so gut,...trage die Kleine ins Haus. Iulia schlie ftief und fest, wie es nur Kinder konnten. An seine Tochter gewandt meinte er, Ich muss ein paar Tage weg, bitte halte dich hier im Haus auf, suche keine Freunde von früher auf,...bleib einfach hier und komm erst einmal an.

    Er streichelte ihr sanft über die Wange, so wie er es früher immer getan hatte, lächelte kurz und machte sich dann auf.

    Im allgemeinen war Lepidus der Ansicht daß einem eher in Roma die ungewöhnlichsten Dinge geschehen würden. Mal eben so die Unschuld zu verlieren war aber natürlich überall möglich.

    Er war Mensch genug um zu wissen, daß ein unsicheres junges Mädchen wie Wachs in den Händen eines erfahrenen Mannes war.

    Doch er war auch Mann genug um sich auszumalen was dieser Umstand für die Klatsch und Tratschfraktion in Roma bedeutete.

    Sein Gesicht strahlte es zwar nicht aus, doch er wollte auf keinen Fall in den Focus dieser Schandmäuler geraten. Seit einer der ihren, der Mann Drusillas eine für Lepidus eher abartige Beziehung zu Caligula aufbaute um nachher dessen Willkür zum Opfer zu fallen. Nein, auf keinen Fall durfte die Gens wieder einmal Ziel von Willkür und Spott gelangweilter Stadtrömer werden.

    Nun, meine Liebe, dein Instinkt hat dich nicht getäuscht, du hast uns durch deine Schwäche,...nun nennen wir deinen amourösen Fehltritt einfach einmal so,...in eine mir unangenehme Lage gebracht.

    Sein Blick fiel auf die kleine Iulia, deren ausschweifende Bewegungen davon zeugten daß sie einem amüsiert dreinblickenden Pius wohl von der Begegnung mit einem Elefanten oder ähnlich Großen berichtete. Dem zauberhaften Kind konnte man keine Vorwürfe machen, Faustina nur bedingt.

    Er wandte sich wieder an Faustina, ...wir werden uns um die Angelegenheit kümmern müssen. Deine kleine Iulia muss bis auf weiteres ein Geheimnis bleiben!

    Lepidus lauschte den ungemein wichtigen mit unglaublicher Eloquenz und Detailreichtum dargebrachten Ausführungen der kleinen Iulia. Als seine Tochter auf sie zukam sah er seinen Sohn an. Wie so oft verständigtem sich die beiden stumm und nur mit sparsamen Blicken. Lepidus nickte und wandte sich seine Tochter zu. Er hielt ihr die Hand hin und meinte lakonisch,

    Du warst lange weg,...wie es scheint ist auch einiges passiert,...dann erzähle mal...

    Auch Lepidus fand sich im Hortus ein. Als Antigonos ihm die Nachricht brachte seine beiden Kinder seien wieder in der Villa, mußte er sich stark zurückhalten um sie nicht in ihren Zimmern aufzusuchen, doch er unterließ es, das mochten sie schon als Jugendliche nicht. Antigonos meinte auch noch es gäbe eine Überraschung,...eine, wie meinte er, pikante Überraschung. Da es wenig Sinn machte Antigonos zu drängen wenn es sybillisch wurde, blieb ihm nichts weiter übrig als sich in Geduld zu üben, die Kinder "ankommen" zu lassen. Es war weniger der Schock, daß seine kleine Faustina offenbar einen mutmaßlich unehelichen Ableger geschaffen hatte. Es war mehr der Name des Kindes,...war es nun geschmacklos,...unsensibel, wollte sie ihm damit etwas sagen? Lepidos trat mit aller ihm zur Verfügung stehenden Würde und schier unmenschlicher Selbstbeherrschung zu Pius und dem Kind. Seine Tochter bedachte er dabei mit einem Totenmasken ähnlichem Gesichtsausdruck und ebenso leerem Blick, der Alles und Nichts sagte. Zu der Kleinen sagte er, Nun,...das ist ein sehr schöner Ball,...ich denke dein Onkel wird sich zusammennehmen müssen um ihn dir nicht zu stehlen, aber keine Sorge kleine ...er stockte kurz, schluckte merklich und schaffte es ein Lächeln zu kreieren...Julia,...ich werde es verhindern, mit aller Macht.