Beiträge von Iunia Matidia

    Das, was Matidia hauptsächlich durch den Kopf ging, während sie sich umkleidete, war, dass sie gespannt war. Der Ausritt, es war spannend, wohin es gehen würde, und vor allem ob Sabaco nun eines oder zwei Pferde hätte. Das machte durchaus einen Unterschied, denn erstens konnte sie zwar ein wenig reiten, aber es war eher etwas, was sie als junges Mädchen des Spaßes halber getan hatte, als dass eine römische Frau so etwas üblicherweise tat, und zweitens mochte es dann wiederum sein, dass man zu zweit auf einem Pferd säße. Was ihre Gedanken in ganz andere Richtungen lenkte, die mit dem Anstand einer römischen Frau wenig zu tun hatten, sie aber auch ein wenig nervös machten.


    Sie hatte keine Angst, aber natürlich Respekt vor Pferden, so, wie es auch vernünftig war. So ein großes, starkes Tier mochte ruhig erscheinen, aber man wusste nie, wozu es fähig war oder womit man es reizte. Im Grunde erinnerte es sie ein wenig an Sabaco, weshalb sie zwar zu dem Pferd hinüber ging und ihm nach kurzem Beschnuppern eine Hand auf den Hals legte, aber dabei auch den Mann musterte.

    Als er den germanischen Gott erwähnte, wurde sie deutlich skeptischer. "Hoffentlich reitet uns dieser Barbarengott nicht in den Rhenus.", meinte sie, nicht einmal ganz unernst, schaute dann aber wieder zu Sabaco. "Als Kind ein paar Male. Aber länger nicht mehr. Du wirst die Zügel übernehmen müssen.", antwortete sie ihm dann, und war sich keiner Doppeldeutigkeit bewusst.

    Falls Sabaco plante, sie jeden Morgen zu so einer unmenschlichen Zeit zu wecken, würde er sich wohl recht bald etwas anderes wünschen. Nun, natürlich konnte Matidia sich auch die gewissen Vorzüge, die so etwas mit sich brachte, recht gut vorstellen, aber sicherlich wollte sie nicht jeden Morgen zu einer Zeit aufstehen, zu der sich eigentlich nur Sklaven von ihren Schlafstätten erhoben haben sollten, um ihr einen möglichst angenehmen Vormittag zu bescheren. Zumindest war dies das Leben, welches die junge Frau im Grunde wollte und kannte.


    Entsprechend schaute sie auch eher skeptisch, als er einen zweifelhaften Vorzug der Kälte pries. Wollte man denn wirklich, dass die Menschen zusammenrutschten? Mit jedem? Nein, sicher nicht. Klar, sie drückte sich gerne an die starke Brust des Mannes vor ihr, aber es gab soviel Gesindel… Nein, Danke. Es war aber zu früh und nicht der richtige Moment, um sich dabei auf eine Diskussion einzulassen, die ihm am Ende nur seinen falschen Gedankengang zeigen würde. In einem Anfall von Milde verzichtete sie gerne darauf und legte sich stattdessen das Tuch um.



    Es war Sabaco anzusehen, was er dachte und wollte. Immerhin war auch ihr klar, dass er nicht ohne triftigen Grund so früh hier sein mochte, es drängte ihn vermutlich. Das war ein gutes, wenn auch vorhersehbares Zeichen, immerhin war er ein Mann. Alles Andere hätte sie wohl enttäuschen sollen.


    Sie schmunzelte daher wissend und warf sich noch einmal kurz in Pose, da immerhin dieser Moment ihnen gehörte und er gerne sehen durfte, was ihn erwartete. Immerhin wusste sie selbst das nicht direkt, aber das musste er wiederum nicht wissen.


    „Natürlich. Ich ziehe mich um.“ Sie verabschiedete sich vorerst mit einem Nicken und kehrte in ihre Kammer zurück, wo sie eine Sklavin herbeirief, die ihr behilflich war, ihre Frisur eilig zu richten und mit einem Mantel zu Sabaco zurück zu kehren, nachdem er gebührend gewartet hatte.


    „Ich bin soweit.“

    Tatsächlich war der Anblick, der sich dem Soldaten bot, keiner, der für seine Augen gedacht war. Natürlich war Matidia nicht unbedingt unschicklich gekleidet, und sicher sah sie so vielleicht sogar noch ein wenig natürlicher und besser aus, als nach einer Stunde bei der ornatrix und in sorgsam gelegter Kleidung, aber es war eben unerwartet und zu spontan. Sie lächelte dennoch, denn sie freute sich, ihn zu sehen. Es war definitiv ein Glücksfall, Sabaco hier getroffen zu haben, denn er machte das Leben nördlich der Alpen erträglich und ließ sie ihre eigentlich eher missliche Lage vergessen. Vermutlich könnte er ihr sogar helfen, was den weiteren Transport und die Sicherheit ihrer Mutter anbelangte? Es wäre auf jeden Fall etwas, was ihr nochmals imponieren würde.

    Sie ließ sich umarmen und schlang auch ihre Arme um ihn, drückte ihn an sich. So groß und stark, er fühlte sich gut an, auch, wenn ihr wirklich kalt war, so früh am morgen. Es bestand natürlich die Möglichkeit, ihn an ihr Lager einzuladen, aber das wäre wohl selbst in Mogontiacium ein kleiner Skandal. Die Idee gefiel ihr trotzdem und sie sah ihn nachdenklich an, als er sprach, mit den Gedanken gänzlich anderswo.


    „Es ist auch schrecklich kalt in diesem Land!“, stellte sie leicht wütend fest, und niemand würde das bei ihrem Ton leugnen, selbst wenn die Sonne den Rhenus austrocknen würde. Warum konnten diese Barbaren nicht einfach im Süden wohnen? Es würde alles einfacher machen und dann wären sie sicher auch weniger … barbarisch? Vermutlich waren sie einfach nicht schlau genug, um das zu verstehen.

    Sie öffnete das Paket und entfaltete dann das Tuch. Zunächst war der Blick fragend, aber nicht kritisch, doch schnell war sie begeistert. Natürlich hatte sie ähnliche Stoffe schon gesehen, allerdings machte dieses Wissen das Tuch nicht schlechter, sondern es ließ sie eher zu schätzen wissen, welchen Wert es hatte. Matidia ließ den einfachen Verpackungsstoff fallen, nahm das Tuch in beide Hände und fühlte es, roch daran und legte es sich dann probeweise einmal um die Schultern, wobei sie sich vorher einmal vor dem Mann vor sich strecken musste, was sie aber gar nicht so wahrnahm. Das Tuch war wunderbar weich, warm und ja, der Geruch gefiel ihr ebenfalls.

    Ihre Augen leuchteten. „Ich danke dir, Sabaco! Es ist wunderschön. Möchtest du mich darin durch die Stadt führen?“, fragte sie mit leicht weichen Knien und wäre ihm überallhin gefolgt.

    Arbeit war ein Luxus, den Matidia nicht hatte, und hier im hohen Norden hatte die junge Frau auch sonst nur sehr wenig Beschäftigung oder soziale Kontakte. Nachdem sie sich also ausreichend, natürlich nur für sich selbst, über ihre eigene Dummheit geärgert hatte, bis sie zu dem Schluss gekommen war, dass sie durchaus das Richtige getan hatte, und nun eben durchhalten musste, sorgte sie dafür, dass sich um die Casa Iunia und ihre Mutter in dieser Woche wirklich äußerst gut gekümmert wurde. Ein ausreichender Zeitvertreib, auch wenn sie auf dem Weg ins Lager der Soldaten immer wieder nach Sabaco Ausschau hielt, auch wenn sie nicht wirklich wusste, wo sie nach ihm zu suchen hatte. Er war ein Soldat, da war er doch sicher dort irgendwo in der Nähe, oder?


    Sonderlich erfolgreich war sie damit nicht, also bereitete sie sich auf das Treffen vor, ließ sich in der Therme die Körperbehaarung schmerzhaft zupfen, schlief viel und war am entsprechenden Tag dann doch sehr aufgeregt. Für den Mittag hatte sie eine ornatrix bestellt, die ihr eine Frisur machen sollte, denn sie wollte ja für den Abend gerüstet sein. Denn natürlich würde das Treffen mit dem Mann am Abend stattfinden. Oder? Wie denn sonst? Klar, man hatte keine Stunde vereinbart, woran Sabaco selbst schuld war, mit seinem Kuss, aber Matidia war einfach davon ausgegangen, dass er erneut abends vorbeischauen würde. Eventuell im Laufe des Tages. Aber keinesfalls schon morgens, in der Früh.


    Das große Leid war, dass die Dienerschaft hier in Mogontiacum nicht denselben Standard hatte, wie daheim in Rom. Ihre Mutter war ebenso nicht hier, und auch sonst anscheinend niemand, so klar war das nicht, als an diesem Morgen jemand an die Tür klopfte. "Macht mal jemand auf?", rief sie unmotiviert und leicht genervt von ihrem Lager, obwohl sie nun ja ohnehin schon wach war. Doch nichts rührte sich, sodass die junge Dame sich erhob und sich eine warme Tunika überwarf. Es war kalt in Germanien, und sogar sie lernte dazu.


    Es dauerte dann nicht mehr lange, bis sie an der Porta war und die Tür recht zügig aufriss. Kalte Luft strömte schnell hinein, und dennoch hatte sie keine Zeit, ihre relative Blöße, dank der Kälte noch exponierter, zu bedecken, denn ihre Augen wurden groß, als sie den Mann dort sah. "Sabaco! Du? Jetzt?", stieß sie hervor, lächelte dann aber, mehr als nur erfreut.

    Natürlich Rom. Was kam denn nach Rom? Lange nichts, und dann irgendwann andere Städte, Mogontiacum und Tarraco waren da sicher eher nicht auf den oberen Plätzen, aber natürlich war ein persönlicher Bezug auch sehr wichtig. Für jemanden, der in Rom aufgewachsen war, wie Matidia, war die Frage aber nicht wirklich diskutabel, das sollte klar sein, ob er nun der Mann war oder nicht. So eine Reise sagte ja auch viel über den Stand aus, und wer wollte schon als Hinterwäldlerin gelten? Natürlich würde die junge Frau das dem Mann vor sich nicht so direkt sagen, dafür war er ihr jetzt schon zu sympathisch. "Klingt so, als wäre es für uns gemacht.", befand sie schulterzuckend und im vollen Ernst zu seiner Erzählung der Casa Matinia. Leicht zufriedenzustellen mit dem Allerbesten, eine sehr einfache Grundregel im Umgang mit Matidia.


    Während sie noch über die Zukunft nachsann, wurde sie von der Gegenwart überrumpelt. Sabaco drückte seine Lippen einfach auf die ihren. Zwar zog er sich rasch wieder zurück, aber nur, um sie anzugrinsen. Das war zu viel für die junge Dame, die von der Welt und den Männern noch nie so viel erfahren hatte, wie in diesen letzten Tagen in Germania. Mit offenem Mund starrte sie den Decurio an und wich einen Schritt vor ihm zurück. "Das... Aber..." Sie blinzelte. Falls man ihr an diesem Abend anmerkte, dass sie eben doch nicht so viel Erfahrung hatte, wie sie es gerne vorgab, dann jetzt, als es ernst wurde. Vor allem, weil ihr Körper ihr sagte, dass es ihr gefiel, ihr Bauch voller Schmetterlinge zu sein schien und nur ihr Kopf Einwände hatte. "Das war nicht erlaubt.", sagte sie, schmunzelte dabei aber, auch wenn es ein wenig an Selbstsicherheit verloren hatte. "Gute Nacht, Decurio.", sagte sie rasch, und legte den Rest der Strecke zur Casa allein zurück. Ob unbewusst oder nicht, zog sie ihre Tunika dabei enger um sich, was dafür sorgte, dass der Mann hinter ihr die runden Formen ihres Hinterns nur umso besser unter dem Stoff erblicken durfte. Vor der Tür wandte sie sich nochmal herum, hob eine Hand, bevor sie im Haus verschwand, die Tür hinter sich schloss, sich dagegen lehnte, sich auf die Unterlippe biss und die Augen schloss. Was für ein Abend. Und nun? Eine Woche? Wie dumm war sie nur! Wie konnte sie nur auf eine Woche kommen? Was sollte sie morgen, was sollte sie bis dahin nur machen?

    Matidia nickte artig, als Scato wieder sprach. Sie war nicht freiwillig hier, es war nicht einmal geplant gewesen, daher fiel es ihr erstaunlicherweise leichter, mit den Umständen zurechtzukommen, weil es eben Schicksal war und nichts, was sie hätte beeinflussen können. Immerhin, man war wenigstens in Mogontiacium und nicht in irgendeinem Barbarendorf. Wobei Letztere ja auch durchaus hier anzutreffen waren. „Ich werde einiges zu erzählen haben, sobald wir wieder daheim sind.“ Sie ging noch immer davon aus, dass ihre Mutter bald gesund werden würde und man die Reise fortsetzen könnte.



    Als Scato dann von der Krankheit, von diesem Fieber erzählte, wurde sie sehr hellhörig, denn natürlich kam ihr auch dabei sofort ihre Mutter in denn Sinn. Was, wenn sie ebenfalls daran erkranken würde? In ihrem geschwächten Zustand wäre das sicher eine Katastrophe!


    Zunächst machte Matidia sich wirklich große Sorgen, doch später erklärte der Mann ja, dass man die Kranken nun heilen könne. Das war gut. Man würde sich ja vermutlich bevorzugt um eine Frau wie sie kümmern, wenn nicht, würde Matidia dafür schon sorgen! „Es ist vielleicht doch keine so gute Idee, dass meine Mutter sich mitten im Lager der Soldaten aufhält?“, überlegte sie laut. Natürlich bewegte diese sich dort nicht, aber die Krankheit war dort ja vorhanden.



    Als Scato von ihrem Bruder berichtete verschwanden diese Bedenken aber zunächst, denn von Tacitus zu hören war sehr erfrischend und keine Alltäglichkeit. Bei ihm liefen die Dinge sehr rund, wie es schien, und es klang so, als würde er Vaters Erbe antreten. Was kein Wunder war, denn: „Er ist mein Bruder, ich habe nichts anderes erwartet.“, sagte sie und meinte das durchaus ernst. Es wäre schon sehr verwunderlich, wenn ihr Bruder ihr nicht ähnelte, sondern seinen Kopf nicht einzusetzen wüsste. Dennoch war es schön, eine Bestätigung zu hören. „Danke.“, meinte sie halblaut, als Scato den Gruß weiterleitete.



    Nur halblaut, da Scato ihr kleines verhaspeln wohl mitbekommen hatte und nun darauf einging. Das ließ sein Grinsen vermuten, und nachdem sie sich kurz ärgerte, dass ihr so ein Fehler unterlief, sie sich dann kurz ertappt fühlte und schließlich ebenfalls lächeln konnte, antwortete sie. Es war ja kein Geheimnis und sollte es auch nicht sein! „Ein Mann.“, erklärte sie, falls das nicht klar war. „Ein Decurio, der mich ins Theater ausgeführt hat.“ Sie war durchaus stolz, dass sie so schnell so etwas erlebt hatte, und man sah ihr sicherlich am Glanz ihrer Augen und dem Strahlen ihres Gesichts an, dass das Theater dabei recht nebensächlich gewesen war.

    Kühl war es in der Tat, daran hatte auch die Römerin sich noch lange nicht gewöhnt. Vermutlich würde das auch so schnell nicht passieren, jeder normale Mensch würde Wärme der Kälte vorziehen, alle Anderen waren logischerweise Barbaren oder neidisch, und jeder wollte gerne in der Position des Römischen Reichs sein, das allein erklärte ja schon alles, zumindest für Matidia, und darauf kam es ja am Ende an, nicht wahr?

    Tatsächlich war die Kälte ihr aber gerade egal, Matidia war vielleicht glücklich, zumindest aber äußerst zufrieden und sehr beschwingt nach diesem Abend. Dennoch spürte sie die gefallenen Temperaturen natürlich, man sah es ihr wohl auch an, sei es an der Gänsehaut oder gar unter ihrer Tunika. Auf seine Erklärung hob sie eine Braue. "Die sollte wohl eher nach Rom führen.", stellte sie fest. Nicht, dass sie dieses Tarraco nicht auch mit einem eventuellen Ehemann besuchen wollte, aber Rom war Rom, da kam man nicht drum herum.


    Seine Antwort auf ihre eigentlich Frage brachte sie dann aber dennoch kurz zum Überlegen. Sie hatte Zeit, so gut wie immer, außer sich um ihre Mutter zu kümmern, was andere für sie übernahmen, gab es kaum etwas, was sie hier tun konnte. Dennoch durfte sie dem Mann hier das nicht zeigen, immerhin wollte sie ja eine ehrbare, beschäftigte Frau sein. "Wie wäre es also in genau einer Woche?", gab sie nach etwas zu langem Grübeln an. "Das könnte ich einrichten." Wenn es Sabaco ernst war, würde es eine harte Zeit bis dahin werden, aber sie würde es sicher wert sein für ihn.

    Gerne nahm sie den angebotenen Platz an und setzte sich anmutig, legte die Hände auf ihren Oberschenkeln über einander und schaute gar zauberhaft aus. "Mich interessiert fast alles. Ich kenne mich mich hier noch nicht gut genug aus.", erklärte sie und das war die Wahrheit. Alles konnte interessant sein, man wusste ja nie, wem man so über den Weg lief. Wer hätte gedacht, dass sie sich nun schon wieder für einen Soldaten interessieren würde?

    "Was schreibt mein Bruder? Und was hat es mit diesem Fieber auf sich?" Unwillkürlich schaute sie auf ihre Hände, überprüfend, ob diese vielleicht irgendwie anders, krank, aussahen, bevor sie Scato wieder anschaute. "Mir? Mir geht es gut! Ausgezeichnet! Das hier ist zwar nicht Rom, aber ... Man hält es aus." Sie lächelte wissend. "Ich habe schon interessante Mä... Leute getroffen."

    Matidia folgte ihrem neuen Beschützer, Krieger und Verehrer durch die nächtliche Stadt, welche ihr unbekannt war. Es war ein seltsames Gefühl, zumal, abseits des Theaters, mit der Zeit immer weniger Menschen unterwegs waren und man dann irgendwann allein war. Allein mit ihm, mit Sabaco, sie, als ehrbare junge Frau, unverheiratet. Riskant war es, keine Frage, aber genau das, was sie mochte. Zumal es ihr, hier, so weit fort von Roma, auch egal war. Sie war ihr eigener Herr, und ihre Mutter hatte andere, weitaus ernste Sorgen.


    Sie dreht sich zu ihm und ließ den Moment noch etwas wirken. "Natürlich.", stellte sie fest. "Hast du da Zweifel gehabt?" Sie hob eine Braue, schmunzelte aber auch. Natürlich wollte sie einen selbstbewussten Mann, aber sie wusste auch, dass er wissen musste, wie begehrt sie war. Nur dann konnte er ihren Wert zu schätzen wissen. Sie klopfte ihm mit einer Hand auf die Hüfte. "Zeigst du mir deine Stadt?" schlug sie direkt etwas vor.

    Dass er sie küssen wollte war nicht überraschend. Das wollten sicher viele, und Matidia erwartete im Grunde nichts anderes. Allerdings fühlte es sich heute Abend anders an, und sie war nicht berechnend, sondern ehrlich. Das war neu für sie, aber es störte sie nicht. Denn sie konnte gar nicht so genau darüber nachsinnen, sondern es passierte einfach! Und ihrem Körper nach, ihren schmerzend harten Brüsten und dem Kribbeln in ihrem Bauch, machte sie hier keinen Fehler, sondern das einzig richtige.

    Sie war ein wenig enttäuscht, dass er sie nicht an sich zog, aber dafür war sie denn eben doch zu unbedarft. Sie wusste schlicht nicht um das Problem eines Mannes, wenigstens nicht in diesem Moment, es war ihr nicht bewusst.


    Dennoch war sie nur ein wenig verstimmt, als sie ihm folgte.

    Hallo zusammen,

    ich war schon in den letzten zwei Wochen nicht so ganz anwesend und das wird sich auch leider noch ein wenig ziehen. Ich melde mich daher lieber bis etwa Ende Juli so halb ab, versuche zwischendurch aber dennoch zu antworten. Entschuldigt bitte!

    Man durfte ruhig mitbekommen, wenn Matidia sich näherte. Die Rolle, die sie für sich selbst als angemessen und praktikabel befunden hatte, war häufig ein wenig aufgesetzt, aber sie hatte sich auch sehr gut darin eingefunden. In Rom war sie gar nicht so weit von anderen wohlsituierten Töchtern entfernt, es gab manche, die ihr da sogar noch ein wenig voraus waren, aber am Ende basierte das alles auf dem, was man von ihr erwartete oder zu befürchten hatte.

    Ein Pfau war da fein heraus, denn er lebte sein Leben, wie es ihm gefiel, und die Iunierin war auch nicht wirklich daran interessiert, ihn allzu bald festlich zu verspeisen. Dafür war er dann doch zu hübsch anzuschauen, und Matidia mochte schöne Dinge eben doch zu sehr, als dass sie diese einfach so opfern könnte.


    Dennoch. Iunia Matida war in Mogontiacum erstmals allein und bestimmte über sich selbst, in einem gewissen Rahmen zumindest. Welche Auswirkungen das eventuell haben mochte, wusste sie selbst noch nicht, doch die Saturnalien hatten Spuren hinterlassen.

    Dennoch. Ihre Laune war nicht schlecht. Allein: wie konnte man je zufrieden sein, wenn nur das Beste gut genug war?

    "Zehn Jahre?" Matidia war verwirrt. Wer hatte soviel Zeit? Dennoch, Scato war ein guter Mann, er hatte sich um sie gekümmert, als sie diese Hilfe benötigt hatte, und das würde sie ihm nicht so leicht vergessen. Sie schaute kurz skeptisch, dann trat sie an ihn heran, drückte sich an ihn, den Oberkörper mithilfe ihres einen Armes, dann löste sie sich von ihm. "Was gibt es Neues, Scato?", fragte sie also, recht sanft.

    „Verschwinde, du Biest!“ Ein wenig zu spät war sie, wie so oft, denn natürlich hatte die junge Römerin es nicht sehr eilig oder auch nur nötig, irgendwelche Termine einzuhalten. Weder in Rom, wo sie es gewohnt war, dass die Männer, wenn sie nicht schon von selbst darauf kamen, dass man einer Frau wie ihr besser die Füße küsste, spätestens nachdem man gemerkt hatte, dass sie aus einer guten Familie stammte, Wohlstand in der Hinterhand hatte und noch dazu von den Göttern geküsst und äußerst ansehnlich war (zumindest, wenn man sie fragte), ihr aus der Hand fraßen, sondern erst recht in der Provinz. Und, so leid es ihr tat, denn sie war hier tatsächlich sehr gut aufgenommen worden und konnte weder ihrer entfernten Familie, noch den Bediensteten und schon gar nicht den tapferen Legionären, die hier am Rhenus das Imperium verteidigten, einen Vorwurf machen, hatte sie ein wenig von ihrer Bugwelle verloren, als sich abgezeichnet hatte, dass die Verletzung ihrer Mutter es nötig machte, ein wenig länger hier zu bleiben.

    Spätestens die Begegnung mit einem gewissen Decurio hatte das junge, wilde Herz so weit verwirrt, dass sie gerne hier blieb. Rom, das hatte seine Vorteile, und ihr Bruder war nun sogar dort. Aber hier, da wollte ihr Herz sein. Und Matidia war noch nie jemand gewesen, der länger als nötig geplant hatte!


    Der olle Pfau, dem es doch hier im Norden sicher viel zu kalt war, wurde handwedelnd abgewehrt, als er ihr zu nahe kam, vielleicht in der Hoffnung, etwas Nahrung zubekommen. Möglich, dass er sie mit einem Weibchen verwechselte, allerdings wäre Matidia wohl eher mit einem männlichen Pfau zu vergleichen als mit einem graubraunen weiblichen Exemplar dieser Art. Daran verschwendete sie aber selbstverständlich nicht einmal einen Gedanken.

    Sie war im Hause der Iunier, weil Scato sie bestellt hatte, und natürlich folgte sie diesem Ruf. Sie hatte ihren eigenen Kopf, aber sie war immer noch eine Iunierin, und respektierte ihre Pflichten. Auch, wenn sie in der letzten Zeit mehr als eine Nacht keinen Schlaf gefunden hatte, da sie den Moment, als sie kühn in Sabacos Seite gekniffen hatte, immer und immer wieder nachgelebt hatte. Es war nicht recht, dass jemand ihre Präsenz so störte! Dennoch konnte sie ihm nicht böse sein. Und war ebenso froh, dass sie nun Scato treffen würde.


    Eben schritt sie um einen hässlichen Dornbusch, als sie ihn dort sitzen sah. „Salve, Scato!“ Sie schüttelte den Kopf. „Wir brauchen einen Gärtner.“ Immerhin: Wir.

    Es könnte so einfach sein. Viel fehlte nicht, man hatte eine unterhaltsame Zeit verbracht, hatte sich ein wenig kennengelernt, war sich nah gekommen und nun war man hier zwar nicht gerade allein und unbeobachtet, dennoch schien es nicht viel mehr zu geben, als den Decurio und sie in diesem Theater, welches sich langsam zu leeren begann.

    Das war aufregend, mehr als das, und ihre Neugier war schier überwältigend, hätte der Mann vor ihr nur einen kleinen Schritt mehr gewagt, sie hätte eine große Dummheit getan.

    Natürlich sah sie das eigentlich nicht so, ganz und gar nicht. Es fühlte sich richtig an, sie wollte dieses Abenteuer hier, und sie fand Sabaco erstaunlich anziehend, auch wenn sie das, hätte sie ihn flüchtig an sich vorbeireiten gesehen, wohl niemals gedacht hätte!

    Doch das Schicksal kannte seltsame und unerwartete Wege, und rückblickend wusste man dann, dass es genau so hatte kommen müssen. Dass der Soldat sie seinerseits begehrte und wollte, war für sie indes keine Überraschung, auch wenn es ihr gelegen kam. Sie wusste, dass sie eine junge, gutaussehende Frau aus einer guten und angesehenen Familie war, jeder ledige Mann Roms und darüber hinaus wäre verrückt, wenn er sein seine Ziele nicht auf sie ausrichtete, so sah sie das zumindest, und bisher lag sie damit auch selten einmal falsch.


    Doch man konnte sich beherrschen, und es war selbstverständlich das einzig richtige, was man tat. Ihre Zeit würde kommen, alles, was nun folgte, wäre ein süßes Spiel, welches sie zwar noch nie gespielt hatte, sie sich aber durchaus zutraute. Dennoch schmollte ihr Mund entzückend, aber kurz, als er vorschlug, sie nach Hause zu bringen. Natürlich hatte er aber recht, und sie nickte, schlug die Augen nieder und lächelte, als sie wieder zu ihm hinauf sah. Ein kurzer Moment, sehr oft eingeübt, für genau solche Momente. Zufall war das nicht, aber dennoch kam es von Herzen.

    "So ist es. Du hast Recht, bitte bringe mich in die domus iunia." Dort würde sie heute schlafen, beschloss sie spontan, schließlich wollte sie nicht von Sabaco ins Lager der Legion gebracht werden, das würde viel zu sehr danach aussehen, als gingen sie gemeinsam nach zu ihm. Oder ihr. Und ihrer Mutter wäre es ohnehin egal, zudem war sie alt genug!

    Wenn es um Andere ging und sie selbst nicht Ziel des Spotts wurde, hatte Matidia sicherlich Humor. Da kannte sie dann auch gerne mal weniger Grenzen und schoss über das Ziel hinaus, was selbstverständlich ganz anders aussah, sofern sie selbst mit irgendwelchen Sprüchen bedacht wurde. Allerdings, hier war das ein wenig anders. Der Mann, mit dem und über den sie ein wenig scherzte, ihn eher aus der Reserve locken als ihn wirklich aufziehen wollte, war ihr sympathisch und beeindruckte sie, allein schon, weil er so anders war als viele Männer, denen sie vorgestellt wurde. Und da sie die vielleicht eher einmalige Gelegenheit an den Saturnalien hatte, relativ ungestört - inmitten eines vollbesetzten Theaters, aber eben gerade dadurch nicht auffallend - mit ihm zusammen zu sein, wollte auch sie das ausnutzen. Weil es aufregend, neu und spannend war, und sie solche Erlebnisse eben genau deshalb nie hatte. Junge Römerinnen aus bestem Hause sollten nichts Neues, aufregendes oder spannendes erleben, sie hatten zu funktionieren und alte, langweilige und weiche Männer heiraten. Keine gestandenen Soldaten wie Sabaco, den in die Seite zu kneifen gar nicht so einfach war. Seine Muskeln waren da ein Hindernis, welches sie wohlwollend zur Kenntnis nahm!


    "Das tut er.", bestätigte sie seine Feststellung und ihr eben noch freches Grinsen fror ihr auf den Lippen ein. Seine Hand in ihrem Haar, das war schon näher, als man sich eigentlich kommen durfte. Sollte. Aber kümmerte es jemanden? Störte es ihn oder sie, das war doch die eigentliche Frage, und die Antwort war eindeutig. Es störte die junge Iunierin nicht, sie wollte seine Hände spüren. Natürlich hätte sie sich vielleicht ein anderes Gesicht für ihn gewünscht, aber trotz allem Sinn für Ästhetik wusste sie, dass ein ebenes Gesicht bei einem Mann nicht alles war. Wie hatte sie sich schon gelangweilt im Beisein von hübschen Patriziersprössen! Das hier war um ein vielfaches besser. Und so musste sie einmal recht trocken schlucken, als man sich anblickte. Es ging eben doch auch alles sehr schnell, und sie war verdammt unerfahren, auch wenn sie sich das niemals anmerken lassen würde. Zumindest nicht freiwillig.

    Als seine Lippen ihre Stirn berührten, keuchte sie einmal tonlos, während ihr Körper verrückt spielte. Ein Teil, ein recht großer Teil, fand gefallen daran, so nah einem Mann zu sein, wie sie es noch nie gewesen war, sie spürte, wie es in ihrem Bauch kribbelte und ihre Brüste plötzlich zogen. Ein anderer Teil aber wollte aufspringen und davon laufen, da ihr klar wurde, dass sie es übertrieben und sich zu weit vorgewagt hatte. Allerdings, was wäre das für eine Verschwendung. Denn Sabaco war sanft in dem, was er tat, auch wenn sein Körper nichts Weiches an sich zu haben schien.

    Ihre Hand an seiner Seite, die abwartend verharrt hatte, legte sich flach auf ihn und streichelte ihn, sanfter als er vielleicht wollte, aber dennoch spürbar. Sie genoss seine Berührung und löste sich erst nach geraumer Zeit, die man so verharrte. Ihre Wangen waren gerötet, die Augen weit. Auf ihren Lippen ein verwirrtes, aber auch glückliches Lächeln. "Was für ein Erlebnis, Sabaco.", sagte sie dann, immer noch außer sich und dennoch irgendwie nüchtern.

    Zitat

    „Als Getränk haben die Germanen ein schauerliches Gebräu, aus Gerste oder Weizen gegoren, ein Gebräu, welches mit Wein eine sehr entfernte Ähnlichkeit hat.“

    Matidia wird sich eher an Wein gehalten haben, aber ihrem Bruder sicher ähnliches berichten! ;)


    Aber sehr interessant, das stimmt.

    In Düsseldorf bin ich aufgewachsen (und darum auch ganz froh, dass Matidia nicht ausgerechnet in Colonia Agrippina gelandet ist ;)), aber leider mittlerweile nur noch sehr selten dort.

    Matidia hatte sich an diesem Abend gepflegt, ihre Haare behandelt und sich auch um den Rest ihres Körpers gekümmert. Immerhin war dies heute einer der ersten Abende in einer Art von Gesellschaft, die der von Rom nahekam. Sie kannte das so und wollte nicht enttäuschen, und sie war sich gleichzeitig sicher, dass sie da keinen Grund zur Sorge lieferte.

    Sabaco? Ein wirklich wild aussehender Decurio, das stimmte, aber er hatte einen Familiennamen und immer noch die Möglichkeit, aufzusteigen. Was sie erwartete, keine Frage!

    Natürlich würde ein Matinier nicht einfach einen Kopf verlieren und etwas Unanständiges tun! So zumindest ihre naive Vorstellung. Sie hatte schlicht und ergreifend das Gefühl, dass der Mann mehr war, als er hinter seinem schrecklichen Äußeren verbarg. Männlich war es zwar, aber nichts, was sie vor wenigen Wochen noch interessiert hätte!


    Zunächst schaute aber auch sie zu, und ahnte nicht, dass der Mann neben ihr auch einen Bär in sich hatte, wenn man ihm denn den Raum ließ. Der Löwe indes... Sie zog auch hier die Metapher und war sich sicher, dass Sabaco auch gut Brüllen konnte. Sollte er doch! Matidia war einiges gewöhnt, er würde ihr sicherlich aus der Hand fressen! Dennoch war auch sie beeindruckt. "Diese Haare!", bestätigte sie. Kurz wurde es wieder still, als Paullus kämpfte, doch, zum Glück fand alles seinen Weg.

    Die Vorführung war vorbei, und Sabaco hatte seine Hand immer noch in ihrem Haar. Das war gleichermaßen betörend, wie auch verwirrend, denn sie konnte damit nicht so recht umgehen. Sie hob das Kinn von seiner Schulter. "Beeindruckend, dieser Nubier! Gehen wir nun noch etwas trinken?" Sie schaute zu ihm hoch. "Oder willst du meine Ornatrix sein?" Dabei kniff sie ihm sanft in die Seite. Er war sicher nicht geeignet dafür, aber der Wink war klar. Wollte er ihr näher kommen, dann jetzt!