Beiträge von Lucius Decimus Maximian

    Zur Bestätigung nickte er und nahm sich eins der Obstschiffchen, das saftig und leicht säuerlich auf seiner Zunge zerging.


    "Das hoffe ich doch, versprechen kann ich natürlich nichts. Pulchra ist anwesend. Bei deinem Bruder - das ist doch Verus? - bin ich mir da nicht ganz sicher. Ich habe ihn in den letzten Tagen doch sehr selten angetroffen. Aber gut, das werden wir ja dann sehen."


    Er machte eine winkende Bewegung und wartete, bis die Sklavin zu ihnen trat.


    "Du hast es gehört. Sorge dafür, dass alle anwesenden Mitglieder zumindest darüber informiert sind, aus welchem Grunde das Essen stattfindet.

    "Das kligt erfreulich, hat die Villa dadurch doch einen Anwohner gewonnen." Er trank ebenfalls vom Wein und sah dann etwas unschlüssig drein. "Was hältst du davon, wenn wir am Abend ein Essen im Triclinium zu deiner Rückkehr abhalten würden? Das verspricht meiner Erfahrung nach des höchsten Zulaufs, die Decimer essen einfach zu gern." Er schmunzelte.

    Maximian nickte verstehend. Vielleicht hätte er ja mit Valeria zusammen erstmal das Imperium bereisen sollen, ehe er sich rekrutieren ließ?


    "Und was hast du nun vor? Was gedenkst du zu tun? Denkst du an Arbeit oder willst du dich anderen Dingen widmen?"

    "Jugendlicher Übermut und Gelüste nach Abenteuer sagst du? Das klingt irgendwie vertraut." Er lächelte und kratzte sich unauffällig im Nacken, ehe er nach einem der Happen griff und sich an ihm gütlich tat." Verrate mir, ob das Reisen und Entdecken beides, Übermut und Abenteruerlust, gestillt haben?"


    Dass ihm die Bissen sehr gut schmeckten, erwähnte er nicht weiter. Dafür sprach wohl der Appetit, mit dem er gleich den nächsten Happen zu sich nahm.

    Mit Wohlwollen registrierte Maximian die Ankunft der Häppchen und des Weines. Als Barrus sich vorstellte, kehrte Maximians Aufmerksamkeit zu dem Ankommenden und er versuchte sich zu erinnern, fand aber kein Gesicht in der Datenbank namens Gedächtnis, mit dem das des Barrus recht übereintreffen wollte.


    "Barrus... Dein Name ist mir bekannt, durchaus. In Zusammenhang mit Berichten von den unterschiedlichsten Stationen deiner Reise, wenn ich mich nicht täusche? Dann kann es eigentlich nur sein, dass du abgereist bist, bevor ich vor einigen Jahren zu meiner Familie fand."


    Es folgte ein beschwichtigendes Lächeln und eine einladende Geste hin zum kleinen Buffet.


    "Bitte bedien dich. Dann ist deine Rundreise nun also zu einem Ende gekommen oder machst du nur Zwischenhalt und frischst deine Erinnerungen an Roma auf?"

    In der Tat erreichte eins der Familienmitglieder unverzüglich das Tablinum, in dem man Barrus aufgefort hatte zu warten. Der Mann, den Maximian dort stehen sah, erkannte er auf den ersten Blick nicht. Er trat auf ihn zu und reichte ihm zum Gruße die Hand.


    "Salve und willkommen in der Villa Decima. Mein Name ist Maximian, Sohn des Meridius."


    Er lächelte freundlich und machte eine einladende Geste zu einer Sitzecke hin.


    "Da man mir sagte, du seist ein Verwandter, schlage ich vor wir setzen uns. Bitte, nimm Platz."


    Maximian setzte sich in einen der bereitstehenden Korbsessel und wartete, bis man es ihm gleich tat. Dann musterte er sein Gegenüber interessiert und nachsinnend, ob ihm seine Merkmale nicht doch bekannt vorkamen.


    "Also... Ich habe es versäumt die Sklavin nach deinem Namen zu fragen, also muss ich dich das nun fragen."

    Erst, nachdem er den Satz auch ein zweites mal gelesen hatte, sah Maximian auf und zeigte sich überrascht ob der Nachricht. Ein Verwandter? Wer das wohl sein mochte?


    "Mach das" antwortere er ihr gewohnheitsgetreu, legte die Schriftrolle behutsam auf einen Dreifuß und markierte seinen Fortschritt mit zwei Beschwerern, damit das Buch sich nicht einfach zusammenrollen konnte.


    Mit Spannung machte er sich auf den Weg ins Tablinum.

    Maximian, der in eine tiefgrüne Tunika gehüllt in einem Sessel saß, ein Bein überschlagen und vor sich eine Schriftrolle hielt, reagierte erst auf das Klopfen, als er den Satz zuende gelesen hatte.


    "Ich bin da. Komm herein" sagte er, musste den Rest des Satzes jedoch nochmal lesen, weil ihm sein Sinn abhanden gekommen war.

    "Ich werde als das beginnen, was meinem Stande gebührt. Mein Vater ist über meinen Entschluss im Bilde und da er mich nicht herumkommandiert, nehme ich stark an, dass ich aus eigenem Antrieb heraus hier erschienen bin und es mir durchaus zutraue, meinen Hintern, wie du es ausdrücktest, selber sauber zu halten." Er unterbrach sich kurz, den Soldaten weiterhin mit erhobener Braue musternd. Dass er - und viele andere junge Männer, die eines höheren Standes als die Allgemeinheit entsprang - Neider hatte, war nichts Neues. "Rechnen, Schreiben, Lesen kann ich. Ein Handwerk habe ich keines erlernt. Das einzige Handwerk, das für mich in Frage kommt, bin ich gerade dabei zu ergreifen."

    Schon bei den ersten Worten des Soldaten hatte Maximian verwirrt zu ihm gesehen, im Laufe des knapp geschilderten Lebenslaufes mit einem wunderbar ausgearbeiteten Intermezzo zu seinen Vorlieben, vor allem aber Abneigungen runzelte er die Stirn und blinzelte den Mann ein paar mal an. Schließlich schlich sich sogar ein Grinsen auf sein Gesicht, aber er versuchte es nicht allzu deutlich zu zeigen.


    "Geboren in Hispania, Valentia. Meine Eltern sind Iulia Severa und Maximus Decimus Meridius. Keine Krankheiten, keine Anklagen. Nein, ich bin selbstverständlich kein Christ und ja, ich habe unter Prudentius Balbus eine Fechtausbildung genossen und kann reiten."


    Als er das sagte, hob er gefällig eine seiner Augenbrauen.

    Zuerst kratze Max sich im Nacken, dann entstand ein spitbübisches Grinsen auf seinem Gesicht, als Valeria die taktische Pause machte. Als ihr Blick ihn streife, verschwand es aber schnell wieder.


    "Zur Reiterei" antwortete er, ehe es aus Valeria hinausbrach. Je weiter sie sprach, desto mehr an Stolz verlor seine Haltung, bis er sie gar nicht mehr anzusehen wagte, denn er kam sich so unbedeutend vor. War er ja auch, aber naja.... Er machte ein schmatzendes Geräusch, während er leicht den Kopf schüttelte, dann sah er ernst dreinschauend wieder auf.


    "Nein, ist es nicht. Es ist meine Hochzeit und ich werde sie ausrichten. So ist die Reihenfolge, Valeria. Ich bin kein Knabe mehr, den man frühzeitig verheiratet, damit er schon ein paar Nachkommen hat, wenn er in den Krieg zieht oder sonst eine Tätigkeit aufgreift. Ich heirate als Mann und werde mir mein Leben mit dir erarbeiten, so wie meine Ahnen das taten."
    Er machte eine kurze Pause und beobachtete Valeria, dann lachte er trocken auf.


    "Was wäre ich denn für ein Ehemann, der sich erst bei seinem Vater Geld für ein Geschenk für sein Weib leihen müsste - oder noch schlimmer bei ihr selbst? Nein Valeria, das ist nicht der Weg."

    Die Augen verdrehend, bevor er Valeria in ihr Cubiculum folgte, riss sich Maximian dann von der Stelle los, an der er die Tür abbekommen hatte. Er zog die Tür hinter sich zu und stellte sich die Arme verschränkender Weise in der Nähe der Kommode in den Raum.
    Ja, er wusste ja, dass Valeria mit allem recht hatte, was sie da sagte. Aber so einfach war das nunmal nicht... fand er.


    "Wie ich Meridius kenne, würde er das zu verhindern wissen, indem er dafür sorgt, dass meine Einheit am weitesten von der Front entfernt ist..." sagte Maximian mit gewissem leidigen Tonfall. Dann seufzte er und ging zu Valeria, um sich in einen anderen Sessel zu setzen. "Ich werde mit ihm reden, Valeria. Und jetzt, da ich weiß, dass es dir mit der Hochzeit immer noch ernst ist, werde ich es bald tun. Du solltest dich aber darauf einstellen, dass allein sein Einverständnis nichts geschehen lässt. Was, wenn er darauf beharrt, dass ich zumindest für einen Teil der Kosten für ein Fest aufkommen soll? Das müsste ich erst verdienen."


    Natürlich gab es auch noch andere Wege, an Geld zu kommen, aber die ließ er erst einmal außenvor.

    Maximian seufzte, er war es auch leid zu diskutieren und immer wieder vorgehalten zu bekommen, dass er tot nach Hause kommen könnte. Wer wollte das hören, wenn man Neues entdecken wollte? Außerdem hörte es sich immer so für ihn an, als würde man ihm absolut gar nichts zutrauen und das ärgerte ihn, sodass er es ihnen immer mehr beweisen wollte.
    Nachdem Valeria geendet hatte, zog er aber beide Augenbrauen zusammen und sah sie fragend an.


    "Wie kommst du darauf, dass ich meinem Vater das nicht sagen möchte? Natürlich werde ich das. Darüberhinaus halte ich es gar für ein wenig unnötig es zu sagen, da allein der Zeitpunkt für einen Eintritt über die Illusion, ich würde nicht gerne in Parthien dabei sein wollen, erhaben scheint. Er wird sich das denken können, wenn ich es nicht zur Ansprache bringe - und das werde ich, ich möchte schließlich kämpfen."


    Er zuckte kaum merklich mit den Schultern und schürzte die Oberlippe ein wenig.


    "Wann sollten wir denn deiner Meinung nach heiraten? Das geht doch nicht innerhalb von ein paar Tagen zu organisieren... Und mein Vater weiß davon auch noch nichts."

    "Wusste ich es doch. Du bist das Ungeheuer, nachdem jermann sucht" antwortete Maximian amüsiert und gab Valeria gleich noch einen Kuss.


    Dann wurde sie ernst. Maximian sah sie aufmerksam an und konnte unschwer erraten, was sie in diesem Moment beschäftigte. Ihr Gesicht nahm immer diesen besonderen Ausdruck an, wenn es ums Militär ging - und genau so sah es jetzt aus. Tatsächlich sprach sie auch gleich von der Legio, vom Krieg und davon, dass sie heiraten wollten.


    Dieser Blick! Maximian sah sie leicht nachdenklich an und lehnte sich etwas zurück, dann lächelte er kurz und ließ seine Hand um Valerias Hüfte auf ihren Rücken gleiten. Er wusste, das würde jetzt schwer werden und eigentlich konnte er es nur falsch machen.


    "Natürlich werden wir heiraten" sagte er mit großer Selbstverständlichkeit und seine Augen begannen zu glitzern. "Aber was wäre das für eine Hochzeit, wenn ich gerade aus Parthien zurückgekehrt bin, nachdem die Legionen siegreich waren, und mir schon ein wenig Ansehen verdient habe? Hört sich das nicht toll an?"

    Er gab ihr das Männchen mit etwas Widerwillen, aber schließlich ließ er die Trümmer los und beobachtete sie dabei, wie sie sie genau unter die Lupe nahm. Große Ohren? War ihm noch nicht aufgefallen. Die Nase war platt? Gleich betastete er sie. Von wegen platt... Aber kurze Beine?!


    "Was? Ich habe kurze Beine? Na das höre ich heute aber das erste Mal" entgegnete er, nahm Valeria wieder in den Arm und küsste sie schmunzelnd. Als er damit fertig war, blieb er ihr mit dem Kopf ganz nahe.


    "Du bist also nicht nur brutal und zerstörerisch, sondern auch noch frech." Er nickte leicht und fing an zu grinsen. "So langsam machst du mir ein wenig Angst."

    Er blinzelte sie weiterhin an und rümpfte dann mehrmals die Nase, um zu testen, dass auch wirklich alles noch funktionierte. Na ein Glück war seine Nase so kurz, andernfalls hätte sie sicher dran glauben müssen.


    Als er Valerias kesses Grinsen sah, schüttelte er sich erstmal wie ein Hund, danach war auch die Starre aus seinem Körpergewichen. Dann schlang er flugs den Arm und sie und sah sie angestrengt ernsthaft guckend an.


    "Ich weiß nicht, ob du das kannst, mein Schatz. Weißt du nicht, dass darauf die Höchststrafe steht, wenn man einem angehenden Soldaten eine Tür vor die Nase schlägt?" Einen Moment schwieg er, sah sie weiterhin so ernst an, bis ihm schließlich auffiel, dass er das, was er zuvor noch in den Händen getragen hatte, nun nicht mehr trug.


    Den Blick auf den Boden richtend, sah er sich um und fand auch gleich, was er verloren hatte.


    "Oh nein." Er beugte sich herunter und sammelte die einzelnen Teile eines kleinen Soldaten vom Boden auf. Als er alle Teile aufgeklaubt hatte, versuchte er sie vor seinem Bauch wieder zusammenzusetzen.


    "Das war einmal ich gewesen und nun fehlt mir ein Arm, mein Schwert ist zersplittert und meine Beine sind mehrmals zerbrochen." Na was ein Pech aber auch.

    Maximian kam gerade von draußen, hatte eine Stunde lang in der Sonne gefaullenzt (was bei ihm mit schlafen gleichzusetzen war). Nun glühte er ein wenig, die Frühlingssonne war schon kräftig und vermochte die Haut zum Brennen zu bringen. So weit war es bei ihm aber noch nicht, er war kein empfindlicher Typ.


    So kam er daher und näherte sich der Tür zu Valerias Cubiculum. Er wollte sie sehen (nicht die Tür! Valeria!). Eine Stunde nicht sehen langte, um die Sehnsucht riesengroß werden zu lassen. In seinen Händen hielt er etwas.
    Gerade, als er die Hand nach dem Türgriff ausstrecken wollte, öffnete sich die Tür jedoch und zwar so rasch, dass Maximian nicht mehr rechtzeitig anhalten konnte, ehe das hölzerne Teil ihm vor die Stirn schlug. RUMMS!


    Es wurde ihm dunkel vor Augen, sah er doch aus großen Augen heraus das Holz an. Dann zog es sich zurück und Maximian blinzelte - blinzelte Valeria an, die hinter der Tür zum Vorschein kam.


    "Autsch."

    Vom Stall aus hatte Maximian sich in das Gewühl auf den Straßen geschmissen, um zur Villa eines anderen Senatorensohnes zu kommen, der in seinem Alter war und darüber hinaus seine Interessen teilte. Die beiden trafen zusammen eine Entscheidung, sodass der junge Decimer kaum 20 Minuten später eilig die Villa wieder verließ, sich abermals durch das Gewühl kämpfte und schließlich wieder die eigene Villa betrat.


    Nachdem ihm die Tür geöffnet wurde, sah sich der junge Mann den Hals in alle vier Himmelsrichtungen reckend im Atrium um, bis er schließlich wieder den Ianitor anlief, dem die gewisse Aufregung, die Maximian verstrahlte, nicht entging. Er mochte alt sein, aber nicht dumm.


    "Marcus? Du weißt nicht zufällig, wo mein Vater gerade steckt? Ist er noch in der Curia?"


    - "Nein Herr, er ist bereits zurück und meinte, äääh... meinte.... ja, was meinte er noch? Er meinte... Ah, genau! Er meinte, er ist in seinem Officum und wünscht nicht gestört zu werden, es sei denn.... die Villa brennt ab. Ja, das sagte er, genau." -


    Den zerstreuten Sklaven mit einer hochgezogenen Braue musternd, grinste Maximian schließlich mit geschlossenen Lippen.


    "Ah ja. Wie gut, dass es wirklich brennt" sagte er, wandte sich herum und lief eilig zum Officum seines Vaters, womit er einen sichtlich verwirrten Marcus zurückließ, der tattrig hin und her sah.


    - "Villa.... brennt? Ja, aber wo denn? Man sollte... nachsehen. Ach, immer diese Jugend." - Er drehte sich einmal um seine eigene Achse im Kreis und tatterte unentschlossen los. Fünf Minuten später kehrte er an die Tür zurück und hatte vergessen, was für eine Bemerkung Maximian gemacht hatte.



    Der indess war bei Meridius Officum angekommen und klopfte mehrmals kräftig an. Dass er nicht stören sollte, wusste er zwar, aber diese Situation gab ihm keine Möglichkeit, sie später zu erledigen. Es brannte! Und wie es das tat.