Müde. Erschöpft. Ausgelaugt. Ich war lange unterwegs, viel zu lange genau genommen. Diese falsche Abzweigung kurz hinter der Grenze zur provincia Italia hatte mich wenigstens einen halben Tag oder mehr gekostet. Und die Gegend war es nicht einmal wirklich wert gewesen, nur die Bewohner waren freundlich genug mir meinen wortwörtlichen lapsus zu erklären, mich kurz ruhen zu lassen und mir dann den korrekten Weg zu weisen.
"Ich danke euch vielmals", hatte ich zum Abschied gesagt und wollte mich mit wenigstens ein paar Münzen erkenntlich zeigen. Doch die freundlichen Menschen hatten abgelehnt und es als eine Art patriotische Pflicht betrachtet mir auf meiner Reise zu helfen. Und jetzt, Tage später, stand ich endlich am Ziel meiner Reise: Roma, das Zentrum den Welt, die urbs aeterna. Der Anblick von dem kleinen Hügel aus ist unglaublich: die Weite der Stadt, die Höhe der Häuser, die Pracht der Paläste. Ein wenig fühle ich mich an meine Heimat erinnert, doch ich muss auch zugeben, dass Rom eine gänzlich andere Größenordnung ist. Nur ein Detail trübt ein wenig den Anblick... vor dem Stadttor, das mir am nächsten ist, steht eine ganze Reihe von Wartenden. Menschen, Karren, Wagen und einige Tiere. Es wird lange dauern bis ich endlich IN der Stadt bin. Aber je eher ich jetzt das Ende der Wartenden erreiche, desto schneller bin ich auch in der Stadt!
(Einige Zeit später...)
Endlich bin ich an der Reihe und kann eingelassen werden. Zumindest sollte nichts verhindern, dass man mich einlässt. Ich bin Bürger, ich habe Verwandte in der Stadt, ich bin nicht krank und schon gar kein gesuchter Verbrecher oder im Besitz von Dingen, die nicht in die Stadt dürften. Ich bin nicht einmal im Besitz vieler Dinge, lediglich meiner persönlichen Habseligkeiten in den zwei abgewetzten Ledertaschen. Die Kosten für mehr Gepäck und einen Träger wären auf Dauer einfach nicht angemessen gewesen, also bin ich seit Jahren nur so gereist, selten einmal in einer größeren Gruppe.
"Salvete, milites", begrüße ich die Stadtwachen und warte gar nicht erst auf eine Erwiderung des Grußes. "Ich bin Servius Annaeus Vindex und stehe vor der letzten Etappe meiner umfassenden Bildungsreise. Entfernte Verwandte meiner Familie wohnen hier, ihr wüsstet nicht zufällig, wo ich ihren Wohnsitz finden könnte?" Gespannt warte ich auf eine Antwort und betrachte aus dem Augenwinkel sehnsüchtig die Stadt, die jetzt in greifbarer Nähe liegt. Dabei nehme ich Düfte und Gerüche, aber auch Gestank, wahr, die ich so schon lange nicht mehr gerochen habe.