Beiträge von Servius Annaeus Vindex

    Zuvor: ~ Porta ~


    Die Sklavin führt mich zum Atrium. Den Weinbecher noch in der Hand ignoriere ich dessen Inhalt beinahe vollkommen, denn die Architektur und Ausstattung des Hauses hat mich gänzlich in ihren Bann gezogen. Ich bin nicht sicher, woran es liegt. Vielleicht hatte ich einfach nur zu viel Zeit in den Provinzen und auf Reisen verbracht, aber das hier fühlt sich eindeutig nach Zivilisation an.

    Ich betrete hinter der Sklavin das Atrium und sehe einen Mann vor mir. Das muss der Dominus Florus Minor sein, von dem der hühnenhafte Sklave sprach. "Salve, ähm... ich... weiß leider nicht, wie wir genau verwandt sind. Danke, dass ihr mich empfangt! Verzeiht meine Aufmachung, die Reise war lang."

    Hatte ich richtig gehört, Florus Minor? Ich konsultiere diesbezüglich noch kurz den Brief meines Vaters, bevor ich ihn vorerst verstaue, und wende mich dann Wasser und Wein zu. Ich bin nicht sicher, welcher Anblick mich mehr erfreut, aber das Wasser hat in jedem Fall Vorrang. Ich fühle mich schmutzig von der Reise und bin dankbar für jede kleine Erfrischung bis ich ein Badehaus finde.

    Dann wende ich mich dem Wein zu, den die Sklavinnen brachten. Ichbetrachte den Becher und halte kurz inne. Da ich jetzt weiß, welche meiner Taschen welche ist, fällt es mir leicht mit einem schnellen Griff den kleinen Beutel herauszuholen und einige Beeren anzudrücken und in den Wein zu geben. "Schwarze Holunderbeeren", sage ich schlicht, denn ich bin skeptische Blicke gewohnt.

    "Siegelringe pflegen wir nicht zu tragen, also habe ich das leider nicht." Ich greife schnell in meine Tasche auf der linken Seite, dort befindet sich ein Schriftstück, das vermutlich das Problem beheben sollte. Stattdessen finde ich allerdings nur die dicke Tunika. Ich hatte die Taschen vertauscht. "Oh, einen Moment", sage ich und wühle beschämt in der anderen Tasche. "Ah, hier. Das sollte hoffentlich ausreichen."

    Ich halte dem Hünen einen Zettel hin, der schon deutlich bessere Tage gesehen hat.

    Verehrte Verwandte,

    zu lange haben wir keinen Kontakt mehr gepflegt. Ich hoffe sehr, dass es Florus wohl ergeht. Mein Sohn, Servius Annaeus Vindex, der nun wohl vor euch steht, bat mich, dies Schriftstück zu verfassen, damit er euch zeigen könne wer er ist. Seine Reisen sind mit der Ankunft bei euch vorerst beendet, so wenigstens seine Planungen. Passt bitte so gut auf ihn auf wie auf eure eigenen Kinder. Sollte er sich nicht betragen, sendet ihn umgehend zurück.

    Valete!

    Lucius Annaeus Mercator

    "Ignoriert den letzten Satz", füge ich leise hinzu.


    Sim-Off:

    Durchstreichungen zeigen verwischte Buchstaben.

    Sim-Off:

    Guter Name, gefällt. Pferdegesichtig würde auch passen, aber macht keinen Eindruck :P


    Die Stimme ging durch Mark und Bein. Ich kann nicht viel des Besitzers dieser Stimme sehen, denn der Sichtschlitz verhindert das, aber ich habe eine ungefähre Vorstellung. Ich habe schon Sänger in ähnlicher Tonlage gehört und ich weiß noch genau wie sie aussahen. Dieser Mann, keine Ahnung wer das genau ist, wird von ähnlicher Statur sein. Und der Tonfall macht es nicht gerade leicht, nicht zurückzuweichen. Aber ich stehe meinen Mann, wenn auch nur schwer.


    "Salve, ich bin Servius Annaeus Vindex aus Pergamon und bin gekommen, um meine Familie in Rom kennenzulernen. Ich hätte mich via Brief angekündigt, doch es war schlicht nicht möglich zu sagen, wann ich ankäme. Aber nun bin ich da." Ich merke, dass meine Stimme nicht ganz so fest ist wie ich es gewohnt bin und dass es mir hier schwerer fällt Zuversicht auszustrahlen. Wenn ich doch wenigstens irgendwas über unsere Verwandten wüsste, aber so beginne ich noch nervöser zu werden und zu stammeln...


    "Also... ich bin noch aus anderen Gründen hier. Also hier in der Stadt. Aber jetzt bin ich hier. Am Haus. Also..."

    Zuvor: Am Stadttor


    Die grobe Richtung, die mir der Wachposten am Stadttor gegeben hatte, war hinlänglich ausreichend, aber ich musste dennoch einige Male auf dem Weg fragen, ob ich noch in der richtigen Richtung unterwegs war. Und bei allen Göttern, ich hatte mich getäuscht: es gab hier noch mehr Menschen als ich jemals gedacht hätte. Den Wachposten werde ich wohl nie zufällig treffen. Ich werde mir merken, dass ich seinen Namen erfrage. Und auch den Namen des Alten, der mir gerade den letzten Richtungshinweis gab.

    Letztlich erreichte ich durch sein Zutun mein Ziel und hier stehe ich nun. Der Anblick ist unglaublich. Nicht nur hatte ich seit langer Zeit keine Stadt mehr gesehen, die diesen Titel auch verdiente, ich sah zum ersten Mal Rom mit eigenen Augen. Und vor allem ich sehe die Domus Annaea, die mir der Wachposten genannt hatte. Schon der erste Eindruck ist mehr als ich erwartet hatte. Mit Vater hatte ich nie wirklich über die anderen Zweige der gens gesprochen, ich weiß nur, dass es hier jemanden gibt. Weder wie viele noch irgendwelche Namen sind mir bekannt. Ich bin wahrlich gespannt, was mich erwartet. Ein wenig nervös klopfe ich an die porta...

    Ich muss einen erbärmlichen Anblick bieten, zumindest kann ich das dem Gesichtsausdruck der Wache entnehmen. Aber ich will mir nichts anmerken lassen. "Wenn ich es hier zu etwas bringen will, brauche ich alles, was ich habe. Ein Maultier wäre beinahe Verschwendung gewesen für das bisschen, das ich habe. Und viel bequemer wäre ich auch nicht gereist", sage ich daher fröhlich und versuche Zuversicht auszustrahlen. "Danke für den wunderbaren Empfang, wenn ich es zu etwas bringe, seid ihr der erste, dem ich es danken werde! Auf bald!"


    Ich mache mich auf den Weg in die Richtung, die mir der Mann eben noch gezeigt hatte. Ich hätte nach seinem Namen fragen sollen, merke ich einige Meter später, aber das kann ich sicher noch nachholen. Oder ich treffe ihn irgendwann wieder, so viele Menschen wird es hier schon nicht geben...

    "Ja, das wird es wohl sein", sage ich als ich meine Taschen öffne. Die Inhalte waren wirklich nicht herausragend. Einige Kleidungsstücke dickeren Stoffs, die ich in Augusta Treverorum erstanden hatte, wo es weit weniger warm gewesen war, eine ähnlich dicke Decke für die Nächte, die ich aber meist über die Tasche gehängt hatte und die mittlerweile einen eher unangenehmen Geruch angenommen hatte, einige Schriftrollen, eine leere Wachstafel samt stilus und einige Kleinigkeiten, die ich auf der Reise mitgenommen hatte. Alles in allem wirklich kläglich. Ich bin sicher, dass Leute schon mit weniger nach Rom kamen und dennoch alles erreichten, was sie sich vorgenommen hatten. Oder wenigstens nicht sofort umgekommen waren...


    "Ich hoffe, es gibt nichts zu beanstanden. Ihr schaut so finster drein an diesem wunderbar sonnigen Tag." Ich hoffe sehr, dass der Wachposten nicht meinetwegen diese Miene aufsetzte und lächle ihn an, um meine selbst für mich spürbare Euphorie zu übertragen.

    Müde. Erschöpft. Ausgelaugt. Ich war lange unterwegs, viel zu lange genau genommen. Diese falsche Abzweigung kurz hinter der Grenze zur provincia Italia hatte mich wenigstens einen halben Tag oder mehr gekostet. Und die Gegend war es nicht einmal wirklich wert gewesen, nur die Bewohner waren freundlich genug mir meinen wortwörtlichen lapsus zu erklären, mich kurz ruhen zu lassen und mir dann den korrekten Weg zu weisen.


    "Ich danke euch vielmals", hatte ich zum Abschied gesagt und wollte mich mit wenigstens ein paar Münzen erkenntlich zeigen. Doch die freundlichen Menschen hatten abgelehnt und es als eine Art patriotische Pflicht betrachtet mir auf meiner Reise zu helfen. Und jetzt, Tage später, stand ich endlich am Ziel meiner Reise: Roma, das Zentrum den Welt, die urbs aeterna. Der Anblick von dem kleinen Hügel aus ist unglaublich: die Weite der Stadt, die Höhe der Häuser, die Pracht der Paläste. Ein wenig fühle ich mich an meine Heimat erinnert, doch ich muss auch zugeben, dass Rom eine gänzlich andere Größenordnung ist. Nur ein Detail trübt ein wenig den Anblick... vor dem Stadttor, das mir am nächsten ist, steht eine ganze Reihe von Wartenden. Menschen, Karren, Wagen und einige Tiere. Es wird lange dauern bis ich endlich IN der Stadt bin. Aber je eher ich jetzt das Ende der Wartenden erreiche, desto schneller bin ich auch in der Stadt!


    (Einige Zeit später...)


    Endlich bin ich an der Reihe und kann eingelassen werden. Zumindest sollte nichts verhindern, dass man mich einlässt. Ich bin Bürger, ich habe Verwandte in der Stadt, ich bin nicht krank und schon gar kein gesuchter Verbrecher oder im Besitz von Dingen, die nicht in die Stadt dürften. Ich bin nicht einmal im Besitz vieler Dinge, lediglich meiner persönlichen Habseligkeiten in den zwei abgewetzten Ledertaschen. Die Kosten für mehr Gepäck und einen Träger wären auf Dauer einfach nicht angemessen gewesen, also bin ich seit Jahren nur so gereist, selten einmal in einer größeren Gruppe.


    "Salvete, milites", begrüße ich die Stadtwachen und warte gar nicht erst auf eine Erwiderung des Grußes. "Ich bin Servius Annaeus Vindex und stehe vor der letzten Etappe meiner umfassenden Bildungsreise. Entfernte Verwandte meiner Familie wohnen hier, ihr wüsstet nicht zufällig, wo ich ihren Wohnsitz finden könnte?" Gespannt warte ich auf eine Antwort und betrachte aus dem Augenwinkel sehnsüchtig die Stadt, die jetzt in greifbarer Nähe liegt. Dabei nehme ich Düfte und Gerüche, aber auch Gestank, wahr, die ich so schon lange nicht mehr gerochen habe.

    Mir will insgesamt scheinen, dass das mit den "Gutmenschen" und "SJW" bei näherer Betrachtung auch eher in die Kategorie des Nicht-Problems fällt. Auch weil Vindex Bedenken hatte, dass das IR "gecancelt" wird. Das IR gibts jetzt seit fast 20 Jahren und ist noch nie der Cancelung anheim gefallen und es würde mich doch sehr arg wundern, wenn es das jemals würde, wenn wir beim Posten empathisch, achtsam und umsichtig bleiben, so wie es jetzt eh schon angeraten ist. :)

    Möglicherweise mache ich mir zu viele Sorgen, das gebe ich gern zu. Ich hab halt meine Erfahrungen gemacht und wollte auf die Möglichkeit hinweisen. Aber wie gesagt: ich hab auch keine großen Schmerzen damit, wenn die alten Signaturen beibehalten werden. Ich für meinen Teil kann es auch problemlos lesen :P

    Ihr könnt gern ein neues Thema eröffnen oder ich teile euch dieses entzwei. ;)


    Interessant ist die Frage, wie politisch korrekt ein historisches Rollenspiel sein darf oder muss, allemal. Sind Historizität und Political Correctness umgekehrt proportional zueinander? Ich wurde auch schon besorgt darauf angesprochen, weil wir hier eine transsexuelle Figur herumlaufen haben, da befürchtet wurde, jemand könne sich davon angegriffen fühlen. In einen ähnlichen Themenkreis hätte ich die Sorge eingeordnet, jemand könne sein kulturelles Erbe besudelt sehen durch die Verwendung einer pseudohistorischen Schriftart.


    Ist nicht aber gerade die Darstellung von Vielfalt ein Zeichen von Offenheit und Toleranz?

    Mir persönlich ist sowas auch egal. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass die Gefahr von SJWismus besteht, wenn man die Möglichkeit eröffnet. Aber letztlich kann man die Gefahr vermutlich auch nie ganz vermeiden. Es wäre nur wirklich schade darum, wenn durch die Ideologie einzelner Individuen etwas so unterhaltsames, interessantes und spannendes wie IR vernichtet oder gestört wird. Aber ich lebe letztlich mit der Entscheidung der SL.

    Oder vielleicht könnte eine Umfrage/Abstimmung helfen?

    Ich glaube, das Problem, das Vindex meint ist eher folgendes: Kennt ihr diese Fails, bei denen Leute griechische Buchstaben gebrauchen, als wäre es westliche, am besten noch in einer modernen Sprache? Z.b. wenn Leute überzeugt sind dass das hier: "φαμιΙψ" auf griechisch "family" bedeutet, wenn da eigentlich "Phamiips" steht. Versteht ihr wie ich meine?

    Das meinte ich zwar nicht wirklich, geht aber in eine ähnliche Richtung.


    Ich meine tatsächlich Leute, die sich wirklich angegriffen fühlen, weil sie in der Signatur eine Verballhornung und einen Raub ihrer kulturellen Hinterlassenschaften sehen. Manchmal sogar Leute, die für andere argumentieren, dass die eine Verballhornung sehen müssten, was ja nicht political correct ist und so... solche Leute, SJW, sind unfassbar anstrengend und tauchen immer wieder auf.

    Die sorgen auch gerne für neues Feuer in der cancel culture.

    Das stimmt schon, aber ich meine tatsächlich, dass sich Menschen an den gemischten Schriften in den gezeigten Signaturbildern anstoßen könnten. Ich kenne leider zu viele Leute, die das mit Freude machen würden, und im Internet ist man vor sowas auch nicht gefeit. Es wäre eine vorbeugende Maßnahme gegen Shitstorms, wenn die Signaturbilder geändert würden.