Beiträge von Gaius Aemilius Lepidus

    Lepidus saß in einem Scherenstuhl, in der rechten Hand einen Becher warmen Würzwein. Seit Stunden wartete er nun auf seinen Bruder. Vor ihm auf einem mit reichlich Intarsien geschmücktem Beistelltisch lag die Rolle, das Schreibe welches ihm der persönliche Sekretär von Bala in seinem Dominizil in Tusculum zu seinen treuen Händen überreicht hatte. Er wußte nicht was in dem Schreiben stand. Auch fand er es ungewöhnlich, daß Bala ihn bat das Schreiben persönlich nach Germania zu seinem Bruder, dem LAPP zu schaffen.

    Doch er war seinerzeit nicht abgeneigt gewesen die Reise zu unternehmen. Eine gewisse Tristesse hatte sich bei ihm eingeschlichen. Nach einer Weile konnte er dem milden Klima, den täglichen Klatsch und Tratschtreffen mit den achso wichtigen Leuten in Tusculum kaum mehr noch etwas abgewinnen. Der Auftrag oder besser die Bitte Balas weckte die Abenteuerlust in ihm, nachdem er vom Studium griechischer Schriften fast ein Lungenproblem bekam.

    Er nippte an dem würzigem Wein und blickte dösend in das Feuer des flackernden Kamins.

    Nero glaubte sich bereits am Ziel wenngleich er auch wahrnahm, daß sein Spiel nicht ganz nach seinen Vorstellungen aufgehen würde. Sein Gegner war zäh und kampfesdurstig mit einem Hauch von Wahnsinn in den Augen. Sein Kumpel jedoch war selten effizient gegen seine Männer. Einer nach dem anderen fiel und nun auch noch Ursus. Dessen Einschlag in die Zuschauer lenkte ihn kurz ab nachdem er den Stuhl abgewehrt hatte und so klammerte sich sein gegner an ihn und sein übelriechendes Maul näherte sich seinem Gesicht. Ein Zittern durchlief seinen Körper. Kalter Schweiß kroch ihm aus den Poren. Gerade noch wollte er sein Kerl von sich winden als er eine Explosion an seinem Hinterkopf spürte. Vor seinen Augen stoben tausend Sterne in sein Hirn. Mit einem Ächzen ging er in die Knie, fast besinnungslos. Trotzdem zwangen ihn seine Instinkte wach zu bleiben.

    Nero frohlockte förmlich als der Schlag des anderen Titus´Wange zertrümmerte. Jetzt hatte er einen Grund,...seinen Grund.Seine Idee mit dem Kopfstoß zeigte bei 9 von 10 Gegnern Wirkung. Bei dieser Maulcloake jedoch nicht. Mehr irritiert als schmerzbedingt verzog er das Gesicht und war einen Augenblick, einen Wimpernschlag abgelenkt. Den Treffer im Magen fing er jedoch mit seinen respektablen Bauchmuskeln ab. Das meiste davon. Denn der Hieb pfiff ihm seinen Lungeninhalt heraus und vernebelte kurz seine Sicht.
    Rings um ihn herum traten seine Kumpel heran. Wobei dieser andere Drecksack schon drei von ihnen zu Boden gebracht hatte. Nero wischte sich gemein grinsend mit dem Unterarm den Speichel von den Lippen und stieß hasserfüllt hervor, ...du legst dich mit den Falschen an...Arschgeburt. während er einen eisernen Ring über die Knöchel seiner rechten Hand schob. Wohl um seinen Worten den nötigen Nachdruck zu verleihen. Mit einer kurzen Schnappatmung holte er aus um dem Misthaufen seinen stinkenden Schädel samt Hals von den Schultern zu hauen.

    Nero war begeistert. Endlich mal eine Herausforderung. Dieser Typ vor ihm stank nach Vinum und nach Verottungsgrube aus dem Maul. Aber das war es nicht was Nero in seinem Tunnelblick jetzt wahrnahm. Der Typ strahlte zwei Dinge aus, zum einen war er nicht zimperlich und offensichtlich ein Kämpfer und er hatte keine Angst. Den störten seine sechs Begleiter nicht die benfalls nicht aussahen wie Betschwestern aus der Vestalinnen - WG.
    Da nahm er Bewegung war, der andere Typ machte sich auf und in dem Moment wo dieser seine Faust in Quintus versenkte stieß Nero seinen Kopf ruckartig nach vorn. Er wollte hier sofort für klare Verhältnisse sorgen.

    Nero betrachtete sein Werk mit dem ihm sadistischen Grinsen. Eine seiner Eigenschafen die ihn seinen Posten gekostet hatten. Selbst seinem Vorgesetzten war es zuviel. Es war wohl ein Gefangenenverhör zuviel bei dem der Verhörte seine Behandlung nicht überlebte, eine Tür zuviel die er im Eifer eingetreten hatte, ein Verstoß gegen die Vorschriften zuviel die ihm zum hoffnungslosen Fall machten. Ihn, den Kriegshelden, den Evocati...sie wollten ihn doch, sie wußten was sie an ihm hatten. Und jetzt? Jetzt verdingte er sich als Leibwächter für einen halbschwulen Adligen, ach es kotzte ihn alles an.
    Da tart dieser Typ in die Szene. Maulte herum. Mit pochenden Halsadern drehte er sich zu ihm um und entgegnete Mordlüstern Was hast du denn hier zu melden du stinkende progigium? Ein häßlicher Bastard meinte er zu sich. Ganz im Gegensatz zu seinem Begleiter, der auch ein wenig besudelt war. Sofort taxierte er die beiden, erkannte an Körperhaltung und Habitus daß es sich um Kämpfer handelte. Also brauchte er seine Männer, die er mit einem Handzeichen zu sich rief.
    Risikominimierung nannte er das. Schon war er wieder der Alte. Großspurig trat er den sich aufrappelnden Wirt in den Hintern und genoss die Szene. Rundherum rückten die Gäste Stühle und verzogen sich aus der Peripherie. Was glaubst du denn wer hier wem was zahlt du Arschgeburt? Beifallheischend sah er sich nach seinen Männern um.

    Quintus Nero war merklich gereizt. Alles dauerte ihm zu lange, alles war nicht nach seinem Gusto. Während seine Begleiter sich über Fleisch und Brot hermachen, nippt er an seiner Cervicia. Angewidert prustet er sie auf den Boden und brüllt Heee, Wirtschaft, was soll denn das sein Eselspisse? Während das stete Raunen im Schankraum abebbte rückten die schwarz gewandeten Begleiter mit unbestimmten Mienen vom Tisch ab. Hier lag Ärger in der Luft. Der Wirt eilte herbei und seine Schürze knetend fragte er nach den Problemen.
    Kurz darauf stand er triefend im Gelächter der Schwarzkittel nachdem ihm Nero den Krug Cervicia über den Kopf ausgegossen hatte. Breitbeinig, die Hände in die Hüften gestemmt grollte er So beschissen diese Drecksprovinz auch sein mag, einem Gast setzt man so etwas nicht vor! Willst du uns beleidigen? Noch bevor der Wirt sinnlos greinend antworten konnte stieß ihn Nero von sich, worauhin dieser gegen den Tisch von Ocella und Sabaco stürzte.

    Nachdem man den Aemilier abgeliefert hatte begab sich Quintus Nero mit seinen Leibwächterkollegen in die Taberna. Sie räumten ein paar Betrunkene von den Stühlen und schufen sich Platz um gemeinsam an einem Tisch zu sitzen.
    He Wirtschaft! Was anständiges zu trinken und zu essen aber pronto!
    Die ganz in Schwarz gekleideten Leibwächter ließen keinen Zweifel daran aufkommen, daß sie Kritik oder Gegenwehr im Keim ersticken würden.

    Aemilius kam aus dem Kopfschütteln gar nicht mehr heraus. Welcher Dämon musste ihn geritten haben dem Aufruf seines Bruders zu folgen und sich hierher zu begeben?
    War der Klang des Namens Aemilius so gering daß er noch nicht einmal bei so einem kleinen Lämpchen wie diesem Torwächter für Respekt sorgte? Zu seiner Zeit hätte man solche Kerle lebendig in die Verrottungsgrube gestoßen. Und das Wetter hier. Immer wieder lugte er durch die schweren Vorhänge und ließ sich seufzend in die Kissen fallen.
    Ja er war ein alter Mann, es verging kein Morgen an dem er ohne Schmerzen aus seinem Bett kroch. Auch diese verfluchte Sänfte war keine wirkliche Wohltat für seinen Rücken.
    Endlich ging es weiter. Die Sänfte bewegte sich und er öffnete den Vorhang um einen vernichtenden Blick auf die Torwache zu werfen. Dabei war er ein guter Mann, tat was ihm befohlen wurde. Seufzend fiel er wieder in die Kissen zurück in der Hoffnung die Therme hier sei so gut wie ihr Ruf.

    Quintus Nero starrte den kleinen Scheisser an und meinte grinsend, Bitte sehr,..alles Gute. Er glitt vom Pferd und ging zur Sänfte um kurz mit seinem Herrn zu sprechen.
    Verzeiht Herr, die Torwache besteht auf eine Durchsuchung, ein Ukas des LAPP.
    Aemilius seufzte hörbar auf und winkte genervt ab. Um der Götter willen, dann lass einen halt nachsehen.Was für ein mistiges Kaff in dem kein Respekt vor altem Adel besteht, aber Befehl ist nun einmal Befehl. Er würde seinem Bruder bei Gelegenheit darauf ansprechen. Nero winkte den Miles heran und raunte ihm zu,
    ...übertreib´es nicht...

    Der Führer der kleinen Reisegesellschaft, ein vierschrötiger Ex- Praetorianer namens Quintus Nero starrte von seinem Pferd auf den Torwächter und entgegnete,
    Gaius Aemilius Lepidus, Bruder des Legaten auf dem Weg zu diesem. Natürlich haben wir Waffen du Pfosten, wir geleiten einen Adligen und Mäzen von Roma hierher in euer nasskaltes Provinzloch. Hierin dieser Mistprovinz gibt es nicht nur Dumpfbacken sondern auch Wegelagerer und ähnliches Gesocks. Er grinste von seinem Pferd herunter. Und solltest du dich tatsächlich trauen den Bruder des Legaten zu filzen dürfte das mit Sicherheit ins Auge gehen,...denn noch bist du Peregrinus kleiner Eques noch bist du kein Bürger Romas und stehst damit auf der selben Stufe wie das in dem mein Pferd gerade steht.
    Si waren nicht die ersten mit Pferden, Ochsen, Maultieren...

    Die kleine Karavane des Aemilius erreichte nach ihm schier unendlich empfundenen Wochen die Tore Mogontiacums. Es war ein trüber, grauer Tag und Amelius fror ein wenig in seiner Sänfte. Missmutig schob er den schweren Überhang zur Seite und sah es aus dem Schlitz auf die Tore der Stadt in der sein Bruder seine Zeit absaß, wie er es formulierte.
    Er war dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kind,...zur falschen Zeit am falschen Ort.
    Lepidus musste ein wenig grinsen. Der dickliche Nepos jammerte bei diesem Wetter wahrscheinlich den ganzen Tag und greinte über die Zeit als Praetor in Capua.
    Mit einem Seufzen lies er sich in die Kissen zurückfallen und wartete darauf daß es endlich weiterging.

    Lepidus´Tage glichen sich derart, daß er manchmal nachfragen musste welcher es denn sei. Am liebsten saß er unter den Pinien auf einer Terrasse und studierte die Schriften Aemelius Senecas. Er fühlte sich ihm hingezogen wenngleich er, nein sein Tod, sein Suizid Schuld daran war, daß sich sein Vater hierher und die Aemelier sich aus dem Dunstkreis der Macht zurück gezogen haben. Die beiden waren Freunde. Seneca war ein kluger Kopf jedoch war er zu sehr auf den Kaiser fixiert gewesen, zu sehr daran interessiert dem Kaiser eine, nämlich seine Richtung zu geben.
    Lepidus trank einen Schluck Falerner, und fragte sich ob er in den Weinanbau einsteigen sollte, verwarf es jedoch rasch wieder, weil zuviele Faktoren zu beachten waren...wie auch bei Senecas Versuch Nero eine Richtung zu geben.
    Lepidus warf einen Blick auf den Horizont, ließ ihn schweifen, betrachtete einige Möwen und inhalierte das Leben...und für einen Moment, für einen winzigen Augenblick war es fast glücklich. Aber nur kurz, denn genau in diesem Moment trat jemand neben ihn und warf einen Schatten...

    Es war wieder einer dieser Tage an dem sich die Götter gegen Lepidus verschworen hatten. Ganz sicher. Bereits das Aufstehen bereitete ihm einige Mühen und wurde belohnt mit zwei heftigen Einschlägen in sein Kreutz. Das machte ihn leidlich unbequem. Die Dienerschaft, nebst den Sklaven wusste was nun auf sie wartete. Stummes Leiden, welches sich wie eine dunkle Wolke auf sein Gemüt und wie ein Schatten durch die weitläufigen Gänge, Zimmer, Gärten und Unterkünfte der Sklaven waberte. Nicht umsonst galt der früh gealterte Lepidus als Griesgram und Misantroph. Er lebte kein erfülltes Leben, die Frau nach dem zweiten Kind im Kindbett verloren. Die zweite Frau mitsamt ungeborenem Kind verloren. Verbittert zog er sich hierher zurück, weit weg vom Getöse und Geschachers Roms, des Nabels der Welt.
    Waren seine Ahnen noch Politiker, Volkstribune, Senatoren, ja Consuln Roms gewesen, so zog er sich nach dem Tod seiner zweiten Frau auch aus seinen angestammten Sitzen und Ambitionen zurück und widmete sich fortan der Philosophie, dem Hass, der Liebe und dem Verderben welches die beiden über den Menschen brachte.
    Er kritzelte seine Gedanken immer auf eine Tabula, welche ein Scriba dann in Reinschrift zu Papyrus brachte...

    Des Menschen Leiden ist durchaus nichts anderes als unerfülltes und durchkreuztes Wollen: Und selbst der Schmerz des Leibes, wenn er verletzt oder zerstört wird, ist als solcher allein dadurch möglich, daß der Leib nichts anderes als der Objekt gewordene Wille selbst ist.


    Widerwillig nippte er an einem gläsernen Becher welcher irgendwelche Ingredienzien aus unerklärlicher Herkunft zusammengemischt aus uraltem Wissen von einer noch älteren Hexe aus den Meereshöhlen am Fuße des Abhangs zu seinem Grundstück.
    Es schmeckte grauslich, verursachte ein pelziges Gefühl auf der Zunge und half nach wenigen Schlucken die Schmerzen zu vergessen.