Beiträge von Aulus Iunius Tacitus

    Zwangsläufig musste ich in das Lachen einstimmen. Mein Patron lag absolut richtig.


    "Verlieren macht niemals Spaß, auch nicht, wenn man bezahlt wird. Doch zu deiner Frage, Patrone. Ich bedarf momentan keiner Unterstützung und wollte einfach einmal mit etwas mehr Zeit als in den letzten Tagen vorbei kommen. Das heißt, dass ich mir heute einen Tag frei genommen habe. Vielleicht kann ich aber etwas für dich tun?"

    Araros betrachtete die beiden Leibwächter und den Beutel kurz. Dann holte er einen anderen Sklaven, der mich benachrichtigte. Ich ging gemessenen Schrittes zur Porta. Ich grüßte die beiden kurz und nahm den Beutel entgegen.


    "Bitte richtet dem edlen Titus Aurelius Romanus meinen Dank für die schnelle Beantwortung meiner Anfrage aus. Ich weiß das sehr zu schätzen. Benötigt ihr eine Quittung?"


    Ich verzichtete auf das Nachzählen. Das war meines Erachtens nicht notwendig.

    Commentarius de Usucapione

    Auli Iunii Taciti



    I. Rechtsgrundlage


    Die Usucapio wird in Tabula VI, Lex XII Tabularum, grundsätzlich geregelt und in Tabula VIII, Lex XII Tabularum eingeschränkt.



    II. Zweck


    Die Usucapio dient dazu, eine Ungewissheit des Eigentums an einer Sache nicht unnötig lange oder sogar dauerhaft bestehen zu lassen. Anders ausgedrückt geht es darum, Rechtssicherheit bezüglich des Eigentums an einer Sache herzustellen.



    III. Voraussetzungen


    Voraussetzung einer Usucapio ist zunächst die wirksame Übertragung einer Sache, mithin also der unangefochtene und unbeschränkte Besitz der Sache.


    Die Art der Sache ist nicht eingeschränkt. Es kann sich hierbei also sowohl um eine körperliche, als auch eine unkörperliche Sache, sowohl um eine bewegliche, als auch eine unbewegliche Sache und sowohl um eine Res mancipi, als auch um eine Res nec mancipi handeln. Sachen, die sich in göttlichem oder öffentlichem Eigentum befinden, können hingegen nicht ersessen werden.


    Darüber hinaus ist die Sache für eine bestimmte Frist zu besitzen. Das Laufen der Frist ist bedingungsfeindlich für eine Usucapio, was bedeutet, dass eine Ersitzung erst mit Ablauf der Frist wirksam wird. Für bewegliche Sachen beträgt die Frist gemäß Tabula VI, Lex XII Tabularum ein Jahr, für unbewegliche Sachen zwei Jahre. Die Sache muss während dieser Frist grundsätzlich ununterbrochen im Besitz desjenigen sein, der die Sache ersitzt.


    Interessant ist die Regelung aus Tabula VI, Lex XII Tabularum, die eine Frau in einer Ehe ad usum nicht in die Manus ihres Mannes kommen lassen will, wenn die Ehe jährlich um drei Nächte unterbrochen wird. Während dieser Zeit hat sie vom Haus ihres Mannes abwesend zu sein. Die Unterbrechung hat ununterbrochen zu erfolgen und dieses Trinoctium hat vor Ablauf eines Jahres stattzufinden, da andernfalls Usucapio eintritt. Zu beachten ist, dass der Ehemann hierbei in diesem Fall von Usucapio kein Eigentum an der Ehefrau erhält, sondern lediglich die Manus als Herrschaftsrecht ersessen würde. Insofern wirkt das Trinoctium einer der Mancipatio der Manus über die Frau wirkungsgleichen Usucapio entgegen. Bei einer kürzeren Unterbrechung der Frist läuft diese weiter.


    Fraglich erscheint in diesem Kontext, ob es ein dem Trinoctium entsprechendes Rechtsinstitut für andere Sachen, beispielsweise einen Sklaven oder ein Grundstück, gibt. Dahinter steht auch die Frage, ob das Trinoctium die Übertragung einer im allgemeinen Sachenrecht zur Zeit des Beschlusses der Lex XII Tabularum geltenden allgemeinen Regelung auch auf die Manus-Ehe ist, oder ob es sich um eine Ausnahme ausschließlich für die Ehe handelt. Klar ist, dass die Ehe eine spezielle Institution ist, die nicht wie eine normale Sache, auch nicht wie eine normale Res mancipi, behandelt werden sollte. Dieses lässt aber sowohl die Übertragung eines allgemeinen Sachverhalts auf die Ehe, als auch um eine Spezialregelung ausschließlich für die Ehe als Folgerung zu.


    Für eine Regelung ausschließlich für die Ehe würde sprechen, dass eine Frau grundsätzlich geschäftsfähig ist und, insbesondere, wenn sie sui iuris ist, sich gegen einen Vertrag, der sie in die Manus stellt, entscheiden kann. Wäre die Frau gewillt, sich in die Manus des Ehemanns zu begeben, könnte sie sich dafür entscheiden, sich selbst an diesen zu manzipieren und so eine Coemptio-Ehe einzugehen. Entscheidet sie sich dagegen, so wäre dennoch die gesetzliche Regelung der Usucapio und ihre mögliche Anwendung auf die Manus, zu beachten. Durch das Trinoctium würde sich so der Wille der Frau, sich nicht zu manzipieren, erhalten bleiben. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Notwendigkeit des Trinoctiums schon länger im allgemeinen Rechtsgebrauch verneint wird, weil die Manus nach inzwischen allgemeinem Rechtsempfinden nicht ersessen werden kann. Dieser Wandel der allgemeinen Rechtsauffassung spiegelt sich aber zum Zeitpunkt des Verfassens dieses Kommentars nicht in den geltenden Gesetzen wider.


    Gegen eine Regelung ausschließlich für die Ehe spricht, dass die Forderung des andauernden Besitzes nicht immer gewährleistet werden kann. So könnte beispielsweise eine Sache innerhalb der Frist kurz verliehen werden. Aus der Sicht desjenigen, der die Sache ersitzt, wäre dies eine Verwendung wie sein Eigentum, während es sich bei objektiver Betrachtung um eine Unterbrechung der Frist handeln würde. Da aber der Ersitzende faktisch in die Rolle des Eigentümers eintritt, wäre eine wirksame Unterbrechung der Frist bereits bei kurzfristigem Verlust des Besitzes dem Zweck der Beendigung der Unsicherheit bezüglich des Eigentums, mithin der Herstellung von Rechtssicherheit durch Usucapio, abträglich. Insofern könnet auch ein dem Trinoctium entsprechendes Institut vorhanden sein, welches eine analoge kurzfristige Unterbrechung der Frist von weniger als drei Tagen gestatten würde.


    Dieses gibt der Wortlaut der Lex XII Tabularum allerdings nicht her. Auch ist zu bedenken, dass der Ersitzende bereits durch die Möglichkeit der Usucapio privilegiert ist. Denn diese ermöglicht ja gerade, dass Sachen durch Besitz in das Eigentum einer Person übergehen, wenn dieser Besitz länger als die Frist anhält. Hier auch noch weitere Erleichterungen des Fristerfordernisses anzunehmen, erschiene als unverhältnismäßige Bevorzugung des Ersitzenden, die so auch nicht dem Zweck der Usucapio entspricht. Denn Zweck der Usucapio ist vorrangig die Herstellung von Rechtssicherheit bezüglich des Eigentums, nicht jedoch die Verschaffung von Eigentum.


    Daher ist auch eine kurzfristige Unterbrechung der Frist bedingungsfeindlich für eine Usucapio.


    Die Dauer der Frist für die Usucapio beträgt grundsätzlich ein Jahr, für unbewegliche Sachen, zwei Jahre. Die Tabula VI, Lex XII Tabularum, nennt zwar explizit nur das Grundstück als unbewegliche Sache. Da im überlieferten Rechtsgebrauch aber nicht zwischen Grundstück, Haus und Landgut unterschieden wird und Immobilien allgemein unter den Begriff des Grundstücks im Sinne der Lex XII Tabularum subsumiert werden, erscheint eine Erweiterung auf unbewegliche Sachen jedweder Art geboten.


    Zu den unbeweglichen Sachen zählen auch Rechte an unbeweglichen Sachen. Dies lässt sich dadurch begründen, dass Rechte als vom Eigentum abgeleitete Sachen zu sehen sind. Ein Auseinanderfallen der Fristen für die Ersitzung der Sache und der davon abgeleiteten Rechte erscheint in diesem Kontext widersinnig.


    Von herausragender Bedeutung ist, dass der Erwerb der Sache, also die Übertragung des Besitzes, gutgläubig zu erfolgen hat. Musste der Erwerber von bösem Glauben sein, beispielsweise weil der Veräußerer ein bekannter Hehler ist oder bekannt ist, dass die Sache der Person, die sie veräußert, nicht gehört und diese Person auch keine Vollmacht zur Veräußerung vorweisen kann, so kann unabhängig von der Frist keine Usucapio erfolgen.


    Ganz eindeutig wird in Tabula VIII, Lex XII Tabularum, die Usucapio von Diebesgut abgelehnt. Das gilt auch dann, wenn man das Diebesgut gutgläubig erworben hat. Analog ist auch die Usucapio von Raubgut und sonstigen gewaltsam erworbenen Sachen zu sehen.


    Ferner kann auch eine ohne Absicht der Eigentumsübertragung zum Besitz überlassene Sache nicht ersessen werden. Beispiele hierfür sind die Vermietung oder der Verleih einer Sache. Im Zweifelsfall gilt der schriftliche oder bezeugte mündliche Vertrag als Beweis.



    IV. Wirkung der Usucapio


    Die Usucapio verschafft dem gutgläubigen Erwerber einer Sache nach Ablauf von einem Jahr, im Fall von unbeweglichen Sachen von zwei Jahren, das Eigentum an der während dieser Frist dauerhaft in seinem Besitz befindlichen Sache.


    Meine Meinung zur Wirkung einer Usucapio im Fall einer Ehe ad usum ist, dass diese dem allgemeinen Rechtsempfinden widerstrebt und deshalb abzulehnen ist.



    V. Anfechtung der Usucapio


    Die Usucapio kann grundsätzlich nur innerhalb der Frist angefochten werden. Die Laufzeiten der Fristen sind so festgelegt, dass der rechtmäßige Eigentümer ermittelt werden kann und genügend Zeit hat, sein Eigentum zu beanspruchen.


    Der rechtmäßige Eigentümer kann die Sache vom Besitzer zurückfordern. Dieses kann er sowohl privat gegenüber dem Besitzer, als auch vor den zuständigen Gerichten.


    Grundsätzlich sind die Praetores zuständig, wobei eine Res nec mancipi gemäß Lex Mercatus auch vor den Aediles eingefordert werden kann.


    Zunächst wird davon ausgegangen, dass derjenige, der die Sache ununterbrochen besessen hat, auch der Eigentümer ist. Entsprechend hat derjenige, der das Eigentum beansprucht, einen Beweis für seine Eigenschaft als Eigentümer vorzulegen. Gelingt ihm dieses nicht innerhalb der Frist, so geht die Sache nach Ablauf der Frist in das Eigentum des Besitzers über.


    Soll eine Anfechtung nach dem Ende der Frist erfolgen, so hat derjenige, der sich auf eine erfolgreiche Usucapio beruft, zu belegen, dass er die Sache zu Beginn und Ende der Frist besessen hat und der Erwerb gutgläubig erfolgte. Ein Beweis des ununterbrochenen Besitzes ist in der Regel nicht möglich, da in diesem Fall für jeden Augenblick des Besitzes ein Zeuge vorhanden sein müsste. Um hier nicht die Regelung der Usucapio ad absurdum zu führen, ist der Beweis des ununterbrochenen Besitzes abzulehnen.


    Derjenige, der den Erwerb durch Usucapio anfechten will, hat entweder zu belegen, dass die Frist unterbrochen wurde, so dass diese noch nicht vollständig abgelaufen ist, oder zu beweisen, dass der Erwerb der Sache nicht gutgläubig erfolgt sein kann. Auch der Beweis, dass die Sache gestohlen, geraubt oder sonstwie gewaltsam entwendet wurde, hebt die Usucapio auf.


    Im Fall einer Anfechtung einer Usucapio in Verbindung mit einer die Usucapio verhindernden Straftat, beispielsweise Diebstahl, empfiehlt sich die Verhandlung vor dem gleichen Gericht. Dies ist durch den rechtmäßigen Eigentümer oder eine durch ihn bevollmächtigte Person vor dem Praetor zu beantragen.



    VI. Bewertung der Usucapio


    Die Usucapio ist ein geeignetes Instrument, um Rechtssicherheit in Eigentumsfragen herzustellen.


    Ein besonderer Nutzen zeigt sich, wenn quiritisches Recht und prätorisches Recht auseinanderfallen, beispielsweise beim Erwerb einer Res mancipi durch Traditio. Nach prätorischem Recht wird in diesem Fall das Eigentum durch Übergabe übertragen, während es nach quiritischem Recht der Mancipatio bedarf. Verzichtet man dennoch auf die Mancipatio, wie es inzwischen usus ist, so ist nach Ablauf der Frist der Usucapio das Eigentum auch erfolgreich nach quiritischem Recht übertragen.


    Ein anderer Fall wäre ein ungeklärtes Erbe, beispielsweise mangels bekannter Erben. In diesem Fall ist auch dann das Eigentum erfolgreich übertragen worden, wenn die Frist der Usucapio abgelaufen ist und zwar auch dann, wenn sich danach doch noch Erben finden sollten.


    In beiden Fällen zeigt sich, dass durch Usucapio eine Rechtssicherheit hergestellt wird, die andernfalls auf unbestimmte Zeit nicht gewährleistet werden könnte. Ohne diese Rechtssicherheit wäre die Nutzung des Eigentums faktisch unmöglich, da stets mit einer Entziehung des Eigentums gerechnet werden müsste. Das ist aber nicht im Interesse der Gesellschaft, da Eigentum in der Regel einen Nutzen in Form von Waren oder anderen Nutzungen erbringen soll. Vor allem würden Investitionen in das Eigentum ohne Usucapio auf unbestimmte Zeit verhindert.


    Sim-Off:

    Literatur: 1) Gaius, Institutiones, herausgegeben und übersetzt von Ulrich Manthe, 2. Aufl., Sonderausgabe 2015, WBG (Übersetzungen/Deutungen der Originalen Textfragmente durch mich weichen teilweise von der Übersetzung durch Manthe ab). 2) Das Zwölftafelgesetz, Texte, Übersetzungen und Erläuterungen von Rudolf Düll, 1995, Artemis & Winkler.

    Es gab immer noch eine offene Frage, zu der ich mir noch keine Meinung gebildet hatte: War eine Analogie zum Trinoctium bei der Usucapio zulässig? Was sprach dafür, dass es eine Regelung ausschließlich für die Ehe war?


    Für eine Regelung nur für die Ehe:


    - Eine Ehefrau ist grundsätzlich geschäftsfähig

    - Sie kann ihren eigenen Willen artikulieren

    - Ist die Frau sui iuris, kann sie sich selbst manzipieren

    - Ohne Selbst-Mancipatio sollte keine Manus gegen ihren Willen eintreten

    - Trinoctium schützt vor Manus gegen den Willen der Frau

    - Wortlaut Tab VI L XII Tab


    Für eine allgemeine Regelung:


    - Ersitzender verwaltet Besitz wie Eigentum

    - Kurzfristiger Verleih sollte Eigentum nicht aufheben

    - Zerstörung der Rechtssicherheit


    Gegen allgemeine Regelung:


    - Ersitzender ist bereits privilegiert

    - Usucapio dient nicht vorrangig dem Erwerb von Eigentum

    - Erleichterung des Fristerfordernisses wären unverhältnismäßige Bevorzugung


    Ich sah mir meine niedergeschriebenen Gedanken eine Weile an. Ja, daraus ließ sich eine Meinung ableiten. Eine, die sachlich fundiert war und nicht einem inneren Gefühl folgte.


    So setzte ich mich an eine leere Schriftrolle und schrieb fast die ganz Nacht hindurch.

    Ad Titum Aurelium Romanum

    Villa Aurelia

    Roma


    Ab Aulo Iunio Tacito

    Domus Iunia

    Roma


    Geschätzter Titus Aurelius Romanus,


    Ich erlaube mir, Dir Auslagen in Höhe von LX Aurei in Rechnung zu stellen. Diese habe ich ausgegeben, um wie mit Dir besprochen eine Suche nach Galeo Curtius Collantinus in Auftrag zu geben. Die Suche erstreckt sich über einen Zeitraum von zehn Tagen auf das gesamte Gebiet der Stadt Rom.


    Ferner habe ich im Erfolgsfall III Aurei als Bonus vereinbart. Diese stelle ich noch nicht in Rechnung, da die Grundlage hierfür noch nicht vorliegt.


    Ich gehe nach unserem Gespräch davon aus, dass mein Vorgehen in Deinem Sinn war und bitte Dich, den genannten Betrag zum Domus Iunia überbringen zu lassen.


    Ich hoffe, dass die Götter uns bei unserer Suche gewogen sind.


    Aulus Iunius Tacitus

    Nachdem ich die Kreuzweg-Brüder verabschiedet hatte, zitierte ich Begoas zu mir.


    "Domine?" fragte er, als er die Bibliothek betrat.


    "Begoas, du wirst einen Brief zur Villa Aurelia bringen," sprach ich, während ich schrieb.


    "Ja, Domine."


    "Du weißt, wo die Villa Aurelia ist?"


    "Ja, Domine."


    "Gut."


    Ich schrieb den kurzen Brief zu Ende, faltete und siegelte und ihn und gab ihn Begoas.


    "Diesen Brief. Sofort."


    "Zur Villa Aurelia?"


    "Habe ich doch gesagt. Also los, der kommt nicht von selbst ans Ziel zur Villa Aurelia. Na los, Abmarsch!"


    Die erneute Erwähnung des Ziels war eine Vorsichtsmaßnahme von mir. Schließlich wollte ich auf Nummer sicher gehen, dass der Sklave mich verstanden hatte. Er verließ die Bibliothek eilenden Schrittes, während ich mir eine Wachstafel nahm, um Notizen zu meinem nächsten Kommentar zu machen.

    Ich rieb mir nachdenklich den Bart.


    "Ich frage mich, auf welcher Seite ich lieber stehen würde. Lukrativer wäre es sicher, Privatleute zu vertreten. In solchen Fällen würde ich aber ein Honorar ohne Bedingungen vereinbaren, und das schriftlich. So etwas macht man ja nicht auf Erfolgsbasis. Andererseits wäre es sicher auch reizvoll, im Sinne der Res Publica an der Abwehr solcher Klagen mitzuwirken. Dem entgegen würde aber der Alltag in der Administratio stehen. Da ist das Dasein eines freien Juristen deutlich vielseitiger. Das behaupte ich zumindest mangels besserem Wissen und auf Grund von Hörensagen."

    "Und was können die Juristen in der kaiserlichen Administratio bewirken, wenn die Leute die Büros einrennen? Wären da nicht die Cohortes Urbanae die bessere Truppe?"


    Ich überlegte mir gerade, wie ich wütenden, nicht ganz einflusslosen Personen gegenübertreten würde, deren Wasseranschluss gerade trocken gefallen war. Mit Gesetzen drohen war da sicher nicht hilfreich und würde die Leute wahrscheinlich nur noch wütender machen.

    "Die Priorisierung macht sicherlich Sinn. Als letztes geht den öffentlichen Brunnen das Wasser aus, nehme ich an?"


    Alles Andere würde den öffentlichen Frieden riskieren.


    "Das Thema Wasser ist gar nicht mal uninteressant, wenngleich ich als Jurist dort eher falsch aufgehoben wäre. Aber interessant ist es."

    "Ja, so habe ich den Praetor auch kennengelernt. Er erfüllt seine Aufgabe wirklich gut. Ich denke, das wird bei dir nicht anders sein."


    An meinem Tonfall war erkennbar, dass ich hier kein Kompliment machte, sondern schlichte Fakten von mir gegeben hatte.


    "Das sind gute Neuigkeiten für Rom. Und natürlich auch für dich, wobei ich mir die Leitung einer Baustelle auch recht spannend vorstelle. Vor allem bei einer so großen Baustelle. Die Theorie kenne ich natürlich, aber in der Praxis wäre das schon interessant. Nicht dauerhaft, aber einmal zum Abgleich von Theorie und Praxis. Die normale Arbeit eines Curator Aquarum ist vermutlich auch anspruchsvoll. Und eine verantwortungsvolle Position. Quiriten reagieren doch eher ungehalten, wenn ihre Wasserversorgung nicht funktioniert. Doch bisher kann zumindest ich mich nicht beschweren. Du machst also entweder etwas richtig oder zumindest nichts so gravierend falsch, dass ich es bemerken würde."


    Grinsend zuckte ich mit den Schultern.


    "Eigentlich ist es auch irrelevant, so lange mein Wasseranschluss funktioniert."

    "Danke der Nachfrage, Patrone. Die Geschäfte, wenn man es denn so nennen will, laufen gut. Oder sagen wir es so: Ich habe jetzt so ziemlich jedes verfügbare Mandat angenommen. So habe ich mir einen Namen gemacht. Und natürlich dadurch, dass ich die große Mehrheit meiner Fälle gewinne. Leider hat dadurch meine Arbeit an Kommentaren gelitten. Doch nun lasse ich es wieder etwas ruhiger angehen. Die größeren Fälle melden sich inzwischen bei mir. Außerdem glaube ich, dass der Praetor Urbanus ganz froh ist, mich nicht mehrmals täglich zu sehen."


    Ich grinste.


    "Gestern grüßte er mich bei meiner zweiten Verhandlung jedenfalls mit den Worten 'Oh nein, du schon wieder!' Allerdings lächelte er dabei. Übrigens soll ich dich vom Praetor grüßen. Er freut sich, das Amt an dich übergeben zu können."


    Damit hatte ich auch das erledigt. Wenn einen ein Prätor schon einmal um etwas bat, erfüllte man es natürlich auch.


    "Und natürlich habe ich noch den Fall, den ich für Titus Aurelius Romanus bearbeite. Aber auch dort ist es aktuell zumindest für mich etwas ruhiger geworden."


    So viel wollte ich eigentlich gar nicht reden.


    "Und wie sieht es bei dir aus, Patrone? Ich hoffe, dass du wenigstens ein wenig Ruhe vor dem Sturm hast, zwischen Wahlkampf und Amtsantritt."

    In letzter Zeit war ich stets recht kurz angebunden bei den Salutationes, da ich reich mit Mandanten gesegnet war. Falls man denn von "Segen" sprechen konnte. Viele Fälle waren ziemlich langweilig und die Mandanten zugleich sehr fordernd, man könnte auch sagen ziemlich impertinent, doch gehörte das zum Dasein eines Advocatus dazu. Zumindest war ich zunehmend gefragt, was ich einerseits auf meinen Kommentar, andererseits aber auch auf meine Erfolgsbilanz in der Basilica Ulpia zurückführte. Doch heute hatte ich mir den gesamten Tag frei gehalten. So mein Patron ein längeres Gespräch führen sollte, war ich also diesmal durchaus dazu bereit.


    Ich wartete geduldig in der Schlange, bis mich Ursus zu seinem Herrn vorließ.

    Ich stand auf und reichte beiden die Hand.


    "Gut, dann wäre dieses Geschäft rechtsgültig."


    Dann geleitete ich sie zur Porta und verabschiedete mich, wobei ich ihnen Fortunas Segen bei der Suche wünschte.

    Ich nickte und füllte die Münzen wieder in den Beutel zurück, den ich daraufhin den Männern reichte.


    "Dann wäre mein Teil des Geschäfts erledigt. Sobald ihr Informationen habt, solltet ihr diese unverzüglich mit mir teilen. Wenn ihr Galeo Curtius Collantinus gefunden habt, könnt ihr ihn jederzeit in dieses Haus bringen. Ich werde mich dann um die nötige Gastfreundschaft kümmern und meinen Mandanten informieren."


    Während ich noch einmal auf den Wein deutete, sprach ich.


    "Möchtet ihr noch Wein?"

    Ich nahm einen Schluck. Kurz darauf kam ein weiterer Sklave mit einem Beutel herein. Er stellte diesen klimpernd auf den Tisch, der mir am nächsten stand.


    "Danke, du kannst dich entfernen."


    Der Sklave nickte kurz und ging, während der Sklave, der für die Bewirtung zuständig war, selbstverständlich blieb.


    Ich ging zu dem Tisch und stellte meinen Glasbecher ab. Den Beutel entleerte ich auf den Tisch, wobei sich etliche goldene Münzen ergossen. Konzentriert ordnete ich diese zu Stapeln zu je zehn Aurei. Ich hatte genau sechs Stapel vor mir und machte einen Schritt zurück, wobei ich auf den Tisch deutete.


    "Möchtet ihr zur Sicherheit noch einmal nachzählen? Auch wenn ich mich noch nie verzählt habe, bin ich doch auch nicht unfehlbar."


    Natürlich verzählte ich mich nicht, aber so konnte ich ihnen die Möglichkeit geben, selbst nachzuzählen, ohne dass es als Misstrauen erschien.

    Ein Sklave brachte ein bronzenes Tablett mit zwei gläsernen Karaffen, einer mit Wein und einer mit Wasser, sowie drei Glasbechern, herein und stellte es auf einem Tisch ab. Dann brachte er jedem der Anwesenden einen Becher und goss Wein und Wasser ein. Ich hatte mich für einen sehr guten Rotwein entschieden.


    Ich hob meinen Becher ein wenig an.


    "Auf eine erfolgreiche Suche."

    Ich nahm den Becher entgegen und betrachtete den darin befindlichen Aufguss. Der Geruch war auf jeden Fall nicht abstoßend. Allerdings entschied ich, es noch etwas abkühlen zu lassen.


    "Nun, leider haben uns unsere Vorfahren nicht den Gefallen getan, uns ihre Gedanken zur Mancipatio zu überliefern. Allerdings frage ich mich, da sie älter als die Zwölf Tafeln zu sein scheint, ob unsere Vorfahren damals überhaupt schon etwas schriftlich festgehalten hatten. Denn auch die Schrift muss zuerst einmal entwickelt werden. Wie bei jeder Entwicklung, bedarf es dazu der Notwendigkeit, des Nutzens, oder der Zeit und Gelegenheit. Wobei wir dann bei der Spekulation wären, was die Altvorderen wann gemacht haben. Und die ist ohne schriftliche Aufzeichnungen noch unsicherer als die Spekulation, was sie gemeint haben."


    Ich grinste kurz und nahm ich einen Schluck Tschai. Das Gebräu war bitter, aber doch irgendwie lecker. Faszinierend.


    "Abseits aller Spekulation kann ich natürlich froh sein, dass unsere Vorfahren uns ihre Gedanken zur Mancipatio nicht hinterlassen haben. Sonst hätte ich keinen Kommentar dazu schreiben können."

    Ich nahm ebenfalls Platz.


    "So lange wir auf den Wein warten, können wir die Zeit sinnvoll nutzen. Euch fehlt noch eine Beschreibung der gesuchten Person. Der Mann heißt Galeo Curtius Collantinus. Er ist mittelgroß, mit kurzem weißen Haar und einem ebenso weißen Bart. Wenngleich er aus Massilia stammt, spricht er mit Sicherheit keinen lokalen Dialekt."


    Dessen war ich mir auf Grund Coiras Lateinkenntnissen sicher.


    "Ihr könntet nun zu Recht einwenden, dass diese Beschreibung auf ziemlich viele ältere Römer zutrifft. Doch zwei Dinge, die zu einer deutlichen Einschränkung des Personenkreises führen sollten. Er trägt ein Amulett in Form eines Radkreuzes. Das sollte nur auf sehr wenige Bürger zutreffen. Und er sucht selbst jemanden. Seine Tochter. Obwohl er sicher vorsichtig ist und sie als seine Schülerin bezeichnen wird. Sie ist eine junge Frau, eher klein, mit blauen Augen und braunen Haaren."


    Bevor hier wieder seltsame Vermutungen aufkamen, sprach ich weiter.


    "Keine Sorge, sie ist in Sicherheit und es geht ihr gut. Mein Mandant beschützt sie, so gut er kann."