Beiträge von Servius Annaeus Vindex

    "Ich hab dir vorhin schon gesagt, dass ich mich damit wirklich nicht auskenne. Ich bin genauso verloren wie du gerade. Aber das Glas klingt vielleicht nach einem guten Anfang."


    Crispina hatte mich beinahe schon genötigt mit ihr nach einem Geschenk zu suchen, aber das letzte Mal, dass ich eine Geschenk für einen größeren Anlass gesucht hatte... das muss noch in Pergamon gewesen sein. Und wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, dann habe ich mich damals schon nicht sonderlich gut angestellt. Auch heute bin ich daher vermutlich keine besonders große Hilfe.

    Ich benötige einen Moment, um zu realisieren, was Saturninus weswegen gesagt hatte. Aber angesichts der Tatsache, dass sich die taberna langsam zu leeren begann, war das wohl der richtige Gedanke.


    "Das lässt sich sicherlich einrichten, heute ist es wohl wahrlich schon zu spät. Meine Herren, auch ich werde mich für heute zurückziehen. Auf bald!"

    "Meine lieben Freunde, seht es mir nach, doch zu fortgeschrittener Stund muss ich von euch nun lassen. Ich bedanke mich für den unterhaltsamen wie angenehmen Abend und hoffe auf eine gelegentliche Wiederholung. Wer weiß, vielleicht zu einer Cena. Doch für heute sind genug der Worte aus meinem Mund auf euch niedergegangen. Gehabt euch wohl, meine Lieben!"

    "Auf Wiedersehen, Ravilla, es war mir eine Freude heute. Auf bald!"


    " Was sind die Götter, Quintilius Clemens? Sie sind groß, sie existieren, aber mir scheint es, als seien sie dem Fatum unterworfen wie wir Sterblichen - falls das , was wir von ihnen wissen, nicht nur Geschichten sind. Ich nehme als Beispiel Apollo und seinen Freund Hyakinthos. Er tötet ihn aus Versehen - und was macht der Gott? Er ruft ihn nicht mit göttlicher Macht zurück. Er kümmert sich um ihn wie ein medicus, versagt, und der Jüngling bleibt tot.

    Apollo beweint ihn. Er wusste anscheinend weder, dass er Hyakinthos töten wird, noch konnte er danach irgend etwas daran ändern."

    Auch wenn Ravilla das Gespräch an dieser Stelle verließ, konnte ich die Aussage von Saturninus nicht so im Raume stehen lassen.

    "Was du vergisst, Saturninus, ist, dass die Macht über die Toten ein debattierbares Thema ist. Allerdings weniger für uns als für mehr für die Götter selbst. Ich darf dich an Diodor1 erinnern, der uns eben diese Problematik an Asklepios darstellt? Dieser wurde als Sterblicher von Zeus erschlagen, als er Tote wieder auferstehen ließ, weil sich Hades um seine Domäne betrogen fühlte. Ähnliches muss auch für die Götter selbst gelten, daher konnte Apollon gar nicht anders in dieser Angelegenheit."


    Sim-Off:

    1 Diodor 4, 71

    Nysa beginnt in einer Kiste zu wühlen und zieht einige Kleidungsstücke raus. Die eine Hälfte legt sie links neben die Kiste, die andere Hälfte rechts daneben. Dann legt sie den linken Stapel wieder zurück und schaut Arelatius an. Ihr Blick wandert von dem Neuen zu den Kleidungsstücken und wieder zurück, dann zieht sie eine Tunika heraus und hält sie an den Sklaven an. "Leider etwas zu klein...", sagt sie und legt sie wieder weg und greift zu einer anderen. "Die passt! Aber sie... sie stinkt. Ich werde sie waschen und dann kannst du sie morgen tragen, in Ordnung?"

    Nysa betrachtet den neuen, der sich in den Unterkünften umschaut.


    "Ich bin übrigens die Cubicularia für dominus Vindex. Und dann ist da noch Philetairos, der ist sein Vestiarius. Ursus hast du bestimmt an der Porta schon kennengelernt und Veleda hat die Suppe gekocht. Flamma ist oft mit dominus Florus unterwegs, er ist sein Leibwächter. Der kann ein bisschen unheimlich sein, aber man gewöhnt sich dran. Eigentlich ist er ganz nett. Und du sollst Cursor sein... dann sollten wir vielleicht eine etwas wärmere Tunika für dich finden, du wirst viel draußen sein, oder?"

    Nysa führt Arelatius durch die Korridore der Domus Annaea und zeigt zwischendurch auf die verschiedenen Räumlichkeiten und erklärt deren Zweck.


    "Keine Sorge, du wirst es dir mit der Zeit merken. Und du bist ja hier auch nicht alleine. Und... hier wären wir. Da vorne kannst du schlafen. Dir wird es hier gefallen, da bin ich sicher, die Herren sind alle sehr nett, hier wurde nie jemand geschlagen, soweit ich weiß."

    "Nun dann. Nysa wird dich jetzt zu deiner Unterkunft bringen und du kannst ihr alle Fragen stellen, die du sonst vielleicht noch hast. Morgen dann gehen wir zum Tempel. Nysa, zeit Arelatius bitte alles, angefangen mit den Unterkünften."


    "Natürlich, Herr. Arelatius, komm bitte mit, die Decke gehört dir."

    Nysa verlässt mit Arelatius mein Cubiculum und folgt meinem Auftrag: sie bringt ihn zu den Sklavenunterkünften.

    Mit einem etwas irritierten Blick nehme ich den Becher Wein, den Arelatius eingeschenkt hatte, und stelle ihn neben den anderen, den ich mir zuvor selbst eingeschenkt hatte.

    "Du musst ein wenig besser aufpassen. Aber es ist ja nur Wein."


    Während ich die Suppe esse, erkläre ich ihm seine Aufgaben.

    "Du wirst für mich primär als Cursor arbeiten. Das bedeutet, dass du viele Botengänge machen wirst. In meiner Abwesenheit im Tempel des Aesculapius auf der Tiberinsel wirst du aber auch dort die Informationen aufnehmen, die die Priester, Tempeldiener und Tempelsklaven für mich haben und wirst ihnen natürlich auch meine Informationen überbringen. Wir werden morgen gemeinsam einmal dorthin gehen, damit ich dir die wesentlichen Orte dort zeigen und dich mit den wichtigsten Leuten bekannt machen kann. Du wirst nur mein verlängertes Sprachrohr sein und hast keine eigene Verfügungsgewalt. Du bist aber auch kein Tempelsklave und damit nicht in die gewöhnlichen Dienste dort eingebunden. Ich muss darauf bauen, dass du keinen Ärger machst und alle Aufgaben zuverlässig ausführst. Und natürlich wird es vorkommen, dass ich dir auch andere Aufgaben gebe. Hast du Fragen soweit?"

    "Aus finanziellen Gründen? Das ist eher tragisch, muss ich sagen."


    Ich schenke mir einen Becher Wein mit Wasser gemischt ein, stelle ihn aber zunächst neben mir ab und lege mich wieder auf die Kline. Ich betrachte Arelatius genau, kann aber wirklich kein Zeichen von früherer Züchtigung feststellen. Das ist gut.

    "Nun denn. Du scheinst tatsächlich vielversprechend zu sein. Ich sehe auch generell keine Probleme, dir eines Tages die Freiheit zu schenken, aber dir muss jetzt schon klar sein, dass das nicht so bald sein wird und dass du dafür arbeiten musst. Ich erwarte von dir jederzeit Einsatz, kein Aufbegehren und absoluten Gehorsam! Ist das soweit klar? Wenn mir gefällt, was ich sehe, dann wirst auch du mit mir keine Probleme bekommen. Ich weiß nicht, wie dein alter Herr die Dinge geregelt hat, aber ich bin ein wenig herum gekommen und habe viele verschiedene Dinge zwischen Sklaven und Herren gesehen. Wenn du deine Aufgaben erfüllst, dann sollst du auch eines Tages deinen Lohn erhalten, das ist nur gerecht; zumal... Sklaverei durch Armut ist einfach nicht schön, es raubt die Würde."


    Nysa betritt den Raum. Sie trägt ein Tablett mit einer großen Schüssel, die aus Entfernung schon den Duft nach garum verströmt, und zwei Essgarnituren.

    "Das Essen, Herr, es gibt garum. Mehr konnte konnte leider in der kurzen Zeit nicht gemacht werden. Veleda bittet um Verzeihung." - "Schon in Ordnung. Bleib bitte kurz hier." - "Ja, Herr."



    Eine interessante Geschichte, muss ich zugeben. Aber bei weitem kein Grund derzeit mit ihm zu fraternisieren...

    Die Sache mit einem neuen Sklaven ist immer diese. Wenn man zu Beginn der... Beziehung zu viel Milde walten lässt, läuft man schnell Gefahr, einen lethargischen, einen unzuverlässigen oder gar einen aufmüpfigen Sklaven an der Hand zu haben. Auf nichts davon habe ich große Lust, daher muss zunächst eine gewisse Strenge an den Tag gelegt werden.


    "Deine Mutter war also zunächst eine Freie? Interessant. Und sie wünschte sich, dass du die... wie war das? Die Ketten der Versklavung brechen sollst? Ist das der Grund, warum dein alter Herr dich zum Verkauf angeboten hat? Hast du ihm etwa Probleme bereitet? Sei ehrlich, Bursche!"

    Nachdem wir bei beginnendem Regen uns auf den Rückweg zur Domus gemacht hatten, kamen wir gerade rechtzeitig an als der große Schauer einsetzte. Wir sind knapp verschont geblieben und glücklicherweise nicht sehr nass geworden. Auf eine merkwürdige Art und Weise war der Regen sehr erfrischend gewesen, aber gleichzeitig eiskalt. Als wir an der Porta ankamen präsentierte ich unserem Ianitor Ursus den neuen Sklaven, Arelatius, damit zumindest dieser ihn bereits kennt. Die anderen Sklaven und Sklavinnen würde er später noch kennenlernen, doch zunächst will ich mit ihm seine Aufgaben klären, wofür unterwegs nicht wirklich Zeit war, und nehme ihn daher mit in mein Cubiculum. Ich war wenig überrascht dort auch Nysa vorzufinden, weshalb ich ihr sogleich auftrug eine Decke für den neuen Sklaven zu holen und uns beiden etwas warmes zu essen zu bringen. Ersteres brachte sie sofort und hatte auch etwas Wein und Wasser dabei, das Essen würde noch einen Moment dauern.

    Ich wende mich also Arelatius zu...


    "Nun gut, dann willkommen in der Domus Annaea. Ich bin Servius Annaeus Vindex, aber du wirst mich einfach 'Herr' oder 'dominus' nennen, ganz wie es dir beliebt. Bevor ich dir erkläre, was ich von dir erwarte, setz dich ausnahmsweise erst einmal und erzähl mir von dir. Wer war dein letzter Herr? Was hat er von dir verlangt? Kannst du irgendetwas besonderes wie Lesen, Schreiben, andere Sprachen? Und woher kommt dein Name?"

    Meine uneindeutige Ausdrucksweise war mir bislang nicht als solche aufgefallen, aber den Einwand ist in jedem Fall nachvollziehbar.

    "Entschuldige bitte, ich werde auf die konkreten Antworten achten. Auch in der Mathematik kann ich es nicht mit den großen Gelehrten aufnehmen, aber als Sohn eines Händlers beherrsche mehr als nur die Grundlagen. Ich bin nur ein wenig aus der Übung in manchen Dingen. Eine baldige Kandidatur kommt mir natürlich entgegen und wenn nichts dagegensprechen sollte, dann wäre dieser Termin nicht zu früh, sondern vermutlich genau richtig. Kann ich denn aber bis dahin alles lernen, was ich wissen muss?"

    Ich nicke als die Ausführungen beendet sind.

    Praefectura... Cornicularius... ich merke mir die Anweisungen des Menecrates, werde sie aber daheim zur Sicherheit notieren. Für die nächsten Male werde ich dann auch immer mit einer tabula ausgerüstet sein. Man weiß ja nie...


    "Mein Laufbahn... ich habe noch nie exakt darüber nachgedacht, muss ich gestehen. Aber grundlegend möchte ich so schnell es geht die ersten Stufen erklimmen. Natürlich bin ich auch auf die Wählergunst angewiesen, aber letztlich ist es doch so: je schneller ich aufsteige und dabei gute Arbeiten ablege, die meine Reputation steigern, desto eher habe ich die Chance, mein Ziel zu erreichen. Gleichzeitig aber darf die Qualität meiner Arbeiten nicht unter meiner Eile leiden. Ich werde mich auf alles mit der notwendigen Sorgfalt vorbereiten, meine Jugend spielt mir dabei in die Karten. Und ich lebe mich gerade noch in Rom ein, kenne nur wenige Menschen. Die erste Kandidatur sollte nicht zu früh stattfinden, schätze ich."

    Der Senator schien meinen Hinweis auf seinen kleinen, mehr als verzeihlichen, Fehler nicht übel aufgenommen zu haben. Der Osten ist ein wirres Gebilde und die Sicherung der Grenzen ist eine Angelegenheit für sich, die sich teilweise bereits Generationen hinzieht.

    "Ich habe viele verschiedene Menschen kennenlernen können, das stimmt. Viele sind sich im Grunde ähnlich und haben Züge von echten Römern, aber einige sind auch... nun, sagen wir... anders."


    Menecrates scheint ein wenig in Gedanken zu sein. Dann aber spricht er weiter.

    "Ich bin einigermaßen im Bilde bezüglich der Situation im Osten, mein Vater hält mich auf dem Laufenden in seinen leider nur unregelmäßigen Briefen. Ich danke dir und werde dich nicht enttäuschen. Aber vor dem Beginn des tirocinium muss ich ein paar Angelegenheiten im Tempel regeln, die ich begonnen habe und die jetzt noch einer finalen Umsetzung bedürfen. Danach allerdings, in etwa einer Woche, gehört meine Zeit dir, wenn du sie verlangst."

    Als ich auf das Podest steige, um den Kauf abzuschließen, blicke ich dem Sklaven, der zuvor mitgeboten hatte, mit finsteren Blicken hinterher. Er hatte den Preis unnötig hochgetrieben, indem er das Startgebot direkt überboten hatte. Eine sinnlose und unrentable Frechheit...


    Den neuen Sklaven nehme ich dann wieder mit hinunter zu Crispina. Da sie leider nicht finden konnte, weswegen wir eigentlich herkamen, wird sie vermutlich nach dem Gespräch mit Saturninus wieder nach Hause wollen.

    "Du scheinst, im Gegensatz zu mir, keine guten Erfahrungen mit den Leuten aus dem Norden zu haben. Vielleicht habe ich aber auch einfach den Vorteil persönlicher Erfahrungen, als ich dort war."


    Es scheint glücklicherweise keine weiteren Gebote zu geben, denn meine Ersparnisse würden durch diesen kauf sehr angegriffen werden und ich möchte ungern bei Florus Minor um einen Kredit bitten wollen.

    Entweder meinte es der andere Bieter, ein Sklave wie ich verstellte, wirklich ernst oder... Ich blicke zu ihm hinüber und blicke so finster und ernst wie es mir mein Vater beigebracht hatte, wenn es um wichtige Verhandlungen ging. Er hatte seinen Willen dann immer durchsetzen können...


    "Sieben. Hundert. Und. Fünfzig." Die Worte galten dem Händler, ich richtete sie aber an den Sklaven, um ihnen Nachdruck zu verleihen.

    Ich hatte wohl vernommen, dass ein erstes Gebot - ein gutes Stück über dem Startgebot - eingegangen war, aber ich wollte erst sehen, was der Sklave von Saturninus anstellen würde. Wie vermutet, es gab keinerlei Betrug an der Amphore. In meinem Kopf hatten sich mittlerweile Gedanken manifestiert und ein Plan war entstanden.


    "Sechshundert und fünfzig Sesterzen!"


    Ich möchte sehen, ob der andere Bieter es ernst meinte.