Es war ruhig.
Ein leichter Wind strich durch die Baumkronen und bließ gen Osten, in die weiten wälder jenseits des Rhenus.
Ingenuus schritt langsam und bedächtig auf dem Turm herum und blickte über den Limes, der sich entlang des ufers erstreckte.
Es war ruhig.
Tagelang hatte er hier gewacht, manchmal ohne jemals ein lebendes wesen auf der anderen seite zu erblicken, nur gestört von der Wachablösung oder einer gelegentlichen Kontrolle durch einen Offizier.
Es war ruhig.
Er hatte Zeit, nachzudenken, Zeit, sich seiner Vergangenheit zu stellen und Zeit, seine Zukunft sich auszumalen.
Hier, am Limes, an den Grenzen des Reiches hatte er seine besten Jahre verbracht, im Süden zwar, aber es war das Gleiche.
Hier würde er seine Bestimmung finden, nicht in Rom, im Zentrum der Bürokratie und des Adels, der ihm so zuwider war.
Ingenuus trat an das Geländer und sah hinaus über den Rhenus hinein in das Land der Germanen und lauschte dem Gesang der Vögel.
So friedlich, dachte er bei sich und schloss kurz seine Augen.
Dann begann er wieder, den Wachturm zu durchschreiten, als einsame Wache am Limesl.
Und es war ruhig.